Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

stünde im Raumordnungsprogramm ein klares Nein zum Steinkohlekraftwerk, darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bis auf einzelne Stimmen fi ndet unser Herangehen auch in meiner Partei vor Ort große Zustimmung. Unsere Landrätin sieht das anders.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich kann schon verstehen, dass die Landrätin, die täglich um jeden Arbeitsplatz für ihre Region kämpfen muss, die Ansiedlung des Investors begrüßt. Aber auch das ist, wie Herr Müller gestern hier deutlich gemacht hat, eine Entscheidung der kommunalen Selbstverwaltung. An unserer prinzipiellen Haltung wird das allerdings nichts ändern.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gehören nicht zu denjenigen, die in vor Betroffenheit triefenden Sonntagsreden über die Notwendigkeit des Klimaschutzes schwadronieren und hier bei uns das Gegenteil tun. Gerade in einer Zeit, in der über dringende Maßnahmen zur Abwendung des Klimakollaps geredet und der Umstieg auf erneuerbare Energien angemahnt wird, wie auch in dem Gutachten, was von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, passt ein Steinkohlekraftwerk eben nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch nicht der neueste Stand der Technik wird verhindern, dass jährlich circa sieben Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre entlassen werden. CO2 riecht man nicht, es ist auch nicht zu sehen – und das ist vielleicht die Krux –, aber es ist trotzdem schädlich. Und man sollte doch meinen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir Menschen mit so viel Vernunft ausgestattet sind, dass wir die richtigen, sprich nachhaltigen Schlussfolgerungen ziehen können. Die Bürgerinnen und Bürger von Lubmin können das offensichtlich. Achten Sie deren Willen, das gebietet die Demokratie!

Und nun höre ich Sie schon wieder sagen, es waren ja nicht einmal 50 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner an der Bürgerbefragung beteiligt. Es war also gar keine Mehrheit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich eigentlich bei Kommunalwahlen, bei denen die Beteiligung immer mehr zurückgeht, auch die Frage nach der Legitimität der Gewählten? Nein, das tun Sie nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein anderes Argument lautet, wenn wir das Kraftwerk hier nicht bei uns bauen, entsteht es woanders. Genau dieses Denken hindert die Weltgemeinschaft daran, den Klimawandel ernsthaft zu begrenzen. Global denken, lokal handeln – das müssen wir. Wo sollen wir denn mit dem Klimaschutz ernst machen, wenn nicht in unserem Bundesland, das hervorragende Voraussetzungen hat, mittelfristig die Energieversorgung aus erneuerbaren Energien weiter und weiter zu entwickeln?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, außerdem glaube ich nicht an das Ende der Entwicklung Lubmins, wenn das Kraftwerk nicht gebaut wird. Ich denke, das tut niemand, auch Sie nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition.

(Harry Glawe, CDU: Die PDS und der Glaube, das passt sowieso nicht zusammen. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ach, Ihre Zwischenrufe waren auch schon mal besser, meine Herren von der CDU.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion und meine Partei stehen auf soziale Gerechtigkeit.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da werden sich aber die Arbeitnehmer freuen, denen Sie die Arbeits- plätze wegnehmen. Die werden sich freuen.)

Diese Forderung, Herr Dr. Jäger, kann an unseren Landesgrenzen aber nicht haltmachen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ah ja! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Die Kohle, die in Greifswald verstromt werden soll, wird aus Ländern geholt, in denen die Bergleute zum großen Teil unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen leiden. Nur deshalb ist sie doch so billig, dass sich ein Transport hierher überhaupt lohnt.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Übrigens sind allein diese Transportwege ein ökologischer Anachronismus.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wenn sie die Kohle nicht mehr verkaufen, dann geht es den Bergleuten schlechter.)

Auch deshalb kann unsere Haltung zum Steinkohlekraftwerk nur ein Nein sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ich fordere Sie noch einmal auf, unserem Antrag zuzustimmen. Aber ich sehe durchaus Bewegung, deshalb begrüßen wir die Überweisung in den Ausschuss,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

damit wir dort sachlich miteinander reden können. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Dann müssen Sie mal nach Australien fahren und sich das da mal angucken.)

Danke, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre kein falscher Gedanke, wenn wir bei unserer Energieversorgung in höherem Maße auf unsere eigenen Rohstoffe zurückgriffen. Wir können uns nicht blind darauf verlassen, dass der Nachschub an Öl, Gas oder Uran immer weiter rollt. Vermeiden können wir diese Abhängigkeit zwar nicht, aber verringern könnten wir sie. Unsere Steinkohleförderung aufrechtzuerhalten, vielleicht so, dass wir die Produktion in Krisenzeiten auch weiter hochfahren könnten, dazu ökologisch vertretbare Steinkohlekraftwerke entwickeln und bauen, das könnte Sinn machen, aber genau das geschieht in Lubmin eben nicht.

Lubmin ist Teil folgenden Konzeptes: Man legt in Nordrhein-Westfalen die Steinkohleförderung still und dann macht man sich noch abhängiger vom Ausland, indem man Steinkohle aus Australien oder Südafrika importiert und mit dieser neue Kraftwerke betreiben will. Das ist verrückt. Zwar lässt sich im Augenblick Importkohle billiger erwerben als im Land fördern, aber langfristiges Denken ist das nicht, was im Ruhrgebiet gerade geschieht. Wir sind auch dagegen, unsere Energieversorgung Konzernen anzuvertrauen, die Daseinsfürsorge und die Gewährleistung von Umwelt- und Sicherheitsstandards müssen in der Hand des Staates liegen,

(Beifall Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

die Stromversorger wären zu vergesellschaften. Es geht also, Herrn Ritter zu übertreffen oder gleichzuziehen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Neue Kraftwerke sollten nur dann und nur dort entstehen, wenn sie dem öffentlichen Wohl dienen,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Jetzt ist Ihre alte Vermutung zutreffend, Herr Jäger.)

nicht privaten Profi tinteressen. Es geht auch nicht, dass eine Regierung sagt, wir können gar nichts mehr machen, wir haben keine Entscheidungsgewalt, die bürokratischen Genehmigungsverfahren und das Wirtschaftsgeschehen sind auf Autopilot, wir stehen nur daneben und wissen gar nichts mehr. Lubmin ist natürlich auch der falsche Standort mitten im Urlaubsgebiet. So etwas scheint man sich nur in Mecklenburg-Vorpommern zu trauen. Man gewinnt den Eindruck, das Land solle sich zum Schrottplatz Deutschlands entwickeln, wie schon gesagt wurde. Hierher schiebt man alles, was man anderswo nur schwer durchsetzen kann und was die Mehrheit des Volkes nicht will. Riesige Schweinemastanlagen, wie sie in den Niederlanden nicht mehr genehmigt werden, fi nden Standorte bei uns, heute in Midow, vielleicht demnächst in Alt Tellin. Zu befürchten ist die Verseuchung von Böden durch die Gülle.

An 28 Standorten in Mecklenburg-Vorpommern soll in diesem Jahr Genmais angebaut werden. Versuchsfelder für Genkartoffeln haben wir auch, Flüssiggaslager sollen angelegt werden, wofür man zwischen Mücke und Wrangelsburg Salzstöcke ausspülen möchte. Die extrem konzentrierte Sole fl ießt dann in die Ostsee, während das Steinkohlekraftwerk dazu seine sieben Millionen Tonnen CO2 im Jahr ausstößt. Die Ostsee als totes Meer, auf das leise Staub und Quecksilber aus den Kraftwerksschloten rieseln, dazu das Grunzen der Schweineherden,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Beifall Udo Pastörs, NPD)

das leise Rauschen der Genmaisfelder, überall Windräder, die vor sich hin quietschen und die Landschaft verschandeln, vielleicht noch ein paar neue Müllverbrennungsanlagen, die lustig qualmen – das Ganze sollte man malen, das Gemälde da aufhängen und darüber schreiben: „Die Visionen von Wirtschaftsminister Seidel – Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern“.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Wir haben einen anderen Kunstgeschmack, der sich hier rein zufällig, wie ich betonen möchte, mit dem der Linkspartei deckt. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Danke, Herr Andrejewski.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lietz von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herrn! Ich muss Ihnen gestehen, ich habe wahrscheinlich noch nicht das Profi l, das viele von Ihnen haben, einen Tag vorher eine Diskussion über Arbeit, über Beschäftigung in Mecklenburg-Vorpommern zu führen und wenige Stunden später, wenn es um Investitionen gerade in diesem Markt geht, eine vollkommen andere Strategie zu beziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vincent Kokert, CDU: 1,6 Milliarden.)

Meine Damen und Herren, global denken, lokal handeln – wenn sich das darauf reduziert, dass wir die Lösungen des Weltklimas beachten wollen, es aber vor Ort ablehnen möchten, das ist, meine Damen und Herren, zu kurz gesprungen.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist richtig.)

Ich kann Ihnen eins versichern, wir befi nden uns dazu in Gesprächen seit über 17 Jahren. Ich begleite diesen Prozess in dieser Region im Ehrenamt mittlerweile 17 Jahre lang. Ich kenne viele von Ihnen aus persönlichen Gesprächen und frage mich: Warum reduzieren wir diese Diskussion wiederum auf eine Thematik „entweder Tourismus oder Wirtschaft“?