Protokoll der Sitzung vom 21.10.2008

Danke schön, Frau Lochner-Borst.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Professor Methling.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nach immerhin sechs Monaten liegt der Gesetzentwurf des Landesgraduiertenförderungsgesetzes nun zur Zweiten Lesung vor. Im Bildungsausschuss erfolgte eine gründliche Überarbeitung des Regierungsentwurfes. Das war schon deshalb notwendig, weil der Einfluss des Wirtschaftsministeriums auf die Gestaltung einer primär hochschulpolitischen Angelegenheit zurückgedrängt werden musste.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört!)

Über den Weg der Fördermittel aus dem ESF sollte offensichtlich versucht werden, die Ausrichtung der Forschung an unseren Hochschulen noch mehr unter wirtschaftliche Aspekte zu zwingen. An solchen Kriterien wie der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forschungsergebnisse oder dem Vorrang der Einwerbung von Drittmitteln als Genehmigungsvoraussetzung wird das deutlich. Kulturelle Forschungsvorhaben fanden gar nicht mehr statt. Sie haben sich jedoch auch entschlossen, die Stipendien zu erhöhen. Und das ist gut so. Abzulehnen ist jedoch, dass Sie diese Erhöhung über die Absenkung der Anzahl der Förderfälle ausgleichen, also finanziell ein Nullsummenspiel. Das Ziel, die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen des Landes zu erhöhen, wird damit nur bedingt erreicht. Ihr Credo heißt: Weniger Graduierte bekommen mehr. Wir brauchen aber, ich glaube, das ist auch Ihre Zielstellung, in der Begründung zum Gesetzentwurf steht es zumindest so, mehr Graduierte mit ausreichender Förderung.

Ausdrücklich positiv sehen wir die Verminderung der Verordnungsermächtigungen für das Bildungsministerium im Paragrafen 7. Die Übertragung der Themengebiete für die Doktorandenförderung, die Höhe der Stipendien sowie der Sachkostenzuschüsse in das Gesetz schaffen Rechtssicherheit und schützen die

Geförderten. Wir haben ja oft erlebt, dass aus finanziellen Gründen schnell mal Verordnungen geändert werden, weil damit am Parlament vorbei Einsparungen möglich werden. Die Diskussion im Ausschuss und der nun geänderte Entwurf haben das verhindert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten mit unserem Änderungsantrag im Ausschuss den Umdenkungsprozess eingeleitet und freuen uns, dass die Koalitionsfraktionen unseren Vorschlägen zumindest teilweise gefolgt sind. Dass sie diese nun als die Ihren verkaufen, weil Sie immer betonen, die Koalition bräuchte selbstverständlich keine Anregungen der Opposition, das ist sozusagen die Natur der Sache. Das sind wir ja schon gewohnt. In der Natur der Sache liegt allerdings auch, dass mit den Änderungen eine massive Kritik der Koalitionsfraktionen an den Vorschlägen der eigenen Landesregierung deutlich wird. Ich glaube, daran hat niemand einen Zweifel, dass es zu solchen Kritiken gekommen ist,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

denn sonst wären ja solche umfangreichen Veränderungen nicht möglich gewesen. Von insgesamt neun Paragrafen wurden sechs grundlegend geändert. Sieht man von den rein organisatorischen Rechtsnormen zu den Übergangsbestimmungen und zum Inkraft- und Außerkrafttreten in den Paragrafen 8 und 9 ab, so ist nur noch der Paragraf 5 „Ausschluss der Förderung“ unverändert geblieben. Aber hochschulpolitische Gesetzgebungsverfahren entwickeln sich unter Ihrer politischen Verantwortung ohnehin zunehmend zu mittelschweren Katastrophen. Ich erinnere hier an die Anhörung zu den Verwaltungsgebühren im Bildungsausschuss in der letzten Woche. Schlimmer geht es kaum. Darum war es wohl auch notwendig, in der heutigen Regierungserklärung über den Bereich der Hochschulpolitik nicht zu sprechen. Politischer Gestaltungswille, der von Regierung und Koalitionsfraktionen getragen wird, sieht anders aus.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Obwohl wir bei diesem Gesetzentwurf in grundlegenden Fragen übereinstimmen, das haben wir auch bei der Abstimmung im Ausschuss deutlich gemacht, werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. Grund dafür ist das Verfahren im Bildungsausschuss. Die Ausschussvorsitzende hat dazu länger vorgetragen. Am Tage der abschließenden Behandlung im Ausschuss, und darum geht es, nicht vorher, was ja fair gewesen wäre, legten Sie einen 15 Punkte umfassenden Änderungsantrag als Tischvorlage vor, und das, obwohl der Gesetzentwurf seit fast sechs Monaten zur Beratung vorlag.

(Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

Und um die heutige Landtagssitzung noch zu erreichen, musste die Beschlussempfehlung mit verkürzter Frist angemeldet werden. Solche Verfahrensweisen gab es schon öfter. Wir möchten Sie auffordern, zu den üblichen geordneten Verfahren zurückzukehren, damit auch die Rechte der Opposition gewahrt sind! Darauf möchte ich Sie noch mal hinweisen. Natürlich können Veränderungen vorgenommen werden, Sie haben das hier begründet, aber es kommt auf den Stil an, wie man miteinander arbeitet. Es ist doch undenkbar, dass Sie diesen Entwurf erst in der Nacht gefertigt haben. Oder wenn Sie ihn gefertigt haben, dann spricht das dafür, was wir vorher gesagt haben über die Zusammenarbeit

zwischen der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Lassen Sie uns doch in Zukunft dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Methling.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Zielenkiewitz von der Fraktion der SPD.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh, Herr Zielenkiewitz, aus der letzten Reihe kommen Sie nach vorne. – allgemeine Unruhe)

Ich habe Ihnen ja schon mal gesagt, ich hätte den Namen meiner Frau annehmen sollen, dann würde ich neben Ihnen sitzen – Beyer, ein in Wismar durchaus geläufiger Name.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe mal an den Anfang des 19. Jahrhunderts. Seinerzeit war Napoleon in Ägypten tätig, sicher in militärischer Absicht. Er hat seinerzeit einen Satz geprägt oder zumindest wird er ihm zugeschrieben, der heißt: Gelehrte und Esel in die Mitte! Wir machen hier mit diesem Gesetzentwurf etwas anderes, wir nehmen diejenigen, die promovieren wollen, nicht in die Mitte, sondern wir stellen sie an die Spitze. Ich glaube, das Landesgraduiertenfördergesetz, und das möchte ich als technologie- und forschungspolitischer Sprecher hier dankbar zum Ausdruck bringen, ist für unser Erscheinungsbild in Deutschland sehr gut.

Ich freue mich besonders, dass erstens eine deutliche Erhöhung des Stipendiums von 818 auf jetzt 1.100 Euro gelungen ist und zweitens die Förderungschancen exzellenter Fachhochschulabsolventen gestiegen sind. Das wird insbesondere die drei Fachhochschulen im Lande freuen. Vielleicht stehe ich auch deshalb hier. Künftig werden die Auswahlgremien Professoren der Fachhochschule integrieren, wenn entsprechende Bewerbungen vorliegen. Ich hoffe, wieder in der Sprecherfunktion, dass in dem Dreieck Naturwissenschaften, Technikwissenschaften, KMU-Unternehmen und Technologiezentren hierbei durchaus auch Ergebnisse entstehen, die für die Wirtschaft dieses Landes von Vorteil sind. Am Ende darf allein die Qualität des Antragstellers über die Förderung entscheiden und nicht die Frage, an welcher Hochschulortart er seinen Abschluss erworben hat.

Dieses gute Ergebnis ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Anhörungen, Frau Lochner-Borst hat darauf hingewiesen, in ihren Ergebnissen fast vollständig übernommen worden sind. Ich möchte darauf hinweisen, Herr Methling, ich hatte seinerzeit hier im Plenum dafür plädiert, in Richtung 1.000 Euro zu gehen. Ich freue mich natürlich, dass es jetzt sogar 1.100 Euro geworden sind.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut.)

Und jetzt habe ich hier einen Satz aufgeschrieben, obwohl Sie etwas anderes gesagt haben: Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Mitgliedern der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP im Bildungsausschuss für die dort geleistete Arbeit. Ich füge hinzu, man bekommt förmlich Lust, in diesem Ausschuss mitzuarbeiten, der so gravierende …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Oh! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Weil wir noch Kaffee kriegen.)

Jetzt kommen die Geheimnisse zutage.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Man sieht, Entwürfe eines Ministeriums sind durchaus zu präzisieren,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach!)

zu verbessern, und das auch noch kostenneutral. Ich bitte die Mitglieder des Landtages um Zustimmung für die Drucksache 5/1905. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Zielenkiewitz.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat noch einmal nachgebessert und ist auf die Kritik der Opposition und der Experten eingegangen.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der Graduiertenförderung ist damit aus der Sicht der Liberalen besser gewährleistet.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Es ist auch festzustellen, darauf hat Herr Zielenkiewitz schon hingewiesen, die untere Linie der Bandbreite der Deutschen Forschungsgesellschaft liegt derzeit bei 1.000 Euro. Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 1.100 Euro nur knapp über dieser unteren Marke. Kein Grund zum Jubeln, aber bei der Haushaltssituation wohl angemessen.

Meine Damen und Herren, trotzdem möchte ich darauf hinweisen, die Hochschulen sind teilweise skeptisch, was die Entwicklung der Promotion angeht. Sie fürchten, dass im Rahmen der konsekutiven Studiengänge im Bologna-Prozess die Promotion eher den Charakter des letzten Teiles eines Studiums haben wird, anstatt als erster Schritt in die selbstständige wissenschaftliche Tätigkeit wahrgenommen wird. Sicher werden die sogenannten Graduiertenkollegs beziehungsweise strukturierten Promotionsprogramme eher den Charakter eines Studienabschlusses haben, sie bilden jedoch nur eine zusätzliche Alternative zu den bewährten Promotionen mit individueller Betreuung. Als Liberale stehen wir solchen Auswahlmöglichkeiten grundsätzlich positiv gegenüber.

Meine Damen und Herren, es ist hier die Kritik am Verfahren im Ausschuss geäußert worden. Dieser Kritik möchte ich mich grundsätzlich anschließen, nur mit einer umgekehrten Schlussfolgerung:

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

Im Ausschuss habe ich gesagt, wenn man so am frühen Morgen etwas vorgelegt bekommt und sich mit einer solchen Sache sachlich genau auseinandersetzen soll, ist es kaum möglich, wirklich sachlich durchdachte Entscheidungen zu fällen. Ich habe mich deshalb dort

der Stimme enthalten, habe aber auch gesagt, wir werden das noch mal ganz genau durchdenken. Und das haben wir getan. Deshalb sind wir im Gegensatz zu der Schlussfolgerung gekommen, wir haben oder ich habe mich im Ausschuss enthalten, aber wir werden heute diesem Gesetz zustimmen. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Kreher.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Kreher, Herr Professor Methling, das Angebot mit der Tasse Kaffee steht weiterhin. Wir entschuldigen uns dafür, dass das kurzfristig an dem Morgen angekommen ist, und versprechen Besserung für die Zukunft.