Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und NPD – Stefan Köster, NPD: Sie wissen das?)

Herr Pastörs, ich weise diesen Zwischenruf entschieden zurück.

Meine Herren von der NPD, die Demokratie hat Zähne und wir werden jeden Tag, den Sie als Feinde unserer Gesellschaftsordnung im Parlament weilen,

(Udo Pastörs, NPD: Sie sind ein besonders fauler Zahn.)

dafür mit allen demokratischen Mitteln …

Herr Dr. Nieszery, ich bitte Sie noch mal.

(Udo Pastörs, NPD: Sie sind ein ziemlich fauler Zahn.)

Ich muss Sie noch mal unterbrechen. Herr Pastörs, ich erteile Ihnen für diese Zwischenrufe einen Ordnungsruf.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD – Michael Andrejewski, NPD: Beleidigungen sind in Ordnung, wenn sie von der SPD kommen. – Minister Dr. Till Backhaus: Ist das Kritik an der Präsidentin? – Heinz Müller, SPD: Was ist denn hier los?!)

Herr Köster, ich bitte Sie. Das Wort hat Herr Dr. Nieszery. Ich bitte jetzt hier zuzuhören.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Ich setze den Satz noch mal fort: Die Demokratie hat Zähne, Herr Pastörs und meine Herren von der NPD,

(Stefan Köster, NPD: Müssen Sie das auch ablesen?)

und wir werden jeden Tag, den Sie als Feinde unserer Gesellschaftsordnung im Parlament weilen, dafür mit allen demokratischen Mitteln kämpfen, dass Sie diese Zähne auch zu spüren bekommen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich bitte um Zustimmung zur Überweisung dieses Antrages. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Měšťan von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die FDP uns mit ihrem Antrag und dem Gesetzentwurf sagen will, lässt sich in einen schlichten Satz kleiden: Die Fraktion erhebt Anspruch auf Beteiligung in der G10-Kommission.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Das ist die tiefere Botschaft des Gesetzentwurfes und so hätte man es in der Begründung auch einfach sagen können.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Denn, meine Damen und Herren von der FDP, mit drei Beisitzern statt bisher zwei wird sich die Kontrolle nicht verbessern. Ein angemessener Interessenausgleich zwischen dem Anspruch auf eine wirksame Kontrolle der Beschränkungsmaßnahmen und dem bestehenden Geheimhaltungsbedürfnis wird nicht geschaffen. Das gehört eher ins Reich der Fabeln und Märchen. Die Kontrolle nach dem G10-Gesetz ist nämlich, wie man sagt, weitgehend für die Katz. Vielfältige Geheimdienstaffären auch in jüngster Zeit belegen das hinlänglich. Denn, meine Damen und Herren von der FDP, Sie wissen es genau – Sie haben ja gerade mit uns gemeinsam und den Grünen in Berlin einen Untersuchungsausschuss dazu eingerichtet –: Die beste Kontrolle der Welt kann keine Vorsorge und Abhilfe schaffen. In der Tat sind Geheimdienste weitgehend unkontrollierbar, mag das auf dem Papier auch oft anders dastehen.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Andererseits kann man aber auch sagen, schlechte oder mangelnde Kontrolle ist immer noch besser als gar keine. Darum werden wir Ihren Vorschlag auch nicht prinzipiell ablehnen.

Und was die Ausgewogenheit zwischen den Eingriffen in Bürgerrechte und Kontrolldichte betrifft, besteht der

Krebsschaden eben doch darin, dass die geheimdienstlichen Kompetenzen immer mehr erweitert und die Grenzen zwischen polizeilicher und sicherheitsdienstlicher Überwachung immer mehr aufgeweicht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Udo Pastörs, NPD)

Sie können Ihren Beifall zurückhalten, Herr Pastörs.

(Udo Pastörs, NPD: Das werde ich nicht tun, junge Frau.)

Das ist durch die bestgemeinte Kontrolle leider nicht zu beheben. Wenn Sie uns, liebe Kollegen von der FDP, diesbezüglich nicht so recht Glauben schenken können, beraten Sie sich mit Ihren Parteifreunden Frau LeutheusserSchnarrenberger, Herrn Hirsch oder Herrn Baum. Die werden Ihnen sagen, wo der Hase wirklich im Pfeffer liegt. Jedenfalls liegt er kaum da, wo Sie meinen, nämlich bei der Kontrolle.

Im Übrigen liegen inzwischen zahlreiche Verfassungsgerichtsentscheidungen vor, mit denen polizeiliche und andere Sicherheitsgesetze als verfassungswidrig und somit für null und nichtig erklärt werden. Das Problem ist die Sicherheitspolitik und besonders die fragwürdige Antiterrorgesetzgebung. Kontrolle also hin und her, es wäre wichtig, unser G10-Gesetz einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen. Denn sowohl im Bundesgesetz wie auch in den meisten Gesetzen der Länder sind inzwischen aus guten Gründen Veränderungen vorgenommen worden. Bei uns ist das noch nicht der Fall.

Meine Fraktion geht dabei nicht davon aus, im Gesetz solche Änderungen zu formulieren, die Abhörmaßnahmen auf immer weitere Kriminalitätsfelder ausdehnen, im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus immer neue geheimdienstliche Kompetenzen und Befugnisse aus dem Boden stampfen und gleichzeitig die Eingriffsschwellen absenken. Nein, darum soll es uns nicht gehen. In anderen Landesgesetzen zum Beispiel sind Regelungen vorhanden, die wirklich ausnahmslos jeglichen Umgang mit den Daten vom Abhören bis zum Löschen der Kontrolle durch die G10-Kommission unterstellen. Woanders muss die Entscheidung des Kontrollgremiums immer vor der Abhöraktion beziehungsweise unverzüglich eingeholt werden. Bei uns ist das jedenfalls dem Wortlaut des Gesetzes nach nicht so. Ich rede da mal ausdrücklich nicht von dem Fall, den man hier zitieren könnte, wo Gefahr in Verzug ist.

In den meisten Ländergesetzen und auch im Bundesgesetz sind klare Regelungen zum Auskunftsrecht der Kommissionsmitglieder sowie zur Auskunftspfl icht, zur Akteneinsicht, zum Betreten der Diensträume, zur Sach- und Personalausstattung sowie zu Kosten- und Aufwandsentschädigungen getroffen worden. Fragwürdig erscheint uns, dass in unserem Gesetz die G10-Kommission bei der Telekommunikationsüberwachung nach Paragraf 34a des SOG außen vor ist und das andere Kontrollgremium nach dem SOG zuständig ist. Dabei handelt es sich doch wohl, wenn es beispielsweise um den Einsatz des IMSI-Catchers geht, in den allermeisten Fällen nur um Eingriffe, die in den Bereich des Post- und Fernmeldegeheimnisses fallen. Kurzum, es gäbe einiges zu diesem Gesetz zu bereden, was die Kontrolle nicht verbessern würde.

Nicht zufrieden stellend ist auch die Regelung, wonach die G10-Kommission den Landesdatenschutzbeauftrag

ten lediglich einbeziehen kann. Dies dürfte aber kaum in Übereinstimmung mit Artikel 37 unserer Landesverfassung stehen. Denn, meine Damen und Herren, selbstverständlich kann der Landesdatenschutzbeauftragte von Bürgerinnen und Bürgern entsprechend der Verfassung auch in Abhörangelegenheiten angerufen werden. Und es kann dann einfach nicht sein, dass er nur sagen muss, tut mir leid, ich bin nicht zuständig. Wir meinen, dass das Kontrollrecht des Landesdatenschutzbeauftragten mindestens so weit reichen muss, wie es bereits nach dem Verfassungsschutzgesetz oder auch dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz besteht.

(Beifall Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Kurzum, mit der Mitgliedschaft in der Kommission allein ist noch nicht viel bewegt, jedenfalls nicht das, was Herr Leonhard hier vorgetragen hat und was im Antrag begründet ist. Ich möchte abschließend noch bemerken, dass der Gesetzentwurf aus unserer Sicht vielleicht auch noch einmal rechtsförmlich bearbeitet werden sollte. Die Form eines Artikelgesetzes dürfte für ein so kleines übersichtliches Gesetz unzweckmäßig sein. Auch den entsprechenden inhaltlichen Absatz muss man nicht gänzlich neu fassen, wenn es lediglich darum geht, das Wort „zwei“ durch das Wort „drei“ zu ersetzen. Der Überweisung federführend in den Innenausschuss und mitberatend in den Rechts- und Europaausschuss stimmt meine Fraktion zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Měšťan.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt ganz nüchtern betrachtet ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion vor und ich bin der Auffassung, ein solcher Gesetzentwurf gebietet es, dass man sich ganz nüchtern mit ihm auseinandersetzt. Und ich stimme meiner Kollegin Měšťan durchaus zu. Es geht eigentlich bei der Änderung dieses Gesetzes, das ja so fürchterlich sperrig klingt – das muss ja in FDP-Ohren was Schreckliches sein, diese Genitivkonstruktion,

(Heiterkeit und Beifall Hans Kreher, FDP)

die will ich noch mal zitieren: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“, schrecklich, für einen Deutschlehrer muss es ganz fürchterlich sein –,

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

meine Damen und Herren, ganz nüchtern darum, dass die Zahl „zwei“ durch die Zahl „drei“ ersetzt werden soll.

Und, Frau Měšťan, ich kann Ihnen wirklich nicht folgen und muss Ihnen sagen, wenn Sie über Krebsgeschwür reden,

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Krebsschaden.)

wenn Sie über fragwürdige Antiterrorgesetzgebung reden, dann muss ich Ihnen sagen, vielleicht ist es viel zu schnell vergessen worden, was da in Madrid passiert ist und was da in London passiert ist. Und, meine Damen und Herren, das kann jeden Tag auch bei uns in Deutschland passieren.