Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Ich will bei dieser Gelegenheit hinweisen auf einen Artikel in der „Frankfurter Rundschau“ am gestrigen Tage, wo solche Überlegungen angestellt werden.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Wahrscheinlich wird das noch eher sein, als von Dong Energy überhaupt irgendwelche Steuergelder in die Region fließen können. Wenn der Emissionshandel aufgeweicht wird, dazu gibt es ja schon erhebliche Bemühungen, an denen auch der Bundeswirtschaftsminister Glos nicht unbeteiligt ist, wie wir wissen, dann ist auch Ihr Argument futsch, das von der Abschaltung der veralteten Kraftwerke, weil wirtschaftliche Gründe und rechtliche Rahmenbedingungen dagegensprechen.

Lassen Sie uns über all das im Wirtschaftsausschuss reden. Entziehen Sie sich nicht Ihrer Verantwortung. Die Menschen verstehen schon, dass der Landtag sich nicht hinstellen kann und sagen kann: Wir stoppen das Verfahren. Das wissen alle, auch diejenigen, die keine große Rechtskenntnis haben. Aber eine politische Stellungnahme kann er schon abgeben. Das hat er übrigens mehrfach getan, zum Beispiel zur Begrenzung der Lagerung und Behandlung radioaktiver Abfälle aus den Energiewerken Nord. Im Grunde genommen tun Sie das auch mit Ihrer heutigen Beschlussempfehlung, für die uns ein Änderungsvorschlag vorliegt. Aber in Ihrer Beschlussempfehlung tun Sie dieses auch, Sie geben eine politische Stellungnahme ab.

Der Landtag bestimmt die Richtung, in die sich unser Land entwickeln soll. Vorreiter bei erneuerbaren Energien, Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern, Gesund heitsland Nummer eins – diese Titel heftet sich jeder von uns gern an die Brust und berichtet gern in anderen Bundesländern darüber, aber ein Kohlekraftwerk, noch dazu in einer solchen, für unser Land wichtigen, sensiblen, schützenswerten Region, passt zu diesen Losungen nicht. Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie unserem Antrag zu, legen Sie die Volksinitiative nicht ad acta. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Professor Methling.

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum wiederholten Male

tauschen wir unsere Argumente zum geplanten Bau des Steinkohlekraftwerks in Lubmin aus. Ich bin dazu auch gern bereit, weil ich überzeugt bin, dass es absolut richtig ist, offen und transparent bei einem so schwierigen Thema in der Öffentlichkeit zu agieren. Es ist auch unbestritten, dass dieses Thema bekanntermaßen die Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren stark beschäftigt hat. Allerdings, Sie werden es mir nicht übel nehmen, appelliere ich an alle Beteiligten, das nötige Maß an Besonnenheit und Sachlichkeit in der Diskussion walten zu lassen.

Ich persönlich werde mich wie bisher einer sachlichen Diskussion nicht verschließen, wie zum Beispiel in früheren Gesprächen mit der Bürgerinitiative, mit Professoren der Universität Greifswald, mit Bürgermeistern auf der Insel Rügen, selbst mit eigenen Parteifreunden, zugegebenermaßen ein Thema, was breit durch die Gesellschaft diskutiert wird. Allerdings bin ich eben nicht der Auffassung, dass es richtig ist, innerhalb eines laufenden rechtsstaatlichen Verfahrens jetzt sozusagen ein Parallelverfahren einzuführen, eine Anhörung neben einem laufenden Verfahren, wo ja auch Anhörungen stattfinden.

Und, Herr Professor Methling, Sie können es wirklich keinem weismachen, es tut mir leid, wenn ich Ihnen das sagen muss. Wenn Sie heute noch, was ja nun – ich sage, Gott sei Dank – so nicht mehr ist, Minister wären,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So abfällig habe ich mich nie über Sie geäußert.)

dann würden Sie natürlich ganz klar ein solches Verfahren absolut ablehnen, weil Sie wissen, dass dies auch gar nicht machbar ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Selbstverständlich ist das machbar. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Und da sage ich immer wieder, das ist der Punkt, wo ich Sie ganz klar kritisiere,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

dass Sie hier etwas sagen, was Sie in einer anderen Verantwortung nie gemacht hätten.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das stimmt nicht. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: 1998 hat der Landtag sich positioniert. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Deshalb will ich noch einmal betonen, dass es natürlich wichtig ist, dass innerhalb eines Verfahrens,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

eines rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahrens, all die ernsthaften Einwände, die ich überhaupt nicht bestreiten will – es ist doch völlig in Ordnung, dass man fragt, was ist auf der Emissionsseite, was ist mit CO2, was ist mit Erwärmung des Boddens, was ist mit Tourismusverträglichkeit, alles berechtigte Fragen, das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen –,

(Regine Lück, DIE LINKE: Die sollte mal der Umweltminister beantworten.)

aber dass diese Themen durch die dafür zuständigen Behörden zu prüfen sind, das ist genauso fest meine

Überzeugung. Und ich will noch einmal sagen, den Eindruck zu erwecken,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

und das wurde heute wieder so unterschwellig ein bisschen versucht, den Eindruck zu erwecken, dass Genehmigungsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern willkürlich agieren würden, das ist eben falsch und das wird – nebenbei gesagt, das will ich auch mal sagen, es waren Ihre Behörden – der Arbeit dieser Behörden auch nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Michael Roolf, FDP)

Diese Behörden, und das wissen Sie auch, müssen das Vorliegen einer Fülle ganz klar definierter, detaillierter und strenger Genehmigungsvoraussetzungen prüfen. Das geschieht auch auf der Grundlage von Gutachten, wie zum Beispiel der Stellungnahme des Leibniz-Institutes für Ostseeforschung Warnemünde, das die physikalischen und ökologischen Auswirkungen der Kühlwasserausbreitung im Greifswalder Bodden untersucht hat, oder des Sachverständigengutachtens zur Badewasserqualität oder eben auch solcher Gutachten, wie sie Professor Benkenstein und Professor Keilkramp zur Tourismusverträglichkeit vorgelegt haben. Ich will diese Dinge nur als drei Beispiele nennen.

Nun ist in den letzten Tagen durch die Presse der Begriff des „Gutachterirrsinns“ geprägt worden. Ja, ich sage Ihnen, ich finde es richtig, dass die Genehmigungsbehörde sich renommierter und unabhängiger Institutionen bedient, um eine objektive Entscheidungsgrundlage zu haben. Nun stellen Sie sich doch mal vor, dies wäre nicht gemacht worden.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Michael Roolf, FDP)

Da hätte ich die Opposition heute hören wollen oder die Presse dann eben auch.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Insofern glaube ich, dass dieser Weg richtig ist. Ich bedauere nur, auch das will ich klar sagen, dass Sachverständigengutachten, wenn sie nicht zu dem gewünschten Ergebnis aus der Sicht der Kraftwerksgegner kommen, sofort grundsätzlich angezweifelt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und das, glaube ich, geht eben nicht. Das geht eben nicht. Das ist nicht die Art des Umgangs, wie ich sie mir mit solchen Dingen vorstelle. Vielleicht bin ich da zu viel Ingenieur, das mag sein,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vielleicht.)

aber ich bin es gewohnt, dass man die Dinge ganz ruhig und nüchtern vor sich ausbreitet und dann entsprechend bewertet.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich auch. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, bei dem am 28.10. stattfindenden Erörterungstermin werden die Genehmigungsbehörden sich sorgfältig mit den vorliegenden Einwänden auseinandersetzen. Damit wird am Ende letztlich auch die Transparenz des Genehmigungsverfahrens deutlich. Man muss der Öffentlichkeit sagen, dass objektive Fakten nicht vom Tisch gewischt werden können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Eben.)

Das heißt auch, eine politische Einflussnahme auf das Genehmigungsverfahren wird nicht erfolgen und wäre im Übrigen rechtswidrig.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das. Genauso ist das. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ändern Sie dann Ihren Antrag? – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Anders formuliert: Jeder Investor in unserem Land hat ein Anrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren und somit allerdings auch bei Vorliegen der gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen dann einen Genehmigungsanspruch. Dabei gilt, dass bei einem rechtsstaatlichen Verfahren das Ergebnis nicht vorweggenommen werden darf.

Ich möchte im Zusammenhang unserer Debatte hier das Verfahren zum geplanten Steinkohlekraftwerk von Vattenfall in Hamburg-Moorburg ansprechen.

(Michael Roolf, FDP: Von den Grünen genehmigt.)

Den Bürgern zu suggerieren,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir können auch über das Saarland oder Hessen sprechen.)

dass durch Parteitagsbeschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Gesetze und andere Rechtsvorschriften außer Kraft gesetzt werden,