Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Man kann das auch anders formulieren: Hier wird nicht nach Wetterlage entschieden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Und es gibt auch die Möglichkeit der Volksinitiative. – Zurufe von Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

In der Bundesrepublik Deutschland sind Grundlagen des Verwaltungshandelns bestehende Gesetze, also bestehendes Recht.

Meine Damen und Herren, ein Investor wie DONG Energy, der bereits im März 2006 ein Interesse an dem planungsrechtlich für Energie- und Industrieinvestitionen vorgesehenen Standort Lubmin bekundet und nachfolgend die Anträge entsprechend gestellt hat, hat also genau wie jeder andere auch das Anrecht auf ein ordnungsgemäßes Genehmigungsverfahren. Mögliche Investoren unter Vorspiegelung falscher Tatsachen im Vorhinein zu vergraulen, das gefährdet Arbeitsplätze und im Übrigen auch das Image des Landes.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Es schauen viele Folgeinvestoren auf das, was im Moment in Mecklenburg-Vorpommern passiert. Und wir können nicht ernsthaft wollen, dass potenzielle neue Arbeitgeber bereits das Interesse am Standort Mecklenburg-Vorpommern verlieren und ihre Investitionen in anderen Ländern oder außerhalb Deutschlands tätigen, weil sie vielleicht dort eher ein rechtsstaatliches Verfahren erwarten dürfen. Das darf nicht sein.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal deutlich sagen, auch die Menschen in Ostvorpommern – und gerade die, weil wir ja wissen, dass die Entwicklung dort noch manches zu wünschen übrig lässt und die Arbeitsmarktsituation dort noch nach wie vor erheblich schwieriger ist –

(Michael Andrejewski, NPD: Schwieriger ist gut.)

haben es verdient, einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen, für ihre Familien sorgen zu können und ihr Leben entsprechend zu gestalten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dagegen hat niemand etwas. – Michael Andrejewski, NPD: Das werden wir sehen.)

Gerade für die Region ist eine Investition von dieser Größenordnung ein enormer wirtschaftlicher Schub.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Deshalb will ich zumindest alle Beteiligten bitten, eine Debatte zu führen, die fair bleibt,

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

die am Ende auch auf Fakten gestützt ist. Das, glaube ich, sollte uns einen.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, die Genehmigungsbehörden agieren, wie bereits ausgeführt, eben nicht im luftleeren Raum. Sie haben die gestellten Anträge zu bearbeiten, und zwar unabhängig von Diskussionen, wie sie im politischen Raum geführt werden.

(Raimund Borrmann, NPD: Und das ist Demokratie?)

Das Vorliegen einer Menge von klar definierten, detaillierten und strengen Genehmigungsvoraussetzungen muss nachgewiesen werden. Das geschieht zum Beispiel, wie wir ja wissen, auch auf der Grundlage von Gutachten. Die Stellungnahme des international renommierten Leibniz-Institutes für Ostseeforschung Warnemünde zu physikalischen und ökologischen Auswirkungen einer Kühlwasseraufbereitung im Greifswalder Bodden oder das zu erstellende Sachverständigengutachten zur Badewasserqualität sind nur zwei aktuelle Beispiele von vielen, welche die Grundlage für rechtssichere Entscheidungen bilden.

Die Studie berücksichtigt neben den Abwässern des Steinkohlekraftwerkes auch die der geplanten und zum Teil bereits genehmigten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke, bedient sich der modernsten wissenschaftlichen Hilfsmittel und repräsentiert damit den Stand der Wissenschaft und Technik. Die Studie besteht aus einem physikalischen und einem darauf aufbauenden ökologischen Teil für die Auswirkungen der geplanten Kühlwasserentnahme in der Spandowerhagener Wiek sowie der Kühlwassereinleitung in den Greifswalder Bodden. Für beide Teile wurden die aktuellsten Modellrechnungen in zwei- und sogar in dreidimensionaler räumlicher Art vorgenommen. Ferner wurden Literaturrecherchen und Expertenbefragungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden zusätzlich mit tatsächlich beobachteten Auswirkungen des seinerzeitigen Kernkraftwerkes „Bruno Leuschner“, das eine vergleichbare Kühlwassermenge aufwies, qualitativ validiert. Als Basisszenario dient der realistische Jahrgang des Jahres 2002, das in naher Zukunft als ein wegen des Klimawandels typisches Jahr angesehen werden kann. Dieses Jahr wurde ohne Kühlwasserentnahme und -einleitung unter Einspeisung aller zur Verfügung stehenden Daten und Informationen als Referenzjahr modellhaft nachgebildet.

Ich kann in diesem Rahmen die Ergebnisse der Studie, das werden Sie verstehen, nicht umfassend darstellen. Ich will aber zusammenfassend sagen, dass die vorliegenden Ergebnisse im Wesentlichen die Einschätzungen der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung angefertigten Gutachten bestätigen. Es ergibt sich ein einheitliches Bild, sodass die Aussagen insgesamt als verlässlich betrachtet werden können. Ich denke, darüber war auch in den Zeitungen viel zu lesen.

In diesem Zusammenhang ist leider auch festzustellen, dass Sachverständigengutachten renommierter und unabhängiger Institutionen, wenn sie eben nicht zu einem gewünschten Ergebnis führen, oftmals von den Gegnern des Kraftwerkes nicht akzeptiert werden.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich finde, das ist eben nicht die von mir eingeforderte Diskussion auf der Basis von Fakten. Das sollten wir uns gegenseitig so nicht antun.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es.)

Meine Damen und Herren, es ist völlig unstrittig, dass eine so große Investition, wie sie ja Mecklenburg-Vorpommern bekanntermaßen noch nie gehabt hat, viele und auch sehr berechtigte Fragen aufwirft. Das ist völlig unstrittig. Ich trete in jedem Fall mit ganzer Kraft dafür ein, dass diese Fragen beantwortet werden. Aber, das sage ich jetzt einmal schlichtweg, wer soll denn diese Fragen beantworten, wenn nicht diejenigen, die am Ende – auch das muss man einmal sagen – für teures Geld in der Landesregierung in den Genehmigungsbehörden arbeiten, vom Fach her dafür ausgebildet wurden, um genau diese Prüfungen vorzunehmen. Das heißt nicht blindes Vertrauen, das heißt rechtsstaatliches Verfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Gino Leonhard, FDP: Genauso ist es, jawohl.)

Die Öffentlichkeit, das ist ganz klar, hat das Recht, am Genehmigungsverfahren – das sagte ich schon – beteiligt zu werden. Jeder, der sich von dem Vorhaben betroffen fühlt, kann Akteneinsicht nehmen und schriftliche Einwendungen erheben, die im Folgenden mit ihm in einer öffentlichen Veranstaltung erörtert werden. Das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung muss dokumentiert werden, denn es fließt selbstverständlich auch in die Genehmigungsentscheidung ein. Insofern will ich noch einmal klar betonen, dass eben nicht eine Schauveranstaltung durchgeführt wird mit der Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern sie ist zwingende Voraussetzung für das gesamte Verfahren. Sie zwingt die Genehmigungsbehörde zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den bisherigen Ergebnissen ihrer Ermittlungen.

Man kann klar sagen, in vielen Fällen haben sachlich fundierte Einwendungen auch dazu geführt, dass der Vorhabensträger noch bestimmte Nachweise zu führen hatte oder dass das Vorhaben selbst modifiziert wird. Das läuft im Übrigen auch gegenwärtig. Das sind Prozesse, die einem solchen Verfahren absolut entsprechen. Lässt die Behörde eine einzige Einwendung unberücksichtigt, muss sie damit rechnen, dass ein Verwaltungsgericht die Genehmigungsentscheidung aufhebt. Hier ist eine große Verantwortung da – auch das muss man einmal sagen –, die den Mitarbeitern in den Behörden wirklich einiges,

um nicht zu sagen, sehr vieles, gerade in einem solchen großen Verfahren abverlangt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, ich behaupte, dass die Möglichkeiten der Öffentlichkeit, sich in solchen Verfahren zu beteiligen und die Entscheidungen anschließend von unabhängigen Gerichten prüfen zu lassen, keinen Vergleich mit anderen Ländern zu scheuen hat.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

Ich meine, da sind wir weltweit an der Spitze.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich den Eindruck habe, dass auch DONG Energy alles dafür tut, um eine ausreichende Transparenz im Verfahren gegenüber der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Ich erinnere nur einmal daran, dass noch heute die Einladung gilt – ich weiß, dass drei Delegationen das wahr gemacht haben –, sich dort in Dänemark anzusehen, wie solche Kraftwerke funktionieren, welche Probleme dort auftreten, wie sich das Ganze in die Landschaft einfügt und so weiter und so fort. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das eine gute Möglichkeit ist.

Zum Schluss noch eine kurze Bemerkung zu der geforderten Anhörung zum Thema Klimaschutz, wie es auch formuliert wird. Meine Damen und Herren, der Klimaschutz findet als Teil des Umweltschutzes natürlich im Handeln der Landesregierung, aber auch in der Landes- und Regionalplanung entsprechende Berücksichtigung. Ich finde aber, es darf den Menschen nicht suggeriert werden, dass der CO2-Ausstoß nur standortbezogen oder das Thema einer Region sein könnte. Der Klimaschutz muss hinsichtlich seiner Auswirkungen und der entsprechenden Maßnahmen global betrachtet werden. Das ist zumindest inzwischen auch allgemeine Erkenntnis.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so.)

Ich glaube, dass die EU, die Bundesregierung und die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern beim Klimaschutz auf einem guten Weg sind.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Durch konkretes rechtsstaatliches Handeln erreichen wir für das Klima und die Menschen mehr als am Ende in Debatten, in denen der Eindruck erweckt wird, dass in einem Land nur politisch motivierte Genehmigungen erteilt werden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Timm von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Häufig ist es so, dass bei schwierigen Themen einfache Antworten besser klingen, aber nicht besser sind.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Bei der Frage nach dem Ob und nach dem Wie der geplanten Investition eines Steinkohlekraftwerkes in Lubmin ist es auch so. Die einen sind wegen der Arbeitsplätze dafür, die anderen sind wegen Natur- und Klimaschutz dagegen. Wir Sozialdemokraten haben uns eine Meinung erarbeitet,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Den Mittelweg gesucht.)

die alle Aspekte, die diskutiert werden, einbezieht.