Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

Ganz besonders übel erwischte es DIE LINKE, die nicht nur mit vier – ich spreche von den Motiven für die Verlängerung der Legislaturperiode –, sondern mit fünf Jahren Opposition rechnen muss,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das ist nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs.)

falls der Ministerpräsident die CDU nicht schon früher aus der Regierung wirft, wenn ihn deren absolute Ergebenheit langsam langweilen sollte.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und so will DIE LINKE die längere Legislaturperiode ausgleichen, indem sie die Aufl ösung des Landtages erleichtern möchte. Wir hätten erst gar nicht für die Verlängerung der Legislaturperiode gestimmt. Darin sehen wir einen Versuch, das Volk immer mehr zu entmündigen

(Reinhard Dankert, SPD: Wollen Sie etwa ein Jahr weniger haben?)

und sich als etablierte Politikerkaste der demokratischen Kontrolle zu entziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ganz besonders grotesk ist nebenbei die Amtsdauer der Landräte und Bürgermeister – acht Jahre. Ein Zehnjähriger erlebt bis zu seiner Volljährigkeit …

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sieben bis neun, Herr Andrejewski, kommunale Selbstverwaltung.)

Im Schnitt acht Jahre.

Ein Zehnjähriger erlebt bis zu seiner Volljährigkeit keine einzige Bürgermeisterwahl. So erzieht man keine Demokraten, sondern Monarchisten. Wie wäre es denn mit Ernennung auf Lebenszeit und Einführung der Erbfolge?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das kommt bei Ihnen dann.)

Eine Landtagswahl alle vier Jahre ist keine Störung der Regierungseffi zienz. Bei uns ist das ein Mindestmaß für einen Staat, der sich Demokratie nennen will. Und man

kann auch im Wahlkampf regieren. Es ist ja nicht so, dass die Regierungsmaschine da stillsteht. Volksabstimmungen müssen als wesentliche Elemente dazukommen, durchaus auch solche, die den Landtag vorzeitig aufl ösen könnten. Warum nicht? Eigentlich würden wir dafür stimmen, da DIE LINKE aber ganz andere antidemokratische Ziele verfolgt, enthalten wir uns.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Können Sie das mal belegen, Herr Andrejewski? – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Frau Borchardt sagte, die Landesverfassung in ihrer Gesamtheit wäre restriktiv. So weit würde ich nicht gehen, aber das eine oder andere könnte man schon verbessern. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur mal kurz an die ganz rechte Seite gerichtet: Nehmen Sie sich doch bitte nicht so wichtig, dass alles das, was hier im Landtag passiert, nur deshalb passiert, weil Sie da sind oder weil Sie in irgendeiner Weise jetzt …

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Nicht alles, aber vieles.)

Also so viel traue ich der Demokratie aber nun wirklich noch zu, dass wir nicht unbedingt immer darauf achten müssen, welchen Schritt wir gehen, und nur immer in der Angst sind: die NPD, die NPD!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ich denke schon, dass wir das auch in den letzten Wochen und Monaten bewiesen haben.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Und warum, wieso und weshalb DIE LINKE nach wie vor – ich hatte das vorhin gesagt – auf diese Veränderungen immer wieder hinweist und sie immer wieder anspricht, das ist erstens sowieso unser legitimes Recht und es ist auch im Innersten unsere Überzeugung,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Sie und Überzeugung!)

dass wir in Bezug auf die Übergabe von direkter Demokratie weitere Schritte gehen müssen.

(Michael Andrejewski, NPD: Was in jedem Staat oben schwimmt.)

Und ich glaube, dass es angebracht ist.

Und Beliebigkeit, Frau Lochner-Borst, glaube ich, muss man uns da nicht vorwerfen. Also wir wollen nicht beliebig heute mal so die Verfassung und morgen mal so die Verfassung ändern, sondern die Frage der direkten Demokratie stand schon in der letzten Wahlperiode durch uns auf der Tagesordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das haben wir hier deutlich zum Ausdruck gebracht, immer wieder.

Wir wissen auch, dass die Verlängerung der Wahlperiode im Zusammenhang stand – und wenn Sie sich vielleicht noch erinnern können, ich war eine derjenigen, die dagegengestimmt hat hier im Landtag, gegen die Verlängerung der Wahlperiode,

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

also die Verfassungsänderung, weil mir das nicht ausgereicht hat –, aber die war verbunden und verknüpft mit anderen Verfassungsänderungen, zu denen ich auch stehe.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, Sie stehen zu was!)

Also von der Warte her, glaube ich, muss man das auch im Kontext sehen und fragen: Gab es Verfassungsverbesserungen? Da sage ich Ja. Das eine hat mir auf der anderen Seite nicht gereicht. Deswegen habe ich Nein gesagt. Aber insgesamt, glaube ich, haben wir gemeinsam gerungen. Dass wir als Opposition nach wie vor die Frage immer wieder in den Mittelpunkt stellen, habe ich versucht zu erläutern. Ich will aber in dem Zusammenhang auch auf andere Fragen hinweisen.

Bei der Anhörung zur Verfassungsänderung in Hessen sagte Professor Dr. Theo Schiller, Institut für Politikwissenschaft Universität Marburg, Folgendes: „Wenn die Verfassung direkt demokratische Beteiligungsverfahren anbietet, muss es sich dann auch um eine ernsthaft praktikabel wahrnehmbare Formel handeln. Anderenfalls stehen Bürger unüberwindbaren und frustrierenden Hindernissen gegenüber. Die Verfassung muss die Bürgerinnen und Bürger durch die Verfahrensausgestaltung auch ernst nehmen. Ich stelle fest, das derzeitige Teilnahmequorum von 120.000 Stimmen ist ein faktisch unüberwindbares und frustrierendes Hindernis für die Bürgerinnen und Bürger.“

Und nun sage ich ja gar nicht, dass 70.000 die Weisheit ist. Man kann auch 80.000 oder 90.000 nehmen, aber reden sollte man doch wirklich ernsthaft darüber, wirklich ernsthafter insgesamt.

Zweitens sagte er: „Bei Wahlen werden im Prinzip keine Quoren verlangt, auch nicht bei Direktwahlen von Landräten und Bürgermeistern. Als einzige wahlbezogene Regelung liegt hier die 5-Prozent-Klausel für Mandatsgewinn deutlich unter den Volksbegehrensquoren. Sie ist außerdem auf abgebende gültige Stimmen bezogen und nicht auf die Zahl der Stimmberechtigten.“

Ich stelle fest, bei der Stichwahl um den Posten des Landrates im Landkreis Müritz war eine historisch niedrige Wahlbeteiligung von 21,5 Prozent festzustellen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das ist die Quittung für Ihre demokratischen Praktiken.)

Die Siegerin der Stichwahl erhielt 21,7 Prozent und konnte nicht einmal 12 Prozent der Wahlbeteiligten auf sich vereinen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört! – Michael Andrejewski, NPD: Das sind Ihre Zustände.)

Niemand kam auf die Idee, trotz des erschreckend geringen Zuspruchs die Legitimation der Wahl anzuzweifeln.

(Michael Andrejewski, NPD: Das Resultat Ihrer Politik.)

Ich frage Sie: Wenn derartige Wahlbeteiligungen rechtlich unbedenklich sind,

(Udo Pastörs, NPD: Der ganze Laden ist hier eh nicht legitimiert.)

warum und mit welchem Recht legen wir dann die Messlatte bei der direkten Demokratie so hoch?