Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

Zeitungsverlage sind Wirtschaftsunternehmen, die konkurrenz- und marktfähig sein müssen. Aus einer ganzen Reihe von Gründen haben seit einiger Zeit deutschlandweit Verlage mit sinkenden Abonnenten- und Verkaufszahlen zu kämpfen. Die besondere demografische Situation in Ostdeutschland und die im Vergleich zum Westen niedrige Binnenkaufkraft machen es für die Verlage nicht einfacher und es ist gut, dass die Verantwortlichen nach Wegen suchen, die Regionalzeitungen zu erhalten. Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass die länderübergreifende Kooperation von Zeitungen innerhalb eines Verlages Synergien bringt und ein breiteres Informationsspektrum für alle Leser liefern kann, ohne dass dabei die regionale Identität aufgegeben wird.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, drei große Regionalzeitungen sind für ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern, glaube ich, ein besonderer Wert. Sie tragen neben dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk und Fernsehen maßgeblich zu der beachtlichen Vielfalt unserer Medienlandschaft zwischen Elbe und Oder bei. Die Kernkompetenz der Regionalzeitungen ist und bleibt ihre lokale Verankerung, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil auch gegenüber den neuen Medien. Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, das kann man zu Recht sagen, sind heimatverbunden. Die Bedeutung der Berichterstattung aus der Region, die Bedeutung des Lokalkolorits wird daher eher noch zunehmen. Umso mehr sollte bei strukturellen Veränderungen natürlich darauf geachtet werden, dass die publizistische Vielfalt und die eigenständige redaktionelle Sicht aus der Region heraus erhalten bleiben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regionalzeitungen leisten hier, glaube ich, gute Arbeit.

Die Stärke einer regionalen Zeitung liegt auch darin, dass sie in ihrer Region Identität stiftet, und diese Stärke sollten unsere Tageszeitungen auch in Zukunft ausspielen – durch Dialog, durch Service, durch gesellschaftliches Engagement, durch enge Leserbindung, gerade mit Blick auf den Nachwuchs durch Projekte wie „Zeitung in der Schule“. Mit ihrem Engagement vor Ort präsent zu sein – darauf kommt es für eine Regionalzeitung heute vielleicht mehr denn je an. Die Zeitung muss lokales Leitmedium und Vertrauensperson in einem sein und die Tageszeitungen in Mecklenburg-Vorpommern haben, glaube ich, diese großen Herausforderungen angenommen. Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich in unternehmerische Entscheidungen einzumischen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Effizienzsteigerungen und Rationalisierungen können notwendig sein, sie dürfen aber nicht zu einer Ausdünnung der Presselandschaft führen. Einheitsbrei statt publizistischer Vielfalt, diese Strategie würde mittel- und langfristig nicht aufgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Und ich glaube auch, das Überdrehen der Personalschraube ist letztendlich nicht nur für die Pressevielfalt schädlich, sondern wird auch dem Bedürfnis der Leserinnen und Leser nach korrekt recherchierter Information und gut artikulierter Meinung nicht gerecht. Auch hier wäre die Konsequenz absehbar. Der Leser ärgert sich über den fortschreitenden Qualitätsverlust und bestellt die Zeitung am Ende ab. Das bringt niemandem etwas.

(Udo Pastörs, NPD: Das machen sie schon, Zehntausende bereits.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung steht zu den drei Tageszeitungen in MecklenburgVorpommern. Für uns ist wichtig, dass bei strategischen Entscheidungen über die unternehmerische Zukunft neben wirtschaftlichen Interessen der Verlage auch die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die der Leserinnen und Leser angemessen gewahrt bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Ich glaube, nur wenn alle drei Interessenlagen im Gleichgewicht bleiben, wird Mecklenburg-Vorpommern die derzeitige Pressevielfalt mit drei Tageszeitungen erhalten bleiben und das, meine Damen und Herren, ist uns wichtig. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der CDUFraktion Herr Dr. Jäger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Es ist ein ziemlich ungewöhnlicher Vorgang, dass eine Kampagne der Gewerkschaften direkt den Titel der Aktuellen Stunde bestimmt, Herr Kollege Methling,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und aktuell ist es nicht so ganz, wenn im Februar die Veranstaltung ist und wir uns im Juli damit befassen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber das Problem ist aktuell. – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Das Problem ist aktuell und Sie waren damals noch nicht so mit der Medienpolitik befasst, weil Sie noch in der Landesregierung waren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Sie entsinnen sich, wir haben das mal im Innenausschuss sehr eingehend miteinander erörtert, und ich hätte mir gewünscht, dass wir statt Fensterreden heute in der Aktuellen Stunde dies in den zuständigen Ausschuss kriegen. Und verlassen Sie sich drauf, das werden wir auch tun.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist gut. Bringen Sie doch einen Antrag ein! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

An einem Punkt, Herr Methling, haben Sie sicher Verständnis, dass ich Ihnen widerspreche. Die Zeiten sind vorbei, in denen es Aufgabe einer Regierung war, das Zeitungswesen zu ordnen. Das war mal.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Darüber habe ich doch nicht gesprochen. – Irene Müller, DIE LINKE: Nicht zugehört. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Zeitungen in einem demokratischen Rechtsstaat mit der Garantie der Meinungsfreiheit sind Zeitungen, die frei sind.

(Udo Pastörs, NPD: Es macht der die Meinung, der das Kapital hat.)

Um auch gleich einer anderen Debatte vorzubeugen, sollten Sie noch mal auf Entlohnungen kommen, dann empfehle ich, bei einem Parteiorgan, das heißt „Neues Deutschland“, nachzusehen, was da die Mitarbeiter an Entlohnung bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist eine unabhängige sozialistische Tageszeitung.)

Sie sprachen von der notwendigen Transparenz der Zeitungslandschaft. Ich würde mir da etwas mehr Transparenz über die Beteiligung zum Beispiel Ihrer Partei an Medien wünschen. Das würde ich mir sehr wünschen. Es war ziemlich schwierig, die Besitzverhältnisse am „Neuen Deutschland“ herauszubekommen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich kann sie Ihnen vermitteln.)

Ich weiß, es gibt einen Parteienbericht, den habe ich dann auch gefunden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Hätten Sie uns doch mal gefragt!)

Es gibt ein Handelsregister. Aber Sie können ja mal hier Stellung nehmen zur Freiheit der Presse von dem Einfluss von politischen Parteien.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist das Problem aber nicht der Zeitungen in Mecklenburg-Vorpommern und schon gar nicht der Arbeitnehmer.)

Ja, ja, wenn man eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Medien und Zeitungen“ anspricht, dann muss man sich auch anhören, wo Demokraten ein Problem sehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Das Land braucht seine Zeitungen“ heißt das Thema und nicht „Das Neue Deutschland“ oder so.)

Ich sehe eins dabei, wenn Medien beherrscht werden von Parteien. Wenn Sie das anders sehen, können Sie das ja hier geraderücken.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich habe mir mal den Titel näher angesehen und eigentlich hätte ich ihm fast zugestimmt, wenn Sie sagen, „Das

Land braucht seine Zeitungen“. Nur, meine Damen und Herren, nicht das Land braucht seine Zeitungen, sondern die Bürgerinnen und Bürger

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

und wir brauchen unsere Zeitungen. Ja, ja, das ist so.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist doch Quacksalberei! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich fass das nicht!)

Wissen Sie, das ist so eine starke Verästelung nicht richtig hin zur staatlichen Manipulation, aber doch zur leichten Führung und Lenkung. Genau das wollen wir nicht, Herr Methling.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja, ja! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir brauchen, wie der Ministerpräsident hier gesagt hat, für die Landesregierung – und das wird Sie nicht überraschen, dass ich das bestätige – eine freie Presse, die informiert, die aufklärt, die offenlegt, eine Presse, die es uns in der Politik, da stimme ich Ihnen zu, nicht immer recht macht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das wäre eine sehr langweilige Presse, die uns aber – und darauf legen wir doch schon Wert – hilft, unserer Aufgabe auch nachzukommen, nämlich die Bürgerinnen und Bürger über unsere Ziele und unsere Handlungen zu informieren. Sie ist der Transformationsriemen der Meinungsfreiheit.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das Gleiche habe ich auch gesagt.)

Genau das. Ich habe ja gesagt, dass ich Ihnen da ausnahmsweise zustimme. Manchmal ist es auch gut, wenn man das vorwegsagt, dann nehmen Sie es auch gern auf.

Eine Presse, die nachfragt, wo es nötig ist, und eine Presse, die auch nachbohrt, wo es nötig ist, das setzt eine starke Redaktion voraus. Da sind wir uns einig. Dazu hat der Ministerpräsident genau das gesagt, was wir, glaube ich, hier alle in diesem Raum meinen. Das braucht die Demokratie.