vor allem aus Mecklenburg-Vorpommern, arbeiten schon in den unterschiedlichsten Branchen. Die Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern als Grundfreiheit der Europäischen Union gilt damit in Polen für alle Mitgliedsstaaten der EU, so, wie es der EG-Vertrag und die Grundrechtscharta wollen.
Wer ernsthaft für eine friedliche und solidarische Entwicklung des Hauses Europa eintreten will, kommt an der von uns thematisierten Frage nicht vorbei. Es ist an der Zeit, dafür Sorge zu tragen, dass alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union gleiche Rechte und Pfl ichten haben. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal will ich feststellen, dass es durchaus ein berechtigtes Interesse gibt an einer schnellen Gewährung der Freizügigkeit, wenn man daran denkt, dass die demografi sche Entwicklung am Ende zu einem branchenbezogenen Fachkräftemangel führen wird, und wenn man auch daran denkt, dass die grenzüberschreitende Integration in Wirtschaftsräume natürlich vernünftig ist. Ich verweise hier nur auf das Stichwort Vorpommern, die raumordnerische Wirkung von Stettin und so weiter.
Nun gut, wir gehen ja davon aus, wir haben konjunkturellen Aufschwung, wir haben Nachfrage nach Beschäftigung. Allerdings wäre es nun auch wieder falsch, sozusagen spontan konjunkturbedingte Absichten auszulösen, was eben zum Beispiel die Arbeitnehmerfreizügigkeit betrifft. Es ist in dieser Frage, bei der möglichen Aufhebung der Beschränkungen in der Freizügigkeit, erforderlich, eine exakte Prüfung und aus meiner Sicht eine bestmögliche Vorbereitung der Unternehmen vorzunehmen sowie in gewisser Weise auch die Beschäftigten und Arbeitslosen auf diesen Prozess vorzubereiten.
Es ist so, die Entscheidung über das weitere Vorgehen in Sachen Arbeitnehmerfreizügigkeit liegt in den Händen der Bundesregierung. Die Entscheidung darf aber nicht fallen, ohne dass die Länder hier sozusagen ihre spezifi sche Situation mit einbringen können. Und genau aus diesem Grund haben beispielsweise die Wirtschaftsminister auf ihrer Konferenz im Dezember letzten Jahres beschlossen, eine so genannte Ad-hoc-Arbeitsgruppe zu bilden. Sie soll die Informationen zur Beurteilung einer möglichen Arbeitnehmerfreizügigkeit ab 2009 zusammentragen und diese auch bewerten. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe werden wir in der Wirtschaftsministerkonferenz im November behandeln.
Eins wird schon jetzt deutlich: Es herrscht bei Kammern, Verbänden und Behörden eben noch kein einheitliches Meinungsbild in dieser Frage. Zum Teil wird eine Beurteilung dieser Frage auch zum jetzigen Zeitpunkt als verfrüht angesehen. Und deswegen, meine Damen und Herren,
kann ich Ihnen eben nicht empfehlen, dass wir jetzt hier so ad hoc eine solche Beschlussfassung vornehmen sollten. Es gibt aktuelle Vorhaben der Bundesregierung, wie zum Beispiel die Erleichterung von Zuzugsmöglichkeiten von Ingenieuren aus den zwölf neuen EU-Mitgliedsstaaten oder eben die verbesserten Chancen ausländischer Studenten mit deutschen Abschlüssen in Deutschland.
Also, meine Damen und Herren, wenn es eben nach wie vor noch Probleme gibt in Sachen Arbeitnehmerfreizügigkeit, halte ich es durchaus für richtig und auch für wichtig, dass der von der Bundesregierung begonnene Weg der schrittweisen Öffnung des Arbeitsmarktes fortgesetzt wird. Es sind aber eben Maßnahmen notwendig, die sicherstellen, dass es nicht zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt und auch in den sozialen Sicherungssystemen kommt.
Ziel sollte es sein, von der weitergehenden Verlängerungsmöglichkeit, also bis zum Jahr 2011, keinen Gebrauch zu machen. Aber ich will noch einmal sagen, diese Entscheidung kann man seriös erst dann treffen, wenn einem auch die notwendigen Daten und Fakten vorliegen. Insofern kann dies heute nicht der Fall sein.
Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen: Wenn die Wirtschaft gegenwärtig nachfragt, dann kennen wir ja die Sorge, die vorgetragen wird, dass nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Dem will ich noch mal entgegenhalten, dass die Ausbildung junger Menschen gerade bei uns im Land wirklich ein ganz zentraler Punkt ist. Und statt immer wieder nach ausländischen Fachkräften zu rufen,
bleibe ich dabei, ist es besser, gerade jetzt, junge Menschen im ersten Arbeitsmarkt, also in betrieblichen Ausbildungsplätzen auszubilden.
Nein, das ist nicht am Thema vorbei. Sie müssen schlichtweg registrieren, dass das wirklich alles miteinander zu tun hat. Es ist nicht ganz so leicht, einmal nur hier einen Satz hinzuschreiben und diesen zu beschließen, und dann war es das.
Die Ausbildung ist das eine, die Weiterbildung ist das andere. Auch hier, denke ich, müssen wir zuallererst unsere Verantwortung wahrnehmen, um tatsächlich für die Nachwuchssicherung in den Unternehmen entsprechend Vorsorge zu tragen.
Dieser Aufgabe stellen sich die Tarifparteien. Aber dieser Aufgabe stellt sich natürlich auch das Wirtschaftsministerium. Da verweise ich Sie auf die Neuausrichtung der Strukturfondsförderung bis zum Jahr 2013.
Meine Damen und Herren, Arbeitnehmerfreizügigkeit hat etwas mit der Liberalisierung von Märkten zu tun und die sollte eher grundsätzlich als Chance denn als Risiko begriffen werden. Der EU-Binnenmarkt hat seine Vorteile bewiesen, wie ich denke.
Natürlich müssen soziale Mindeststandards eingehalten werden. Aber, das will ich Ihnen auch gleich noch sagen, dies ist nebenbei gesagt mehr als nur der in Ihrem Antrag aufgenommene Mindestlohn. Da kennen Sie meine Meinung.
Und insofern kann ein solcher Antrag hier heute die Prüfung nicht ersetzen. Er greift demzufolge auch zu kurz, was die sozialen Mindeststandards betrifft.
Und im Übrigen, die Formulierung „schnellstmöglich“, die ist falsch. Das kann man also so in Ihrem Antrag nicht akzeptieren. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Herr Roolf. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Liebe Frau Borchardt, damit ich es nur noch einmal verstehe: Sie wollen die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit beenden, aber nur unter der Maßgabe, dass Sie im Gegenzug den gesetzlichen Mindestlohn haben.
Gut. An der Stelle sind wir dann auch deutlich auseinander. Nur dass ich es noch mal richtig verstanden habe.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, FDP und Angelika Gramkow, DIE LINKE – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das haben wir erwartet. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Also zum Antrag: In Ihrem Antrag sind ja zwei Bereiche. Wir hätten uns womöglich vorstellen können, wenn Sie auf die Idee gekommen wären, Ihren Antrag auch einzeln abstimmen zu lassen, würden wir gerne dem ersten Punkt zustimmen. Ob schnellstmöglich, frühstmöglich, da wollen wir keine Wortklauberei machen, was da die richtige Begriffl ichkeit ist.
(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, DIE LINKE: So leicht machen wir es Ihnen nicht, Herr Roolf. – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
Aber das zu koppeln mit Ihrer Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, das geht dann deutlich wieder am Ziel vorbei. Die Priorität dieses Antrages,
das wäre für uns doch ganz wichtig, wenn es um Arbeitnehmerfreizügigkeit geht. Dann denken wir, dass es wirklich wichtig ist, ein klares Bekenntnis hier aus dem Parlament herauszugeben, dass wir für einen europäischen Markt sind, dass wir für eine Freizügigkeit sind, dass Eu ropa eine Chance für Mecklenburg-Vorpommern ist