Protokoll der Sitzung vom 07.03.2008

Mittlerweile sind wir ein ganzes Stück weiter. Ich erlaube mir, dies im Folgenden vorzutragen, ohne auf die in der Fragestunde erörterten Einzelheiten nochmals einzugehen:

(Udo Pastörs, NPD: Das tun Sie auch in der Fragestunde nie.)

1. Erfassung der Daten ausgewählter devastierter Flächen

Die damals nur angekündigte Erfassung ausgewählter devastierter Flächen ist mittlerweile abgeschlossen. Mir liegen in insgesamt 34 Fällen Erfassungsbögen vor, in denen die unterschiedlichsten Daten zu denjenigen Objekten niedergelegt sind, welche uns die Ämter für Landwirtschaft und die Landgesellschaft als ihnen bekannt gemeldet haben. Die nunmehr erhobenen Daten sollen der Landesregierung, aber auch Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordnete, als Entscheidungsgrundlage dienen, welche Maßnahmen im Rahmen des Konzeptes angemessen sind. Dabei bin ich mir natürlich bewusst, dass die gesamten Fälle weder repräsentativ sind noch ein vollständiges Bild der Gesamtproblematik geben. Angesichts der Vielzahl von Anlagen in unserem Land war jedoch eine Totalerhebung nicht möglich und hätte bei vielen Betroffenen auch falsche Erwartungen geweckt.

Für meinen Bereich muss ich leider ganz offen sagen, um übertriebenen Erwartungen zuvorzukommen,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir machen zwar Programme, aber wir haben kein Geld.)

die fi nanziellen Spielräume für die Beiträge aus dem ELER hängen insbesondere davon ab, ob es uns gelingt, Mittel aus der Modulation und der Gemeinschaftsaufgabe für die Beseitigung devastierter Flächen zu verwenden.

(Raimund Borrmann, NPD: Fragen Sie doch mal den Innenminister, der hat noch Geld!)

Die europäischen und nationalen Rahmenbedingungen setzen uns bisher enge Grenzen. So lassen sich zum Beispiel im Rahmen der einzelbetrieblichen Förderung Abrissnahmen kaum unter den Begriff der Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe fassen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

Wenn wir mit der Beseitigung devastierter Flächen durch geförderte Maßnahmen vorankommen wollen, brauchen wir weitere Fördertatbestände.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ob wir hierfür im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe die erforderliche Zustimmung der anderen Länder bekommen, ist angesichts der grundsätzlich anderen agrarstrukturellen Situationen der anderen Bundesländer zumindest nicht sicher vorhersehbar. Und selbst wenn sich die anderen Länder überzeugen lassen, konkrete Fördermaßnahmen im Bereich der Dorferneuerung und ländlichen Entwicklung werden dann frühestens ab dem Jahre 2010 umgesetzt werden können.

Begleitende Maßnahmen

Darüber hinaus werden im Konzept sogenannte begleitende Maßnahmen genannt, zu dem die im Antrag angesprochene Erfassung der devastierten Flächen im Rahmen einer Art Schandfl eckenkataster gehört und auch die Kompensation der Entsiegelung devastierter Flächen im Rahmen der Eingriffsregelung. Jedoch warne ich auch hier vor überzogenen Erwartungen:

1. Kataster devastierter Flächen

Eine Totalerfassung aller devastierten Flächen wird es auch in Zukunft nicht geben, das ist nach Einschätzung der Fachleute für die Umsetzung des Konzeptes auch nicht erforderlich. Unsere derzeitigen Überlegungen gehen dahin, vorhandene Katastersysteme zur internen zentralen Datenerfassung zu nutzen. Damit soll insbesondere den Kommunen die Möglichkeit eröffnet werden, eigene Flächen sowie diejenigen von Privaten in das Kataster einzustellen.

2. Kompensation von Entsiegelungsmaßnahmen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung

Die Kompensation von Entsiegelungsmaßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung ist für mich ein wichtiges Anliegen.

Ich nehme den diesbezüglichen Auftrag der Koalitionsvereinbarung sehr ernst. Gleichwohl darf man aber auch hiervon keine Wunder erwarten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja ein gewaltiges Plädoyer für einen Antrag der Koalitionsfraktionen. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Hier kann es sich nur um einen Baustein eines Gesamtkonzeptes handeln, der die Anreizwirkung zur Beseitigung von Altanlagen erhöht. Dem Naturschutzminister in mir sind hier nämlich die Hände gebunden.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so!)

Ich kann Entsiegelungen, die in erster Linie der unbelebten Natur dienen, nicht in unverhältnismäßig hohem Maße als Ausgleichsleistung für Eingriffe in belebte Natur anerkennen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genauso ist das. – Udo Pastörs, NPD: Karneval!)

Im Rahmen der Verwaltungsvorschrift zur Ökokontierung wird deshalb nur eine moderate Erhöhung zu erwarten sein. Es wird die Anreizwirkung erhöhen, aber kein selbsttragendes Element zur Finanzierung der Entsiegelungsmaßnahme darstellen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach alledem wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dazu beitragen würden, dass in das Land keine falschen Signale gehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, dann hätten Sie den Antrag nicht stellen müssen. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Den Antrag zurückziehen!)

Die Landesregierung wird auch in Zukunft den Betroffenen nicht die Beseitigung von baulichen Anlagen abnehmen, für die sie selbst primär verantwortlich sind,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

stattdessen wird Hilfe zur Selbsthilfe angeboten. Die damit verbundenen fi nanziellen Anreize werden nach der persönlichen Verantwortung gestaffelt sein. Derjenige, dem zu DDR-Zeiten die Ruine unverschuldet auf das Grundstück gesetzt wurde, wird mehr zu erwarten haben als derjenige, welcher die devastierte Fläche als Rechtsnachfolger des damaligen Errichters oder Nutzers erworben hat. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ja wirklich eine gewaltige Rede.)

Danke schön, Herr Minister.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Zurückziehen!)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Konzept zur Sanierung devastierter, sprich verwüsteter Flächen im ländlichen Raum ist in Ihrer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. Umsetzungsvorschläge sollten Gegenstand einer

Kabinettsvorlage sein, die für Anfang des Jahres angekündigt war. So weit, so gut. Warum also dieser Antrag? DIE LINKE sagt: Ja, es ist sinnvoll, Orts- und Landschaftsbilder von Schandfl ecken zu befreien und damit aufzuwerten. Alles, was unser Land noch attraktiver macht, ist gut für die Menschen hier und für die Landesentwicklung, denn das stärkt die Wirtschaft und auch den Tourismus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, anders, als von meiner Kollegin Holznagel angekündigt wurde, wird sich das geplante Programm erheblich von dem Programm der 90er Jahre unterscheiden. Seinerzeit wurden unter Federführung des Umweltministeriums Kommunen bezuschusst, um sie von den hohen Kosten der Beräumung landwirtschaftlicher Altanlagen zu entlasten. Neben der Verbesserung des Ortsbildes sollte dieses Programm insbesondere der zusätzlichen und preiswerten Bereitstellung von Wohnbauland dienen. Unter Federführung des Sozialministeriums gab es ein Schandfl eckenberäumungsprogramm, das der Beräumung beziehungsweise Sanierung von Industriebrachen ehemaliger Treuhandunternehmen diente. Insbesondere wurden damit aber Arbeitsplätze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschaffen, die einst in diesen Unternehmen beschäftigt waren.

Kolleginnen und Kollegen, die verwüsteten Flächen sind die Hinterlassenschaft industrieller, gewerblicher und landwirtschaftlicher Nutzung. Wir reden hier über Flächen, deren Nutzung aufgegeben wurde, auf denen sich meist bauliche Anlagen im ruinösen Zustand befi nden, die kontaminierte Flächen und andere Altlasten aufweisen und für die dauerhaft kein Bedarf mehr für eine erneute bauliche Nutzung im Sinne von Flächenrecycling besteht. Mit anderen Worten: Eine wirtschaftliche Verwertung scheidet aus. Damit werden diese Grundstücke für deren Eigentümer zur Belastung. Kein Eigentümer, egal ob öffentlicher oder privater, will Kosten für eine Sanierung ausgeben, ohne einen Nutzen davon zu haben. Das sehen auch wir LINKEN so. Daher sagen wir, der Umgang mit diesen Flächen ist ein wichtiges Thema.

Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion hat Vorbehalte zum Punkt 3 des Antrags, auf die ich hier explizit aufmerksam machen will. Aus umweltpolitischer Sicht gibt es Bedenken, die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen auf untergesetzlicher Ebene und damit am Parlament vorbei ändern zu wollen. Die vom Landesamt für Umwelt, Natur und Geologie Mecklenburg-Vorpommern herausgegebenen Hinweise zur Eingriffsregelung besagen, dass eine Sanierung von Altlasten grundsätzlich nicht als Kompensationsmaßnahme anzuerkennen ist. Die Anerkennung einer Altlastensanierung soll somit einen Ausnahmefall darstellen. Mit dem vorliegenden Antrag soll offenbar die Landesregierung legitimiert werden, diese Ausnahmeregel zur allgemeingültigen Regel zu machen. Ich erinnere, diese Hinweise sind keine gesetzliche Regelung. Es besteht also durchaus Auslegungsspielraum für den Vollzug durch die zuständigen Naturschutzbehörden. Eine Wichtung für die Durchführung klassischer Kompensationsmaßnahmen muss erhalten bleiben.

Kolleginnen und Kollegen, mit Anerkennung als Kompensationsmaßnahme eröffnet sich für die Eigentümer eine äußerst lukrative Möglichkeit, kontaminierte Böden und sonstige Altlasten kostenfrei loszuwerden. Die Kosten übernehmen nämlich die Eingriffsverursacher, die aus

zugleichen haben. Der Grundsatz der Eigentümerverantwortlichkeit wird damit ausgehebelt. Soweit privates Eigentum betroffen ist, können wir dieses nicht bedingungslos billigen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes anmerken: Für die Anerkennung als Kompensationsmaßnahme ist eine fachplanerische Beurteilung durch einen Landschaftsplaner erforderlich. Dieser muss bewerten, ob die Fläche überhaupt aufwertungsfähig und damit geeignet ist. Es wird Fälle geben, wo sich auf den sich selbst überlassenen Grundstücken Flora und Fauna so ungestört entwickeln konnten, sodass sie hochwertige Flächen im Sinne des Naturschutzrechtes darstellen. Dies zu beachten, wäre für die Umsetzung des Antrages sehr dienlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dieser Antrag wird sowieso nicht umgesetzt.)

Danke schön, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Devastierte Flächen sind dauerhaft nicht oder minder genutzte bauliche Objekte, deren Wiederinbetriebnahme ausgeschlossen oder wenig wahrscheinlich ist. Das zur Defi nition.

Diese Gebäude und die dazugehörigen Flächen machen 0,3 Prozent der Landesfl äche aus beziehungsweise 7,8 Prozent der Gebäude- und Freifl ächen insgesamt. Von 1996 bis 2006 hat sich die Größe von 1.388 auf 5.262 Hektar erhöht. Damit ist sehr deutlich beschrieben – diese Zahlen sagen es eindeutig –, dass es Handlungsbedarf gibt. Und wir alle, die wir schon länger in der Politik hier in diesem Hohen Haus sind, wissen um das Schandfl eckenbeseitigungsprogramm und die Ansätze, die wir hier gehabt haben. Aber es hat nicht gereicht. Wenn die Fläche und die betroffenen Objekte zunehmen, hat das bisher nicht ausreichend gepasst. Es muss mehr Engagement in diese Aufgabe gesteckt werden, denn es geht um unser Land und nicht nur um den unmittelbaren ländlichen Raum mit den landwirtschaftlichen Altanlagen, sondern inzwischen um Objekte in Städten, die natürlich auch zum ländlichen Raum gehören.

Im Rahmen der Koalitionsvereinbarung haben sich die Fraktionen von SPD und CDU dazu verständigt, Regelungen zur Ökokontierung für Ausgleichsleistungen zu erlassen, die eine höhere praktische Flexibilität bei der Ausgestaltung von Ausgleichsmaßnahmen für Umwelteingriffe zum Ziel haben. Abriss- und Rekultivierungsarbeiten sollen als potenzielle Ausgleichsmaßnahmen möglich werden.

Die jüngste Änderung des Landesnaturschutzgesetzes eröffnet entsprechend Paragraf 19 Bundesnaturschutzgesetz dafür Möglichkeiten. Per Ermächtigung können Regelungen erlassen werden, in denen Vorgaben zur Anrechnung von Kompensationsmaßnahmen getroffen werden. So sind die Bedingungen für die Kompensation von Entsiegelungen zu verbessern. Entsiegelung und Abriss bewirken bisher nur eine Höherbewertung von Biotopentwicklungsmaßnahmen, aber künftig soll eine Bewertung als eigenständige Kompensationsmaßnahme möglich sein.