Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Nicht zuletzt haben sich die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD selbstverständlich auch in ihrer Koalitionsvereinbarung mit der Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen auseinandergesetzt und diese festgeschrieben. Nach der bereits genannten Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung im kulturellen Bereich durch das Land Mecklenburg-Vorpommern erfolgt die Kulturförderung in Abstimmung mit

den Künstlerinnen und Künstlern, den Landesverbänden, den gesellschaftlichen Kräften und Institutionen. Gegenstände der Förderungen können zum Beispiel sein, ich will nur einige Beispiele aufzählen: der Einsatz neuer Medien in Kunst und Kultur, Zuwendungen für Fahrbibliotheken oder auch künstlerische Projekte bei bildender Kunst oder beim Kunsthandwerk. Eine weitere Sache, über die wir uns oft unterhalten haben, die kulturelle Filmförderung, gehört auch dazu.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Oh ja!)

Sie sehen also, meine Damen und Herren von der LINKEN, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind und sehr gut handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Alles in Butter in Meck-Pom!)

Deshalb können wir Ihren Antrag heute ablehnen, weil eigentlich alles schon am Laufen ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Danke, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der NPD.

Abgeordnete des Landtages! Mitglieder des Präsidiums! Wo jeder unter dem Wort „Kultur“ einen anderen Begriff versteht, endet die Geschichte in dem Turmbau zu Babylon. Die Vielfalt, die Kultur ausmachen soll, verliert sich dann in den Wassern des Okavango. Was aber ist Kultur? Wer keinen Begriff stiften kann, kann auch nicht sagen, was unkultiviert ist. „Omnis determinatio est negatio“, sagte einst Baruch de Spinoza. „Jede Bestimmung ist eine Negation“.

(Irene Müller, DIE LINKE: Es geht nicht um die Förderung von Unkultur.)

Wer nicht mehr negiert, wer offen für alles ist, der hat sich von der Geschichte schon verabschiedet als Subjekt gestalterischen Handelns.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Wie defi nieren wir Nationaldemokraten Kultur? Ausgangspunkt ist für uns die Bestimmung des Menschen, wie sie Johann Gottlieb Fichte zeichnet. „Der Mensch“, so sagt er, „soll stets einig mit sich selbst seyn; er soll sich nie widersprechen“, heißt es in der Bestimmung des Gelehrten. „Die letzte Bestimmung aller endlichen vernünftigen Wesen ist demnach absolute Einigkeit, stete Identität, völlige Uebereinstimmung mit sich selbst.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hauptsache er ist deutsch.)

Und Fichte setzt hinzu: „Man verstehe dieses nicht halb, und nicht einseitig. Nicht etwa bloss der Wille soll stets einig mit sich selbst seyn, – von diesem ist nur in der Sittenlehre die Rede – sondern alle Kräfte des Menschen, welche an sich nur Eine Kraft sind, und bloss in ihrer Anwendung auf verschiedene Gegenstände unterschieden werden – sie alle sollen zu vollkommener Identität übereinstimmen, und unter sich zusammenstimmen.“

Doch wir Menschen hängen von den Dingen außerhalb unseres Ich ab, deren Charakter nicht Identität, sondern Mannigfaltigkeit ist. Fichte: „Soll nun dennoch das Ich... einig mit sich selbst seyn, so muss es unmittelbar

auf die Dinge selbst... zu wirken streben; der Mensch muss suchen, dieselben zu modifi ciren, und sie selbst zur Ueber einstimmung mit der reinen Form seines Ich zu bringen, damit nun auch die Vorstellung von ihnen, insofern sie von ihrer Beschaffenheit abhängt, mit jener Form übereinstimme. – Diese Modifi cation der Dinge nun... ist nicht durch den blossen Willen möglich, sondern es bedarf dazu... einer gewissen Geschicklichkeit, die durch Uebung erworben... wird.“ Das Erwerben „dieser Geschicklichkeit... heisst Cultur, und der erworbene... Grad dieser Geschicklichkeit wird gleichfalls so genannt.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Eigenartige Defi nition von Kultur.)

„Sie ist das letzte und höchste Mittel für den Endzweck des Menschen, die völlige Uebereinstimmung mit sich selbst, – wenn der Mensch als vernünftig, sinnliches Wesen; – sie ist selbst letzter Zweck, wenn er als bloss sinnliches Wesen betrachtet wird. Die Sinnlichkeit soll cultivirt werden: das ist das höchste und letzte, was sich mit ihr vornehmen lässt.“

Fichtes Gedankengang geht dann dahin, dass nicht bei allen Menschen qualitativ gleiche Geschicklichkeiten vorhanden sind. Aufgabe der menschlichen Gesellschaft sei es, sich wechselseitig zu vervollkommnen und in der Kultivierung zu befördern. Dabei wird jedes Volk, jede Nation einen eigenen Weg fi nden, ein besonderes Lebensgefühl entwickeln, sich wechselseitig zu kultivieren. Insofern sind auch die Kulturen verschiedener Völker, das ist jeweils das vorherrschende allgemeine Prinzip, zur Vervollkommnung zu gelangen, nicht einfach und unmittelbar miteinander zu vermischen, wie die Anbeter einer multikulturellen Gesellschaft unkritisch annahmen. Denn sie münden in einen Konfl ikt, welches das oberste Prinzip ist zur Erreichung der inneren Übereinstimmung mit sich selbst und mit seinem Volk, seiner Nation oder seinem Glauben.

Solange sich nur wenige Menschen einem ganzen Volk als kulturell fremdartig gegenüberstehen, ist dieser Konfl ikt zunächst ein Gewissenskonfl ikt. Wenn aber durch moderne Völkerwanderungen, offener Grenzen bedingt, eine große Anzahl von Personen gleicher Kulturkreise in einen anderen einwandert, dann entsteht für die Neusiedler die Frage, wie sie mit der Art, die die alteingesessene Kultur zur Vervollkommnung führt und zur inneren Einheit fi ndet, umgehen will.

Die weltgeschichtliche Erfahrung zeigt, dass sich in einem Gemein- oder Staatswesen Parallelkulturen herausbilden, deren Hauptproblem nicht die Freiheit und Förderung der Vielfalt der Ausdrucksformen ist, sondern welche sich als oberste behauptet. Byzanz war einst christlich, das Kosovo vor 80 Jahren von Serben besiedelt, mehrheitlich, und heute sind es die Muslime, die in dem früher ethnisch-deutschen Berlin-Kreuzberg sich von diesem BRD-Staat allumfassend befreien.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie schon zum Thema gesprochen? – Irene Müller, DIE LINKE: Was haben Sie von der Deutschen Einheit verstanden?! Nichts!)

Der letzte Satz: Wir Nationaldemokraten treten für den Schutz und die Förderung unserer deutschen Kultur ein, auch gegen den Willen der etablierten Parteien. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Bluhm von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Internetseite der Deutschen UNESCO-Kommission ist zu lesen, Zitat: „Nach Verabschiedung des Übereinkommens durch die 33. UNESCO-General-Konferenz im Oktober 2005 und Inkrafttreten im März 2007 geht es jetzt darum, zu erarbeiten, was für Bund, Länder, Kommunen und alle Kulturakteure daraus folgen wird. Die Bundesregierung hat die Konvention am 12. März 2007 ratifi ziert. Um das Übereinkommen mit Leben zu erfüllen und nach innen und außen wirksam werden zu lassen, bedarf es weiterhin der intensiven fachlichen und inhaltlichen Debatte. Hier sind die Erfahrungen und die Impulse aus der Zivilgesellschaft gefragt.“ Ende des Zitats.

Jawohl, meine Damen und Herren, die UNESCO-Kommission hat recht. Ich kann es mir nicht ersparen, dem Bildungsminister, Herrn Körner, Herrn Kreher und auch Herrn Reinhardt auf das Energischste zu widersprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir sind überhaupt noch gar nicht so weit auf dem Wege voran, dass wir diese UNESCO-Konvention tatsächlich mit Leben erfüllen.

Der Bundesrat, so ist es in der entsprechenden Gesetzesvorlage an den Deutschen Bundestag zu lesen, hat in seiner 828. Sitzung am 24. November 2006 gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben. In dem Gesetzentwurf vernimmt man den lapidaren Satz bei Kosten: Kosten sind auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen nicht zu erwarten. Was ich an dieser Stelle einmal arg bezweifeln möchte.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Aber das, was wir hier heute in der Diskussion erlebt haben, eine Reduzierung auf Brauchtum und Soziokultur, greift zu kurz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Auf 37 Seiten eng beschriebener Konvention wird sozusagen für die Mitglieder der UNO der Anspruch auf die Sicherung kultureller Vielfalt gelegt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Und hier wird es auf Plattdeutsch reduziert. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und ich darf Ihnen aus „Artikel 2 – Leitende Grundsätze“ zitieren, „1. Grundsatz der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“: „Die kulturelle Vielfalt kann nur dann geschützt und gefördert werden, wenn die Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie die freie Meinungsäußerung, die Informations- und die Kommunikationsfreiheit“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr traurig.)

„sowie die Möglichkeit der Einzelpersonen, ihre kulturellen Ausdrucksformen zu wählen, garantiert sind. Niemand darf unter Berufung auf dieses Übereinkommen die Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt

oder durch Völkerrecht garantiert sind, verletzten oder ihren Geltungsbereich einschränken.“ Ende des Zitats.

(Raimund Borrmann, NPD: Gilt das auch für George Bush?)

Jawohl, meine Damen und Herren, diese UNO-Konvention ist geltendes bundesdeutsches Recht.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja.)

Und alle, die versuchen, über nationalistische Thesen diesen Grundsatz einzuschränken, handeln gesetzeswidrig.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Kultur ist natürlich auf die volle Entfaltung dessen ausgerichtet, was den Menschen in seinem Menschsein ausmacht. Sie ist gleichsam die Seele der menschlichen Entwicklung und Zivilisation. Kultur regt unsere Sinne an und bietet neue Sichtweisen der Wirklichkeit.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich sehe das grundlegende Ziel bei der Umsetzung der UNESCO-Konvention über die kulturelle Vielfalt darin, die Fähigkeit aller Beteiligten zu entwickeln und das Problembewusstsein davon auszuprägen, Geschichte, Sprache und Kultur der jeweils anderen zu respektieren, die zwar verschieden, aber doch miteinander verfl ochten sind. Der ernorme Reichtum an kulturellem Erbe und schöpferischem Schaffen soll zum Vorteil der Gesellschaften und ihrer Mitglieder durch Erweitung noch vergrößert werden. In diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen sehr die Ausgangspunkte, die in der UNESCO-Konvention als Einleitung formuliert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Die Vielfalt soll zum Grundsatz der Einheit werden, die Unterschiede sollen vertieft werden, aber nicht, um zu teilen, Herr Borrmann, sondern um zu bereichern.