Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

(Unruhe bei Reinhard Dankert, SPD, Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU – Beifall Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Die direkt demokratische Initiativfunktion bietet eine wertvolle Ergänzung der Demokratie insgesamt, ohne die repräsentative Demokratie infrage zu stellen. Auch ein zehnprozentiges Quorum ist viel zu hoch. Ich stelle fest, unsere Nachbarländer Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein haben allesamt Unterschriftenquoren, die weit unter denen von Mecklenburg-Vorpommern liegen. Sie liegen zwischen 4 und 5 Prozent. Die 120.000 Unterschriften in Mecklenburg-Vorpommern entsprechen in etwa 8,5 Prozent.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Und ich denke, darüber könnten wir doch gemeinsam nachdenken. Auch die Zustimmungsquoren für einfache Gesetze durch Volksentscheid liegen in diesen Ländern mit 20 bis 25 Prozent unter den bei uns erforderlichen 33 Prozent.

(Reinhard Dankert, SPD: Nennen Sie doch mal Beispiele aus den Ländern!)

Meine Damen und Herren, diese Beispiele zeigen doch deutlich, dass es geht und es Handlungsbedarf in unserem Land gibt.

(Reinhard Dankert, SPD: Welche Vor- stellungen gab es denn da in Brandenburg?)

Lassen Sie uns nicht nur pausenlos für demokratische Teilnahme reden, sondern geben wir der direkten Demokratie in unserem Land eine echte Chance! In Anlehnung an unseren Altpräsidenten Roman Herzog rufe ich Ihnen zu:

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Es muss ein Ruck durch die Regierungskoalition gehen!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Beifall Angelika Gramkow, DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Oh! Späte Erkenntnis. – Udo Pastörs, NPD: Das war auch so eine Sprechblase.)

Springen Sie über Ihren eigenen Schatten und leisten Sie einen Beitrag für mehr erlebbare direkte Demokratie in unserem Land!

(Beifall Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Ich beantrage namens meiner Fraktion die Überweisung in den Europa- und Rechtsausschuss. Und ich erwarte nicht, dass wir schon im Jahre 2007 eine Änderung der Verfassung vornehmen. Von mir aus können wir uns auch zwei Jahre Zeit lassen, über dieses Thema gemeinsam intensiv zu reden. Aber eine Nichtüberweisung bedeutet wieder ein Hinauszögern einer Diskussion, die, glaube

ich, nach 15 oder 16 Jahren Verfassung auf der Tagesordnung steht. Und ich denke, dazu sollten wir den Mut haben, gemeinsam Argumente auszutauschen und uns mit wissenschaftlichem Know-how auf diesen Weg zu bringen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/907 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD.

Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der FDP – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/883.

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 5/883 –

Das Wort zur Einbringung hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der FDP, der Abgeordnete Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will ein Stückchen anders einsteigen in die Begründung auf der Grundlage der Erfahrung, die wir heute Morgen gemacht haben. Es hat uns als FDP-Fraktion sehr befremdet, dass der Minister a. D. dieses Jahres, Herr Gottfried Timm, heute Abgeordneter, in einer Art und Weise am Thema vorbeigeredet hat, sich in einer Art und Weise auch missverständlich geäußert hat, die der Sache nicht angemessen ist und die für die Sache auch nicht dienlich gewesen ist. Deshalb will ich es hier bei unserer Begründung und bei der Einbringung ganz klar und unmissverständlich sagen: Es geht uns nicht um die Abschaffung der Fremdenverkehrsabgabe, es geht uns um eine Reform und eine Flexibilisierung im Kommunalabgabengesetz.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ist nur die halbe Wahrheit. Das wissen Sie.)

Wir als Liberale sagen auch ganz klar und ganz deutlich, die Fremdenverkehrsabgabe liegt in der Hoheit der Kommunen. Es geht uns nicht darum, in die Selbstverwaltung der Kommune einzugreifen – auch wenn das nachher kommen sollte als Argument, dass wir das hier an dieser Stelle beides ganz klar und ganz deutlich gemacht haben –, nicht um die Abschaffung und nicht um den Eingriff in kommunale Selbstverwaltung. Jeder, der das vielleicht in seinem Redemanuskript jetzt schon vorbereitet

hat, den möge ich bitten, so viel Schneid zu haben, das aus diesem Redemanuskript herauszunehmen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das steht so im Gesetzentwurf.)

Worum geht es uns in Wirklichkeit? Es geht uns in Wirklichkeit darum, Ungerechtigkeiten aus dem KAG herauszunehmen, Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Diese Ungerechtigkeit ist im Paragrafen 11 des KAG so defi niert, dass wir sowohl eine Kurabgabe als auch eine Fremdenverkehrsabgabe in geteilten Ortschaften haben, also Ortschaften, die einen Charakter noch aus dem Bäderstatus haben. Das geht an dem Beispiel Rostock sehr schön zu erklären. In Rostock können sowohl die Kurabgabe als auch die Fremdenverkehrsabgabe für den Stadtteil Warnemünde erhoben werden. Hier ist für uns eine Ungerechtigkeit da, dass man die Unternehmerinnen und Unternehmer, die zuständigen Leute im Ortsteil Warnemünde mit einer Abgabe belegt und die Unternehmer, die im Ortskern, im Bereich des Hafens in der Innenstadt in Warnemünde auch davon profi tieren, dass touristische Infrastruktur da ist, auch davon profi tieren, dass Fremdenverkehr da ist, nicht daran beteiligt sind. Das ist für uns eine Ungerechtigkeit und diese Ungerechtigkeit gilt es zu beseitigen.

Schauen wir uns an, was beide Bereiche eigentlich für die kommunalen Haushalte beitragen. Wenn man sich die Kurabgabe anschaut, da gilt ganz klar unsere Aussage, es geht hier nicht darum, die Kurabgabe ausufern zu lassen, aber die Kurabgabe ist eine einfach zu erhebende Abgabe. Die wird direkt, ohne bürokratischen Aufwand und mit einer hohen Effi zienz abgeführt und eingenommen. Bei der Fremdenverkehrsabgabe ist es so, dass in etwa nur ein Drittel dieser Abgabe wirklich ankommt. Die restlichen zwei Drittel werden durch Verwaltung und Verwaltungssysteme aufgefressen. Und das macht eine Fremdenverkehrsabgabe zu einem Monstrum und nicht zu einer wirklich sinnvollen Finanzierung kommunaler Aufgaben.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Sie wollen sie also doch abschaffen. – Heinz Müller, SPD: Also abschaffen.)

Deshalb sagen wir, es ist sinnvoll und vernünftig, die einfache Kurabgabe als das Instrument für die Leistung an diesen Kurorten in Warnemünde zu nutzen.

(Beifall Ralf Grabow, FDP)

Wenn wir auf den desaströsen Haushalt der Hansestadt Rostock schauen, ist die Frage auch berechtigt: Müssen wir nicht Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen und müssen wir nicht Einnahmemöglichkeiten generieren, damit der schwer angeschlagene kommunale Haushalt eben auch ausgestattet werden kann? Dann frage ich die Damen und Herren in der Hansestadt Rostock: Ist es denn richtig, dass – und ich glaube, Travemünde/Lübeck ist vergleichbar mit Warnmünde/Rostock – in Warnemünde eine Kurabgabe von 2 Euro ist und in Travemünde eine Kurabgabe von 2,60 Euro?

Das, was wir als Liberale mit dieser Veränderung wollen, ist Gerechtigkeit, Gerechtigkeit in der Hansestadt Rostock, Gerechtigkeit auch in dem System. Auf meine Heimatstadt Wismar würde es auch zutreffen. Und das, was wir nicht wollen, ist, dass wir an ein und dem selben Ort nur durch eine Strukturverschiebung, die wir dort haben, weil das eine ein Seebad ist und das andere nicht, die Situation haben, dass die Abgabe erhoben werden

kann. Ich bitte Sie, unserem Antrag, das Kommunalabgabengesetz an dieser Stelle zu verändern, zu folgen, freue mich mit Ihnen gemeinsam über eine angeregte Diskussion im Ausschuss und beantrage hiermit die Überweisung in den Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Roolf.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Innenminister Herr Caffi er.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich würde ja das eine oder andere Wort gerne aus meiner Rede nehmen, aber da Sie es im Gesetz drinstehen haben, ist es auch Bestandteil des Gesetzes und da kann man das jetzt nicht rausnehmen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Fraktion der FDP das Kommunalabgabengesetz für den Bereich der Fremdenverkehrsabgaben ändern, um die schon länger anhaltende Diskussion über die Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe für die Seebadbereiche in der Hansestadt Rostock zu beenden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die gemeindliche Ermächtigungserhebung einer Fremdenverkehrsabgabe dann besteht, wenn die Gemeinde als Ganzes, also für ihr gesamtes Gemeindegebiet, als Kur- und Erholungsort anerkannt ist. Da die Hansestadt Rostock nur hinsichtlich ihrer Ortsteile Warnemünde, Diedrichshagen, Hohe Düne und Markgrafenheide als Seebad prädikatisiert ist, wäre die Hansestadt Rostock im Unterschied zum derzeit geltenden Kommunalabgabengesetz nicht mehr ermächtigt, in den als Seebad anerkannten Ortsteilen eine Fremdenverkehrsabgabe zu erheben.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Der Gesetzentwurf ist aus meiner Sicht aus drei Gründen nicht zielführend.

Erstens. Der Tourismus gehört – und darüber ist, glaube ich, das Parlament sich einig – unzweifelhaft zu einer der Stärken Mecklenburg-Vorpommerns, unser landestouristischer Marktführer in Deutschland. Eine derartige Spitzenposition setzt unabdingbar voraus, dass qualitativ hochwertige Angebote touristischer Infrastruktur vorgehalten werden müssen. Hier sind die als Kur- und Erholungsorte anerkannten Gemeinden und Gemeindeteile besonders gefordert. Für die Finanzierung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen ermächtigt das Kommunalabgabengesetz deshalb die anerkannten Gemeinden, Kur- und Fremdenverkehrsabgaben zu erheben. Das mit dem Antrag der FDP-Fraktion bewirkte Verbot einer Fremdenverkehrsabgabe in der Hansestadt Rostock würde Finanzierungsmöglichkeiten touristischer Einrichtungen unnötig einschränken und damit zur Schwächung des touristischen Sektors führen. Dies kann von der Landesregierung nicht mitgetragen werden.

Zweitens. Aufgabe des Kommunalabgabengesetzes ist, die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben mit einer gesetzlichen Ermächtigung zur Erzielung eigener Einnahmen zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ermöglicht das Kommunalabgabengesetz

den als Kur- und Erholungsort anerkannten Gemeinden, auf der Grundlage einer gemeindlichen Satzung Kur- und Fremdenverkehrsabgaben zu erheben, um die für gemeindliche Fremdenverkehrseinrichtungen anfallenden besonderen Kosten auch fi nanzieren zu können.

Zur Kurabgabe werden die Urlaubsgäste in den anerkannten Kur- und Erholungsorten herangezogen. Die Fremdenverkehrsabgabe hingegen wird den ortsansässigen Betrieben auferlegt, die aus dem Fremdenverkehr Vorteile beziehen. Dabei obliegt es der anerkannten Gemeinde zu entscheiden, in welchem Umfang die Urlaubsgäste auf der einen Seite und die ortsansässigen Gewerbetreibenden auf der anderen Seite an den Kosten der Kur- und Erholungseinrichtungen beteiligt werden. Das Kommunalabgabengesetz bietet insoweit mit der Kur- und Fremdenverkehrsabgabe fl exibel einsetzbare Finanzierungsinstrumente, um unterschiedliche Personengruppen zu einer vertretbaren Kostenbeteiligung heranzuziehen. Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP würde der Hansestadt Rostock diese Flexibilität nehmen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es.)

Es bliebe nur noch die Kurabgabe, deren Höhe sich angesichts der schwierigen Haushaltslage der Hansestadt Rostock zukünftig an der Grenze des Zulässigen orientieren müsste. Eine derartig einseitige Verfahrensweise, letztlich auf dem Rücken der Urlaubsgäste, kann nicht unser Ziel, kann nicht Ziel des Landtages und auch nicht Ziel der Landesregierung sein. Vielmehr sind regelmäßig vorzugswürdig Kostenbelastungen auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Dazu sind nicht nur Urlaubsgäste, sondern auch Gewerbetreibende mit in den Blick zu nehmen.