Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

(Angelika Gramkow, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Mir ist aber wichtig zu betonen, dass die vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Änderungen nicht die grundsätzliche Entscheidung für eine gestärkte G10-Kommission infrage stellen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ist ja eine glatte Unterstellung.)

Der Finanzausschuss sieht redaktionelle Änderungen vor und hat im Vorgriff auf den Doppelhaushalt 2008/2009 schon einmal die notwendigen zusätzlichen Personalmittel beziffert und die Einstellung in den nächsten Haushalt beschlossen. In seiner Stellungnahme präzisiert der Finanzausschuss damit letztlich die Forderungen des Innenausschusses. Deshalb haben die demokratischen Fraktionen einen Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses vorgelegt und ich bitte Sie, diesem Änderungsantrag zuzustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zusammenfassen: Wir haben mit der Beratung zu diesem Gesetzentwurf ein gutes Beispiel für parlamentarische Zusammenarbeit geliefert. Die Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung der jetzt zu ändernden Beschlussempfehlung des Innenausschusses wird die parlamentarische Kontrolle von legalen Grundrechtseinschränkungen und damit die Demokratie weiter stärken. Ich bitte Sie zunächst um Zustimmung zum interfraktionellen Änderungsantrag und schließlich um Zustimmung zu der dann leicht geänderten Beschlussempfehlung des Innenausschusses. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD, Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Gino Leonhard, FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Nieszery.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Roolf, ich hatte am 11. März während der Debatte in der Ersten Lesung Ihnen und Ihrer Fraktion namens meiner Fraktion zugesichert, dass wir diesen Gesetzentwurf sehr schnell in den Ausschüssen behandeln werden und sehr zielführend arbeiten wollen. Ich bin heute der Meinung, dass dieses Gesetz viel besser geworden ist. Was das Thema „schnell“ betrifft, denke ich mal, haben wir beide an Erfahrung hinzugewonnen.

(Heiterkeit bei Michael Roolf, FDP: Vielen Dank.)

Das ist manchmal so.

Herr Nieszery hat als Ausschussvorsitzender eben zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses umfänglich vorgetragen. Ich kann mich daher auf einige wichtige Punkte beschränken, meine Damen und Herren.

Die Stärkung der G10-Kommission ist wichtig, denn sie hat eine wirklich elementare Bedeutung für die Sicherung der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger im Land. Die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden – und das ist immer wieder deutlich geworden – des Bundes und des Landes sind in den vergangenen Jahren ja erheblich ausgeweitet worden. Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz – das stammt aus dem Jahre 2002 – und dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz aus diesem Jahr zog der Bundesgesetzgeber die Konsequenzen aus der neuen Bedrohungsdimension, die mit den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 begann. Beispielhaft will ich nur die Verpfl ichtung von Post- und Telekommunikationsdienstleistern nennen, dem Verfassungsschutz Auskünfte zu geben, zum Beispiel über die Bestandsdaten, unter Umständen sogar über die Nutzungsdaten.

Meine Damen und Herren, die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde in Mecklenburg-Vorpommern sind eben eng mit diesen im Bundesverfassungsschutzgesetz normierten Rechten verknüpft. Und deswegen war der Gesetzentwurf der FDP, der eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder der G10-Kommission von zwei auf drei vorschlägt, nur konsequent.

Meine Damen und Herren, zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Herr Ritter, natürlich haben wir die klugen Vorschläge, die aus Ihrer Fraktion kamen, ja weitgehend übernommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Na, na, na, keine Ironie!)

Nur, Herr Ritter, Sie werden mir ja zustimmen, dass der Koalitionsantrag dann doch deutlich weitergehend war

(Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ha, ha!)

und viele andere wichtige Dinge übernommen hat, sodass ich mich damals gefreut habe, dass Sie unserem Antrag zugestimmt haben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, ein Charmeur, der Herr Ringguth!)

Meine Damen und Herren, also dieser Änderungsantrag geht ja einen Schritt weiter: Zum einen wird der G10Kommission das erforderliche Personal zur Verfügung gestellt, damit sie ihre Aufgaben wirkungsvoller als bisher erledigen kann, und zum anderen werden die Befugnisse der Mitglieder der Kommission und ihrer Mitarbeiter – das war bisher überhaupt nicht geregelt in unserem Land – erstmals ausdrücklich gesetzlich geregelt. Dies entspricht der Gesetzeslage auf Bundesebene und verknüpft damit ebenso wie aufseiten des Verfassungsschutzes die Befugnisse der Kontrollgremien im Bund und in Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, die effektive gegenseitige Kontrolle der Gewalten ist ein tragendes verfassungsrechtliches Prinzip. Zum Wohle der Allgemeinheit müssen

dem Staat wirkungsvolle Instrumente zum Schutz gegen Gefahren, gleich welcher Art, zur Verfügung stehen, erst recht zur Bekämpfung des Terrorismus. Andererseits muss jeder einzelne Bürger sicher sein können, dass in den Behörden, denen so umfassende Rechte dann zustehen, eine ebenso wirkungsvolle und starke Kontrolle gesichert ist. Deswegen, meine Damen und Herren, wird meine Fraktion sowohl dem interfraktionellen Antrag als auch dem Gesetzentwurf zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Ringguth.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin kein Hellseher, aber ich bin davon überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf hier heute eine breite Mehrheit fi nden wird. Aber trotz guter parlamentarischer Zusammenarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Innenausschuss, bleiben die unterschiedlichen Sichtweisen über die Abhörmaßnahmen im Rahmen der Telefonüberwachung bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Die Fraktion DIE LINKE teilt auch nach dieser Gesetzesänderung zutiefst die Besorgnis über das Ausmaß und die Tendenzen der Telefonüberwachung. Obwohl das Bundesverfassungsgericht in vielen Urteilen und letztlich in seiner Entscheidung vom Juli 2005 die sogenannte vorbeugende Telekommunikationsüberwachung, das heißt verdachtsunabhängige Überwachung stark eingeschränkt hat, nehmen dennoch die Maßnahmen Jahr für Jahr zu. Im Vergleich zu 2004 nahm bundesweit die Zahl der Überwachungsmaßnahmen im Jahr 2006 um 24 Prozent zu. Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist die Zahl der Abhörmaßnahmen seit dem Jahr 2000 um 70 Prozent gestiegen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Hört, hört!)

Daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, ändert keine Kontrolle etwas. Das ist aber aus unserer Sicht alarmierend. Und der Sachverhalt wird leider nicht dadurch besser, wenn man uns beschwichtigend sagt, die von Jahr zu Jahr steigenden Zahlen würden vor allem durch die Zunahme des Mobilfunks, das heißt vor allem durch die Nutzung von Handys verursacht. Egal ob Festnetz oder Handy, es handelt sich ohne Ausnahme um tief greifende Einschnitte in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes.

Hinzu, liebe Kolleginnen und Kollegen, soll nun ab Herbst 2007 entsprechend dem Entwurf einer EU-Richtlinie eine Vielzahl von Daten über jedes einzelne Telefonat systematisch und anlasslos gespeichert werden. Was von diesem Wahnsinn zu halten ist, das haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in ihrer Entschließung, angenommen auf ihrer 70. Konferenz im Oktober 2005, deutlich gesagt. Es werden nämlich grundgesetzwidrig ausnahmslos alle Nutzer von Telefonen, Handys und auch des Internets unter den Generalverdacht gestellt, potenzielle Straftäter zu sein. Herr Schäuble lässt grüßen! Das ist der eigentliche Krebsschaden. Er liegt in der offi ziellen Sicherheitsdoktrin, in der Terrorismushysterie.

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Die Datenschützer des Bundes und der Länder haben in der genannten Entschließung den Bundestag und das Europäische Parlament aufgefordert, einer derartigen Vorratsdatenspeicherung nicht zuzustimmen. Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch unsere Landesregierung ist aufgefordert, gegen den bereits vorhandenen Entwurf eines Bundesgesetzes Stellung zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Mit einiger Verwunderung vernehme ich dann allerdings die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Leonhard von der FDP-Fraktion vom 1. Februar 2007, dass die Landesregierung überhaupt nicht daran denkt, etwaige Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens geltend zu machen. Sie will, so heißt es in der Antwort, lediglich darauf achten, dass die Maßnahmen eine effektive Verfolgung von Straftaten ermöglichen.

Schon allein aus diesem Hintergrund, meine sehr verehrten Damen und Herren, halten wir die heute zu verabschiedende Änderung des G10-Ausführungsgesetzes für völlig unzureichend. Die Fraktion DIE LINKE hatte versucht, in einem Entschließungsantrag auf eine weitreichende und grundlegende Änderung hinzuwirken, wovon die Koalition allerdings nichts wissen will und wozu auch der Einreicher des Gesetzentwurfes, die FDP, keine Meinung hatte. Natürlich sind wir ungeachtet dieser Tatsachen für eine Verbesserung der Kontrolle, denn selbst die schlechteste Kontrolle ist besser als gar keine. Und gerade darum haben wir im Europa- und Rechtsausschuss unseren Änderungsantrag eingebracht, den die Koalition, wie es hier schon dargestellt worden ist, zu einem großen Teil schlichtweg übernommen hat. Leider hat sich die Koalition nicht dazu entschließen können, auch dem Landesdatenschutzbeauftragten Überprüfungsrechte einzuräumen. Wir bedauern das nachdrücklich und unterstreichen, wie in der Einbringungsdebatte bereits gesagt, noch einmal, dass dies im Widerspruch steht zu Artikel 34 unserer Landesverfassung, wonach sich selbstverständlich jedermann an den Landesdatenschutzbeauftragten wenden kann und ausnahmslos alle staatlichen Stellen der Datenschutzkontrolle gemäß Artikel 34 unterliegen.

Über die in der Beschlussfassung vorgesehenen Maßnahmen braucht man, denke ich, hier heute nicht mehr im Einzelnen zu debattieren. Mit ihnen wird lediglich auch das in unserem Land geregelt, was auf Bundesebene und in anderen Bundesländern längst Praxis ist. Die einzige Frage wäre, warum die Landesregierung nicht von selbst auf den Trichter gekommen ist, diese Änderung einzubringen. Aber das bleibt dann wohl das Geheimnis der Koalition.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ansonsten, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich feststellen, dass ich die Vorgehensweise der Koalition, unseren Änderungsantrag weitgehend einfach, wie man so sagt, abzukupfern, für einen schlechten parlamentarischen Stil halte.

(Beifall Angelika Gramkow, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Haben Sie einfach mal den Mumm, guten Anträgen der Opposition zuzustimmen! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Mir bleibt im Grunde genommen nichts weiter hinzuzufügen zu dem, was meine Kollegen hier aus dem Innenausschuss bereits vorgetragen haben, insbesondere, was mein Kollege Ritter hier vorgetragen hat bezüglich der Telefonüberwachungsmaßnahmen. Da werden wir zu einem anderen Tagesordnungspunkt ja noch intensiv diskutieren.

Ihnen liegt heute eine Beschlussempfehlung zu einem Gesetzesentwurf meiner Fraktion vor. Auch wenn die Beschlussempfehlung einen umfangreichen Text umfasst, so bleibt der Grundsatz der FDP-Fraktion, nämlich mehr Kontrolle bei nachrichtendienstlichen Überwachungsmaßnahmen nach dem G10-Gesetz, erhalten. Vielmehr wurden durch die Änderungsanträge im Innenausschuss sehr unterstützenswerte Aspekte eingefügt, welche die Rechte der Kommission und der Kommissionsmitglieder zum Teil klarstellen und zum Teil auch ganz konkret stärken. Insoweit hat unser Gesetzesentwurf zu einer Beschlussempfehlung geführt, welche dem Ziel eines angemessenen Interessenausgleiches zwischen einer wirksamen Kontrolle der Beschränkungsmaßnahmen und dem bestehenden Geheimhaltungsbedürfnis der G10-Kommission insbesondere Rechnung trägt.

Ich freue mich sehr darüber, dass die Fraktion DIE LINKE durch Einbringung eigener Änderungsanträge die Arbeitsfähigkeit der G10-Kommission unterstützt, die Kommission also als wichtiges Gremium betrachtet. Ich freue mich über dieses Signal deshalb sehr, weil ich im Verlauf der Debatte der Ersten Lesung unseres Gesetzesentwurfes über die Äußerung meiner werten Kollegin Frau Měšťan mehr als erstaunt war, waren Sie es doch, liebe Kollegin, die mit den Worten: „Die Kontrolle nach dem G10-Gesetz ist nämlich, wie man sagt, weitgehend für die Katz“, die Arbeit der Kommission zunächst gänzlich infrage gestellt hat. Mit der heutigen Beschlussempfehlung kann wohl auch die Katze …

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Daran hat sie auch sehr gut getan, Herr Leonhard! – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)