Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

Drittens. Die Hansestadt Rostock befi ndet sich in einer äußerst angespannten Haushaltssituation. Hier gilt es, nicht nur Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen zu nutzen, sondern auch Potenziale zur Einnahmeerzielung auszuschöpfen. Deshalb ist die Fremdenverkehrsabgabe folgerichtig auch Gegenstand des Haushaltssicherungskonzepts der Hansestadt Rostock. Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP würde für die Hansestadt Rostock ein Erhebungsverbot für die Fremdenverkehrsabgabe bewirken. Damit würden die Bemühungen der Hansestadt zur Haushaltskonsolidierung im Ergebnis konterkariert, wenn gerade die Hansestadt Rostock in ihren Einnahmemöglichkeiten beschnitten werden würde. So kann und darf verantwortungsvolle Landespolitik nicht aussehen.

Wie bereits ausgeführt, besteht die Möglichkeit der Fremdenverkehrsabgabeerhebung für die Hansestadt Rostock lediglich hinsichtlich ihrer anerkannten Ortsteile Warnemünde, Diedrichshagen, Hohe Düne und Markgrafenheide. Der nicht anerkannte restliche Stadtbereich Rostock bleibt von der Fremdenverkehrsabgabe unberührt. Dasselbe gilt übrigens auch für die Kurabgabe. Ein Urlauber in der Innenstadt Rostocks unterliegt also nicht der Kurabgabepfl icht.

Die Fraktion der FDP begründet das Verbot einer Fremdenverkehrsabgabe für die Hansestadt Rostock damit, dass so die Probleme einer geteilten Stadt gelöst werden. Den Urlauber mit seiner Kurabgabepfl icht hat die FDP-Fraktion hier offensichtlich nicht gesehen. Hier bliebe es nach dem Willen der FDP-Fraktion bei einer geteilten Stadt.

Meine Damen und Herren, auch wenn das von der FDPFraktion angeführte Stichwort „geteilte Stadt“ uns alle aufhorchen lässt,

(Udo Pastörs, NPD: Besonders Blockfl öten, Herr Minister.)

ist es in diesem Zusammenhang aus meiner Einschätzung doch fehl am Platz, denn in Mecklenburg …

Sie können gerne noch reden.

(Udo Pastörs, NPD: Das tue ich auch.)

... denn in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine Vielzahl von Städten und Gemeinden mit Ortsteilen. Dieser strukturelle Aspekt mit seinen systemimmanenten Grenzen ist unverzichtbare Voraussetzung für ein Funktionieren kommunaler Selbstverwaltung.

Gleichwohl wird weder Mecklenburg-Vorpommern dadurch zu einem geteilten Land noch die Hansestadt Rostock mit ihren Ortsteilen zu einer geteilten Stadt. Es liegt auf der Hand, dass die durch eine anerkannte Gemeinde oder einen anerkannten Gemeindeteil ausgelösten Effekte für die Tourismuswirtschaft nicht abrupt an der Grenze zur nächsten nicht anerkannten Nebengemeinde enden, sondern vielmehr auch auf die nicht anerkannten Gemeinden und Gemeindeteile ausstrahlen.

Das Ausmaß dieser Wirkungen lässt einerseits durchaus die Qualifi zierung „Urlaubs- und Gesundheitsland“ für Mecklenburg-Vorpommerns als Ganzes zu, andererseits darf nicht verkannt werden, dass mit der förmlichen Anerkennung als Kur- und Erholungsort nach dem Kurortgesetz Mecklenburg-Vorpommern ein gewolltes Abgrenzen touristisch besonders hervorzuhebender Gemeinden und eben auch Gemeindeteile erfolgt. Insofern muss es bei der Prädikatisierung der als Seebad anerkannten Ortsteile in der Hansestadt Rostock und der hieran anknüpfenden Ermächtigung zur Erhebung von Kur- und Fremdenverkehrsabgabe bleiben. Alles andere führt zu einem Verwischen und Nivellieren von herausragenden touristischen Einrichtungen, die dieses Land zu bieten hat.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in seiner Fokussierung auf eine Privilegierung von Gewerbetreibenden in den Seebadbereichen der Hansestadt Rostock zu kurzsichtig und eingeschränkt in seiner Sichtweise ist, um dafür ein seit Jahren bewährtes System aus Kurortgesetz und Kommunalabgabengesetz aufzugeben. Ich werbe deshalb für die Ablehnung des Gesetzentwurfes und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, nach den Ausführungen des Ministers, denen ich voll und ganz zustimme, kann ich mich hier sehr kurz fassen.

Herr Roolf, Sie haben aufgefordert, wir sollten aus unseren Redemanuskripten streichen, wenn wir drinstehen haben, dass Sie diese Abgabe aus dem Gesetz streichen wollen. Richtig, Sie wollen sie nicht komplett aus dem Gesetz streichen,

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

aber Sie wollen den Gemeinden, die wir als geteilte Gemeinden ansehen müssen – da steht natürlich in aller erster Linie die Hansestadt Rostock –, eben genau eine Erhebung dieser Abgabe unmöglich machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Michael Roolf, FDP: Ja.)

Dieses halten wir exakt für den falschen Weg. Das ist eine klare Aussage und dem gibt es eigentlich nur wenig hinzuzufügen. Aber eines lassen Sie mich noch hinzufügen: Ich halte die Tatsache, dass wir mit Rostock eine nach dem Kurortgesetz geteilte Gemeinde haben, für sinnvoll und für nachvollziehbar. Warnemünde und die anderen genannten Stadtteile sind von ihrer Qualität für den Fremdenverkehr absolut vergleichbar mit anderen Kur- und Erholungsorten, sie sind in dieser Hinsicht sogar spitze. Und andere Stadtteile der Hansestadt Rostock, dort hat man nicht zuletzt dank einer Wohnungsgesellschaft, die sich im Besitz der Stadt befi ndet, sehr viel in den letzten Jahren getan. Aber bei allem Respekt, liebe Rostocker, für einen Kurort reicht das natürlich noch nicht.

Deswegen ist es bei einer Stadt dieser Größe wie Rostock meines Erachtens völlig richtig und völlig nachvollziehbar, dass sie, was ihre Klassifi zierung als Kur- und Erholungsorte angeht, geteilt ist. Aber wenn sie von ihrer Klassifi zierung geteilt ist, liebe Kollegen von der FDP, dann muss eine solche Stadt auch hinnehmen, dass sie geteilt ist, was die Abgaben betrifft, die aus diesem Kurortstatus resultieren, dass sie also auch in dieser Hinsicht geteilt ist. Sie wollen in Bezug auf die Kurabgabe diesen Status des Geteilten ja noch nicht einmal aufheben.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Sie wollen ihn lediglich in Bezug auf die Fremdenverkehrsabgabe aufheben. Und auch dort frage ich Sie: Wo liegt eigentlich die logische Konsequenz? Wenn Sie logisch konsequent wären, dann müssten Sie sagen, Rostock ist Rostock, wir dürfen keine Abgabenlinie quer durch diese Stadt ziehen, dann müssten Sie auch die Kurabgabe für diese Stadt ablehnen.

Ein Weiteres, wo ich Ihre Argumentation für absolut unlogisch halte: Der Gastronom, der in Warnemünde sein Unternehmen hat und der von den Touristen sehr wohl profi tiert und von der Fremdenverkehrswerbung und von den Einrichtungen, die für die Touristen vorgehalten werden, der müsste nach Ihren Vorstellungen dann eben keine Fremdenverkehrsabgabe zahlen. Der Gastronom, der aber einen oder zwei Orte weiter in einer zertifi zierten Stadt, in einem Kur- und Erholungsort sitzt und dort ganz genauso wie unserer Gastronom in Warnemünde von diesen Einrichtungen profi tiert, müsste tatsächlich diese Fremdenverkehrsabgabe zahlen, weil er das Pech hat, dass seine Gemeinde keine geteilte Gemeinde ist.

(Michael Roolf, FDP: Das Pech hat jetzt der in Warnemünde.)

Das Pech hat jetzt der in Warnemünde und deswegen, meine Damen und Herren, allen Ernstes, stellen wir uns einmal für eine Sekunde vor, wir würden hier nach Ausschussberatungen dem Antrag der FDP stattgeben und würden das KAG ändern. Es würde nicht lange dauern, bis wir einen Antrag der FDP auf dem Tisch hätten, der sagt: Diese Ungleichbehandlung, der eine sitzt in Warnemünde, der andere in Heringsdorf und der in Warnemünde sitzt in einer geteilten Stadt, da wird das

Ganze nicht erhoben, aber in Heringsdorf wird erhoben, das ist doch eine Ungleichbehandlung, das muss doch aufhören. Nein, liebe Kollegen von der FDP, am Ende würden wir in der Tat diese Abgabe streichen. Und das kann unsere Fremdenverkehrswirtschaft überhaupt nicht gebrauchen, das können unsere Kommunen überhaupt nicht gebrauchen und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Danke schön, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin seit 1994 Abgeordneter dieses Hohen Hauses und habe zumindest seit 1998 erlebt, dass es Usus ist, dass man Gesetzentwürfe der Opposition nicht von vornherein in den Skat drückt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, damit Sie einen erneuten Gesetzesantrag einer Oppositionsfraktion nicht gleich von vornherein wieder ablehnen, gestatten Sie mir zunächst ein Zitat aus der dem einen oder anderen vielleicht noch bekannten Hochglanzbroschüre „Oben“, dem Wahlkampfmagazin der CDU hier in Mecklenburg-Vorpommern.

(Heiterkeit bei Michael Roolf, FDP: Sehr schön, sehr schön. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Dort gab der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion ein bemerkenswertes Interview und antwortete auf die Frage: „Acht Jahre SPD/PDS in MecklenburgVorpommern, was bedeutet dies für die Arbeit im Landtag?“ Herr Dr. Jäger antwortet: „SPD und PDS haben ihre Mehrheit im Landtag immer wieder missbraucht. Anhörungen wurden zur Farce, Gesetze gegen jeden Expertenrat durchgepeitscht.“

(Beifall Marc Reinhardt, CDU: Genau.)

„Geltendes Recht wurde zurechtgebogen.“

Bevor Sie schon wieder laut jubeln, Herr Reinhardt, sollten Sie lieber zu Ende hören und dann auch das Gehirn einschalten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Es heißt weiter in der Antwort von Herrn Dr. Jäger: „Der Landtag wird nur noch zum Abnicken gebraucht. Das Parlament hat in den letzten achten Jahren seine Kontrollfunktion und seine Gestaltungsmöglichkeiten immer weiter eingebüßt. So wird die Demokratie untergraben.“ Und schließlich stellt der Fraktionsvorsitzende fest: „Eine starke CDU im nächsten Landtag wird dazu beitragen, dass das Parlament seine Kontrollfunktion wieder zurückgewinnt“, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Nun, da die starke CDU-Fraktion offensichtlich nicht bereit ist, diese Kontrollfunktion des Parlamentes wieder zurückzugewinnen, werden wir, die Fraktion DIE LINKE,

dem Antrag der FDP für eine weitere Beratung in den Ausschüssen zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Vor dem Hintergrund des Umfangs und der Heftigkeit der Diskussion um kommunalabgabenrechtliche Probleme in unserem Land wäre es unverantwortlich, mit der Hilfe der parlamentarischen Mehrheit von SPD und CDU erneut jedes kritische Hinterfragen des Kommunalabgabengesetzes hier im Landtag zu verhindern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall Ralf Grabow, FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, gerade weil wir in der letzten Legislaturperiode das Kommunalabgabengesetz weitgehend einvernehmlich geändert haben, sollten heute aus möglicherweise persönlichen Befi ndlichkeiten heraus keine künstlichen Blockaden errichtet werden. Für mich ist nicht ein einziger Grund zu erkennen, das Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern gewissermaßen unter Quarantäne zu stellen beziehungsweise dieses Gesetz wie einen parlamentarischen Fremdkörper zu behandeln.

Bei jedem anderen Gesetz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist es eine Selbstverständlichkeit, durch das vorliegende Anwendungsverfahren dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit zu eröffnen, durch eine Gesetzesfolgenabschätzung zu überprüfen, ob das Gesetz die erwarteten Wirkungen tatsächlich entfaltet hat oder ob sich Mängel bei der Regelung und deren praktischen Durchführung zeigen. Beim Kommunalabgabengesetz wählt die Koalition einen völlig anderen Weg, der zudem ein recht eigenwilliges Parlamentsverständnis durchblicken lässt.

Ich darf an die Diskussion zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, also das Erste Gesetz zur Änderung des KAG, erinnern. Der Landtag beziehungsweise der Innenausschuss beauftragte das Innenministerium, Anwendungserfahrungen und Probleme des KAG zu erfassen und zu analysieren. Dem kommt das Innenministerium nach und gibt im Ergebnis einen Runderlass an die kommunalen Aufgabenträger heraus. Unter den allgemeinen Hinweisen versetzt sich die Kommunalabteilung des Innenministeriums dann in die Rolle des Gesetzgebers, das heißt des Landtages, und schreibt, es sei davon auszugehen, dass keine Änderung des KAG bezüglich der Vorschriften zur Anschlussbeitragserhebung erfolgen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister! Diese Einschätzung steht der Exekutive nicht zu.