Protokoll der Sitzung vom 13.06.2007

So ist es.

Trotz aller erfreulichen Botschaften über die konjunkturelle Entwicklung wäre das angesichts der hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen im Land einfach ein zynischer Standpunkt. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Lück.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Wirtschaftsminister Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, wir haben in der Tat eine erfreuliche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in den letzten Monaten. Immerhin – und das darf man ruhig laut sagen, glaube ich – haben wir 19.000 Arbeitslose weniger zum Vergleichsmonat des vorigen Jahres. Wir haben 14.900 sozialversicherungspfl ichtige Arbeitsplätze mehr als zum Vergleichsmonat des Vorjahres.

Es wurde auch schon gesagt, es ist unterschiedlich bei den Arbeitslosen, was die Möglichkeit, wieder in Arbeit zu kommen, betrifft. Das ist völlig klar, das ist unbestritten, aber es gibt im Übrigen – ich habe jetzt leider nicht die genaue Zahl da – auch einen Rückgang bei den Langzeitarbeitslosen, allerdings nur einen geringeren Rückgang. Das ist völlig korrekt.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

In der Tat haben wir eine positive Entwicklung, was noch lange nicht heißt, dass wir in Euphorie ausbrechen, sondern ich weiß selbst, dass 147.000 Arbeitslose in Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor ein Riesenproblem sind, und deswegen arbeiten wir auch jeden Tag, um diese Situation zu verbessern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, mit dem am 27.02.2007 im Kabinett beschlossenen und dann der Generaldirektion in Brüssel zugeleiteten Operationellen Programm für den Europäischen Sozialfonds, also den ESF, in der Förderperiode 2007 bis 2013 werden wir genau deshalb die Mittel konsequent darauf konzentrieren, dass sich die Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung in Mecklenburg-Vorpommern weiter verbessern. Das ist die Entwicklung, Frau Lück, die Sie genannt haben, die Sie geschildert haben, dass genau diese Entwicklung fortgesetzt wird.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Mit welchen Mitteln?)

Primär zielen wir mit dem neuen Operationellen Programm auf die Bekämpfung der Ursachen von wirtschaftlicher Schwäche und von Arbeitslosigkeit. Die Strategie des ESF in Mecklenburg-Vorpommern fügt sich nahtlos in die übergeordneten strategischen Vorgaben und Orien tierungen aus der Lissabon-Strategie, die kohäsionspolitischen Leitlinien sowie den nationalstrategischen Rahmenplan ein. Mit der entsprechenden Orientierung greifen wir, und jetzt hören Sie gut zu, zudem die Empfehlungen der Aktualisierung der Halbzeitbewertung der Förderperiode 2000 bis 2006 auf.

Die Evaluatoren der Umsetzung des ESF in MecklenburgVorpommern haben ausdrücklich die Ausrichtung des neuen Operationellen Programms 2007 bis 2013 an der neu ausgerichteten Lissabon-Strategie gefordert. Sie messen Wissen, Innovation und der Aufwertung des Humankapitals eine ganz besondere Schlüsselrolle bei. Mit dem Wort „Humankapital“ habe ich auch meine Schwierigkeit, das gebe ich zu, aber wenn Sie mir einen besseren Vorschlag machen können, nehme ich ihn gern an.

(Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Bei einer Strategie, die im Wesentlichen auf freie sozialpolitisch motivierte Instrumente setzen würde, besteht immer die Gefahr, dass wir nur zeitlich befristete Entlastungseffekte erreichen, die zu keiner nachhaltigen Stärkung der Entwicklung des Fachkräftepotenzials in Mecklenburg-Vorpommern führen. So sollte der ESF-Einsatz nach ausdrücklicher Forderung der Evaluatoren nicht auf eine quantitative Verstärkung der bundesfi nanzierten Arbeitsmarktpolitik nach SGB III und SGB II hinauslaufen, zum Beispiel durch höhere Fallzahlen oder höhere Fördersätze.

An dieser Stelle gilt es, auch darauf hinzuweisen, dass der Ansatz für die Förderperiode 2007 bis 2013 für den ESF gegenüber der vorangegangenen von 2000 bis 2006 um rund 220 Millionen Euro verringert ist. Das hat etwas zu tun mit der Erweiterung der Europäischen Union. Das kennen Sie alles. Auch daraus folgt, dass die Förderinstrumente im Bereich der klassischen Arbeitsmarktpolitik schlichtweg nicht so fortgeführt werden können.

Die Hauptverantwortung für die Integration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt liegt nach den Sozialgesetzbüchern III und II bei der Bundesagentur für Arbeit sowie bei den Arbeitsgemeinschaften oder der Optionskommune Ostvorpommern. Zur Eingliederung Arbeitsloser steht ihnen auch ein breites, vielfältiges und relativ fl exibel einsetzbares Spektrum an Instrumenten der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung. Daneben verfügen die Jobcenter der Arbeitsgemeinschaften beziehungsweise der optierenden Kommunen über vergleichsweise günstige

fi nanzielle und personelle Ressourcen. Schauen Sie sich das bitte konkret an!

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das haben wir getan.)

Wir haben mit dem neuen Operationellen Programm eine Abkopplung von den Aktivitäten und dem Förderinstrumentarium der Bundesanstalt und der Argen vorgenommen. Das ist richtig. Stattdessen erfolgt eine Konzentration der ESF-Mittel auf eine eigenständige Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik im Land MecklenburgVorpommern. Mit dieser strategischen Neuausrichtung des ESF-Einsatzes verfolgen wir nicht mehr Arbeitsmarktpolitik im engeren Sinne, so zum Beispiel die Beseitigung des ungenügenden Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage. Wir wollen eine umfassendere Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungspolitik in Mecklenburg-Vorpommern organisieren.

Von einer derart ausgerichteten Politik erwarten wir natürlich im Rahmen der Möglichkeiten des ESF-Programms einen bedeutenden Impuls für den Abbau des Entwicklungsrückstandes des Landes und letztlich natürlich die Verringerung der Arbeitslosigkeit insgesamt. Dabei ist die Strategie nicht auf kurzfristige Wirkung und kurzfristige Ergebnisse angelegt. Die schon von mir zitierte angestrebte Humanressourcenentwicklung, und da ganz besonders die Ausbildung junger Menschen, kann erst mittel- und langfristig die angestrebte Wirkung und die Wirtschaftskraft auf dem Arbeitsmarkt entfalten.

Genauso wie wir im Rahmen des neuen Operationellen Programms die Ergebnisse der Evaluatoren hinsichtlich der letzten Förderperiode aufgenommen und verwertet haben, so halten wir auch an sinnvollen und bewährten Strukturen der Vergangenheit durchaus fest. Die Einbindung regionalen Sachverstandes wird im neuen Operationellen Programm zum ESF ausdrücklich erwähnt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist keine Antwort auf die Frage der Beiräte.)

Die Wertschätzung regionaler Kompetenz führt dazu, dass auch in der Förderperiode 2007 bis 2013 bei ausgewählten Förderbereichen die Einbindung von regionalem Sachverstand bei Förderentscheidungen, insbesondere unter Mitwirkung der Wirtschafts- und Sozialpartner beabsichtigt ist. Regionale Akteure, da gebe ich Ihnen recht, können oftmals am besten einschätzen, in welchen Bereichen der Mitteleinsatz erfolgreich ist und was die Region auch wirklich am Ende voranbringt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Heißt das, auch die Frauenverbände dürfen mitreden?)

Dieser Beteiligungsansatz ist insbesondere für den Förderansatz der Strukturentwicklungsmaßnahmen im Umfeld der Unternehmen vorgesehen. Ausgehend vom Operationellen Programm, dessen Genehmigung wir in Brüssel für den Herbst erwarten, wird dann die Umsetzung – wir haben es auch schon gesagt – durch eine Neuformulierung der Wirtschafts-, Struktur- und Arbeitsmarktpolitik erfolgen.

Ich bitte zu beachten, für den Einsatz der Haushaltsmittel für Arbeitsmarktpolitik aus dem Europäischen Sozialfonds sind in der laufenden Legislaturperiode sowohl natürlich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, aber auch das Ministerium für Gesundheit und Soziales verantwortlich.

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Das ist wahrscheinlich auch ein Problem dann.)

Auch das Sozialministerium, für mich sage ich es Ihnen jetzt hier, hält die Einbeziehung regionaler Fach- und Sachkompetenz durch die Beiräte für notwendig. Also Sie laufen da völlig ins Leere mit Ihrer Forderung. Welche Bereiche dieses im Einzelnen betreffen wird, das muss allerdings noch abschließend geklärt werden. Damit ist eigentlich der Punkt 2 Ihres Antrages erledigt.

Zum letzten Punkt des Antrages der Linksfraktion ist meine Position eindeutig und ich will sie auch ganz klar formulieren. Im Übrigen ist sie bekannt bei den OASEn. Eine Fortführung der Förderung der Organisationen für Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklung in der neuen Förderperiode ist nicht vorgesehen. Wie bereits erwähnt wird die Arbeitsmarktpolitik des Landes Fördermöglichkeiten der Agenturen für Arbeit oder der Argen beziehungsweise der optierenden Kommune weder ersetzen noch kofi nanzieren, noch bestehende Überschneidungen werden hier nach und nach abgebaut. Wir müssen davon ausgehen, dass die OASEn heute in erster Linie Dienstleister und Partner der Argen beziehungsweise der optierenden Kommune bei der Umsetzung von Eingliederungsleistungen für ALG-II-Empfänger sind. Die notwendigen Aufwendungen für die Träger der sogenannten 1-Euro-Jobs zum Beispiel werden im Rahmen der gewährten Verwaltungspauschale durch die Argen eigentlich abgegolten. Ich weiß, dass dies nicht in jedem Fall so in diesem Land ist.

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Das ist sehr unterschiedlich.)

Das ist sehr unterschiedlich, das stimmt, aber wir haben hier auch die klare Aussage den OASEn gegenüber gemacht, dass wir uns letztlich bei der Agentur für Arbeit dafür einsetzen, dass genau dieses erfolgt. Das geben die fi nanziellen Möglichkeiten der Argen locker her.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Das muss man klipp und klar an dieser Stelle auch betonen. Übrigens wie in allen anderen neuen Bundesländern, wo das funktioniert, denke ich, muss dies auch in Mecklenburg-Vorpommern möglich sein.

Meine Damen und Herren, die Wiedereingliederung von Arbeitslosen und insbesondere von Langzeitarbeitslosen sowie Menschen mit besonderen Integrationshemmnissen obliegt den Agenturen für Arbeit für die Arbeitslosengeld-I-Empfänger und den Argen beziehungsweise der optierenden Kommune für die ArbeitslosengeldII-Empfänger. Der Bund hat diese Zuständigkeiten und muss seiner Verantwortung gerecht werden. Das Land hat hier nicht die Aufgabe, tatsächliche oder vermeintliche Versäumnisse oder Unzulänglichkeiten des Bundes schlichtweg einfach zu kompensieren. Das bedeutet aber nicht, dass die Förderung der OASEn abrupt beendet wird. Wir haben das übrigens, ich habe es bereits erwähnt, auch klar mitgeteilt: Im Jahr 2007 werden die OASEn noch gefördert, und um ihnen Planungssicherheit zu geben, habe ich entschieden, dass noch vor der Sommerpause die Regionalbeiräte die Budgetvergabe 2008 für die OASEn vorziehen. Wir stellen dann noch einmal, aber letztmalig die Hälfte des 2007er Budgets zur Verfügung. Damit sind die entsprechenden Weichen gestellt und die OASEn haben auch die Möglichkeit, sich zumindest mittelfristig auf diese Entwicklung einzustellen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Zuzumachen.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie sehen damit, das ist nicht wahr, auch in anderen Ländern gibt es solche Regelungen, auch dort funktioniert das. Ich bin ganz sicher, das wird in Mecklenburg-Vorpommern auch funktionieren. Sie können also erkennen, dass die Punkte 1 und 2 des Antrages der Linkspartei bei uns mehr oder weniger bereits erfüllt sind.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Zu Punkt 3 habe ich Ihnen meinen Standpunkt mitgeteilt. Sie sehen, dass die Forderungen gegenstandslos sind

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

beziehungsweise wir andere Schwerpunkte setzen im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Insofern empfehle ich Ihnen, diesen Antrag der Linkspartei.PDS abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Es ist eben nicht egal, wer regiert.)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich kurzfassen, auch weil ich schon vom Rande der Fraktion der Linkspartei.PDS die Bemerkung gehört habe, jetzt spricht der wirtschaftspolitische Sprecher.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Stimmt das nicht?)

Natürlich stimmt das. Also ich soll es ja nun wissen.

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Der arbeitsmarktpolitische wäre besser gewesen.)

Das bin ich auch.