Protokoll der Sitzung vom 23.10.2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 54. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 5/1910 vor.

Fragestunde – Drucksache 5/1910 –

Der Abgeordnete Tino Müller, Fraktion der NPD, hat signalisiert, dass er die Fragen 14 und 15 zurückzieht.

Ich rufe jetzt auf den Geschäftsbereich des Innenministers. Hierzu bitte ich zunächst den Abgeordneten Toralf Schnur, Fraktion der FDP, die Fragen 1 und 2 zu stellen.

Sehr geehrter Herr Innenminister!

1. Gibt es Anweisungen oder Anordnungen innerhalb des Innenministeriums, die Sonderbedarfszuweisungen an Gemeinden mit unter 500 Einwohnern nicht zuzulassen?

Herr Abgeordneter, lassen Sie mich zunächst darauf hinweisen, dass Paragraf 1 Absatz 3 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern normiert, dass Gemeinden nicht weniger als 500 Einwohner haben sollen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Die Intention des Gesetzgebers für diese Sollvorschrift zielt auf die Erreichung einer dauerhaft leistungsfähigen Struktur ab. Eine finanzielle Leistungsfähigkeit ist bei einer Einwohnergröße von unter 500 Einwohnern im Regelfall nicht gegeben. Wenn also eine Gemeinde für sich geltend macht, mit weniger als 500 Einwohnern dennoch die kommunale Aufgabenvielfalt bewältigen zu können, muss sie atypische Gründe aufbringen können, die eine Ausnahme von der Regel begründen. Verfügen dennoch Gemeinden über unter 500 Einwohner und sind finanziell nicht oder nicht mehr leistungsfähig, verstoßen sie ganz eindeutig gegen ein Gebot der Kommunalverfassung und sind daher aufgefordert, diesen Zustand zu beseitigen.

Doch nun zum Thema der Gewährung von Sonderbedarfszuweisungen an Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern: Zunächst darf ich voranstellen, dass es für Sonderbedarfszuweisungen keinen Rechtsanspruch gibt. Sie sind Gestaltungsinstrument für das Innenministerium für außergewöhnliche Lagen, insbesondere im investiven Bereich oder für besondere Aufgaben. Eine Bewilligung von Sonderbedarfszuweisungen setzt immer voraus, dass die eigenen Einnahmequellen in zumutbarem Umfang ausgeschöpft werden. Dies trifft auf die Kleinstgemeinden mit unter 500 Einwohnern nicht zu. Durch Vergrößerungen würden mehr Schlüsselzuweisungen fließen und die Einnahmen in kommunalen Haushalten steigen. Dies entspricht unter anderem der Intention, die Einnahmequellen in zumutbarem Umfang auszuschöpfen.

Vor dem Hintergrund der nun begrenzt zur Verfügung stehenden Sonderbedarfszuweisungen halte ich es über die bereits genannten Gesichtspunkte hinaus nicht für vertretbar, Gemeinden, die nicht der Regelgröße der Kommunalverfassung entsprechen und deren finan

zielle Leistungsfähigkeit bereits entfallen ist, für einen gesetzeswidrigen Zustand, diese noch mit Sonderbedarfszuweisungen zu belohnen. Dies wäre ein falsches Signal.

Insoweit habe ich angewiesen – und das ist korrekt –, Gemeinden mit unter 500 Einwohnern, die über keine gesicherte finanzielle Leistungsfähigkeit mehr verfügen, Sonderbedarfszuweisungen nicht zu gewähren. Im Übrigen besteht, wie ich eingangs schon erwähnte, kein Rechtsanspruch auf Sonderbedarfszuweisungen.

Ich würde jetzt die Frage 2 stellen:

2. Haben die Landkreise (beispielsweise Müritz und Mecklenburg-Strelitz) die Möglichkeit, sich freiwillig und unabhängig von der zukünftigen Kreisgebietsreform zu einem Kreis zusammenzuschließen?

Herr Abgeordneter Schnur, nein, diese Möglichkeit besteht nicht. Nach der ausdrücklichen Regelung des Paragrafen 97 Absatz 2 der Kommunalverfassung ist eine Neubildung oder Auflösung von Landkreisen nur durch Gesetz möglich. Ein solches Gesetz liegt nicht vor. Ein freiwilliger Zusammenschluss auf vertraglichem Wege, so, wie es bei Gemeinden aufgrund von Paragraf 11 Absatz 2 Satz 1 Kommunalverfassung möglich ist, kommt auf der Ebene der Landkreise nach geltender Gesetzeslage daher nicht in Betracht. Soweit entsprechende Willensbekundungen von Landkreisen getroffen würden, wären sie im Rahmen des weiteren gesetzgeberischen Handelns auch in Verbindung mit der Kreisgebietsreform zu berücksichtigen.

Ich bitte jetzt den Abgeordneten Stefan Köster, Fraktion der NPD, die Fragen 3 und 4 zu stellen.

Herr Minister, ich hätte Sie gern auch noch mit einem Vorwort beglückt, aber dieses ist mir leider von der Landtagspräsidentin verboten worden.

Herr Abgeordneter Köster, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie im Rahmen der Fragestunde lediglich die Möglichkeit haben, die schriftlich eingereichten Fragen zu stellen, und das nicht durch persönliche Wertungen und Kommentierungen untersetzen können. Also halten Sie sich bitte an die Geschäftsordnung.

Ich stelle Ihnen daher die erste Frage:

3. In welchem Ausmaß haben sich welche Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern am sogenannten Cross Border Leasing beteiligt?

Herr Abgeordneter Köster, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es auf kommunaler Ebene einen Fall, in dem sich eine Kommune an einem Cross-Border-Leasing-Geschäft beteiligt hat, und zwar ist das die Landeshauptstadt Schwerin. Sie hat ein solches Geschäft im Jahr 2002 mit ihrem Abwasser- und Wassernetz getätigt. Daneben sind noch Geschäfte von privatrechtlichen Unternehmen, die sich ganz oder teilweise in kommunaler Hand befinden, möglich. Der Umfang solcher privatrechtlichen Transaktionen entzieht sich aber derzeit der Kenntnis unseres Hauses, weil diese eben nicht einer kommunalrechtlichen Anzeige oder gar Genehmigungspflicht unterlagen. Insofern bleibt

es zumindest aus kommunaler Sicht bisher die Landeshauptstadt Schwerin.

Eine Zusatzfrage: Auf welche Art und Weise nimmt das Innenministerium seine Aufsichtspflicht wahr, um die „Spielerei der klammen Städte in den Casinos des Kapitalismus“, so der „Spiegel“, zu unterbinden?

Herr Köster, nach einem Erlass vom 13. Juni 2002 ist für die Gemeinden in MecklenburgVorpommern der Abschluss … Nein, Moment, jetzt hab ich die falsche.

(Udo Pastörs, NPD: Tja, was man nicht aufgeschrieben kriegt, kriegt man nicht auf die Reihe.)

Zusatzfragen sind überhaupt nicht schwierig, weil ich soeben ausgeführt habe, Herr Köster, dass wir auf der Grundlage der hier angeführten kommunalrechtlichen Dinge, so, wie es beim Cross Border Leasing der Fall gewesen ist, der Anzeigepflicht durch die Kommune an das Innenministerium entsprechend der Kommunalverfassung den kommunalrechtlichen Aufsichtspflichten nachkommen, sofern sie anzeigepflichtig oder genehmigungspflichtig sind. In den Fällen, wo dies nicht der Fall ist, kann es auch durchs Haus nicht wahrgenommen werden.

Eine zweite Zusatzfrage: Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf, dieser doch mit starkem Risiko behafteten Verschwendung von Steuergeldern entgegenzutreten durch Rechtsverordnung oder Ähnliches?

Herr Abgeordneter Köster, soweit Sie jetzt noch über Cross Border Leasing reden, davon gehe ich aus, müsste Ihnen bekannt sein, das Cross-Border-Leasing-Geschäfte seit dem Jahre 2005 nicht mehr möglich sind, weil die darin mögliche Gesetzeslücke bis dato insbesondere in der Gesetzgebung in Amerika geschlossen worden ist und deswegen Cross-Border-Leasing-Geschäfte seit 2005 nicht mehr möglich sind.

Herr Minister, es gibt offensichtlich eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Herrn Borrmann. Bitte, Herr Borrmann.

Herr Minister, welche Risiken sehen Sie im konkreten Fall Schwerin für die Zukunft aufgrund dieses Cross-Border-Leasing-Geschäftes?

Die Frage kann ich abschließend nicht beurteilen, weil wir genau dies derzeit prüfen und ich deswegen hier keine Behauptung aufstellen will, die dann definitiv in der Form so nicht stimmt. Sie wissen, Cross Border Leasing sind sehr umfangreiche Geschäfte, die getätigt worden sind. Sie sind alle ausschließlich in englisch-amerikanischer Sprache ausgeführt worden.

(Udo Pastörs, NPD: Ach, Sie unter- schreiben, was Sie gar nicht lesen?)

Entschuldigen Sie, ich habe es doch nicht unterschrieben. Das hat doch nicht das Innenministerium zu unterschreiben. Das ist eine Entscheidung der Kommune gewesen. Da müssen Sie die Diskussion mit der Kommune führen, die die Cross-Border-Leasing-Geschäfte durchgeführt hat.

(Udo Pastörs, NPD: Sie haben die Aufsicht über die Kommune.)

Insofern sind hier die Regularien ordnungsgemäß eingehalten worden. Ob sich aus dem getätigten Geschäft gegebenenfalls unkalkulierbare Risiken ergeben, wird derzeit sowohl auf kommunaler Ebene – nämlich von der Stadt Schwerin, die selbst ein Interesse hat, das dementsprechend zu klären – geprüft und auch begleitend von unserem Haus die Aufsicht mit wahrgenommen.

Herr Minister, meine zweite Frage:

4. In welchem Ausmaß haben sich welche Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern an sogenannten Swap-Geschäften beteiligt?

Herr Abgeordneter, nach einem Erlass vom 13. Juni 2002 ist für die Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern der Abschluss von Zinsderivaten nur in Verbindung mit einem zugrunde liegenden Zinsgeschäft zulässig. Swap-Vereinbarungen sind insbesondere ausschließlich zur Optimierung der Kreditkondition und zur Begrenzung von Zinsänderungsrisiken erlaubt. Jegliche Spekulationsgeschäfte sind durch den allgemeinen Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Paragrafen 43 der Kommunalverfassung verboten. Es ist den Kommunen insoweit untersagt, Swap-Vereinbarungen außerhalb eines Kreditgeschäftes abzuschließen.

Dem Innenministerium ist nicht bekannt, dass Kommunen aus unserem Land unzulässige Swap-Geschäfte eingegangen sind. Die Anzahl der Kommunen, die solche Vereinbarungen zur Begrenzung von Zinsänderungsrisiken abgeschlossen haben, ist nicht bekannt. Ein solches Instrument des Zinsmanagements ist nach der Kommunalverfassung nicht genehmigungspflichtig, auch eine Anzeigepflicht besteht zu diesem Geschäftsgebaren nicht. Insofern können wir nur vom derzeitigen Stand, der uns vorliegt und bekannt ist, ausgehen.

Eine Zusatzfrage, Herr Minister: Auf welche Art und Weise kommen Sie dann Ihrer Aufsichtspflicht nach in Bezug auf die Kreditgeschäfte, um da das Risiko zu minimieren?

Herr Abgeordneter Köster, ich habe Ihnen doch gerade ausgeführt, wie die Rechtslage ist. Das Finanzmanagement liegt im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Selbstverwaltung, hier im Reiche der Kommune, und dort, wo die Anzeigepflicht besteht, wird dies durchs Haus – in manchen Fällen sind es auch die Landkreise, was die Rechtsaufsicht, was die zuständige Anzeigebehörde betrifft – wahrgenommen. Dort, wo die Gesetzeslage so ist, dass diese Anzeigepflicht nicht besteht, sondern es eine kommunale Selbstentscheidung ist, hat man das im Zusammenhang mit seiner Gemeinde vertretung, mit seiner Stadtvertretung zu entscheiden und letztendlich auch zu verantworten.

Eine zweite Zwischenfrage: Habe ich Sie also richtig verstanden, dass Sie aus Sicht der Landesregierung überhaupt keinen Handlungsbedarf sehen?

Sie haben mich dahin gehend richtig verstanden, dass bei unseren Geschäftsgebaren bezogen auf Swap-Geschäfte innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern derzeit kein anderer Sachverhalt besteht als der, den ich Ihnen vorgetragen habe, was auch die Beschäftigung mit solchen Zinsderivaten und mit solchen Geschäften in Gänze im Land betrifft. Und deswegen werden wir auch weiter so handeln, wie wir es derzeit tun, auf der rechtlichen Grundlage dement

sprechend Kontrollen durchzuführen beziehungsweise unsere Rechtsaufsicht wahrzunehmen. Dort, wo die Gesetzeslage so ist, dass keine Anzeigepflicht besteht, kann ich auch nicht auf einmal sagen, ich will, dass das jetzt alles geändert wird.

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Finanzministerin. Die Beantwortung wird in Vertretung durch den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz vorgenommen. Dazu bitte ich die Abgeordnete Frau Sigrun Reese, Fraktion der FDP, die Frage 5 zu stellen.

Schönen guten Morgen, Herr Minister!

5. Aus einer Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 23.09.2008 wurde bekannt, dass Mecklenburg-Vorpommern die bundesweite Zuständigkeit für die Altersrentenbesteuerung ab dem 01.01.2009 übernommen hat und diese Fälle im Finanzamt Neubrandenburg abgearbeitet werden.

Wie hoch wird der Aufwand für die Bearbeitung der Fälle eingeschätzt, wie wird er erstattet und welches Personal soll dafür eingesetzt werden?