Meine Damen und Herren, die Situation, die wir gegenwärtig haben, ist durch eine Entwicklung bestimmt, wo Unternehmen expandieren und wo wir Gott sei Dank auch Nachfragen nach Ansiedlungen haben und diese auch mit ganzer Kraft unterstützen. Es ist zu erkennen, dass, wie gesagt, das allgemeine Lohnniveau dadurch gesteigert wird oder nach oben geht.
Ich habe es noch einmal herausgesucht, das „Handelsblatt“ vom 11. Juli 2007, von gestern: „Gewerkschaftsinstitut WSI erkennt positive Wende bei den Tarifl öhnen“. Nun werden Sie gleich sagen, wir haben nicht überall Tarifl öhne. Das ist richtig. Aber auch in den Löhnen, die an Tarifl öhne angelehnt sind, spielt das eine Rolle.
Meine Damen und Herren, die jüngsten Arbeitsmarktzahlen zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind, aber das Ziel ist noch lange nicht erreicht. Das ist völlig richtig. Der Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt sich positiv.
Auftragseingänge und mehr Investitionen in den Unternehmen beeinfl ussen die Situation positiv. Wir haben im Juni 19.288 weniger Arbeitslose registriert als zum Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote mit 15,8 Prozent war die niedrigste seit zehn Jahren. Trotzdem sage ich immer wieder: 140.300 Arbeitslose sind zu viel. Das ist überhaupt keine Frage.
Genau, weil ich das sage, oder gerade deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir jetzt keine Experimente auf dem Arbeitsmarkt durchführen sollten, wo wir nicht wissen, wie das Ganze ausgeht. Wir werden den konjunkturellen Aufschwung für weitere Formen nutzen, die helfen, die hartnäckige strukturelle Arbeitslosigkeit abzubauen.
Gesetzlich festgesetzte fl ächendeckende Mindestlöhne gehören nicht dazu, denn sie schaffen Hürden für den Einstieg gering qualifi zierter Langzeitarbeitsloser und vor allem auch für junge Menschen,
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber das ist doch nun auch wissenschaftlich belegt, dass es nicht so ist.)
die nach der Ausbildung in den Arbeitsmarkt gehen. Sie bieten nicht die Chance für Mecklenburg-Vorpommern, die wir brauchen, die Chance für neue zukunftsfähige Arbeitsplätze. Deswegen bitte ich Sie, diesen Antrag hier abzulehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie wissen ganz genau, dass die Hochqualifi zierten auch im Niedriglohnbereich tätig sind.)
(Irene Müller, DIE LINKE: Das wird jetzt aber ein Spagat. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Schulte ist berühmt für seine Spagate.)
Woher Sie das schon alles wissen im Vorfeld, das fi nde ich bemerkenswert. Das ist auch manchmal nicht einfach.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Geheimnis und es ist in den Vorbemerkungen schon deutlich geworden, dass es zwischen der SPD und der CDU einen grundsätzlichen Dissens gibt über die Notwendigkeit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Wenn ich die Ausführungen unseres Wirtschaftsministers eben gehört habe, dann habe ich auch nicht erkennen können, dass der Dissens dort deutlich kleiner geworden ist. Dieser Dissens, und das muss man in aller Deutlichkeit sagen, besteht nicht nur auf der Bundesebene. Er besteht auch, wie ausgeführt, auf der Ebene dieses Landes. Auch hier verschließt sich die CDU-Landtagsfraktion allen Argumenten zur Einführung eines existenzminimumsichernden gesetzlichen Mindestlohns auf Bundesebene. Man muss fairerweise allerdings auch dazu anerkennen, dass es mit den Kolleginnen und Kollegen dort, wo es um die Regelung hier in diesem Land ging, zum Beispiel bei dem Antrag Ihrer Fraktion, Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben, durchaus Gesprächsbereitschaft gibt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass im Wirtschaftsausschuss mit den Kolleginnen und Kollegen von der CDU eine einvernehmliche Lösung für die Beschäftigten in diesem Land gefunden werden kann.
Meine Damen und Herren, ich will nicht all die Argumente wiederholen. Wir haben hier im Rahmen einer Aktuellen Stunde darüber gesprochen. Wir haben hier zu dem Antrag, der auf einer der letzten Tagesordnungen stand, gesprochen. Ich will nicht alle Argumente wiederholen, die gerade in Mecklenburg-Vorpommern und auch bundesweit gegen Lohndumping und Wettbewerbsverzerrung auf dem Rücken der Beschäftigten sprechen. Allerdings, auch das möchte ich hier ganz deutlich sagen, wer
heute immer noch das Horrorszenarium verschwindender Arbeitsplätze durch einen gesetzlichen Mindestlohn an die Wand malt, übersieht bewusst oder unbewusst, dass zum Beispiel ein Land wie Großbritannien – es ist hier schon angeführt worden –
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Hört, hört!)
trotz oder vielleicht gerade auch aufgrund des gesetzlichen Mindestlohns eine insgesamt deutlich niedrigere Arbeitslosenquote als Deutschland hat. Das gilt insbesondere und gerade auch im Bereich der niedrig entlohnten Beschäftigten.
Und wer den auch in unserem Land bereits bestehenden Facharbeitermangel in einzelnen Industriebereichen als Argument für die Selbstheilungskräfte des Marktes und gegen einen gesetzlichen branchenübergreifenden Mindestlohn anführt, der sollte doch bitte einer Friseuse, die gegebenenfalls für 3,50 Euro pro Stunde arbeiten muss,
erklären, inwieweit es ihr nutzt, dass zum Beispiel ein Schweißer auf den Werften gesucht wird, der entsprechend mehr verdient.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Sehr richtig. So ist es.)
Meine Damen und Herren, wir haben hier in diesem Haus sowohl im Rahmen von Anträgen als auch der Aktuellen Stunde ausführlich die Argumente ausgetauscht. Im Ergebnis gilt auch für die SPD-Fraktion hier in diesem Haus, dass wir eine sinnvolle Ordnung im Niedriglohnbereich brauchen. Meine Damen, meine Herren, natürlich kann man glauben, dass man solche inhaltlichen Unterschiede zwischen Koalitionsfraktionen mit den Mitteln der Koalitionsfraktionen lösen kann, zumindest kurzfristig.
Meine Damen und Herren von der damals PDS-Fraktion, heute DIE LINKE, wir haben nun vier Jahre zusammengearbeitet,
acht, Entschuldigung, acht Jahre zusammengearbeitet. Da sehen Sie mal, wie die Zeit vergeht. Sie, die Sie in diesen Zeiten mitgearbeitet haben, wissen alle, dass es immer wieder inhaltliche Unterschiede gibt
und dass man natürlich nicht immer alles das, was man machen möchte, auch tatsächlich im Rahmen einer Koalition macht.
So, wie das die SPD-Fraktion in der Vergangenheit getan hat, so, wie Sie es getan haben, so, wie die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion manchmal in die Tischkante beißen müssen, …
… wird sich die SPD-Fraktion auch in diesem Punkt an die getroffene Koalitionsvereinbarung und die Regelung über ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Koalitionsfraktionen halten. Wie gesagt, die SPD-Fraktion hat sich in der letzten Wahlperiode in der Koalition mit der damaligen PDS an diese Spielregeln gehalten
und die SPD wird sich auch in dieser Koalition mit der CDU in dieser Wahlperiode an die Spielregeln halten. Wir wünschen uns natürlich dann allerdings von unserem Koalitionspartner auch, …
… dass er sich an die Regelung der Koalitionsvereinbarung hält. Ich möchte auf die Ziffer 50 der Koalitionsvereinbarung zum Thema Arbeitsmarktpolitik eingehen und hier zitieren. Dort heißt es: „Die Koalitionspartner unterstützen Bemühungen der Bundesregierung zur Erweiterung des Entsendegesetzes für die Einführung von Mindestlöhnen in Branchen, in denen derzeit keine existenzsichernden Tarifl öhne bestehen oder diese nicht eingehalten werden. Sie unterstützen die Bundesregierung bei ihren Bemühungen um existenzsichernde Löhne.“ Das zumindest erwarten wir als gemeinsamen Konsens der Koalition hier in dieser Regierungswahlperiode.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Mehr war ja auch nicht möglich in den Gesprächen wahrscheinlich. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Damit war ja auch Frau Nahles ganz zufrieden. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)