Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

Wie insbesondere auch in der Anhörung sichtbar wurde, gibt es eine Vielzahl von Fragen und Problemen. Bei der Volksinitiative geht es um ein kostenfreies Mittagessen für Schülerinnen und Schüler an den staatlichen Grundschulen. Angemahnt wurde in der Anhörung die Einbeziehung der Grundschulklassen an den Förderschulen ebenso wie an den Schulen in freier Trägerschaft.

Das Angebot eines kostenfreien Mittagessens ist das eine und das andere ist ein großer Berg von Bedingungen, der zunächst einmal abgebaut werden muss. Das Mittagessen soll gesund sein, es soll schmackhaft sein, es soll von den Schülerinnen und Schülern angenommen werden, es soll in einer kulturvollen Atmosphäre eingenommen werden. Dazu sind Räumlichkeiten mit einem entsprechenden Ambiente notwendig und, und, und.

Von besonderer Wichtigkeit erscheint mir auch die Forderung, die Betreuung während der Essensversorgung in ein pädagogisches Konzept einzubinden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aus all den Gründen schlägt der Bildungsausschuss vor, dass in Abstimmung mit der kommunalen Ebene ein langfristig ganzheitliches Konzept zur gesunden Ernährung in Kindertagesstätten, Grundschulen und Grundschulklassen an Förderschulen entwickelt werden soll. Es geht also darum, den großen Berg zunächst abzutragen und dann, auch im Einzelnen finanziell untersetzt, einen gangbaren Weg zu finden, um ein solches Vorhaben umsetzen zu können.

Man kann nicht einfach nach der Devise „Bewegung ist alles – das Ziel ist nichts“ etwas Gutes wollen, um dann auf halbem Weg doch festzustellen, dass der Weg nicht gangbar ist. Es ist einfach, danach zu rufen, dass der Staat Verantwortung übernehmen müsse,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

aber dabei muss auch einmal beachtet werden, aus wie vielen Bereichen dieser Ruf erschallt und letztlich auf dem Prüfstand der Möglichkeiten steht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen an dieser Stelle versprechen, dass der Bildungsausschuss das Vorhaben, ein Mittagessen für Schülerinnen und Schüler an den Grundschulen und den Grundschulklassen der Förderschulen einzuführen, nicht aus den Augen verlieren wird. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wäre gut.)

Danke schön, Frau Lochner-Borst.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Ziel der Volksinitiative ist gerade von der Kollegin Lochner-Borst schlüssig dargelegt worden. Es geht darum, ein kostenloses Essen für Kinder an staatlichen Grundschulen zur Verfügung zu stellen.

Da fängt dann der Diskussionsbedarf an. Also warum soll das Ganze auf staatliche Grundschulen beschränkt werden? Wie sieht es aus mit Schulen in freier Trägerschaft und vor allen Dingen, wie sieht es aus mit Förderschulen, die einen Grundschulteil haben? Das ist die erste Frage, die in diesem Kontext zu stellen ist.

Was ich für richtig halte, ist die Begründung der Volksinitiative, weil die Begründung stützt sich zum großen Teil darauf, dass sie sagen, viele Kinder, die heute zur Schule gehen, werden nicht mehr mit Essen versorgt oder sie werden nicht mehr mit ordentlichem Essen versorgt. Aber wenn man sich diese Begründung ansieht, dann lässt sich diese auch nahtlos übertragen auf die Kindertagesstätten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Auch da haben wir eine ähnliche Situation, dass viele Kinder, die Kindertagesstätten besuchen, nicht mit ordentlichem Essen beziehungsweise teilweise überhaupt nicht mit Essen versorgt werden. Wir sind der Meinung, wenn man sich dieses Thema ansieht, dann darf man das nicht fragmentiert tun. Ich kann nicht alleine nur Grundschulen betrachten, sondern ich muss dann auch die Kindertagesstätten in den Fokus nehmen und ich muss plausible Antworten geben.

Ich stimme meiner Vorrednerin in vollem Umfang zu, dass man sich natürlich auch die Frage beantworten muss, wie wird das Ganze finanziert und welche Akteure sind letztendlich mit im Boot, wenn es um das Thema „Sicherstellung der Finanzierung“ geht.

Wenn diese Diskussion geführt wird, dann verweist man immer sehr gerne auf die skandinavischen Länder und macht uns darauf aufmerksam, dass in den skandinavischen Ländern das Thema „Essen in Schulen“ zur Selbstverständlichkeit gehört, die pädagogisch in den Schulprozess eingegliedert ist. Wir haben bei uns eine etwas andere Situation. In Skandinavien sind ausschließlich Träger der Schulen die Kommunen, sind Beschäftigungsträger für die Lehrer, sie sind aber auch verantwortlich für Gebäude und für die Gesamtorganisation der Schulen, die da stattfinden. Meines Wissens haben sie sogar die Möglichkeit, Steuern zu erheben, um dieses System zu finanzieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich weiß gar nicht, warum der Ministerpräsident nicht darüber gesprochen hat?)

Wenn man sich die Situation bei uns in der Bundesrepublik Deutschland ansieht, dann haben wir eine andere Situation. Wir haben auf der einen Seite das Land als Anstellungsträger für die Lehrer, weil das Thema Bildung in unserem föderalistischen System Sache der Länder ist, und wir haben auf der anderen Seite die Kommunen als Träger für die Schulen, für Gebäude, für Organisationen, für Hausmeister et cetera.

Das heißt, nicht nur das Land ist Träger der Daseinsvorsorge, sondern auch der kommunale Sektor ist im wesentlichen Umfang hier als Träger der Daseinsvorsorge involviert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Meistens.)

Wenn man beispielsweise über so etwas wie kostenloses Essen an Kitas oder an Grundschulen diskutiert, dann, finde ich, kann man diese kommunale Ebene nicht außen vor lassen. Das ist das eine und ich bin auch mal darauf gespannt, was der Bildungsgipfel, der heute in Dresden stattfindet,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ich auch. Ich bin auch sehr gespannt.)

was der zutage fördert, wenn es darum geht, in welchem Umfang und für welche Maßnahmen beteiligt sich der Bund am Thema Bildung. Denn ich denke, wir sind uns einig, dass das Thema Essensversorgung auch in den Bildungskontext zu stellen ist, weil es geht da um gesunde Ernährung, es geht um Prävention, es geht um Einbindung der Essensversorgung in ein tragfähiges pädagogisches Konzept.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der Bund ist ja gar nicht zuständig.)

Das sind für uns eine ganze Reihe von Fragen, die in diesem Kontext zu stellen sind. Deswegen haben wir im Bildungsausschuss eine Entschließung gefasst, die die Kollegin gerade schon erläutert hat. Die will ich nicht wiederholen. Wir werden der Volksinitiative unsere Zustimmung verweigern als SPD-Fraktion

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Klar!)

und bitten Sie, der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Ihre Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Klares Wort.)

Danke schön, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es gleich am Anfang zu sagen, meine Fraktion lehnt die mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP im Bildungsausschuss angenommene Beschlussempfehlung ab.

(Egbert Liskow, CDU: Na warum denn das?)

Wir beantragen eine namentliche Abstimmung zu Ziffer I der vorliegenden Beschlussempfehlung.

Sie, meine Damen und Herren der Koalition, lehnen das Anliegen der Volksinitiative ab. Sie versuchen das dadurch zu verschleiern, dass Sie deklarieren, erstens, die Schulträger seien finanziell nicht in der Lage, ein derartiges Angebot zu machen. Zum einen stimmt das so nicht, weil es durchaus Schulträger in diesem Lande gibt, die das heute schon freiwillig tun.

(Hans Kreher, FDP: Das ist Fakt.)

Zum anderen würden viele es wohl gerne tun, wenn sie denn über die notwendige Finanzkraft verfügen würden.

(Hans Kreher, FDP: Ja.)

Wenn das Land also erst dann tätig werden will, wenn es dafür einen finanziellen Beitrag der Bundesregierung bekommt, warum erwarten Sie dann gleichzeitig Aktivitäten von Schulträgern, die dafür, wie für vieles andere auch, kein Geld haben?

Zweitens beauftragen Sie mit Ihrer Beschlussempfehlung irgendwen, jedenfalls nicht sich und auch nicht die Landesregierung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Bundeskanzlerin.)

Ich zitiere die Beschlussempfehlung: „In Abstimmung mit der kommunalen Ebene ist ein langfristig tragfähiges, ganzheitliches Konzept zur gesunden Ernährung in Kindertagesstätten, Grundschulen und Grundschulklassen an Förderschulen zu entwickeln.“ Ende des Zitats.

Da darf ich doch einmal fragen: Wer denn, wer soll denn dieses Konzept in Abstimmung mit der kommunalen Ebene entwickeln? Und was zugleich völlig fehlt, ist ein Termin, wann denn ein solches Konzept vorliegen soll. Da kann ich nur feststellen, unverbindlicher geht es nun wirklich nicht mehr.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

Besonders beschämend fand ich in den Ausschussberatungen die Versuche, das Anliegen der Volksinitiative so darzustellen, damit man es ablehnen kann. Sie kritisierten den Inhalt zum Beispiel bezogen auf die Beschränkung auf staatliche Schulen, die ungeklärte Finanzierung, ob Eltern beteiligt werden sollen oder nicht.

(Jörg Vierkant, CDU: Das ist auch berechtigt.)

Möglicherweise fordern Sie jetzt die nächste Volksinitiative, zu welchem Thema auch immer, auf, gleich einen Gesetzentwurf einschließlich eines Finanzierungsvorschlages abzugeben, also ein Volksbegehren durchzuführen.

(Jörg Heydorn, SPD: Das ist Polemik!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Regierungserklärung – Herr Heydorn, das ist keine Polemik –