Dazu müssen wir, auch das ist wichtig, Leistungs- und Qualitätskriterien wie bürgerliches Engagement berücksichtigen.
Wie schaffen es Theater, das bürgerliche Engagement in ihren Bereichen zu aktivieren? Das ist ein Ansatz, den wir dabei mit beachten müssen.
Zweitens, die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen. Wie schaffen es die Theater, Kinder und Jugendliche an die Theater zu binden? Das ist ein Qualitätskriterium.
Meine Damen und Herren, Theater ist nicht einfach nur Kultur, sondern Theater – das hat schon Goethe gesagt –, da ist etwas zu lernen, da ist Bildung mit drin und Theater sind ein Ort des lebenslangen Lernens.
Es ist selbstverständlich auch der wirtschaftliche Erfolg zu sehen. Und der wirtschaftliche Erfolg ist nicht einfach nur von der Qualität zu trennen, denn wenn in einem Theater viel Publikum sitzt, dann ist es auch für die Schauspieler eine ganz andere Art zu agieren, als wenn wir vor leeren Räumen sitzen. Insofern muss diese wirtschaftliche Seite dabei bedacht werden,
genauso wie das Kulturangebot in der Fläche. Die Theater strahlen in den ländlichen Raum aus. Insofern ist es auch eine Sache des Agrarministers, der dabei sehen muss, dass wir nicht weiße Flecken in der Theaterlandschaft zulassen, sondern dass wir erreichen,
dass es in den ländlichen Raum ausstrahlt. Und schließlich müssen die Kostensteigerungen im Betrieb der Spielstätten berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, wir freuen uns auf eine konstruktive Debatte. Für die Theater tragen wir alle in unserem Land Verantwortung.
Und ich bitte Sie deshalb, das nicht einfach so abzutun. Ich habe am Anfang gesagt – Herr Dr. Jäger, wenn Sie zugehört haben –,
es ist ein schwieriges Problem, das wir nur gemeinsam lösen können. Da sollten Sie wirklich zuhören und nicht einfach so von vornherein sagen: Ach die, was die da wollen.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, schön wäre es, wenn Sie sagen, was Sie wollen. Das sind doch nur Leerformeln.)
Wir wollen es mit Ihnen lösen. Ja, ich habe es Ihnen gesagt, dass wir diese Kriterien bei der Förderung viel stärker mit einbeziehen müssen und nicht einfach so, wir verteilen von hier nach da. Das habe ich Ihnen gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Schön, dass wir darüber gesprochen haben.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, das ist ein sehr emotionales Thema, ich kann die Aufregung deshalb verstehen.
Trotzdem hat hier vorne der Redner das Wort. Bemerkungen und Kommentare vonseiten der Regierungsbank sind nicht zulässig. Wer reden möchte, kann sich hier zu Wort melden.
Ich bitte jetzt Herrn Professor Dr. Methling als Fraktionsvorsitzender für DIE LINKE, den Antrag der Linkspartei einzubringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember 2007 forderte die Fraktion DIE LINKE per Antrag die Landesregierung auf, ein Konzept zur Sicherung der Zukunft der Theater und Orchester des Landes zu erarbeiten. Ziel sollte sein, ich zitiere aus dem Antrag, „Wege zur Erhaltung der Theatervielfalt des Landes und der künstlerischen Freiheit der Theater und Orchester sowie der Schaffung der dafür erforderlichen Rahmenbedingungen und der Planungssicherheit aufzuzeigen.“ Zitatende. Einen Monat zuvor, im November 2007, hatte meine Fraktion die Landesregierung aufgefordert, Maßnahmen zur Umsetzung des UNESCOÜbereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen vom 20. Oktober 2005 zu erarbeiten.
In beiden Anträgen ging es uns um die Stärkung der kulturellen Vielfalt und die Eigenständigkeit der Akteurinnen. Beide Anträge der LINKEN wurden mehrheitlich abgelehnt mit der inzwischen sattsam bekannten Begründung, dass die Regierung sich ohnehin mit Fragen der Theater und Orchester befasse und im Übrigen kulturelle Vielfalt und Eigenständigkeit hochhalte. Angesichts kommunaler Zuständigkeit wurde gleichzeitig, Sie erinnern sich vielleicht, die Entwicklung eines Kulturkonzeptes des Landes abgelehnt.
Was die Koalitionsfraktionen unter Vielfalt und Eigenständigkeit verstehen, zeigt das Ende August vom Kabinett einstimmig beschlossene Diskussions- und Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen bis 2020. Dass das eine schwere Geburt war, kann ich mir vorstellen und auch nachvollziehen, denn Fragen beim Kultusminister führten ja zunächst zur Antwort, dass es ein solches Konzept nicht gäbe und er deshalb nicht darüber berichten könne.
Dieses Papier ist eine Kampfansage an die Theater und Orchester, ein Angriff auf die Vielfalt der künstlerischen Handschriften und auf deren Eigenständigkeit. Der Proteststurm, parteiübergreifend getragen von den kommunalen Vertretungen und der Bevölkerung, ist mehr als berechtigt. Selbstherrlich haben Sie auf die Einbeziehung der Theater, Orchester und deren Träger verzichtet. Ich halte das für den größten politischen Fehler. Dadurch wird es letztendlich nicht leichter. Auch wenn es möglicherweise leichter ist, ein Konzept vorzulegen, wird es nicht leichter, ein solches Konzept dann umzusetzen. Leistungen der einzelnen Häuser werden nicht oder nur unzureichend anerkannt. Unterschiedliche Rechtsformen sollen zusammengepresst, mit Finanzen unter Druck gesetzt werden. Wir erleben einen Zentralismus, den ich nicht mehr für möglich gehalten hätte, auch angesichts dessen, worum wir uns im Lande bemüht haben.
Und wenn ich sage „wir“, dann meine ich alle, die in der Vergangenheit politische Verantwortung getragen haben. Die Koalitionsfraktionen sagen, es handelt sich nur um eine Diskussionsgrundlage, denn angeblich – ich greife diesen Spruch wieder auf – kommt nichts so heraus, wie es reinkommt. Schauen wir mal! Dabei wissen wir doch, dass wohl alles dafür getan wird, um den einstimmigen Beschluss des Kabinetts auch umzusetzen, und Änderungen bestenfalls marginal ausfallen dürften, möglicherweise nach dem Prinzip: „Teile und herrsche!“. Einen solchen Eindruck kann man hin und wieder gewinnen, wenn man in die Theater geht und mit den Orchestern spricht.
Theater und Orchester sind kein Luxus. Sie gehören zur Daseinsvorsorge, für die das Land sowie die Kreise und die Kommunen zuständig sind. In den Artikeln 7 und 16 unserer Landesverfassung sind daher sehr deutlich diese Schwerpunkte benannt. Zudem war es ein wichtiges Signal zur Stärkung der Kultur, als der Landtag im Mai 2006 auf Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD beschlossen hatte, die Bestrebungen, Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen, zu unterstützen. Wir wollten den Künstlerinnen und Künstlern sowie allen Kulturschaffenden damit sagen, wenn es um eure grundlegenden Interessen geht, könnt ihr euch auf das Land Mecklenburg-Vorpommern verlassen. Heute stellt sich immer mehr heraus, dass Kunst und Kultur nur als eine Garnierung auf dem Teller angesehen werden, die man sich nur in guten Zeiten leisten kann. Aber wann haben wir denn Zeiten, die wirklich besser sind, wenn es um die Finanzierung von Bildungs- und Kultureinrichtungen geht? Wahrnehmungsweise geht es eher verloren und es besteht die Vision – eine Horrorvision –, dass wir schließlich vollends bei Videoclips landen.
Mit Tradition und Vielfalt der Theater verfügt Deutschland über eine Einmaligkeit in der Kulturlandschaft in der Welt. Das zu erhalten, ist auch eine Verantwortung Meck
lenburg-Vorpommerns. Sie meinen, Theater und Orchester dafür reformieren zu müssen, aber für die Betroffenen hat der Begriff „Reform“ inzwischen einen negativen und bedrohlichen Klang. Wenn er auftaucht, erwarten die Menschen nichts Gutes.
Ich spreche, ich darf das einmal nebenbei sagen, als Rostocker Politiker nicht unbedingt über die Situation in Rostock. Sie ist eine zusätzlich komplizierte, die sich daraus ergibt, dass eben Stadtpolitik, Intendanz und so weiter lange keine Gemeinsamkeit gefunden haben. Ich will das deshalb hier nicht in den Vordergrund stellen, obwohl ich in Rostock ziemlich umfangreich kulturpolitisch unterwegs bin. Aber ich nehme das nicht als Maßstab. Da sind sicherlich Hausaufgaben zu machen, die woanders schon gemacht worden sind. Das will ich an dieser Stelle sagen.
Die Reaktionen auf das Eckpunktepapier sind Ihnen sicherlich genauso wenig entgangen wie uns. Einige will ich stellvertretend für andere in Erinnerung rufen: Die Deutsche Orchestervereinigung warnt vor einer Verwirklichung des Theaterkonzepts. Ich zitiere: „Es droht eine bundesweit einzigartige Kulturkatastrophe.“ Verwiesen wird darauf, dass seit 1990 die Zahl der Orchester von acht auf vier halbiert worden sei. Von 530 Musikerstellen gebe es noch 292. Was bleiben würde, seien noch – ich zitiere – „zwei künstlerisch völlig entstellte Reste-Orchester“. Zitatende. Die Folge sei ein zumindest halbiertes Musiktheater- und Konzertangebot. Hinzu kämen lange Fahrtzeiten, hohe Logistikkosten und ein drastischer Rückgang der Einspielergebnisse.
Der Intendant der Vorpommerschen Landesbühne sagt, dass seit der politischen Wende kein Minister so deutlich signalisiert habe, Kultur abzuschaffen. Der geschäftsführende Rektor der Deutschen Tanzkompanie Neustrelitz verweist darauf, dass bei der Umsetzung der Pläne für die Tanzkompanie als Tanzsparte eines Theaters der Status eines international agierenden Tourneeensembles nicht mehr zu halten sei. Der Intendant des Theaters Vorpommern meint, dass Zusammenarbeit auf Autonomie und gleicher Augenhöhe basiere, aber – ich zitiere – „zentralistisch verordnete Wirtschaftszwänge schon einmal danebengingen“. Zitatende.
Kritik und Proteste kommen aus allen Theatern, von allen Trägern, aus den Bürgerschaften und Stadtvertretungen. Worte wie Kahlschlag, Willkür, Kultur- und Tourismusfeindlichkeit, Sparkonzept, Missachtung der kommunalen Selbstbestimmung, Ignoranz, Arroganz und Selbstgefälligkeit sind eindeutige Vokabeln, die Frust und Wut zum Ausdruck bringen.
Das Theater Vorpommern sammelt Unterschriften gegen die Pläne der Landesregierung. Kaum ein Passant, der sich nicht auf die Liste setzt. Da gilt natürlich auch der Kommentar, der in Rostock gilt: Alle die, die unterschreiben, sollten auch ins Theater gehen.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, genau. Da sind wir uns völlig einig. – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Also in Schwerin machen sie das ja. – Zuruf von Minister Lorenz Caffier)
Ja? Also das ist in Rostock nicht überall so. Deswegen sage ich ja, dass ich diese Auffassung teile.