Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Stattdessen würde ich Ihnen eine Abfrage der Kommunalabteilung bei den kommunalen Aufgabenträgern der Wasserversorgung und/oder Abwasserentsorgung dahin gehend empfehlen, ob und inwiefern der in Rede stehende Runderlass geeignet war, die von zahlreichen Aufgabenträgern …

(Heinz Müller, SPD: Was hat denn das mit der Fremdenverkehrsabgabe zu tun?)

Das hat etwas mit dem KAG zu tun, Herr Müller. Dass Ihnen das nicht passt, das ist mir vollkommen klar.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Zur Sache hier! – Zurufe von Angelika Gramkow, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Zur Sache. Zur Sache, Schätzchen.

(Volker Schlotmann, SPD: Uschi Glas. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum vorliegenden Gesetzentwurf lassen Sie mich Folgendes feststellen: Neben dem beim KAG federführenden Innenausschuss sollte sich auch der für Tourismusfragen zuständige Wirtschaftsausschuss mit dem Gesetzentwurf beschäftigen. Die KAG-Novelle 2005, die unter anderem den Verwendungszweck der Fremdenverkehrsabgabe erweitert hat, wurde jedenfalls durch den damaligen Tourismusausschuss einstimmig empfohlen. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammer Mecklenburg-Vorpommern hatte sich damals für die Beibehaltung der bestehenden Regelung beziehungsweise gegen eine Erweiterung des Verwendungszwecks der Fremdenverkehrsabgabe ausgesprochen. Von einer Abgabenungerechtigkeit im Zusammenhang mit der „geteilten Stadt“, wie es im Gesetzentwurf heißt, war damals von der IHK noch nichts zu hören. Und, Herr Müller, es wäre doch interessant zu erfahren, warum die IHK heute anders denkt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Michael Roolf, FDP: Genauso ist es.)

Der Städte- und Gemeindetag hatte die Neuregelung ausdrücklich begrüßt und angeregt, die Beschränkung der Zulässigkeit von Kur- und Fremdenverkehrsabgaben auf staatlich anerkannte Kur- und Erholungsorte aufzugeben, da auch andere Gemeinden tourismusfördernde Einrichtungen vorhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob der vorliegende Gesetzentwurf den verschiedenen und widerstreitenden Interessen gerecht wird, bleibt abzuwarten. Und ob der dargestellte Sachhintergrund einen Eingriff des Landesgesetzgebers in die bisherige kommunale Satzung so weit rechtfertigt, wird zu klären sein.

Sehr geehrter Herr Kollege Müller, man muss im Ergebnis einer Debatte im Ausschuss dem Vorschlag der FDP nicht zustimmen,

(Toralf Schnur, FDP: Richtig.)

aber man sollte zumindest so fair miteinander sein, dass man miteinander über solche Vorlagen diskutiert. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Danke, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lietz von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat für mich seit einiger Zeit den Anschein, als habe die Opposition in den Änderungsanträgen zum Kommunalabgabengesetz ihr Lieblingsthema gefunden.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, Angelika Gramkow, DIE LINKE, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Letzten Monat beschäftigten wir uns mit dem Antrag zum Paragrafen 9 des KAG

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das muss geändert werden.)

und heute schlägt die FDP vor, den Paragrafen 11 dieser Norm zu ändern. Der Minister hat bereits ausführlich defi niert, was wir unter der Erhebung der Kur- und Fremdenverkehrsabgabe verstehen. Bekanntermaßen wird Letztere im Gegensatz zur Kurabgabe von ortsansässigen Unternehmen erhoben, die durch den Fremdenverkehr Vorteile haben.

Ich habe mir den Antrag der FDP doch noch mal genauer angesehen. Dabei fi el mir auf, dass Sie für die Lösung des Problems genau die falsche Lösung anbieten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, Sie schlagen vor, Paragraf 11 des KAG derart zu ändern, dass nach Absatz 2 des Entwurfes nunmehr nur noch die Gemeinden eine Fremdenverkehrsabgabe erheben dürfen, die als Ganzes als Kur- oder Erholungsort anerkannt sind. Sie begründen Ihren Antrag zum einen mit der Vermeidung von Abgabenungerechtigkeiten und zum anderen mit dem Umstand, dass es auch in anderen Bundesländern üblich sei, die Fremdenverkehrsabgabe nur in kleineren Orten zu erheben. Große Städte könnten ja andere Einnahmespielräume nutzen. Hier laufen Ihnen Problem und Lösung auseinander.

(Beifall Marc Reinhardt, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Es stehen sich zwei Geschichtspunkte gegenüber. Zum einen ist es die Abgabenungerechtigkeit, gehen wir davon aus – und darin sind wir uns alle einig –, dass es die in den Bereichen der Hansestadt Rostock ansässigen Unternehmen als ungerecht ansehen würden, wenn nur sie und nicht auch die Unternehmer in der Rostocker Innenstadt zur Fremdenverkehrsabgabe herangezogen werden. Zum anderen ist es aber auch die prekäre fi nanzielle Lage der Kommunen. Diese zwingt alle Gemeinden im Land, jede Einnahmequelle zu nutzen, die sich ihnen auftut. Dies sage ich aus mittlerweile 17 Jahren kommunalpolitischer Erfahrung und einen guten Teil davon auch als Bürgermeister eines Seebades.

Jetzt sagen Sie, diese Probleme könnten gegeneinander aufgelöst werden, indem nur noch kleinere Gemeinden, die typischerweise als Ganzes als Kur- oder Erholungsort anerkannt sind, dann die Fremdenverkehrsabgabe erheben. Dieser Schluss ist falsch.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Fangen wir mit dem Augenscheinlichsten an. Wird der Haushalt, der von Ihnen beispielhaft aufgeführten Hansestadt Rostock dadurch entlastet, dass die Stadt nach der Änderung gar keine Fremdenverkehrsabgabe mehr erheben darf? Ich glaube, das braucht keine Zahlen, um diese Frage zu verneinen. Jetzt könnten Sie sagen, die Stadt erhebt ja gar keine Fremdenverkehrsabgabe. Wie kann sie denn dann durch die Gesetzesänderung schlechter gestellt werden? Das Entscheidende ist aber,

meine Damen und Herren, Sie bemerken es richtig, sie könnte diese Abgabe erheben.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Sodann etwas zum Hintergründigen der Abgabengerechtigkeit. Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit wird aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz hergeleitet und verlangt eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Hier gibt es den landläufi g gebrauchten Satz: „Wesentlich Gleiches ist gleich, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.“ Bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen ist Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz immer dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird als die andere, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.

Fragen wir uns also: Besteht zwischen dem Unternehmer in Warnemünde und dem Unternehmer in der Rostocker Innenstadt ein sachlicher Unterschied, der eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würde? Natürlich könnten wir Ihnen entgegenhalten, der eine ist in einem Seebad und damit in einem Kur- und Erholungsort ansässig und der andere eben nicht. Deswegen muss der eine die Abgabe zahlen und der andere nicht. Das wäre aber, meine Damen und Herren, zu kurz gegriffen. Denn der strittige Kern ist doch, ob der Unternehmer einen Vorteil vom Fremdenverkehr hat. Auch hier ist die Antwort leicht zu fi nden: Beide haben einen Vorteil.

(Michael Roolf, FDP: Beide.)

Meine Damen und Herren, aus der Kombination des Augenscheinlichen mit dem Hintergründigen ergibt sich die Lösung unseres Problems. Die Abgabengerechtigkeit und der Notwendigkeit, Einnahmen zu erheben, wird dann Genüge getan, wenn alle Unternehmer einer Gemeinde, die gern von Touristen besucht wird, zur Fremdenverkehrsabgabe herangezogen werden.

(Michael Roolf, FDP: Oder auch alle nicht.)

Ich möchte auf ein gutes Beispiel, das haben wir am heutigen Tage schon mehrfach gepfl egt, eines unserer Nachbarländer verweisen, in meinem Fall das Land Sachsen-Anhalt. Dort heißt es im Paragrafen 9 a des Kommunalabgabengesetzes, der die „Betriebliche Tourismusabgabe“ regelt: „Gemeinden, die ganz oder teilweise als Kurorte, Luftkurorte oder Erholungsorte staatlich anerkannt sind, sowie Gemeinden, in denen die Zahl der Gästeübernachtung im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt, können … eine Betriebliche Tourismusabgabe erheben.“

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wenn man schon das Kommunalabgabengesetz ändern will, was die Koalition nicht beabsichtigt, dann kann man das Problem der Fremdenverkehrsabgabe in den sogenannten geteilten Gemeinden nur mit dem Gegenteil dessen lösen, was uns die FDP-Fraktion vorschlägt. Wir werden deshalb Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordneter Herr Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem, das die FDP hier sieht,

kann, wenn es überhaupt eines ist, an anderer Stelle gelöst werden. Mag sein, dass es in den Teilen der Hansestadt Rostock, die nicht als Kur- oder Erholungsorte anerkannt sind, Unternehmen gibt, die auch vom Tourismus in Warnemünde, Diedrichshagen, Hohe Düne und Markgrafenheide profi tieren. Die wird es aber auch sicherlich im Rostocker Umland geben, Unternehmen, die irgendwie vom Tourismus in Warnemünde profi tieren. Und solche Firmen entrichten überhaupt keine Steuern oder Abgaben an Rostock. Da hilft keine Änderung des Kommunalabgabengesetzes, da müssen sich diese Gemeinden in Rostock an einen Tisch setzen und über einen Ausgleich nachdenken.

Dass die Unternehmen in den besagten Ortsteilen unter Umständen Kurabgaben und Fremdenverkehrsabgaben entrichten müssten, wenn es denn so beschlossen würde, das liegt ja in der Entscheidungsgewalt von Rostock, die im Rest Rostocks aber nicht, ist ein ähnlich gelagerter Fall.

Erstens ist das vermutlich nicht ganz unberechtigt, weil es doch etwas anderes ist, ob man als Unternehmen direkt in Warnemünde in Strandnähe sitzt oder irgendwo in den Betonschluchten von Groß Klein oder gar in Dierkow oder in Toitenwinkel. Man hat durchaus Vorteile und mehr Möglichkeiten, vom Tourismus zu profi tieren, wenn man beim Blick aus dem Fenster das Meer sieht statt Plattenbauten.

Und zweitens sollte man diese Streitfrage der Rostocker Stadtpolitik überlassen. Wenn man für weniger staatliche Regulierung eintritt und größere Autonomie der Kommunen, dann sollte man nicht gleich mit dem Knüppel der Landesgesetzgebung dazwischenschlagen. Sollte die Hansestadt Rostock mit diesem Problem scheitern und sich Hilfe suchend an das Land wenden, kann man vielleicht darüber nachdenken. Aber dass sie das tun wird, ist sehr unwahrscheinlich. Die massiven Einmischungen des Innenministeriums dürften auch den meisten Rostocker Unternehmern schon reichen, auch in Warnemünde. Sollen die Bürger der Hansestadt das unter sich ausmachen, solange es noch geht, bevor womöglich die Zwangsverwaltung zuschlägt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Herr Roolf. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe und gehe immer noch davon aus, dass wir die Chance haben, über all diese Probleme im Ausschuss zu sprechen. Wenn wir diese Chance nicht haben, lassen Sie mich zwei, drei grundsätzliche Dinge noch sagen.