Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Herr Abgeordneter Köster, ich habe mit meiner Einleitungsbemerkung, weil ich ja schon so etwas erwartet habe, darauf hingewiesen, dass es zwei Komponenten gibt. Wanderungen sind das eine. Das ist Ihre konkrete Frage. Der Sterbeüberschuss ist die andere Komponente. Die haben Sie jetzt beide zusammen. Entscheiden Sie sich, was Sie wollen mit Ihrer Frage, ob Sie nun über die 14.000 oder die 9.000 sprechen wollen.

Vielen Dank, Herr Minister.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die für die Fragestunde vorgesehene Zeit ist abgelaufen. Ich frage an dieser Stelle, ob die ausstehenden Antworten des Ministers für Soziales und Gesundheit den Fragestellern schriftlich zugehen sollen oder ob wir das dann auf die Tagesordnung der nächsten Fragestunde setzen?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Schriftlich.)

Gut. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann werden die Antworten zu diesen Fragen den entsprechenden Abgeordneten schriftlich zugeleitet.

Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern „Kein Steinkohlekraftwerk in Lubmin“ auf Drucksache 5/1526.

Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Kein Steinkohlekraftwerk in Lubmin“ – Drucksache 5/1526 –

Im Ältestenrat wurde die Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort hat zunächst gebeten der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in mehreren Debatten schon über das Thema Steinkohlekraftwerk in Lubmin und über die Entwicklung in Lubmin generell hier im Landtag gesprochen. Ich erinnere auch an die Diskussionen zum Umweltschutz und zum Klimaschutz im Rahmen des Antrages „Energieland 2020“. Und dennoch will ich meine Position diesbezüglich hier noch einmal klarstellen. Ich will an dieser Stelle erneut betonen, dass ich davon ausgehe, dass Energiepolitik auf der einen Seite Klimaschutz ist und Klimaschutz auf der anderen Seite Energiepolitik. Dies voneinander zu trennen, halte ich in jedem Fall für falsch.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Ich denke, man kann sich mit dem Klimaschutz wirklich nur verantwortlich auseinandersetzen, wenn man die Gesamtstrategie, die wir ja bezeichnen unter dem Begriff „Energieland 2020“, im Auge hat. Ich will noch einmal klar und deutlich sagen, wenn wir über dieses Thema diskutieren – mit „wir“ meine ich jetzt das Ministerium –, dann gehen wir immer davon aus, dass für uns das sogenannte energiepolitische Dreieck gilt. Dieses Drei

eck ist so zu verstehen: Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite und Versorgungssicherheit auf der anderen Seite sowie Umweltverträglichkeit. Das ist das Dreieck, was wir zugrunde legen bei der Diskussion um Energiepolitik und Klimaschutz, wie ich es bereits andeutete.

Meine Damen und Herren, wenn ich mir nun erlaube, den Antrag und das Anliegen der Volksinitiative hier noch einmal zu zitieren, dann lese ich Folgendes:

1. „Der Landtag wird aufgefordert, sich im Interesse der Tourismusentwicklung sowie aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes gegen das geplante Steinkohlekraftwerk Lubmin auszusprechen.“

2. Die Landesregierung wird durch den Landtag beauftragt, „alle … Möglichkeiten zu nutzen, um den geplanten Bau des Steinkohlekraftwerks … zu stoppen.“ Ich ende mal hier mit dem Zitat.

Ich will noch einmal Folgendes feststellen: Es geht hier um eine geplante private Investition, eine Investition ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln, also ohne staatliche Steuermittel. Das heißt, hier sollen 2 Milliarden Euro in einem Gewerbegebiet investiert werden, das planungsrechtlich konkret für Industrie- und Energieinvestitionen ausgewiesen ist. Es geht also nicht zuletzt um die Schaffung von Arbeitsplätzen und um eine erhebliche Wertschöpfungssteigerung speziell in der Region Vorpommern. Natürlich, um das gleich zu sagen, muss die weitere touristische Entwicklung im Auge behalten werden. Ich hoffe immer noch, dass man mir zutraut, dass ich dies auch tue. Ich verweise einmal auf die bescheidenen zwölf Jahre, die ich Vorsitzender des Tourismusverbandes sein durfte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Meine Damen und Herren, aber genauso weiß ich, dass das Problem des Landes – jetzt bitte ich, nicht falsch verstanden zu werden – nicht die erfolgreiche touristische Entwicklung ist. Die gibt es, Gott sei Dank, und die werden wir weiterhin befördern. Das Problem des Landes ist es, dass wir uns nach wie vor im Strukturwandel befinden und eine für mitteleuropäische Verhältnisse ungesunde Branchenstruktur hier im Lande haben. Wenn ich nur daran denke, dass der Anteil des verarbeitenden Gewerbes bei uns bei 12,6 Prozent liegt, bei den neuen Ländern bei 19 und in der Bundesrepublik bei 23, dann sehen wir, wo unsere Probleme liegen, auch im Hinblick auf den Verdienst beziehungsweise auf das Einkommen der Menschen letztlich betrachtet.

Meine Damen und Herren, ich komme nicht umhin, und das sage ich auch gerichtet an die Mitglieder der Bürgerinitiative – ich gehe davon aus, dass sie hinten im Saal sitzen –, ich glaube, dass sie sich nicht voll der Tragweite des Handelns insofern bewusst ist, dass sie mit dem Ansinnen, den geplanten Bau des Kraftwerkes zu stoppen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Mündige Bürger. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

indirekt die Landesregierung zum Rechtsbruch auffordert.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Ich will an dieser Stelle noch einmal klar und deutlich wiederholen und dieses …

(Raimund Borrmann, NPD: Man kann das Recht auch ändern. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ja, wissen Sie, wer schreit, hat immer Unrecht. Das will ich gleich einmal klar und deutlich sagen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das kann man so auch nicht sagen.)

Ja, ja.

Ich will noch einmal Folgendes klar und deutlich sagen und dieses in fünf Punkten darstellen:

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Erstens. Jeder Investor in unserem Land hat ein Anrecht auf ein rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Das bedeutet zum Beispiel, dass eine erforderliche emissionsschutzrechtliche Genehmigung bei Vorliegen der gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen auch erteilt werden muss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das. Das muss Herr Professor Methling noch lernen.)

Es besteht übrigens – ich will das noch einmal betonen – in einem solchen Fall ein Rechtsanspruch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, so ist das. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Zweitens. Ein rechtsstaatliches Verfahren besagt auch, dass ein Ergebnis nicht vorwegzunehmen ist. Das ist völlig klar. Das heißt, weder Zusagen noch Ablehnungen sind möglich, bevor nicht alle Genehmigungsvoraussetzungen im Rahmen der vorgeschriebenen Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeprüft wurden.

(Hans Kreher, FDP: So ist es.)

Drittens. Ein Ablehnen der Genehmigung, obwohl – ich gehe jetzt einmal vom fiktiven Fall aus – alle Genehmigungsvoraussetzungen nachgewiesen wurden, wäre amtspflichtwidrig.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, so ist das. – Udo Pastörs, NPD: Schadensersatzpflichtig. – Michael Andrejewski, NPD: Genau.)

Ja, man wäre dann in diesem Fall sogar schadensersatzpflichtig, denn auch der Investor hat ein Recht, seine Möglichkeiten zu nutzen und bei Gericht sein Recht einzuklagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Hans Kreher, FDP: So ist es.)

Viertens. Meine Damen und Herren, ich glaube, darüber sollten wir uns einig sein, rechtssichere Genehmigungsverfahren und das Vertrauen in Genehmigungsbehörden sind letztlich Standortvorteile, die nicht infrage gestellt werden sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Genauer gesagt, Standortvertrauen und Verlässlichkeit in Politik sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass sich die Wirtschaft im Lande positiv entwickeln kann. Dass wir das alle wollen, darüber müssen wir jetzt nicht streiten.

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

Ich will ausdrücklich klarstellen, dass meine Ausführungen nicht nur für das Genehmigungsverfahren für das Steinkohlekraftwerk in Lubmin gelten, sie gelten natürlich für alle emissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Industrie- und Energieerzeugungsanlagen, aber auch darüber hinaus.

Fünftens. Ich gehe sogar so weit, auch wenn man manchmal – das gebe ich zu, denn wir hatten gerade wieder in der Zeitung so einen Fall – ein bisschen Zweifel am Rechtsstaat hat, aber wenn man sich die Vergangenheit vor Augen führt, dann, finde ich, sollten wir am Ende doch stolz darauf sein, dass wir in einem Rechtsstaat leben beziehungsweise agieren können und jeder die Möglichkeit hat, die Dinge für sich zu prüfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)