Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

und haben überhaupt nichts, haben auch gar nichts mit dem Gesundheitsfonds und mit dem Beitragssatz zu tun.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Gar nichts.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich nehme Sie mal mit zu uns.)

Vielen Dank. Das wollte ich noch mal klarstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Heydorn.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1920 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1920 bei Zustimmung der Fraktion der FDP und Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1885 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1885 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Öffentliche Rechtsberatung anstelle der Beratungshilfe, Drucksache 5/1867.

Antrag der Fraktion der NPD: Öffentliche Rechtsberatung anstelle der Beratungshilfe – Drucksache 5/1867 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete der NPD Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zur Finanzkrise verursacht die Beratungshilfe für sozial Bedürftige unerträglich hohe Kosten, nämlich im Jahr 2006 bundesweit ganze 85 Millionen Euro. Desaströs! Davon muss natürlich so viel wie möglich eingespart werden, damit die Bosse der Bayerischen Landesbank und ähnlicher Spielhöllen am Ende nicht etwa mit bescheideneren Boni auskommen müssen. Deshalb hat der Bundesrat jetzt beschlossen, dass der Zugang zur kostenlosen Rechtsberatung erschwert werden soll, angefeuert von einer SPD-Landesjustizministerin, die Auswüchse bei der Beratungshilfe beklagt. Astronomische 250 Euro kostet so eine Beratung den Staat im Durchschnitt. Hier radikal zu kürzen, ist vom Standpunkt der empörten Politikerin absolut geboten. Das sei, sagt sie, überhaupt nicht unsozial, jedenfalls nach SPD-Maßstäben. Der Chefideologe der SPD auf dem Gebiet der Sozialpolitik, Herr Sarrazin aus Berlin, zu Recht immer wieder zitiert, hat ja bereits zum Ausdruck gebracht,...

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Hat der nicht die Finanzen in Ordnung gebracht?)

... dass seiner Meinung nach Hartz IV nicht nur eine absolut ausreichende und gesunde Ernährung ermöglicht, sondern im Zusammenhang mit einem vielleicht noch vorhandenen Pullover selbst bei ausgeschalteter Heizung dem Empfänger von Arbeitslosengeld II niemals kalt wird.

Auch die kostenlose Beratungshilfe ist für solche Leute natürlich nichts anderes als sündhafter Luxus. Die Christlich-Demokratische Union wollte da auch nicht zurückstehen. Eine Landesjustizpolitikerin und Ministerin mit deren Parteibuch sprach von einer dramatischen Explosion der einschlägigen Kosten. Damit meinte sie nicht die 500-Milliarden-Garantie der Bundeskanzlerin. Diese Summe einfach mal so aufzubringen, scheint keinerlei Schwierigkeiten zu bereiten, da staunt man.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

aber etwa anderthalb Zehntausendstel dieses unvorstellbaren Betrages, 85 Millionen Euro, das wird als untragbare Last bezeichnet, unter der das ganze Staatswesen schier zusammenzubrechen droht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Unziemlicherweise würde die Beratungshilfe auch in immer stärkerem Maße als allgemeine Lebenshilfe von bösen Bürgern in Anspruch genommen, so die christliche Politikerin weiter. Auch sei die Bewilligungspraxis nicht brutal genug, sondern viel zu großzügig, aber damit soll jetzt Schluss sein. Künftig soll in viel stärkerem Maße darauf geachtet werden, dass eine Inanspruchnahme der kostenlosen Beratung nicht etwa mutwillig erfolge, wie so oft, wobei der Begriff der Mutwilligkeit offenbar eine uferlose Ausdehnung erfahren soll, sodass am Ende alles mutwillig ist. Man benötigt halt eine Handhabe, um möglichst viele Anträge als unbegründet zurückweisen zu können, um das Sparziel zu erreichen.

Außerdem soll eine Eigenbeteiligung in Höhe von 20 Euro für den Fall eingeführt werden, dass der Rechtsanwalt den Betroffenen nicht nur berät, sondern auch vertritt – eine weitere Abschreckungsmaßnahme.

Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hält sich in dieser Angelegenheit vornehm zurück. Sie gehörte zwar nicht zu den Initiatoren der durchaus Agenda-2010-würdigen unsozialen Pseudoreform, von irgendeinem Widerstand war aber auch nichts zu hören. Sollte man sie zu einer entsprechenden Bundesratsinitiative auffordern, wird sie vermutlich entgegnen, dass gegen die Übermacht der anderen Länder leider ohnehin nichts zu machen sei.

Es gibt aber einen anderen Weg. Im Beratungshilfegesetz findet sich eine Ausnahmeregelung für die Bundesländer Hamburg, Berlin und Bremen. Diese Stadtstaaten dürfen ihre öffentliche Rechtsberatung selber organisieren und auch selber rechtlich ausgestalten. Sie können auch eigenständig entscheiden, ob und welche Gebühren sie erheben wollen, und Schlüsselbegriffe wie „Bedürftigkeit“ oder „Mutwillen“ so definieren, wie sie das für richtig halten. Was die Einwohnerzahl betrifft, kann sich Mecklenburg-Vorpommern ohne Weiteres in die Riege der Stadtstaaten einreihen. Und wenn das Land eine Bundesratsinitiative starten würde mit dem Ziel, in diese Sonderregel aufgenommen zu werden, dass die entsprechende Vorschrift so geändert wird, dürften die anderen Bundesländer und auch der Bundestag nichts dagegen haben. Finanziell – und das zählt in der etablierten Politik ja wohl am meisten – wären diese in keiner Weise betroffen.

Natürlich wäre vorher eine flächendeckende kostenlose Rechtsberatung in Mecklenburg und Pommern zu errichten, aber die gibt es mittlerweile ja schon in Ansätzen, stolz vorgestellt vom Landesjustizministerium. Bisher werden mit solchen Einrichtungen jedoch nur NPDWahlerfolge belohnt. Wo die NPD Spitzen ergebnisse erzielt hat, in Ueckermünde, Anklam, Demmin, Wolgast beispielsweise, da spendiert der Staat sofort eine kostenlose Rechtsberatung.

Nicht, dass wir etwas dagegen hätten, wenn unsere Wähler einen kleinen Bonus erhalten, der sonst nur Bankvorständen vorbehalten ist. Wir weisen diese Bürger auch auf diese Möglichkeit hin, durchaus, versäumen da aber nicht zu erwähnen, dass ohne den Druck, der von der NPD ausgeht, das etablierte Parteiensystem sich niemals dazu bequemt hätte zu so einer ungewohnt bürgerfreundlichen Maßnahme.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wir stellen das mit Recht als unseren Erfolg dar.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch so unwichtig!)

Tatsächlich? Deswegen wollen Sie uns auch unbedingt verbieten und machen ein Riesenfass auf, nicht?! Ja.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie sind so unwichtig. Sie haben es noch immer nicht gemerkt.)

Dennoch leben finanziell schwache Bürger überall im Lande, finanziell schwache wohlgemerkt, nicht sozial schwache, das ist ein Unterschied. Die sozial Schwachen befinden sich vorwiegend in hohen Positionen der Wirtschaft und Politik

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und die benötigen häufig auch gute Anwälte, aber keine Beratungshilfe, die haben sie nicht nötig. Die haben nur die finanziell Schwachen nötig.

Dass die Rechtsberatung massenhaft missbraucht würde, ist barer Unsinn. Die Hartz-IV-Bescheide sind in einer technokratisch-juristischen Fachsprache abgefasst, die dem Laien ohne genauere Kenntnisse genauso unverständlich ist wie technische Zeichnungen, Schaltpläne oder medizinische Diagnosen. Schon die Berechnung der Ansprüche versteht kein Mensch. Aus dem Zahlensalat in den Bescheiden schlau zu werden, erfordert erhebliches Vorwissen. Da gibt es unterschiedlich hohe Regelsätze, Mehrbedarfe, die Kosten der Unterkunft und auf der anderen Seite das anrechenbare Einkommen mit wieder unterschiedlichen und gestaffelten Freibeträgen unter Berücksichtigung der Werbekosten und auch mancher, aber nicht aller Versicherungsbeiträge, sodass man beinahe schon einen Steuerberater braucht.

Fast undurchschaubar sind auch die Regeln der Zumutbarkeit sowohl von Arbeitsgelegenheiten als auch etwa von Umzügen zur Arbeitsaufnahme. Selbst eine so schlichte Frage wie die: „Muss ich die Leute vom Sozialermittlungsdienst in die Wohnung lassen?“, ist durchaus nicht so einfach zu beantworten. Einerseits Nein, es besteht keine gesetzliche Pflicht, es drohen auch keine Zwangsmittel. Andererseits auch wieder Ja, weil sonst in bestimmten Fällen die Leistungen gekürzt oder gar gestrichen werden können wegen mangelnder Mitwirkung bei der Ermittlung der Bedürftigkeit. Besonders in solchen Fällen, in denen es um Bedarfsgemeinschaften geht und was das ist, wann eine solche vorliegt, aufgrund welcher Überlegungen die Behörde davon ausgehen darf, dass eine besteht, wie man das wiederum widerlegen kann, das ist eine Wissenschaft für sich.

Das ganze SGB II ist dermaßen in sich widersprüchlich, häufig missverständlich und verworren, dass nicht selten gestandene Richter daran herumrätseln, was der allweise Gesetzgeber da wohl gemeint haben könnte. Was kann man da vom normalen Bürger erwarten? Dass er keine Beratung braucht und die nur als Unterhaltung nutzt, weil es zu Hause so langweilig ist und im Fernsehen nichts kommt? Ich glaube nicht, aber Sie haben sich ja von Herrn Ringstorff zu Tränen rühren lassen, als der in seiner Abschiedsrede beklagte, wie schlimm doch die Prozesskostenhilfe von bösen Bürgern missbraucht würde und dass man das ändern müsste. Sicherlich sind Sie auch der Auffassung, dass die Beratungshilfe völlig überdimensioniert oder vielleicht sogar überflüssig ist. Also stimmen Sie gerne dagegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Andrejewski.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Kuhn von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! So, wie der Kollege Andrejewski sich dem Thema genähert hat, und auch sein Duktus, seine Diktion, kann ich ihm nicht abnehmen, dass er es tatsächlich seriös meint

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

und dass er hier wirklich um eine Problemlösung gemeinsam mit den Kollegen...

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Das war echter Zynismus!

... ringen will.

Gesetzliche Grundlage für die Beratungshilfe ist das sogenannte Beratungshilfegesetz und das ist eigentlich ein Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen, so heißt es. Im Kern geht es darum, denjenigen Menschen fachkundige Rechtsberatung zuteil werden zu lassen, die sich eben einen Rechtsanwalt finanziell nicht leisten können. Bei der Beratung handelt es sich um eine Sozialleistung für Rechtsuchende. Dieses Gesetz gibt es seit 1980 und – das möchte ich auch ganz klar sagen – niemand will dieses Gesetz antasten oder in irgendeiner Weise abschaffen. Es ist pure Angstmache von Ihnen und Polemik,

(Udo Pastörs, NPD: Es wird abgeschottet. Das wird abgeschottet!)