Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern – „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“, auf Drucksache 5/380.
Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“ – Drucksache 5/380 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag der Volksinitiative „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“ geht auf eine Initiative aus dem letzten Sommer zurück. Damals standen sich die Landesregierung und die Universität Rostock in einem offenbar unlösbaren Konfl ikt gegenüber. Heute ist die Lage so, dass der damalige Konfl ikt beigelegt werden konnte, sodass sich das ursprüngliche grundsätzliche Anliegen des Antrags im Ergebnis aus meiner Sicht erledigt hat.
Lassen Sie mich das wie folgt begründen: Wie Ihnen allen bekannt ist, konnte sich das Bildungsministerium mit der Universität Rostock bereits nach dreimonatigen Verhandlungen am 20. Februar 2007 auf eine einvernehmliche Lösung einigen. Der Charakter der Zielvorgabe hat sich damit von einer zunächst einseitigen Vorgabe durch das Bildungsministerium in eine auf gleicher Augenhöhe verhandelten Vereinbarung gewandelt. Diese Vereinbarung ist dann zum Gegenstand eines Vergleichs geworden, mit dem die Universität Rostock und das Bildungsministerium den Rechtsstreit über die Zielvorgabe einvernehmlich beigelegt haben. Dabei möchte ich betonen, dass nicht nur die Hochschulleitung, voran der Rektor Herr Professor Strothotte, hinter dem gefundenen Kompromiss steht, sondern auch der Senat der Universität Rostock sich mit einer breiten Mehrheit für diesen gerichtlichen Vergleich ausgesprochen hat. Er hat am 28. Februar 2007 anlässlich einer Sondersitzung nach ausführlicher Diskussion mit 16 gegen 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen seine Zustimmung erklärt und damit deutlich gemacht, dass der weit überwiegende Teil der Universität Rostock die mit diesem Vergleich verbundene Zukunftskonzeption ihres Rektors mitträgt.
Es stellt sich für mich an dieser Stelle die Frage, ob diese Volksinitiative – zugegeben, unter anderen Vorzeichen gestartet – mit ihrem jetzt eingereichten Antrag nicht schon als abgeschlossen angesehen werden kann. Sie richtet sich im Endeffekt nicht nur gegen die Entscheidung des Landtages aus dem Mai 2006, sondern auch gegen die aktuelle Entscheidung des Senats der Univer
sität Rostock von vor erst vier Wochen. Würde der Landtag also beschließen, dem Antrag der Volksinitiative zu folgen und die Zielvorgabe aufzuheben, würde er sich im Ergebnis gegen eine autonome Entscheidung der Universität Rostock und ihrer gewählten Vertreter, insbesondere den Rektor und den Senat der Universität wenden. Das mit der Volksinitiative verfolgte Ziel, der Hochschulautonomie Geltung zu verschaffen, würde genau in das Gegenteil verkehrt werden.
Ich halte das Mittel der Volksinitiative für ein wichtiges basisdemokratisches Element, das für das politische Zusammenleben wertvoll ist. Ich habe großes Verständnis und Respekt davor, dass sich die Initiatoren im Sommer 2006 für ihre Universität Rostock eingesetzt haben und um den Erhalt eines Studienganges kämpften. Inzwischen ist diese Frage aber geklärt. Die Verhandlungen der letzten Monate sind sehr konstruktiv verlaufen. Damit wurde eine Basis geschaffen, auf der sich die nächsten Jahre erfolgreich arbeiten lässt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich in der gebotenen Kürze rekapitulieren, was das Bildungsministerium seit Oktober 2006 unternommen hat, um eine Einigung mit der Universität Rostock über die Zielvorgabe zu erreichen. Unser prioritäres Ziel war es, einen Kompromiss zu fi nden, der einerseits der Universität Rostock ausreichend Raum bietet, um die erforderlichen Entscheidungen für ihre künftige Entwicklung selbst verantwortlich zu treffen, andererseits dabei aber den Rahmen, der durch das Land notwendigerweise vorgegebenen Eckpunkte der Hochschulplanung zu beachten. Dieses Ziel haben wir erreicht. Bereits am 13. November 2006 wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes Schwerin ein Mediationsverfahren eingeleitet, nachdem beide Parteien, also das Bildungsministerium und die Universität Rostock, ihre Zustimmung dazu erklärt haben. Nach intensiver Vorbereitung haben wir im Dezember 2006 sowie im Januar und im Februar dieses Jahres mehrere konstruktive Verhandlungsrunden absolviert, die in einem Vergleich mündeten. Dieser fand am 28. Februar 2007 die Zustimmung des Senates der Universität Rostock. Das Kabinett der Landesregierung hat ihn am 13. März 2007 zur Kenntnis genommen und dem Landtag zur Information zugeleitet.
Lassen Sie mich nun, bevor ich zum Inhalt der Vereinbarung komme, ein paar Worte über die grundsätzliche Bedeutung dieser unserer Vereinbarung sagen. Die konstruktiven Verhandlungen mit der Universität Rostock haben nicht nur zur deutlichen Verbesserung des Arbeitsklimas zwischen der Universität und dem Bildungsministerium beigetragen – dies ist eher eine positive Begleiterscheinung –, vielmehr ist es gelungen, die Hochschulplanung des Landes bis zum Jahr 2010 abzurunden
und für alle Hochschulen eine landesweit abgestimmte Planungsgrundlage zu schaffen. Die Vereinbarung mit der Universität Rostock bildet quasi den notwendigen Schlussstein der Hochschulplanung des Landes. Ich denke, das ist ein beachtlicher Erfolg aller Beteiligten.
Was wurde im Einzelnen erreicht? Es bleibt dabei, dass in den Studiengang Rechtswissenschaften künftig, allerdings erst ab dem nächsten Jahr, keine Studenten mehr eingeschrieben werden. Im Ergebnis wurde von der Zielvorgabe nicht abgewichen, allerdings wurde dieses Ziel nunmehr auf dem Verhandlungswege erreicht und hat somit aus meiner Sicht eine ganz neue Qualität. Im Gegenzug haben wir uns über die Eckpunkte zur Einrichtung eines neuen Studienganges auf dem Gebiet Wirtschaftsrecht, und zwar im Rahmen der vorhandenen Ressourcen entschieden und geeinigt. Dabei bleibt es der Universität vorbehalten, den Studiengang so zu konzipieren, dass er bis zu 50 Prozent rechtswissenschaftliche Ausbildungsinhalte enthält. Diese verbleibenden rechtswissenschaftlichen Module können so konfi guriert werden, dass sie von anderen Universitäten auf ein klassisches Jurastudium anrechenbar sind. Im Übrigen wurde in die inhaltliche Gestaltung des Studienganges nicht eingegriffen. Die Hochschulautonomie bleibt also gewahrt. Es wurde weiter vereinbart, dass im Zuge der Neugestaltung die Zahl der Juraprofessoren von bislang 15 auf 6 Professoren reduziert wird. Die Juristen und Betriebswissenschaftler sollen sich nach den Vorstellungen der Universität Rostock künftig zusammen in dem neuen Studiengang engagieren und somit die klassische Ausbildung zum Volljuristen ablösen. Damit will die Universität Rostock einen neuen, sehr innovativen Weg beschreiten.
Der Studiengang Rechtswissenschaften ist natürlich nicht allein Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Allein aus diesem Grund verbietet es sich, den Fokus nur auf den Studiengang Rechtswissenschaften zu legen. Im Bereich der Zahnmedizin halten wir den Status quo aufrecht. Der Vertrag zwischen dem Bildungsministerium und der Universität Rostock wird also nicht gekündigt. Das Sparkonzept der Medizinischen Fakultät wird akzeptiert. Trotzdem sind die Regelungen über die Einhaltung der Kostenneutralität der Zahnmedizin weiterhin zu beachten. Um den Weiterbetrieb des Studienganges zu gewährleisten, wurde die Besetzung der anstehenden drei Professuren vereinbart.
Darüber hinaus haben wir Teile aus dem Entwurf der Zielvereinbarung mit Stand April 2006, über die bis auf wenige Punkte bereits weitgehendes Einvernehmen bestand, weiterverhandelt, aktualisiert und in die Vereinbarung mit einbezogen. Im Ergebnis konnte so einvernehmlich unter anderem die Einrichtung eines Pools von circa 30 Stellen vereinbart werden, mit dem landespolitisch wichtige Bereiche ausgebaut werden. Circa 15 Stellen aus diesem Pool werden so für die verbesserungswürdige Betreuung der Studenten in den besonders stark ausgelasteten Bachelorstudiengängen eingesetzt. Ein weiterer Teil der Stellen fl ießt in die Optimierung der Lehrerausbildung, insbesondere in die Erziehungswissenschaften und die Fachdidaktik.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen anderen wichtigen Punkt der Vereinbarung hinweisen, nämlich die Einrichtung des Lehrerbildungszentrums, das in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater Rostock und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lehrerausbildung im Land leisten wird. Das Gesamtpaket wird schließlich durch ein Bündel von Einzelregelungen abgerundet, von denen ich exemplarisch nur ein
paar nennen möchte. Dazu zählen als zentraler Punkt für die Universität natürlich die dringend notwendigen Baumaßnahmen, deren Umsetzung in den nächsten Jahren angegangen werden soll, aber auch weitere Projekte wie etwa ScanBalt-Campus, das IT-Science-Center Rügen sowie die Unterstützung der Patentverwertungsagentur und die Wissenschaftsstiftung.
An dieser Stelle sei mir gestattet, noch einmal auf die Unterschiedlichkeit der beiden Volksinitiativen Zahnmedizin und Jura hinzuweisen. Diese liegt eindeutig darin, dass eine Mehrheit des Senats für die Zahnmedizin stimmte und sich jetzt eine sichere Mehrheit gegen den Zweig der Jura aussprach. Das zahlenmäßige Stimmenverhältnis hatte ich zu Beginn meiner Ausführungen dargestellt.
Lassen Sie mich abschließend sagen, dieses mit der Universität Rostock vereinbarte Gesamtpaket, zu dem zentral natürlich auch die wesentlichen Inhalte der Zielvorgabe gehören, wird mit dem Antrag der Volksinitiative insgesamt infrage gestellt. Das Anliegen, den Bestand des Studienganges Rechtswissenschaften zu sichern, lässt sich aber nicht ohne die übrigen oben bereits angerissenen Problemfelder diskutieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den ausführlichen Darstellungen des Ministers kann ich in gebotener Kürze sagen: zur Initiative „Pro Jura“ zweimal Pro und einmal Kontra.
Zum ersten Pro: Es ist den Initiatoren gelungen, die erforderliche Anzahl an Unterschriften nicht nur anzukündigen, sondern auch zu erbringen. Wie wir seit Kurzem wissen, ist das keine Selbstverständlichkeit.
(Beifall Volker Schlotmann, SPD, und Hans Kreher, FDP – Reinhard Dankert, SPD, und Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Ja.)
In dem Sinne werden wir uns natürlich auch mit der Initiative befassen. Wir werden sie im vorgeschriebenen Zeitraum der Dreimonatsfrist fachlich behandeln. Wir werden eine Anhörung durchführen, wir werden uns inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen. So weit das erste Pro.
Das Kontra hat der Minister, denke ich, ziemlich deutlich gemacht. Es ist ein Anliegen der Gegner der Zielvorgabe im Bereich Jura gewesen, an zwei Fronten zum Ziel zu kommen – einmal über die Unterschriftensammlung und zum Zweiten über die Klage. Manchmal scheint es sich herauszustellen, dass das eine Instrument das andere überholt und neutralisieren kann. Ich bin sehr froh darüber, dass das Mediationsverfahren durch die Landesregierung und die Beteiligten an der Universität Rostock sachlich so gut ausgehandelt wurde, dass es zu einem solchen Ergebnis kam, und meine Fraktion ist natürlich sehr zufrieden mit diesem Mediationsergebnis und sieht keinerlei Veranlassung, das noch einmal infrage zu stellen.
Zum zweiten Pro, wie versprochen: Wir beantragen die Überweisung in den Bildungsausschuss zwecks sachgemäßer Behandlung dieser Volksinitiative. – Damit bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist ein Ausdruck der Wahrnehmung demokratischer Interessen von Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Meine Fraktion und meine Partei waren und sind für eine intensive politische Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Vereinen. Das gilt auch, wenn sich Initiativen, wie Volksinitiativen oder Volksbegehren, gegen Entscheidungen richten, die wir als Fraktion mitgetragen haben. Der vorliegende Antrag der Volksinitiative wurde vom Landeswahlleiter zugelassen und wird nunmehr im Landtag gemäß dem geltenden Recht, nämlich der Landesverfassung und dem Gesetz über Initiativen aus dem Volk, behandelt. Nach Artikel 59 Absatz 2 sind die Initiatorinnen und Initiatoren anzuhören und darum ist die Überweisung des Antrages in den Bildungsausschuss nicht nur folgerichtig, sondern auch rechtskonform.
Zur inhaltlichen Seite des Themas: Es gab natürlich zur Schließung der Juristischen Fakultät in Rostock bereits umfängliche Diskussionen mit sehr unterschiedlichen Positionen, auch zwischen den demokratischen Parteien in der letzten Legislaturperiode. Ich bedauere nach wie vor, dass es im Frühsommer 2006 mit der Universität Rostock nicht zu einer Zielvereinbarung wie mit allen anderen fünf Hochschulen gekommen ist. Die damals vom Parlament mit Mehrheit bestätigte und damit rechtsgültige Ziel vorgabe zeigt, dass zum damaligen Zeitpunkt kein Konsens mit der Universität möglich war. Die Ergebnisse der Mediationsgespräche zwischen der Universität und der Landesregierung – und dafür, dass das hier so ausführlich dargestellt wurde, danke ich dem Minister – haben nicht zu der von der Volksinitiative erhofften Lösung, nämlich der Abwendung der Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften in Rostock geführt. Wir sind aber trotzdem auf die Anhörung und die Diskussion im Bildungsausschuss gespannt, welche neuen Aspekte durch die Initiatoren dargelegt werden können. Und es wird sicherlich auch interessant sein – und gestatten Sie mir, meine Damen und Herren von CDU, dass ich das hier so deutlich formuliere –, wie die CDU sich in diesen Fragen verhalten wird,
(Beifall Ralf Grabow, FDP, und Michael Roolf, FDP – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)
und zwar deswegen, weil die CDU im Wahlkampf natürlich diese Volksinitiative sehr massiv unterstützt hat.
„Der CDU-Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen im September, Jürgen Seidel, erklärte am Donnerstag in Rostock, im Falle eines Wahlsieges die Autonomie der Universitäten zu wahren.“
„Das vom jetzigen Bildungsminister Hans-Robert Metelmann (parteilos) durchgesetzte Instrument der Zielvorgabe würde dann aus dem Hochschulgesetz gestrichen werden.“