Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Allein der Ersatz aller veralteten, wenn man sich das jetzt mal vorstellen würde, deutschen Steinkohlekraftwerke spart aufgrund der Wirkungsgradverbesserung über 25 Prozent CO2, also entsprechende Ausstöße ein. Das würde zu einer bundesweiten CO2-Reduzierung von 25 Millionen Tonnen führen und würde das jüngste beim EU-Ministerrat vereinbarte Reduktionsziel von 20 Prozent gegenüber 1990 sogar noch übersteigen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Deutschland würde 40 Prozent reduzieren.)

Die Praxis ist sicherlich etwas anders, das ist klar. Man kann nicht alles auf einmal hinbekommen.

Nun will ich gleich etwas sagen zu dem von Ihnen angesprochenen Aktionsplan „Klimaschutz“. Da müssen Sie sich im Übrigen noch einmal erinnern, der Landtag hat uns am 29. März beauftragt, diesen Aktionsplan „Klimaschutz“ fortzuschreiben.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Und wir werden natürlich zu beachten haben, dass man Klimaschutz nicht allein nur aus Mecklenburg-Vorpommern betrachten kann, sondern das auch überregional über das Land hinaus sehen muss. Wenn wir also das europäische CO2-Reduktionsziel erreichen wollen, ohne Wettbewerbsfähigkeit und Energieversorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen, dann, das muss ich schlichtweg sagen, können wir nicht gleichzeitig aus der Atomkraft aussteigen und sämtliche Kohlekraftwerke zum Beispiel durch Gaskraftwerke ersetzen.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Wir wollen keinen Neubau. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Das ist schlichtweg Unsinn. Das geht einfach nicht. Das wird Ihnen jeder erklären. Der Ersatz aller bestehenden Kohlekraftwerke zum Beispiel durch Gaskraftwerke würde zur Überlastung des Energieträgers Erdgas sowie zu politisch riskanter Importabhängigkeit und zu nicht vertretbaren Preisrisiken führen. Zudem sollte zum Beispiel Erdgas aus klimapolitischen Gründen zukünftig auch verstärkt im Verkehrsbereich eingesetzt werden.

(Zuruf von Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS)

Ich hatte früher mal einen Dienstwagen, der lief wunderbar, das kann ich hier nur sagen. Es geht sogar bei

Mercedes, um das auch gleich hier zu sagen. Das nehme ich sofort zurück, wir wollen ja keine Werbung machen,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und CDU)

aber man kann hier also etwas tun. Der weltweite Erdgasbedarf ist so groß, dass er sich nicht befriedigen lässt. Das ist im Moment die Situation. Und zu glauben, man könnte hier ersetzen über Erdgas, das funktioniert schlichtweg nicht. Realistisch betrachtet können wir also derzeit auf Kohle nicht verzichten.

Meine Damen und Herren, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus unterstützt, das will ich klar und deutlich sagen, die Investition des Steinkohlekraftwerkes in Lubmin, aber nicht nur aus klima- und energiepolitischen Gründen, sondern auch aus arbeitsmarkt- und industriepolitischen Gründen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Aber ja.)

Die Regierungsparteien haben sich vorgenommen, den ehemaligen Energiestandort Lubmin aufgrund vorhandener Infrastruktur wieder zu einem modernen internationalen Energieknotenpunkt erster Güte auszubauen. Und, Herr Holter, jetzt will ich Sie auch noch einmal direkt ansprechen. Sie haben hier Ihre Auffassung vorhin so klar dargelegt. Nun will ich Ihnen sagen, Sie wissen ganz genau, dass dieser Energiestandort Lubmin in Ihrem Landes-Raumordnungsprogramm, wo Sie noch mit schönem Bild verewigt sind, enthalten ist. Das ist ganz klar.

(Unruhe bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Ob es hier um Steinkohlekraftwerke geht oder nicht, das ist ein Unterschied!)

Ja, nun warten Sie mal ab! Warten Sie doch mal ab, Herr Ritter! Lassen Sie mich doch mal ausreden! Es ist immer ganz gut, man lässt erst ausreden und kann dann argumentieren.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS)

Wenn Sie sich dieses Landes-Raumordnungsprogramm anschauen, dann haben Sie eine Energieart ausgeschlossen, „Atom“ lese ich hier ganz deutlich. Alle anderen haben Sie nicht ausgeschlossen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Haben Sie jetzt Erkenntnisse aufgrund des letzten halben Jahres bekommen? Das kann ich mir nicht vorstellen.

(Beifall Marc Reinhardt, CDU – Zuruf von Regine Lück, Die Linkspartei.PDS)

Ich will Ihnen nur sagen, Sie agieren hier sehr doppelzüngig und Sie müssten wirklich Ihren Antrag einsammeln, weil sich das so nicht halten lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Also das ist ja wohl!)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal kurz auf die Industrie- und arbeitsmarktpolitische Bedeutung hinweisen. Während der Bauzeit des Kraftwerkes werden über vier Jahre hinweg allein 1.000 Arbeitskräfte beschäftigt. Danach werden neben 140 direkten Arbeits

plätzen während der Betriebszeit weiterhin zwischen 200 und 300 Arbeitsplätze bei externen Firmen, also Kraftwerkswartung oder Reparaturen, benötigt.

Ich will aber noch ein weiteres Argument anführen. Das geplante Kraftwerk wäre, wenn es planmäßig läuft, 2012 dort in Lubmin am Markt. Direktverträge sind möglich. Es ist eine alte Weisheit: Wenn der Energielieferant sich im Gewerbegebiet befi ndet, so ist dies ein beachtlicher Standortvorteil.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist klar.)

Das ist sogar ein Ansiedlungsgrund für Unternehmen, sich dort zu etablieren, und insofern von besonderer Bedeutung.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Deswegen haben wir das GuD-Kraftwerk unterstützt.)

Meine Damen und Herren, aktuell ist das Genehmigungsverfahren für das Steinkohlekraftwerk in Vorbereitung. Zurzeit werden die Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsstudie erarbeitet. Nach den Planungen des Investors sollen die vollständigen Antragsunterlagen bis Oktober 2007 in der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist noch für dieses Jahr avisiert. Im Rahmen dieses Verfahrensschrittes können dann die Bürger ihre Bedenken gegenüber der Genehmigungsbehörde vortragen. Nach eingehender Überprüfung des Genehmigungsantrages und unter Einbeziehung der Einwendungen der Bürger fällt die Genehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens am geplanten Standort.

Ob nun die Errichtung und der Betrieb des neuen Steinkohlekraftwerks letztlich Umweltbeeinträchtigungen zur Folge haben, wird dann die Prüfung zeigen. Und dabei werden natürlich die maßgeblichen Regelwerke, nämlich die Großfeuerungsanlagenverordnung sowie die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft und zum Schutz gegen Lärm zugrunde gelegt. Es gibt zurzeit keine Erkenntnisse, die befürchten lassen, dass der Luftschadstoffausstoß die maßgeblichen Emissionswerte überschreitet

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Kein Zweifel.)

beziehungsweise die zulässige Gesamtbelastung am Standort unverhältnismäßig hoch überschritten wird. Die Ausbreitung von Kohlestaub – das ist sicherlich ein Thema, über das intensiv geredet werden muss – wird durch modernste technische Vorkehrungen auf ein Minimum reduziert. Auch die zulässigen Lärmemissionsrichtwerte können am Standort nach bisherigem Kenntnisstand voraussichtlich eingehalten werden. Die zusätzlichen Verkehrsbelastungen halten sich in Grenzen, da 90 Prozent der ein- und ausgehenden Stoffströme über den Wasserweg abgewickelt werden.

Über eine mögliche Erwärmung des Greifswalder Boddens durch Kühlwassereinleitung kann zurzeit keine seriöse Aussage getroffen werden. Dies ist im Genehmigungsverfahren für das Steinkohlekraftwerk ein noch zu prüfender Sachverhalt. Und hier wird, das kann ich Ihnen versichern, natürlich auch die kumulierende Wirkung der am Standort befi ndlichen und bereits genehmigten Vorhaben wie das GuD-Kraftwerk zu betrachten sein.

Meine Damen und Herren, ganz klar ist, sollten Einleitungen in dem geplanten Umfang nicht möglich sein, dann müssen andere technische Möglichkeiten der Wärmeabführung gefunden werden. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass eine Wärmeauskopplung stattfi ndet zur Versorgung der Umlandgemeinden mit Heizenergie oder zur Versorgung von entsprechender Industrie, die sich dort ansiedelt. Die Genehmigungsbehörden werden jedoch in jedem Fall dafür Sorge tragen, dass alle Vorgaben des Wasser- und des Naturschutzrechtes eingehalten werden. Und, Herr Professor Methling, ich will Sie noch einmal ganz direkt ansprechen: Sie waren als Umweltminister lange genug Chef der obersten diesbezüglichen Genehmigungsbehörde des Landes, um zu wissen, dass die erforderliche emissionsschutzrechtliche Genehmigung bei Vorliegen der gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen erteilt werden muss.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, man darf aber vorher nicht sagen, dass sie schnell erteilt wird.)

Es besteht ein unbedingter Genehmigungsanspruch. Ich muss Ihnen das jetzt sagen, es tut mir leid.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.)

Ein Ablehnen der Genehmigung wäre nicht nur amtspfl ichtwidrig, sondern sogar schadensersatzwidrig.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Pfl ichtig!)

Schadensersatzpfl ichtig, Entschuldigung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Also noch einmal, wenn eine Genehmigungsfähigkeit vorliegt, dann muss auch eine Genehmigung erteilt werden.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, richtig. Aber nur dann! – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Alles andere hieße, das Recht auf den Kopf zu stellen.

(Heiterkeit und Zuruf von Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)

Und ich glaube, das kann auch nicht Wille des Landtages Mecklenburg-Vorpommern sein.