Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

(Beifall Tino Müller, NPD)

Sie fordern mehr Spielplätze, veranstalten Kinderfeste und verteilen Luftballons und Süßigkeiten.

(Stefan Köster, NPD: Das ist doch nicht verboten.)

Sie bieten Rechtsberatung an und geben Nachhilfe. Immer häufi ger lassen sie aber ihre Biedermannmaske fallen.

(Stefan Köster, NPD: Sie machen gar nichts mehr für die Menschen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie provozieren Abgeordnete und Fraktionsmitarbeiter unseres Landtages. In Sachsen-Anhalt haben sie kürzlich Kandidaten bei der Kommunalwahl terrorisiert.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Und auch wenn durch die Eingangskontrolle, meine Damen und Herren, verhindert werden kann, dass Totschläger in den Landtag getragen werden,

(Udo Pastörs, NPD: Und Messer.)

keine Eingangskontrolle kann derzeit aber verhindern, dass die neuen Nazis ihre neonazistische Ideologie ins Parlament tragen.

(Michael Andrejewski, NPD: Und Demonstranten schmeißen Bierfl aschen auf Polizisten. Ihre eigenen Leute!)

Getroffene Hunde bellen!

Da wird der völkerrechtliche Status von Westpommern infrage gestellt, indem behauptet wird, zwei Drittel von Pommern würden derzeit von Polen verwaltet.

(Udo Pastörs, NPD: Das sagt Stoiber auch.)

Da wird die Echtheit der Anne-Frank-Tagebücher in Zweifel gezogen und da baut der Fraktionsvorsitzende der NPD in seine Rede Worte ein, die untrennbar und immer mit Mord und Vernichtung in Konzentrationslagern verbunden sein werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Meine Damen und Herren, es ist die gemeinsame Pfl icht aller Demokraten, der widerlichen Hetze der neuen Nazis und ihren Versuchen, die Naziverbrechen zu verharmlosen, entschieden entgegenzutreten. Für die Feinde von Demokratie und Toleranz darf es keine Toleranz geben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wegschauen, Ignorieren, Schweigen – all das dürfen wir nicht. Es ist deshalb so wichtig, dass viele Initiativen gegen den Rechtsextremismus im ganzen Land entstehen.

(Raimund Borrmann, NPD: Nur Arbeitslosigkeit können wir nicht beseitigen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Eine große Anzahl von Menschen beteiligt sich immer wieder an Aktionen wie „Bunt statt braun“ oder an Demonstrationen gegen Aufmärsche von Rechten.

(Michael Andrejewski, NPD: Und mit Bierfl aschen bewerfen sie Polizisten.)

Es ist ein deutliches Zeichen, wenn wie am 1. Mai in Neubrandenburg die Zahl der Gegendemonstranten größer ist als die der neuen Nazis, und es ist wichtig, …

(Stefan Köster, NPD: Fragen Sie mal die Polizisten! – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Herr Köster, Zwischenrufe von Menschen wie Ihnen, die am Boden liegende Frauen mit Füßen treten, die sind hier nicht angebracht bei diesem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass gegen die perfi den Versuche der NPD angegangen wird, schleichend nationalsozialistische Terminologie im Land, ja sogar im Landtag einzuführen. Umso wichtiger ist es, dass aus den Reihen der Demokraten in diesem Haus, ich nenne Frau Lochner-Borst, mit einer Presseerklärung unspektakulär, aber sachlich auf den unerträglichen Gebrauch der Buchenwaldinschrift aufmerksam gemacht wurde. Es gilt, von Anfang an unmissverständliche Zeichen zu setzen.

Meine Damen und Herren, dass im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern überhaupt Vertreter einer Organisation mit rassistischem Menschenbild und einer großen geistigen Nähe zum Nationalsozialismus sitzen,

(Michael Andrejewski, NPD: Wo sollen die denn sein? – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

ist umso erschreckender, als für uns in Ostdeutschland die Folgen der Nazidiktatur doch mit dem 8. Mai nicht vorbei waren. Wir waren befreit und doch waren wir nicht frei. In der sowjetischen Besatzungszone folgte auf die Verbrechensherrschaft der NSDAP die Herrschaft der SED. Ich will und man kann beide Systeme nicht miteinander gleichsetzen,

(Raimund Borrmann, NPD: Mit denen haben Sie doch zusammen regiert.)

aber ich kann sehr wohl die verstehen, die sagen, auf die Befreiung vom Nationalsozialismus folgte im Osten neue Unfreiheit. Manche mögen das in ihrem persönlichen Leben nicht so erfahren haben, doch die Verfolgung politisch Andersdenkender und von Menschen, die sich zu ihrem Glauben bekannt haben, Zwangsenteignungen, eine autoritäre Alleinherrschaft und der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze sprechen eine deutliche Sprache.

Der Zweite Weltkrieg, der eine Folge der Nazidiktatur war, führte geradewegs zum Kalten Krieg, der am 13. August im Bau der Mauer seinen markantesten Ausdruck fand. Es dauerte bis zum 9. November 1989, als die Mauer unter dem unbeschreiblichen Jubel der Menschen endlich wieder fi el. Wir im Osten hatten uns Demokratie und Freiheit erkämpft. Doch zum Demokraten wird man nicht über Nacht, Demokratie lernt man. Das war 1945 im Westen nicht anders. Doch hatte man damals das Glück, dass es praktisch für alle wirtschaftlich kontinuierlich und mit großen Schritten bergauf ging. Diese von vielen Menschen fast als Naturgesetz empfundene Entwicklung haben wir heute leider nicht. Auf die anfängliche Euphorie nach der Einheit folgte dann schnell eine gewisse Ernüchterung. An die Freiheit hatte man sich gewöhnt und so wurde Gleichheit wieder wichtiger. Doch Freiheit und Demokratie gibt es nur im Doppelpack. Demokratie kann Gleichheit nicht garantieren, Demokratie kann aber gleiche Chancen schaffen und das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Dazu gehört, dass wir auch die unbequemen Fragen und Sorgen der Menschen, zum Beispiel vor Globalisierung und möglichen Arbeitsplatzverlusten, ernst nehmen und sie nicht lediglich mit dem moralischen Verweis auf die Vergangenheit von uns weisen. Sonst überlassen wir denen das Feld, die auf diese berechtigten Fragen ganz andere, scheinbar konkrete Antworten geben, die aber niemals Lösungen darstellen. Wir hatten diese vermeintlichen Antworten schon einmal und wir denken gerade am 8. Mai daran, wohin diese geführt haben.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Meine Damen und Herren, die angesprochene Rede des Vorsitzenden der NPD-Fraktion zur Regierungserklärung ist noch immer im Internet abrufbar. Sie trägt die Überschrift „Unsere Zeit wird kommen“. Ich rufe Sie, die demokratischen Abgeordneten in diesem Hause und alle Menschen in Mecklenburg-Vorpommern auf, lassen Sie uns alles dafür tun, dass deren Zeit nie wieder kommt!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Das ist unsere moralische Aufgabe und das ist unsere politische Pfl icht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der FDP-Fraktion und Vizepräsident Herr Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Thema berührt mich sehr. Kriegserinnerungen kommen hoch. Wir müssen alles tun, damit so etwas, was damals geschehen ist, hier nicht noch einmal geschehen kann. Deshalb, meine Damen und Herren, wir Demokraten müssen hier zusammenstehen, wir müssen aufpassen, dass so etwas nicht wieder passiert! Wir haben 1989/90 durch eigene Kraft die Freiheit wieder errungen.

(Zuruf von der NPD: Nein.)

Das war unser Werk und wir lassen das von Ihnen nicht zerstören, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP)

Ich sage es noch einmal, was damals zerstört wurde von 1933 bis 1945, das waren nicht nur Menschen, das war schon schlimm genug, das war aber auch ein großer Teil unserer deutschen Kultur, die Sie immer behaupten zu vertreten. Das war die Kultur von Hermann Kant, das war die Kultur von Lessing, das war die Kultur der Aufklärung,

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

das war unsere Kultur, die uns eigentlich prägen müsste. Und es war ganz, ganz schlimm, dass das auch mit der Vernichtung der deutschen Juden mit zerstört wurde, denn sie, Mendelssohn, Lessing, das gehörte zusammen. Das wissen Sie gar nicht, glaube ich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns aufpassen, dass das nicht wieder hochkommt! Darum bitte ich Sie alle, auch in der Öffentlichkeit. Wir müssen da zusammenstehen, wir müssen eine wehrhafte Demokratie sein, meine Damen und Herren.