Schon im Juni 2006, drei Monate vor der Landtagswahl, war klar, dass das Unternehmen ODS Dassow gefährdet ist.
1. Vom Standpunkt der Aufnahme der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die Geschäftsführung der ODS war rein rechtlich eine weitere Förderung durch das LFI, das Landesförderinstitut, ausgeschlossen. Zwar wäre die Tranche erst in diesem Jahr 2008 ausbezahlt worden, doch ist es üblich, dass derartige Fördermittel ein Eckstein der Unternehmensfi nanzierung sind. Fällt er weg, selbst nur perspektivisch, mindert das die Bewertung bei Banken und Finanziers. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Bewertung von Ratingagenturen, von Triple-E- bis zu B-Bewertungen, die dann entsprechend auch die Refi nanzierung eines Unternehmens beeinfl ussen können.
2. Es ist schwer nachvollziehbar, dass der Chef des Landesförderinstitutes keine Meldung an das Ministerium gemacht haben will. Es ging immerhin um Bestandsfragen für das größte vom Land geförderte Industrieunternehmen. Das Ministerium Ebnet muss entweder von den Problemen gewusst haben und hat diese ignoriert aus der Einbildung einer Übermacht, dass man nicht helfen will, oder aus dem Bewusstsein der Ohmacht, dass man nicht helfen kann. Oder dieses Ministerium Ebnet war so chaotisch organisiert, dass die wichtigste Information am Ende der letzten Legislatur ins Nichts verdampfte. Beide Umstände sprechen nicht für Ebnet. Beide Umstände sprechen dafür, dass bei ODS Dassow und beim Ministerium Ebnet
derselbe Defekt auf dem Datenträger vorlag, ein Indiz für die gute Atmosphäre, die zwischen beiden geherrscht haben soll.
3. Nach der Wahl erklärte der neue Wirtschaftsminister Seidel in der Fragestunde am 7. Dezember 2006: „Ich muss Ihnen ehrlich sagen, mit Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen des Unternehmens ist es dem Ministerium … lediglich gestattet, Ihnen hier zu versichern, dass die Förderung, der Umfang der Förderung sich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeit für Unternehmen genau dieser Größenordnung bewegt.“ Zu den Verstößen von ODS gegen Mittelgewährung erklärte Seidel lediglich, dass es „keine weiteren Förderanträge“ gebe.
4. Es stellt sich die Frage, welche Regeln für die schutzwürdigen Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelten.
5. Vonseiten der Regierung wird geltend gemacht, die schutzwürdigen Interessen seien gesichert, wenn Kapitalausstattung, Investition, Schaffung von Arbeitsplätzen und so weiter gewährleistet seien.
6. Diese Kriterien für Fördermittelvergaben sind offenbar nicht hinreichend, um eine Insolvenz in dieser Größenordnung zu verhindern. Sie sind daher umzustellen. Im Falle der Stilllegung der Zuckerrübenverarbeitung in Güstrow zeigt sich, dass geförderte Konzerne ihre Interessen über die des Landes stellen können und EU-Fördermittel erhalten, wenn sie Produktionsstandorte stilllegen, auch wenn diese vorher mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Es kommt sozusagen zu einem Interessenskonfl ikt, der eine Förderung von öffentlichen Institutionen unterschiedlicher Hierarchien bewirkt. Da das Land Mecklenburg-Vorpommern nur Teil der Bundesrepublik ist und diese Teil der EU, verfügt es weder über die eigene Souveränität noch über Wirtschafts- und Finanzkraft, die in der Lage wären, die von übergeordneten staatlichen oder quasi staatlichen Einheiten verfügte Umsteuerung zu kompensieren. Aus diesem Grund ist eine prinzipiell veränderte Wirtschaftspolitik anzustreben und bei größeren Projekten anstelle der Förderung eine Eigenbeteiligung des Staates anzustreben.
von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Kollege Borrmann, ich weiß nicht, zu welchem Antrag Sie eben gesprochen haben. Ich würde gerne zu dem Antrag 5/1306 der NPD-Fraktion sprechen, der da heißt: „Wirtschaftsförderung zukunftsfähig gestalten – De industrialisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern stoppen, Standorte Dassow und Güstrow erhalten“.
Ich fange mal mit der Mitte an. Wer einen Antrag hier ins Parlament einbringt, der sagt, „Deindustrialisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern stoppen“, bei den Zahlen, bei aller kritischen Würdigung, aber bei den Zahlen, die wir in den letzten Jahren an industrieller Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern haben, der scheint mit der Realität ein Problem zu haben,
Gehen wir in den ersten Bereich: „Wirtschaftsförderung zukunftsfähig gestalten“. Wie wollen Sie denn Wirtschaftsförderung zukünftig gestalten?
(Udo Pastörs, NPD: Sie beklagen sie doch, die Deindustrialisierung. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)
Wie wollen Sie es denn gestalten? Sie wollen es in der Form gestalten, indem Sie Eigentumsbeteiligungen an Unternehmen haben wollen.
Genau. Also Sie sagen einem Investor, der hierherkommt, wenn du hier als Konzern, als Aktiengesellschaft investierst, will ich Miteigentümer werden.
Nein, wir reden über Ihren Antrag. In Ihrem Antrag sagen Sie, Sie wollen Eigentumsbeteiligung an Unternehmen.
Ein Unternehmen kommt hierher in einer Rechtsform der Aktiengesellschaft. Wie wollen Sie denn da eine Unternehmensbeteiligung machen? Wollen Sie Aktionär werden?
(Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, Raimund Borrmann, NPD, Stefan Köster, NPD und Udo Pastörs, NPD)
Sie wollen im Prinzip in allen Unternehmen unabhängig von der Rechtsform entweder Gesellschafter oder Aktionär werden
und meinen, dass Sie damit im Prinzip ein besseres Controlling haben und dafür sorgen werden, dass nichts mehr mit der Industrialisierung passiert.
Das ist, meine Damen und Herren, ein Stückchen Logik, die ist nun wirklich völlig an der Realität vorbei.