Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

Das will ich auch sagen.

Es ist aber auch so – und das muss man sagen, Frau Borchardt und Herr Müller haben es ja gesagt –, es sind 4 von 16 Bundesländern, die das Recht haben. Im Umkehrschluss heißt es aber auch, es sind 12, die es nicht haben.

(Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

Und die Behauptung, dass es sich dort möglicherweise um gefährliche Länder handelt, selbst, wenn wir es mal als netten süffi santen Einwurf betrachten,

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

kann man vielleicht noch gar nicht unbedingt vom Tisch werfen. Wenn man sich mal anguckt, es sind ja doch sehr wertkonservative Länder, die dort unter diesen Vieren sind. Baden-Württemberg …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Bei denen die Werte was wert sind.)

Nun gut. Da spielt dann weniger DIE LINKE eine Rolle, aber das ist eine andere Geschichte.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Beifall Michael Roolf, FDP)

Die Frage, die sich für uns stellt, ist, ob wir diese Diskussion überhaupt wollen. Und da sagen wir: Klar wollen wir diese Diskussion.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut.)

Wir wollen über Mitbestimmung des Volkes nachdenken. Wir wollen darüber sprechen. Und wir können es aber nicht so eben mal per Handstreich wegwischen, denn das ist nach meiner und nach der Auffassung der Fraktionen eine schwierige Geschichte. Sicherlich gibt es Argumente, die dafür sprechen, dass man das Selbstaufl ösungsrecht nicht einführt. Das Beispiel Bundestag wird an der Stelle immer genannt. Aber letztendlich ist es so, dass de facto das Selbstaufl ösungsrecht seitens des Parlaments, was eigentlich auch nicht im Deutschen Bundestag vorhanden ist, durch aktives Tun tatsächlich stattfi ndet, wenn man sich Herrn Schröder anguckt. Also dort wird dann letzten Endes auch dieser Punkt umgangen. Gut, beim Volksentscheid über den Deutschen Bundestag wäre ich dann auch eher abgeneigt, das muss ich offen sagen. Wie man das in den Ländern handhabt, das muss jeder Einzelne hier auch für sich ein Stück weit entscheiden. Wir werden auf jeden Fall einer Diskussion im Ausschuss zustimmen und hoffen, dass wir eine spannende Diskussion im Ausschuss haben werden. – Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP, Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Schnur.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir können wohl mit Überweisung rechnen. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute bereits über einen ähnlichen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE beraten. Während wir heute Vormittag über die Änderungen des Volksabstimmungsgesetzes diskutiert haben, geht es jetzt um die Änderung der Landesverfassung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Unsere Haltung zu diesem inhaltlichen Änderungsvorhaben haben wir bereits mit der Abstimmung zum Volksabstimmungsgesetz dokumentiert. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht auf Fragen der Rechtsstaatlichkeit oder der Verfassungsmäßigkeit der Vorlage eingehen, da es in der Tat Bundesländer gibt, die eine Aufl ösung des Landtages durch Volksabstimmung ermöglichen. Ich konnte jedoch keine Landesverfassung fi nden, die eine so niedrige Schwelle ansetzt, wie Sie es in Ihrem Entwurf planen. In Baden-Württemberg beispielsweise ist der Landtag erst dann aufgelöst, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten bei einer Volksabstimmung diesem Verlangen beitritt.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDUFraktion will hier gar nicht so weit gehen wie die Kolleginnen und Kollegen der CDU beziehungsweise unserer Schwesterpartei im Süden Deutschlands, auf die Sie ohne Zweifel abzielen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Wir meinen hier, dass sich der Parlamentarismus als funktionsfähig erwiesen und sich die repräsentative Demokratie bewährt hat. Die CDU-Fraktion betrachtet plebiszitäre Elemente als Bereicherung und Ergänzung der parlamentarischen Demokratie. Wir wollen aber nicht, dass durch diese das repräsentative Demokratieprinzip ausgehebelt wird.

Und ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, warum Sie diesen Vorstoß gerade jetzt und in dieser Form einbringen. Wer würde wohl als Erstes loslaufen, um Unterschriften für ein entsprechendes Volksbegehren zu sammeln? Müssen wir es uns wirklich antun, dass der antidemokratische Bodensatz in unserem Land unter dem Schutz der Landesverfassung losrennt, um bei jeder Gelegenheit Unterschriften gegen das von ihnen gehasste System zu sammeln?

(Udo Pastörs, NPD: Das muss verhindert werden. – Michael Andrejewski, NPD: War das gegen DIE LINKE gerichtet?)

Schon in der Weimarer Republik war das Neben- und Gegeneinander von parlamentarischer, präsidentieller und plebiszitärer Konkurrenz ein schwerwiegender Strukturdefekt.

(Udo Pastörs, NPD: Da muss ein neuer Erlass her von Caffi er.)

Deshalb sollten wir gerade vor dem Hintergrund der politischen Situation in unserem Land einem Vorhaben wie dem Ihren keinen Vorschub leisten und auf gar keinen Fall eine Verfassungsänderung in diesem Sinne vornehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Schade, schade.)

Meine Damen und Herren, dieser Landtag repräsentiert die Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger unseres

Landes. Diese repräsentative Demokratie verlangt Mehrheitsentscheidungen. Darauf beruhen auch Mehrheits- und letztlich Regierungsbildungen. Der vorliegende Gesetzentwurf will nun diese Mehrheitsprinzipien zugunsten von Minderheitsentscheidungen aushebeln. Anders ist es nicht zu verstehen, dass lediglich 25 Prozent der Wahlberechtigten über die Aufl ösung des Landtages entscheiden dürften.

(Norbert Baunach, SPD: Richtig.)

Auch bleibt unverständlich, warum die Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre eine Möglichkeit der vorzeitigen Aufl ösung des Landtages durch das Volk notwendig machen sollte. Die Legitimation und die Kontrolle politischer Herrschaft bleibt durch regelmäßige Wahlen auch nach fünf Jahren weiter gegeben.

Meine Damen und Herren, plebiszitäre Demokratie ist kein Allheilmittel, schon gar keines, um Unzufriedenheit mit Politik, Politikern, Parteien und Institutionen abzufangen. Wenn wir hier Abhilfe schaffen wollen,

(Udo Pastörs, NPD: Schaffen Sie sich selbst ab, das wäre das Beste!)

dann sollten wir uns selbstkritisch nach Versäumnissen fragen und die politische Agenda entsprechend selbst bestimmen. Wir sollten die demokratische, auf Toleranz gegründete politische Kultur gezielt fördern und Strategien zur Festigung des demokratischen Wertekonsenses entwickeln, ohne weiter beliebig unser politisches Koordinatensystem zu verschieben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Lochner-Borst.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich ein Witz, was in der Problembeschreibung dieses Gesetzentwurfes steht: „Im Interesse einer wirksamen, kontinuierlichen und effi zienten Sacharbeit hat der Landtag der vierten Wahlperiode 2006 die Verlängerung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre beschlossen.“ Demokratische Wahlen sind nach Auffassung der LINKEN also eine Störung der effi zienten Sacharbeit und sollten möglichst selten stattfi nden. Deswegen hat es von 1945 bis 1990 auch keine gegeben in der SBZ und späteren DDR. Vielleicht habe ich eine falsche Sicht von der Geschichte,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ganz bestimmt.)

vielleicht war die DDR gar keine Diktatur, sondern die Legislaturperioden waren nur sehr lang, vielleicht 70 Jahre

(Heiterkeit bei Stefan Köster, NPD)

im Interesse der effi zienten Sacharbeit. Deren Ergebnis haben wir ja dann gesehen: Ruinen schaffen ohne Waffen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Also vor ’45 gab es die Demokratie. Das ist doch Irrsinn, was Sie hier erzählen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zudem war der wahre Grund für die Verlängerung der Legislaturperiode in der vorigen natürlich ein ganz anderer.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Man wollte die NPD ein Jahr länger heraushalten, so, wie man fest überzeugt davon war, dass die Kampagne gegen die NPD Erfolg haben würde. Wenn solche Titanen wie die Abgeordneten Bretschneider, Dr. Jäger und Ritter sich an das Wahlvolk wandten und mit ihrer ganzen Autorität verlangten, gefälligst abzustimmen wie befohlen, wie konnte es da einen Misserfolg geben? Da wurden Gehorsam und Demut erwartet, aber dummerweise fühlten sich 7,3 Prozent der Wähler dadurch erst richtig ermutigt, für die NPD zu stimmen.

(Reinhard Dankert, SPD: Das werden weniger.)

Und so liefen die Etablierten in ihre eigene Falle. Was gegen die NPD gerichtet war, wandte sich gegen seine Urheber – dumm gelaufen, das kann jederzeit wieder passieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie schon was zum Thema gesagt? – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Nee.)