Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Zeit will ich mal bisschen in die Pedale treten und das Ganze ein bisschen schneller machen. Wenn man einen guten Antrag hat, muss man, glaube ich, auch nicht allzu viele Worte zur Begründung dazu verlieren.
„Mecklenburg-Vorpommern bietet hervorragende Voraussetzungen für den Radtourismus. Unser Land ist eine der beliebtesten Radregionen in Deutschland.“ Das hat der ADFC zum wiederholten Male festgestellt. Das ist ein Zitat, ich gestatte es mir, aus dem Konzept Radtourismus und Radwanderwegeoffensive des Landes Mecklenburg-Vorpommern, das das Wirtschaftsministerium jüngst vorgestellt hat.
Die Leistungsfähigkeit und die Reize der touristisch für Radler erschlossenen Regionen werden also immer bekannter. Tatsache ist allerdings, dass gerade außerhalb dieser Tourismusregionen noch an wesentlichen Lückenschlüssen gearbeitet werden muss. Sie fehlen schlicht und ergreifend für den Alltagsverkehr, ebenso wie dann in der Folge im Hinblick auf die Vernetzung der touristischen Regionen untereinander, beispielsweise die Vernetzung der Küstenregionen mit dem Hinterland oder eben auch der Seenplatte mit der Küstenregion. Es gibt zwar die ferneren Routen, die ja auch in dem Tourismuskonzept aufgegriffen werden, allerdings gibt es dort noch Bedarf, an den einen oder anderen Stellen nachzubessern. Nur wenn wir hier nämlich vollständig arbeiten, wird der Radfahrtourismus dauerhaft eine wirtschaftliche Größe für das Land Mecklenburg-Vorpommern sein kön
nen. So ist es nur konsequent, dass wir uns jetzt dieser Sache vollständig annehmen und alle die Punkte im Radwegesystem unseres Landes angehen, die neben der touristischen Konzeption zur Vervollständigung des gesamten Netzes beitragen.
Meine Damen und Herren, die Regierungskoalition will Nägel mit Köpfen machen, nicht nur mit der Zielstellung dessen, was aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht. Unser Ziel wird es sein, innerhalb kürzestmöglicher Zeit alle wichtigen Lücken im Radwegenetz zu erkennen und zügig zu schließen, immer einhergehend mit der erforderlichen Qualität. Das betrifft den Zustand der Wege, das betrifft die Vollständigkeit eines Netzes, das betrifft nicht zuletzt auch die Verkehrssicherheit der Radfahrer, aber auch die Dinge, die bereits über die touristische Qualitätsoffensive mitgetragen werden, wie zum Beispiel Beschilderung, logische Führung sowie das Gesamtmanagement und Marketing.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Umdrehung für Umdrehung wollen wir so in Mecklenburg-Vorpommern eine umfassende und qualitativ wertvolle Arbeit hin zu einem Radwegenetz erreichen, das das wertvollste auf dem deutschen Tourismusmarkt sein kann. Und wir wollen auch alle damit verbundenen Vorteile unserer Bevölkerung für den Alltagsverkehr zugutekommen lassen.
Die Fahrt auf dieses Ziel wurde bereits mit der erwähnten Radtourismusoffensive des Wirtschaftsministeriums begonnen. Mit dem heutigen Antrag werden notwendige weitere Schritte auf den Weg gebracht. Er enthält alle die Punkte, die nach unserer Auffassung angegangen werden müssen und die nach unserer Auffassung tatsächlich in erforderlicher Konsequenz behandelt werden können. Ich bitte Sie daher, stimmen Sie unserem Antrag zu.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Dr. Ebnet. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren, ich hoffe nicht, dass ich jetzt dem Abgeordneten Schulte wieder alles wegnehme.
Der Antrag, der hier von den Koalitionsfraktionen vorgelegt wurde, hat zwei Teile. Im ersten Teil ist, glaube ich, gut, präzise, anerkennenswert herausgearbeitet worden, worum es denn in Mecklenburg-Vorpommern geht. Es geht bei uns nicht nur um den normalen Radverkehr der einheimischen Bevölkerung, es geht darum, dass wir unseren Touristen hier ein Angebot machen wollen mit unseren Radwegen, damit sie hierherkommen und den Radtourismus in Mecklenburg-Vorpommern und den Tourismus insgesamt damit befördern. Das ist eine der Aufgaben.
Das Zweite ist: Bei Sport und Freizeit ist Radfahren natürlich immer ein wichtiges Thema, sowohl für Touristen als auch für die Bevölkerung des Landes.
Und beim dritten Aspekt – den dürfen wir nicht vergessen, das sind die Sicherheitsaspekte, das ist der Alltagsverkehr, der in Mecklenburg-Vorpommern eine wesentliche Rolle spielt – geht es häufi g darum, dass wir in einem Flächenland natürlich zum Beispiel lange Schulwege für die Kinder haben, die nicht zu Fuß gehen können, sondern mit dem Rad fahren können und auch sollen.
Umfragen, die durchgeführt worden sind, bestätigen uns genau die Bedeutung des Radverkehrs in MecklenburgVorpommern. Es gab eine bundesweite Verkehrserhebung, die letzte war 2002, und da nannten 14 Prozent der Mecklenburger und Vorpommern das Fahrrad als ihr Hauptverkehrsmittel. Bundesweit sind es 9 Prozent, nur 9 Prozent. Das heißt, hier wird mehr Rad gefahren als in anderen Gegenden Deutschlands. Das ist gut und das müssen wir auch unterstützen.
Meine Damen und Herren, diese Analyse zieht in der Tat Folgerungen nach sich. Die Ziffer II des Antrags fordert im ersten Absatz ein Qualitätsbild „Entwicklungskonzept für den Radverkehr in M-V“. Das ist genau richtig, ist auch erforderlich, ist auch in Auftrag gegeben vom Verkehrsminister bei der Landesentwicklung, um das, was ja die letzten Jahre schon vorgearbeitet worden ist, auch von den regionalen Planungsverbänden schon vorgearbeitet worden ist, zu aktualisieren und auf den neuesten Stand zu bringen. Hier müssen wir nicht ganz von vorne anfangen, hier können wir einfach weiterarbeiten. Aber wir müssen auch in Zukunft kontinuierlich daran weiterarbeiten. Ich bitte nur um eins: Bei der Vorlage dieses Konzepts sind die Zeitvorstellungen so zu wählen, dass sich die regionalen Planungsverbände mit ihren Arbeiten auch einbringen können, nicht, dass wir gezwungen werden, jetzt vonseiten der Landesregierung her etwas zu beschließen, was möglicherweise dann auch der kommunalen Ebene an den Notwendigkeiten vorbeigeht. Da brauchen wir jetzt nicht zu viel Geduld, aber die Einbeziehung aller wäre ganz wichtig bei der Entwicklung dieses Leitbildes und dieses Entwicklungskonzepts.
Die Maßnahmen, die Sie aufgeführt haben, im nächsten Absatz, das sind genau die zu setzenden Schwerpunkte: Netzlücken an Fernstraßen schließen, Netzlücken um Schulstandorte sowie im touristischen Netz zu schließen, Verkehrssicherheit und verbindliche Qualitätsstandards.
Ja, meine Damen und Herren, wir arbeiten in der Landesregierung nicht erst jetzt und heute daran, sondern das ist ja schon seit Beginn der 90er Jahre der Fall. Ich möchte noch mal darauf hinweisen, es ist ja auch schon eine ganze Menge geschehen. Ich muss aber gleich hinzufügen, mindestens genauso viel haben wir noch vor uns. Also das wird eine lange Wegstrecke werden. Im Bereich der touristischen Förderung des kommunalen Radwegebaus sind etwa 2.000 Kilometer in der Vergangenheit gefördert worden. Das ist viel, aber das reicht immer noch nicht aus. Da ist noch mehr als diese Summe in der Zukunft zu gestalten.
Bei den Straßen begleitenden Radwegen an Bundesstraßen und an Landesstraßen haben wir 1.400 Kilometer jetzt im Bestand – zehnmal so viel wie Anfang der 90er Jahre – und es kommen jährlich allein in diesem Bereich 100 Kilometer Radwege dazu. 100 Kilometer Radwege für etwa 10 Millionen Euro werden jährlich aus den Bundes- und Landesstraßenbaumitteln fi nanziert.
Wir haben ja in der Vergangenheit auch – und werden es weiterhin so machen – keine Geldquelle ausgelassen, um Radwege herzustellen, Radwege zu fi nanzieren. An die
ser Stelle wird es jetzt leider ein bisschen unübersichtlich, aber weil wir alles zusammengekratzt haben, was möglich war. Jetzt kommt eine etwas schwierige Situation zustande. Ich kann Ihnen gleich vorweg versichern: Diejenigen, die damit zu tun haben und die Radwege bauen müssen, die wissen schon genau, wie man auf diesem Klavier spielt, die kennen sich aus. Öffentlich ist es ein bisschen schwierig, wenn man sagt, bei den Bundesstraßen, bei den Straßen begleitenden Maßnahmen sind Bundesmittel drin, die setzen wir da ein. Bei den Landesstraßen setzen wir Landesmittel und EFRE-Mittel ein. Bei den touristischen Radwegen – Herr Kollege Seidel, die ja von Ihnen forciert gebaut werden –
sind dann EFRE- und GA-Mittel eingesetzt, und GA-Mittel sind wieder Landes- und Bundesmittel. Dann haben wir aber auch noch eingesetzt ELER im ländlichen Wegebau. Auch da stehen Mittel zur Verfügung, die wir verwenden, und das geht dann bis INTERREG – europäische Mittel. Und natürlich, wenn wir ins Dorf reinkommen oder in die Stadt reinkommen und einen kombinierten Rad- und Gehweg haben, dann muss auch die Kommune mit ihren Geldern mitmachen. Außerdem, die Eigenbeteiligung bei der Kommune und bei der Förderung des Landes, die gibt es ja auch nicht zu hundert Prozent. Hier müssen also viele mitmachen. Hier machen auch viele mit. Und wer das Baugeschehen im Land ansieht, der merkt, das geht schon.
Natürlich ist die Abstimmung, wenn es so viele Beteiligte sind, immer schwierig. Das reibt auch manchmal ein bisschen. Da darf man sich nichts vormachen. Aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass der Radwegebau in Mecklenburg-Vorpommern bisher zu den Erfolgsgeschichten zu zählen ist und dass wir, weil wir ja wirklich stark weitermachen wollen, auch in Zukunft solche Erfolgsgeschichten abliefern möchten.
Verkehrserziehung – ja, das ist ein Dauerthema. Verkehrserziehung erstreckt sich nicht nur auf den Straßenverkehr durch den Autofahrer, sondern natürlich auch auf den Radverkehr. Und da kann man gar nicht früh genug anfangen. Aber wir wissen natürlich auch, hier sind auch viele tätig – die Verkehrswacht und viele Ehrenamtler – die sich hier stark engagieren und die wirklich, glaube ich, gute Arbeit leisten, die man positiv würdigen muss.
Meine Damen und Herren, am 31.12.2007 den Bericht abzuliefern, ist für die Landesregierung selbst jetzt nicht unbedingt ein schwieriger Termin,
aber möglicherweise für diejenigen, die ich ganz gerne noch einbezogen hätte, ein bisschen schwierig. Wenn es möglich wäre, uns gegebenenfalls – wenn wir noch nicht alle beteiligt haben – noch eine Fristverlängerung zu geben, wäre ich Ihnen heute schon dankbar. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Holter. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich greife Ihren Slogan auf, Herr Ebnet: „Mehr und sichere Radwege – Mach mit!“ Wir machen mit. Der Antrag geht anscheinend in Ordnung, aber er ist ein Nagel ohne Kopf. Das will ich gleich noch einmal erläutern. Herr Seidel hatte bei der Vorstellung der Initiative für Radwanderwege und mehr Service im Radtourismus in Mecklenburg-Vorpommern gesagt: „Wir wollen den Spitzenplatz im Segment Radreisen verteidigen.“ Das wollen wir auch, ich glaube, da gibt es überhaupt keinen Dissens, weil das vernünftig ist für das Land MecklenburgVorpommern, nicht nur, weil Radwandern im Trend liegt, sondern auch außerhalb der Hauptsaison tatsächlich Urlauber anzieht. Die Zahlen, was in der Vergangenheit geleistet wurde, sind genannt worden. Dazu gab es Beratungen. Es ist mit den Gemeinden darüber gesprochen worden, mit Verbänden. Sieben Gemeinden haben Förderbescheide erhalten zum Ausbau der touristischen Radwege. Herr Ebnet ist darauf eingegangen. Also alles in Butter, sollte man meinen. Oder doch nicht?
Bevor ich jetzt zu den radpolitischen Fragen komme, will ich erst mal eine Grundsatzfrage stellen an die Koalition. In jeder Rede, die von Ihnen – weniger von der Ministerbank – gehalten wird, wird erklärt: Wir haben uns im Koalitionsvertrag vereinbart.
In jeder zweiten Rede wird darüber gesprochen: Im Koalitionsausschuss haben wir verabredet, dass … Das ist vollkommen in Ordnung.
Ich frage mich bloß, warum Sie immer noch die Bestätigung dieses Hohen Hauses haben wollen, wenn Sie sich einig sind. Sie wissen doch genau, wie wir zu vielen Ihrer Verabredungen stehen. Das, was Sie heute hier wieder vorlegen – wie nachher „Energieland 2020“ – ist doch alles unter Ihnen geklärt. Warum müssen Sie als Fraktionen, die hinter mir Sitzenden nun noch zum Jagen tragen?
(Beifall Gabriele Měšťan, DIE LINKE – Reinhard Dankert, SPD: Da machen Sie ja mit. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist wie früher.)
Ich habe das immer so verstanden – das scheint bei der Großen Koalition ja nicht zu gelten –, dass die Koalitionsvereinbarung auch Handlungsauftrag für die Regierung, für die Ministerinnen und Minister ist.