Beim Vergleich der relativen Einkommensposition, die dem arithmetischen Mittel der Haushaltsnettoeinkommen der Gesamtbevölkerung entspricht – also 1.710 Euro sind 100 Prozent gesetzt –, erreichen die 55- bis 64-jährigen Männer in den alten Bundesländern höchste Einkommenspositionen und erzielen 121 Prozent, das heißt über 2.000 Euro monatlich Rente. Die 65- bis 69-Jährigen kommen hier auch noch auf 104 Prozent und die über 70-Jährigen sogar auf 105 Prozent. Im Vergleich zu Männern in den neuen Bundesländern sowie Frauen in den alten und neuen Bundesländern treten dann aber sehr deutliche Unterschiede zutage. So erreichen in den neuen Ländern die zumindest 70-Jährigen den Maximalwert mit 91 Prozent. Frauen kommen selbst in den alten Ländern nur im Bereich der 20- bis 54-Jährigen und der 55- bis 64-Jährigen auf knapp über 100 Prozent, aber in der Kategorie Ostdeutschland 70 Jahre und älter – alles zusammengenommen – kommen wir auf circa 80 Prozent. Genau darauf, glaube ich, hat auch Minister Sellering vorhin eindeutig hingewiesen.
Ein wichtiger bestimmender Faktor für die Einkommenssituation, aber auch die Lebenssituation im Alter ist das vorhandene Vermögen. So erzielen Männer in den alten Bundesländern, die 70 Jahre und älter sind, einen Spitzenwert, weil sie mit einem Durchschnittsvermögen von 67.030 Euro leben können. Noch deutlicher wird die Diskrepanz zwischen Ost und West, wenn Haushaltsbruttoeinkommen miteinander verglichen werden. Während im Osten 84 Prozent der Haushaltsbruttoeinkommen durch Renteneinkünfte erzielt werden, splittet sich im Westen das Einkommen gleich mehrfach auf. 55 Prozent – und darauf hat Herr Professor Methling vorhin schon hingewiesen – fallen auf Renten. Dazu kommen Pensionen, das sind 10 Prozent, Werks- und Betriebsrenten 4 Prozent, Kapitaleinkünfte 7 Prozent und sonstige öffentliche Transferleistungen 17 Prozent.
Noch einmal zur Verdeutlichung: Bei den aktuellen Rentenjahrgängen 1942 bis 1946 erhalten in Ostdeutschland Männer durchschnittlich 967 Euro und Frauen
785 Euro Rente. In den Jahrgängen 1957 bis 1961 werden Männer nur noch 820 Euro und die Frauen 690 Euro Rente erhalten. Einerseits bekommen die ostdeutschen Rentnerinnen bislang aufgrund ihrer längeren Erwerbstätigkeit im Vergleich zu den westdeutschen Frauen höhere Renten – meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ja auch oft Diskussion auf Bundesebene insgesamt –, andererseits haben Frauen in den alten Bundesländern aber aufgrund des höheren Verdienstes und der anderen Vermögensverhältnisse ihrer Männer selbst aus abgeleiteten Ansprüchen einen höheren Lebensstandard im Alter.
Obwohl Armut in den neuen Bundesländern und Reichtum – natürlich immer relativ gesehen – in den alten Bundesländern mittlerweile quasi auf die nachfolgenden Generationen auch mit vererbt werden, ist der höhere Lebensstandard im Alter für die Frauen in den alten Bundesländern aufgrund der abgeleiteten Ansprüche und damit zusammenhängenden fehlenden eigenen Ansprüche sowie der zunehmend unsteten Erwerbsbiografi en der Männer nicht mehr für zukünftige Generationen gesetzt.
Die Konferenzen der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen haben bereits in den Jahren 2004 und 2005 – 2005 hatten wir die Konferenz in Schwerin – darauf hingewiesen, dass perspektivisch eine eigenständige Alterssicherung für Frauen angestrebt werden muss. Die demografi sche Entwicklung stellt die sozialen Sicherungssysteme vor die Aufgabe, durch sozial gerechtere Formen den geänderten Lebensverhältnissen in Deutschland Rechnung zu tragen.
Und, Herr Professor Methling, da widerspreche ich Ihnen etwas, wenn Sie sagen, wir haben dieses Thema hier so kaltschnäuzig auf die Tagesordnung gesetzt in der SPD. Die SPD beschäftigt sich schon sehr lange mit dieser Problematik. Und wenn Sie sich einmal die Beschlüsse, die gerade auch von Schwerin aus in die Wege geleitet wurden und auf Initiative von Schwerin zustande gekommen sind, mal angucken, dann, denke ich, werden Sie das nachverfolgen können.
Entscheidungen über Rentenansprüche bestimmen das gesamte Rentenalter und sind für Menschen nach Ablauf ihres Erwerbslebens von existenzieller Bedeutung.
Dies erfordert eine sorgfältige und verantwortungsbewusste Herangehensweise, die insbesondere auch den unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern Rechnung tragen muss. Die gesetzliche Rentenversicherung mit ihren solidarischen Prinzipien stellt aus meiner Sicht unverzichtbar die wichtigste Säule in der Altersversorgung dar. Eine zukünftige Reform der gesetzlichen Rentenversicherung sollte darauf ausgerichtet sein, durch geeignete Steuerungsinstrumente die eigenständige Alterssicherung von Frauen existenzsichernd zu machen und die abgeleiteten Rentenansprüche entsprechend abzuschmelzen.
Zu den unterbrochenen Erwerbsverläufen, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt die gesamte Problematik, die hier immer wieder benannt wurde, hinzu: ABM nach der Wende, Arbeitslosigkeit, Teilzeitbeschäf
tigung, Geringverdiener/-innen – das alles hat letztendlich Auswirkungen auf den Bezug der Rente und betrifft insbesondere Frauen in den neuen Bundesländern. Also unterbrochene Erwerbsverläufe, die Beschäftigung in Wirtschaftszweigen mit unterdurchschnittlicher Entlohnung und auf niedrigem Tätigkeitsniveau wirken sich unmittelbar aus.
Bedingt durch Unterbrechung der Erwerbsbiografi en, wegen Erziehungs- und Pfl egezeiten und der geschlechterspezifi schen Teilung auf dem Arbeitsmarkt erreichen viele Frauen, vor allem in Zukunft, noch nicht einmal eine Altersrente, die sich in Höhe des durch das Grundsicherungsgesetz garantierten Regelsatzes bewegt. Daher muss es das Ziel weiterer Reformbestrebungen sein, das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung oberhalb des Niveaus einer rein bedarfsorientierten Mindestsicherung zu halten und ihre Akzeptanz als wichtigste Säule der Alterssicherung in Deutschland zu erhalten.
Herr Professor Methling, Sie können mir wirklich zutrauen, ich werde nicht müde, mich auch dafür einzusetzen. Und ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb gerade die SPD den Tagesordnungspunkt gewählt hat.
Frauen vor allem im Osten Deutschlands wollen nach wie vor erwerbstätig sein. Die Höhe ihrer Rente hängt dabei wesentlich von ihrem Verdienst ab. Doch nach wie vor sind die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern sehr groß. Nach den neuesten Studien und Untersuchungen in Deutschland und dem aktuellen Bericht der EU-Kommission zur Gleichstellung von Frauen und Männern bekommen Frauen rund 25 Prozent weniger pro Stunde für gleiche und gleichwertige Tätigkeit als Männer, so viel weniger wie kaum in einem anderen Industrieland. Nur zwei Länder übertreffen uns noch. Und das sind Zypern und Estland.
Dies hat verschiedene Ursachen. In vielen Berufen liegen die durchschnittlichen Bruttoverdienste der Frauen weit unter dem der Männer. Zum Beispiel eine Frau als Grafi kdesignerin erhält nur etwa zwei Drittel des Gehaltes eines Grafi kdesigners. Die Gebäudereinigerin oder Verkäuferin bekommt nur circa drei Viertel des Geldes ihrer männlichen Berufskollegen.
Erstens. Männer unterbrechen nur selten ihre Berufstätigkeit für die Familie und die nach wie vor bestehende subtile Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Zweitens. Frauentätigkeiten werden tendenziell unterbezahlt. Körperbelastungen werden Männerberufen zugeordnet. Zum Beispiel in der Altenpfl ege werden sie jedoch zum Teil völlig übersehen. Verantwortung für Maschinen und Finanzen werden höher bewertet als die Verantwortung für die Menschen und das Gelingen sozialer Prozesse wie in Erziehungs- und Bildungsberufen.
Drittens. Neu eingestellte Frauen in Führungspositionen erhalten einfach weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Benachteiligungen für Frauen können auch besondere Belohnungen der Arbeitgeber für zeitliches Engagement sein. Beschäftigte mit Familienpfl ichten – in der Mehrheit noch Frauen – können einfach dieses Krite
Unstreitig ist, dass die Art der ausgeübten Erwerbstätigkeit das Einkommen und damit später die Rente beeinfl usst. Frauen sind verstärkt im Niedriglohnbereich tätig wie Handels-, Dienstleistungs-, Hotel- und Gaststättengewerbe, und das vor allen Dingen auch in MecklenburgVorpommern, wenn wir uns mal die Strukturen angucken. Unter allen abhängig Beschäftigten, die für Niedriglöhne arbeiten, liegt der Frauenanteil bei rund 70 Prozent. Wie wir bei dieser Rentendebatte sehen, ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes natürlich für Mann und Frau, aber vor allen Dingen für die Frauen existenziell. Es muss aus meiner Sicht Schluss sein mit „Hungerlöhnen“, und zwar für Männer und Frauen, obwohl Letztere weitaus häufi ger betroffen sind.
Schließlich laufen wir in Deutschland noch im 21. Jahrhundert dem Frauenbild der Dazuverdienerinnen hinterher, obwohl viele Frauen gerade im Osten Deutschlands als Alleinerziehende oder auch mit Partner mittlerweile Hauptverdienerin sind. Hier müssen aus meiner Sicht so schnell wie möglich Lösungen gefunden werden. Es gibt viele Vorschläge. Diese kann und möchte ich hier heute nicht bewerten. Für mich bleibt vielmehr entscheidend, dass verstärkt etwas gegen die Benachteiligung von Menschen getan wird. Notwendig ist der Aufbau von eigenen Rentenanwartschaften, die auch für Frauen zu einer existenzsichernden Rente führen. Dies kann durch ein obligatorisches Splitting der Anwartschaften bei allen Versorgungssystemen für Ehepaare und auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften erfolgen, Herr Kuhn, und da unterscheiden wir uns eben.
Für mich sind ehe- und nichteheliche Lebensgemeinschaften, gerade hinsichtlich der Finanzierung, völlig gleich zu behandeln. – Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alt gegen Jung, Jung gegen Alt. In den vergangenen Wochen wurde ein Generationenkonfl ikt in den Medien und durch etablierte Politiker herbeigeredet. Doch sind wirklich die Rentner und ihre Lebensleistungen schuld an dem Rentenelend in der BRD? „Rentner auf Spenden angewiesen“, „Schlange stehen für Essen“, titelt die „Schweriner Volkszeitung“ am 15. April und verwies auf eine Studie, für welche die SPD-Politiker Sellering und Bullerjahn verantwortlich zeichnen.
Altersarmut ist in der BRD und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur eine wesentliche Zukunftsangst, sondern schon längst Wirklichkeit. Warum geht es aber den Rentnern und der gesetzlichen Rentenversicherung so schlecht? Wer plündert in der BRD wirklich die Rentenkasse? Allgemein bekannt ist sicherlich, dass die Massenarbeitslosigkeit mit samt den
hiermit einhergehenden Beitragsausfällen den Rentnern und der Rentenversicherung schweren Schaden zugefügt hat. Während viele Rentner eine geringe Rente, die kaum für ein Leben in Würde reicht, erhalten, fehlt der gesetzlichen Rentenversicherung schlicht Geld in der Kasse. Private Vorsorge ist vielen gar nicht möglich. Und wenn doch, verlieren viele ihre private Absicherung bei Beitragszahlungsschwierigkeiten.
Was häufi g aber unter den Tisch gekehrt wird, dennoch maßgeblichen Anteil an der Finanzsituation in der gesetzlichen Rentenversicherung hat, sind die versicherungsfremden Leistungen. Hier verbergen sich seit Jahrzehnten Ausgaben des Staates, welche im Grunde die Allgemeinheit zu tragen hätte, aber den Beitragszahlern und der Rentenkasse aufgebürdet wurde. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie sie zahlreich aus der Rentenkasse beglichen wurden, müssen hingegen auch von der Allgemeinheit, also durch Steuermittel, getragen werden. Warum aber geschieht dieses nicht? Wollen die Herrschenden hier Geldfl üsse verschleiern?
stehen an der Spitze der versicherungsfremden Leistungen die Kriegsfolgelasten, darunter auch der rentenrechtliche Ausgleich von sogenanntem NS-Unrecht. 1995, also 50 Jahre nach Kriegsende, betrugen diese immer noch unglaubliche 23,5 Milliarden DM.
Auch viele Vereinigungskosten sind Staatsaufgaben und hätten vollständig durch Steuergelder getragen werden müssen. Stattdessen wurden die Beitragszahler und Rentner ausgeplündert. Aber auch Frühverrentungen wegen Erwerbslosigkeit, Kindererziehungszeiten und viele andere Anrechnungsmodelle sind primäre Aufgaben des Staates und müssten und müssen durch Steuergelder getragen werden. Sie wollen – und das soll die heutige Debatte hier bekräftigen – die von Ihnen geplünderte Rentenkasse zukunftsfähig machen. Daher müsste sie als Erstes von den Fremdleistungen befreit werden und diese sind beträchtlich. 1995 betrugen sie rund ein Drittel der Gesamtausgaben. Mittlerweile gehören von 10 Euro, welche die Rentenversicherung ausgibt, 4 Euro zu ihren nicht eigentlichen Aufgaben. „Wir leben in einem Staat, wo die Demokratie – zumindest empfi nde ich es so – der Diktatur des Geldes geopfert wird“, so ein Leser der „Schweriner Volkszeitung“ in der Ausgabe vom 19. April. Zum Schluss empfi ehlt der 84-jährige Leser, Kinder wieder als Segen zu sehen.
Die Probleme in der Rentenkasse sind hausgemacht und haben die etablierten Politiker zu verantworten. Befreien Sie daher die gesetzliche Rentenversicherung und somit auch die Beitragszahler von den versicherungsfremden Leistungen! Dieses würde zu einer Verringerung der Lohnnebenkosten führen und die Unternehmer, Arbeitnehmer und die Rentner würden endlich mal ein wenig Entlastung spüren. Die Sozialversicherung im Ganzen muss wetterfest und zukunftsfähig gemacht werden. Zusätzlich muss
die Ausplünderung von armen Rentnern beispielsweise durch Anrechnung der Riester-Rente endlich aufhören.
Am Volkswohl orientierte Volksvertreter nehmen sich den Begründer des deutschen Sozialversicherungssystems zum Vorbild. Wesentlich für Bismarck waren vor allem die Existenzsorgen der Arbeiter. „Geben Sie dem Arbeiter das Recht auf Arbeit, so lange er gesund ist,... sichern Sie ihm Pfl ege, wenn er krank ist, sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt ist“, rief er den Reichstagsabgeordneten 1884 zu. Bismarck machte sich für den Staatssozialismus stark.
Ganz im Bismarck’schen Sinne setzt sich auch heute die NPD für einen sofortigen Systemwechsel in der Rentenpolitik ein.