... denn Befreier drangsalieren, foltern, morden und vergewaltigen nicht. Befreier vertreiben Befreite auch nicht aus ihrer Heimat, betätigen sich auch nicht als Siegerrechtsschöpfer in Form von Kläger, Richter und Henker in einem. Was die Völker von Ihrer Befreiungsthese halten, haben die Esten gerade in den letzten Wochen eindrucksvoll demonstriert,
Wir von der NPD, und mit uns immer mehr gerade jüngere Deutsche, stehen den Worten Mahatma Gandhis in dieser Sache näher als Ihr Begehren,
(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Oh Gott! – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist Blasphemie.)
als Gandhi sagte: „Den Deutschen hat man durch dauernde falsche Geschichtsdarstellungen alle Argumente zur Verteidigung und Rechtfertigung genommen.“
(Der Abgeordnete Udo Pastörs beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall bei Abgeordneten der NPD – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Kein einziges Wort zum Thema. – Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Hören Sie auf! Das interessiert keinen. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Schönen Dank, dass Sie sich entlarvt haben. – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das war nicht anders zu erwarten.)
Herr Pastörs, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Sie haben in Ihrer Rede den Begriff „Bombenholocaust“ verwendet, der im Zusammenhang mit den Ereignissen in Dresden zum Ende des Krieges steht.
Der Begriff „Holocaust“ ist eindeutig geschichtlich belegt und es ist eine bodenlose Infamie, dass Sie diesen Begriff in diesem Zusammenhang hier verwendet haben.
Herr Pastörs, ich erteile Ihnen erneut einen Ordnungsruf. Sie haben die Äußerungen des amtierenden Präsidenten weder zu kommentieren noch zu bewerten. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ein weiterer Ordnungsruf einen Ausschluss aus der Parlamentssitzung nach sich zieht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spätestens mit der Tatsache, dass jemand es wagt, in diesem Hause sich an der Ehre eines Toten, nämlich Mahatma Gandhi zu vergreifen, Herr Pastörs, was Sie hier gemacht haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Udo Pastörs, NPD: Ich habe ihn zitiert.)
Und damit ich jetzt nicht in den Fehler verfalle, dass ich mich mit Ihren Äußerungen auseinandersetze, die waren nicht diskutabel, fl üchte ich in ein Zitat, weil das beruhigt mich.
„Ich habe“, Frau Präsidentin, möchte ich zitieren, „als ich gefragt wurde, ob ich heute... ein Wort zu sagen bereit sei, ohne lange Überlegungen mit ja geantwortet. Denn ein Nein der Ablehnung, der Ausrede, wäre mir als eine Feigheit erschienen,“
„und wir Deutsche wollen, sollen und müssen, will mir scheinen, tapfer zu sein lernen gegenüber der Wahrheit, zumal auf einem Boden, der von den Exzessen menschlicher Feigheit gedüngt und verwüstet wurde.“ Das war 1952, ein Wort von Theodor Heuss anlässlich der Gedenkveranstaltung der Befreiung des ehemaligen KZ Bergen-Belsen. Ich war als junger Mensch dort – das
steht nicht in meiner Rede – und ich kann Ihnen sagen, mir dreht sich der Magen um, wenn ich Ihre Bewertung dieser Geschichte höre.
Wir haben, meine Damen und Herren, mit dem 8. Mai alle unsere Empfi ndungen. Da denken viele an die Millionen Toten natürlich, an Vertreibung, an Ekel wegen menschlicher Feigheit, auch das muss man hier einmal sagen dürfen, an Ausreden, an Ablehnung von Fremdem. Es ist einfach notwendig, dass man an die schlimmsten Verbrechen der Menschheit an der Menschlichkeit erinnert, wie das der Ministerpräsident hier gesagt hat. Viele Völker, viele Menschen gedenken dieses Tages, an dem der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende ging, nämlich der 8. Mai.
Herr Kollege Schlotmann hat gesagt, wir haben es uns nicht leicht gemacht, wir haben uns nichts geschenkt, aber wir haben uns verständigt auf einen gemeinsamen Antrag. Ich bin stolz darauf. Das ist unsere Aufgabe – ich hätte jetzt fast gesagt „Job“, das wäre vollkommen falsch, das ist unsere Aufgabe. Das sehen wir als Verpfl ichtung an, weil der Schatten holt uns ein. Der 8. Mai wirft Schatten in zwei Richtungen. Auch darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen und deswegen brauche ich diesen Teil meiner Rede gar nicht vorzutragen, da gibt es nichts zu ergänzen.
Meine Damen und Herren, wir haben unterschiedliche Bewertungen dieses 8. Mai, natürlich, aber nicht in seiner Eigenschaft als Ende einer Gewaltherrschaft, nicht in seiner Eigenschaft als Tag der Befreiung. Das lassen wir uns auch von Ihnen, Herr Pastörs, nicht nehmen, dass die Menschen befreit worden sind.
Es hat eben danach in dem geteilten Deutschland eine unterschiedliche Entwicklung gegeben. Auch davor verschließen wir nicht die Augen. Aber, das sage ich jetzt an die Adresse der Kollegen von der Linkspartei.PDS, es ehrt Sie schon ein Stück, und das habe ich Herrn Holter neulich persönlich gesagt, dass Sie zu Beginn einer damaligen Koalition eine klare Erklärung zum Bekenntnis von Unrecht abgegeben haben, das die SED zu vertreten hatte. Das muss man erst mal über sich bringen, ehrlich vor der eigenen Vergangenheit zu sein. Nur das macht es mir möglich, wenn ich an diesem Pult stehe, dass ich sage „wir Demokraten“. Und das tut mir persönlich sehr gut.
Meine Damen und Herren, das nationalsozialistische Regime war in allem beispiellos: in der Brutalität, in der Konsequentheit und, ja, dass mit einer fast bürokratischen Perfektion – es klingt perfi de, aber es ist so – Menschen umgebracht wurden, sechs Millionen Juden allein.
Meine Damen und Herren, ich hätte vor einigen Jahren noch geglaubt, das ist so schlimm, das kann sich nicht wiederholen. Mein Glaube ist erschüttert. Es ist schwer, nicht emotional zu reagieren, sondern zu versuchen, Vernunft zu bewahren. Wir stehen vor einer neuen Bedrohung und wir sollten das sehr, sehr nüchtern, sehr klar erkennen. Wir müssen uns mit dem auseinandersetzen, was an Gedankengut immer wieder, und es scheint mir, bewusst immer wieder Anklänge sucht in dem Völkischen, in der
Ablehnung von Fremdem, in dem Dämonisieren von Ausländern und anderen Rassen dieser Erde. Meine Damen und Herren, ich habe immer geglaubt, man lernt aus der Geschichte. Sie haben gar nichts gelernt.
Ich gehöre zu der Generation, die mit Verlaub gesagt nach dem Kriege Glück hatte. Ich gehöre zu denjenigen, die erfahren haben, dass Versöhnung stattgefunden hat. Ich entsinne mich – und jetzt weiche ich ein bisschen aus, um auch nicht allzu, wie soll ich sagen, meine Gefühle vor mir herzutragen –, ich gehöre zu denjenigen, die Carepakete kennengelernt haben, Carepakete, die aus Amerika kamen, damit wir Kinder was zu essen hatten.