Protokoll der Sitzung vom 19.09.2007

zugestimmt hätten an dieser Stelle. Es möchte – zumindest, wenn wir über die Geschichte reden – auch noch einmal fairerweise in Gänze gesagt werden können.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Gleichwohl, in einem sind wir uns einig: Keine Rechtsvorschrift in einem kompakten Gesetz, wie es das KAG ohne Zweifel darstellt, ist so gut, dass sie nicht im Lichte neuer Erkenntnisse aktuellen Gegebenheiten angepasst werden könnte.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genau so.)

Insofern danke ich an dieser Stelle ausdrücklich dem Innenausschuss des Landtages, der vor dem Hintergrund vielfältiger Aktivitäten von Bürgerinitiativen und Eingaben den Kommunalminister bat, die Fragen der Beitragserhebung in der Wasserver- und Abwasserentsorgung bei allen Aufgabenträgern zu beleuchten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wer hat das vorgeschlagen?)

Der Bitte habe ich gern entsprochen. Mit dem Ende Mai dieses Jahres vorgelegten Bericht zur Erhebung von Anschlussbeiträgen gemäß Paragrafen 7 und 9 des Kommunalabgabengesetzes M-V für die zentrale Wasserver- und Abwasserentsorgung wurde nicht nur der derzeitige Zustand beschrieben und analysiert. So hat sich die ursprüngliche Auffassung, dass Anschlussbeiträge im Bereich der Abwasserentsorgung unangemessen hoch seien, für normal große Grundstücke nicht bestätigt. Unterschiedliche Kosten, Siedlungsstrukturen, geologische Verhältnisse in Verbindung mit differenzierten Zuschüssen und Krediten bewirken zwangsläufi g regional unterschiedliche Herstellungsbeiträge.

Im Hinblick auf die vor der Wende bereits angeschlossenen Grundstücke, die sogenannten Altanschließer, ergab der Bericht, dass von 161 öffentlichen Einrichtungen 32 Prozent mangels zentraler Abwasserentsorgung überhaupt nicht betroffen sind. Im Bereich der Altanschließer ist in 80 Prozent der Abwassereinrichtungen die Anschlussbeitragserhebung weitestgehend abgeschlossen. Bislang wurden bereits Anschlussbeiträge in Höhe von rund

612 Millionen Euro festgesetzt, wovon tatsächlich zum heutigen Zeitpunkt 89,5 Prozent gezahlt wurden von den 612 Millionen Euro. Insofern gelangte die Landesregierung in Übereinstimmung mit den Regierungsfraktionen zu der Auffassung, dass keine Änderungserfordernisse am KAG auszumachen sind. Den Aufgabenträgern stehen diverse Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung, die bislang nach Einschätzung aller Beteiligten hier im Landtag nicht umfassend genutzt wurden.

(Michael Roolf, FDP: Nee.)

So ist zum Beispiel die Einschätzung der Beitragspfl icht unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Ich komme noch zu Ihrem Antrag, Herr Roolf.

Im Bereich der Wasserversorgung stellt sich die Situation etwas anders dar. Die Aufgabenträger haben für ihre öffentlichen Einrichtungen überwiegend privatrechtliche Entgeltregelungen getroffen. Dies lässt das KAG ausdrücklich zu. Insofern scheidet für diesen Teil der Aufgabenträger eine Erhebung von einmaligen Herstellungsbeiträgen von vornherein aus.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist die übergroße Mehrheit.)

Daneben gibt es Aufgabenträger, die in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen auf ausschließliche Gebührenmodelle setzen.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Dies ist rechtlich zumindest dann problematisch, soweit nicht zulässige Abweichungen von der Sollvorschrift des KAG geltend gemacht werden können.

Aus den genannten Gründen kommt der Bericht zu dem Fazit, dass gesetzgeberische Handlungserfordernisse aus der Abfrage der Aufgabenträger grundsätzlich nicht ableitbar sind. Das Kommunalabgabengesetz bietet in seiner geltenden Fassung ein ausgewogenes Instrumentarium zur Gestaltung der örtlich abgabenrechtlichen Konsequenzen. Vielmehr sollten die untergesetzlichen Möglichkeiten auf der Ebene der Satzungsgeber besser genutzt werden. Dazu zählt insbesondere die Entlastung unbebauter beziehungsweise unterdurchschnittlich bebauter Grundstücke. Überdies haben es die Aufgabenträger selbst in der Hand, großzügige Stundungsregelungen zu erlassen. An anderer Stelle noch mal mehr zu diesem Thema.

Die von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagene Kannregelung im Paragrafen 9 Absatz 1 würde zwar zu einer gewissen Flexibilisierung des Beitragsrechts im Bereich der Wasserversorgung beitragen, gleichzeitig würden aber die Unübersichtlichkeit für den Rechtsanwender und die allgemeine Verunsicherung zunehmen. Bislang gibt es im Bereich der Herstellungsbeiträge zwei klar strukturierte Regelungen, nämlich eine Sollvorschrift bei Herstellungsbeiträgen und eine Kannvorschrift bei Erneuerungsbeiträgen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Hierbei wird nicht differenziert zwischen Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie Fernwärme.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Mit der Einführung einer Kannvorschrift im Bereich der Herstellungsbeiträge in der Wasserversorgung würde

diese klare Struktur durchbrochen werden. Einen erheblichen Nachteil der Einführung einer Kannvorschrift bei Herstellungsbeiträgen in der Wasserversorgung sehe ich in den sozialen Konsequenzen. Mit rein gebührenfi nanzierten Modellen, liebe Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, würde auf die Mieter eine höhere, und zwar wesentlich höhere Belastung zukommen, während Grundstückseigentümer entlastet werden. Deshalb sah der Regierungsentwurf seinerzeit eine Kannregelung vor, die aber aus genannten Gründen von dem damaligen Parlament abgelehnt wurde.

In 17 Jahren Parlamentsarbeit habe ich eines gelernt: Geht der Gesetzgeber durch Änderung von Einzelvorschriften an derartig kompakte Gesetze – und das will ja keiner bestreiten, dass das Kommunalabgabengesetz ein kompaktes Gesetz ist – heran, besteht die akute Gefahr, dass weitere Änderungen, das ist zwangsläufi g, in so einem Thema eingebracht werden. Im Ergebnis würde ein auf lange Sicht angelegtes Gesetz im wahrsten Sinne des Wortes verwässert und die Aufgabenträger verunsichert werden. Im Abgabenbereich kommt es aber auf Kontinuität und Verlässlichkeit an. Dem sollte das Parlament gerecht werden.

Zu bedenken gibt es auch Folgendes: Ein Umschwenken auf ein rein gebührenfi nanziertes Modell erfordert aus Gleichbehandlungsgründen zwingend, dass bislang eingenommene Beiträge zurückgezahlt werden müssen.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ob und inwieweit dies Aufgabenträger überhaupt leisten können, hängt von deren jeweiliger Leistungskraft ab. Da die erforderlichen Mittel, die ich eingangs schon nannte, nach meiner Einschätzung in der Portokasse der Aufgabenträger kaum vorhanden sein dürften, müssten Kredite aufgenommen werden. Sofern diese überhaupt genehmigungsfähig erschienen, würden die Kreditzinsen jedenfalls auch gebührentreibend sein. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile erscheint der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE wenig geeignet, die durchaus vorhandenen Beitragsprobleme zu lösen. Insofern gestatten Sie mir noch einige Ausführungen, was an und für sich nicht üblich ist, aber weil es einfach zu dem Paket dazugehört, zu dem Antrag, den die Kollegen von der FDP-Fraktion morgen noch einmal einbringen,

(Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Gino Leonhard, FDP)

und der sich mit diesem Thema auch befasst. Diese Ausführungen halte ich schon für wichtig, weil die Intention darauf beruht, dass Aktivitäten des Innenausschusses und auch des Innenministeriums umgesetzt werden, wenn wir in der Anhörung mit den Verbänden sind. Untergesetzliche Regelungen zur Gestaltung abgabengesetzlicher Konsequenzen werden hier in den Blick genommen. Darauf zielt ja offensichtlich Ihr Antrag ab.

Sie fordern die Landesregierung auf, Härtefälle nach dem Kommunalabgabengesetz anzuwenden. Dazu wollen Sie eine landeseinheitliche Stundungssatzung, ausgestaltet als Mustersatzung, zur Abwendung von Härtefällen. Der Erlass von Satzungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört zum grundgesetzlich geschützten Aufgabenbereich kommunaler Selbstverwaltung.

(Michael Roolf, FDP: Mustersatzung. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Auch eine landeseinheitliche Stundungssatzung kann als Mustersatzung nicht in diesen geschützten Bereich eingreifen.

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Insofern halte ich den Entwurf meines Hauses, der sich gegenwärtig in der Anhörung befi ndet, bei den kommunalen Landesverbänden und dem Landesrechnungshof für derzeit alternativlos. Der Erlassentwurf benennt insoweit Kriterien und unterbreitet Regelungsvorschläge, auf die der Erlass beziehungsweise die Stundung von Beitragsansprüchen gestützt werden kann. Überdies wird die Landesregierung aufgefordert, die Aufgabenträger anzuhalten, alle Möglichkeiten zum Erlass beziehungsweise zur Stundung zur Abwendung von Härtefällen auszuschöpfen. Genau das greift der Erlassentwurf des Innenministeriums auf. Er enthält diese Aufforderungen und führt dazu auch Näheres aus. Ferner werden wir aufgefordert zu prüfen, inwieweit die Erarbeitung eines Katalogs von rechtssicheren Beispielen zum Abbau von Härtefällen als Handlungshilfe für die Anwendung des Paragrafen 9 Absätze 4 und 5 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern dienen kann.

Der Erlassentwurf des Innenministeriums verweist ausdrücklich auf die seit dem 31.03.2005 geltenden Vorschriften des Paragrafen 9 Absätze 4 bis 9 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern. Diese eröffnen den kommunalen Aufgabenträgern neue Möglichkeiten, entsprechende Regelungen in ihre Anschlussbeitragssatzung aufzunehmen. Im Ergebnis damit könnte die Beitragspfl icht bei unbebauten Grundstücken bis zu ihrer Bebauung hinausgeschoben werden sowie die Beitragshöhe bei sogenannten übergroßen Grundstücken begrenzt werden. An dieser Stelle darf ich darauf hinweisen, dass bereits der Einführungserlass zum Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern vom 14.06.2005 – das hat mein Vorgänger gemacht – hier schon ermuntert hat, diese Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, zu nutzen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, richtig, ja. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das Ergebnis sehen wir leider.)

Abschließend werden wir aufgefordert zu prüfen, inwieweit eine landeseinheitliche Informationskampagne eine bessere Transparenz bei den Bürgerinnen und Bürgern über den Grund und den Zweck der Abgabenerhebung im Wasser- und Abwasserbereich sicherstellen kann. Auch der Erlassentwurf des Innenministeriums soll als weiterer Baustein dafür sorgen, das Verständnis für landesgesetzliche Forderungen im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung zu verbessern. Hier ist allerdings nicht nur die Landesregierung gefragt, sondern die Aufforderung richtet sich gleichermaßen an die kommunalen Aufgabenträger und, ich glaube, auch an alle hier im Hohen Hause sitzenden Kolleginnen und Kollegen, damit sie den Erlass, der Ende diesen Monats an die kommunalen Aufgabenträger nach Anhörung entsandt werden kann, auch gemeinsam mit entsenden und mit dazu beitragen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach, den bereiten Sie erst vor?!)

dass wir die Möglichkeiten …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

dass wir die Möglichkeiten …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Liegt in der Schublade.)

Das ist nicht in der Schublade, weil meiner Ansicht nach die Landesverbände, die in der Anhörung davon betroffen sind, mit in eine Anhörung einbezogen sind, und das gehört zu den Regularien, die wir im Hause pfl egen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist auch gut so. So soll es auch bleiben.)

Insofern kann ich nicht sehen, dass wir hier etwas aus der Schublade machen.

Ich möchte alle dazu auffordern, wir befi nden uns in einer Problematik, die außerordentlich sensibel ist, weil sie den Bürger unmittelbar betrifft. Wir haben hier im Land schon sehr viel auf dem Gebiet erreicht.

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Die Zahlen habe ich Ihnen genannt und wir haben ein Instrumentarium, was eine größere Gerechtigkeit zulässt, als das bisher in dem einen oder anderen Fall im Land genutzt wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Deswegen haben wir dem Gesetz auch zugestimmt.)