Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, jetzt Ruhe zu bewahren und dem Redner weiter zuzuhören.
Ich fahre fort: Meine Ausführungen in Bezug auf den Abgeordneten Müller bezogen sich darauf, dass ich der Meinung bin, dass er in den Lagern Mädchen und Jungen geistig verführt.
(Raimund Borrmann, NPD: Ja, ja, das habe ich auch gesagt. Erinnern Sie sich, Herr Körner? – Udo Pastörs, NPD: Ja, ja. Jetzt legen Sie nach, um sich ein Alibi zu bauen. Das wird nicht funktionie- ren. Wir werden das schon zu würdigen wissen.)
Ich frage Sie, Herr Pastörs: Mit solchen Leuten wollen Sie in die Archive gehen und mit solchen Leuten wollen Sie Geschichte schreiben? Oder wollen Sie selbst in die Archive gehen?
Wenn ich Ihren Antrag zur Hand nehme, den Sie hier offensichtlich unterschrieben haben, beginnt die Begründung: „Auch 43 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges“. 43 Jahre? Da frage ich mich, wollen Sie so geschichtlich arbeiten? Sie landen dann im Jahre 1988.
Sie zweifeln in Ihrem Antrag die Geschichtsschreibung, die Vorgeschichte, den Verlauf und die Folgen des Zweiten Weltkrieges an.
Sie verweisen auf unerschlossene und unzugängliche Archive, weil der Ihnen von der Geschichtsschreibung zugewiesene Platz nicht gefällt. Deshalb wollen Sie Geschichte umschreiben. Sie entwickeln Verschwörungstheorien in Bezug auf die Geschichte, die Sie mit Mutmaßungen über Archivgut anfüllen.
Auch ich will in die Geschichte gehen, um ein Beispiel zu bringen, wie man mit Geschichte umgehen kann. Ich möchte sehr weit in die Geschichte gehen. Die Pyramiden von Gizeh wurden in der vierten altägyptischen Dynastie etwa vor 4.500 Jahren gebaut. Sie sind erhabene Monumente des Altertums, sie sind das letzte der klassischen Weltwunder. Bei der größten, der Cheopspyramide, sind 2,3 Millionen Tonnen schwere Steinquader aufgetürmt in 203 Steinlagen.
Ich wähle ein Beispiel, Herr Pastörs, um einen Vergleich zu ziehen. Sie werden gleich merken, worauf ich hinaus will.
Bis heute geben die Pyramiden Zeugnis vom Hauch der Ewigkeit, von Erhabenheit, Schönheit und Maß, von grenzenloser Harmonie. Es ist unmöglich, sich ihrer Faszination zu entziehen. Ihre kulturhistorische Wirkung reicht durch die Jahrhunderte bis heute. Doch Dynastien später, über 1.000 Jahre später, aber noch im alten Ägypten gab es einen ägyptischen Herrscher, der ertrug wohl angesichts eigener Eitelkeit und Bedeutungslosigkeit den Glanz der Pyramiden, der ihn an seinen Vorfahren maß, nicht mehr.
(Udo Pastörs, NPD: So, wie die sowjetische Besatzungszone Kulturgüter auf deutschem Boden beseitigt hat. Wir tun das auch nicht. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nachdem Sie Russland in Schutt und Asche gelegt hatten.)
Er ließ zu, dass die polierten Fläche schaffenden äußeren, aber auch tonnenschweren Kalksteine herausgerissen wurden. Er nahm die Steine zur Verwirklichung seiner eigenen Vorstellungen zu Haus- und Straßenbau. Die Pyramiden wurden Steinbruch.
Und die Nazizeit? Sie ist kein Monument wie die Pyramiden, eher ein Antimonument der Neuzeit. Sie ist kein Weltwunder, sondern führte zum Weltkrieg. Sie türmte
Sie zeugt nicht von Maß und Harmonie, sondern von maßlosem Grauen. Dem kann man sich ebenfalls nicht entziehen. Die Folgen der Nazizeit reichen auch bis heute. Das ertragen die heutigen Nazis nicht. Sie können nicht wahrhaben, was ihre Vorfahren angerichtet haben. Sie ertragen nicht, dass das Wesentliche über die Untaten ihrer Vorgänger festliegt. Wie sich der alt ägyptische König an den Pyramiden verging, wollen die Nazis Geschichte als Steinbruch nutzen. Sie wollen mit Geschichtsfetzen absurde Hütten aus Lüge und Unsinn errichten.
Sie haben Angst, an ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit zu ersticken. Beide, der damalige ägyptische König und die heutigen Nazis, wollen mit abscheulicher Erinnerungslosigkeit ihr Süppchen kochen. Beide wollen so Deutungshoheit der Geschichte erreichen, der ägyptische Diadochenkönig durch Abwertung heroischer Leistungen in eigene Barbarei und die Nazis durch Aufwertung eigener Barbarei in heroische Leistung.
Rings um die Pyramiden liegen noch viele bis heute unerschlossene Grabstätten. Deren Erschließung mag noch manche Überraschung bringen, aber nie und nimmer werden Ausgrabungen infrage stellen, dass die Pyramiden von Gizeh in der vierten Dynastie geplant und ausgeführt wurden. Und auch in den Archiven des Zweiten Weltkrieges mag es noch unaufgearbeitete Quellen geben. Auch deren Erschließung wird Überraschungen bringen, aber Quellenforschung wird nie und nimmer infrage stellen, dass der Zweite Weltkrieg von Nationalsozialisten geplant und ausgeführt wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)
Wer von Wahnvorstellungen befallen ist, der kann nicht mit historischen Quellen umgehen. Wer von Wahnvorstellungen befallen ist, mit dem können Sie auch nicht reden. Wer von Wahnvorstellungen befallen ist, den können Sie auch nicht mit vernünftigen Argumenten überzeugen. Das ist ja sein Wahn. Was also tun?
(Udo Pastörs, NPD: Wegsperren in die Therapie. Wie in der DDR, die wurden ja auch weggesperrt, die waren dann wahnsinnig.)
In einem Interview anlässlich des eingangs erwähnten Briefes sagte er spitz: „Wenn man diese Partei schon nicht verbieten kann, vielleicht kann man sie ja als Krankheit anerkennen lassen.“
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Jörg Heydorn, SPD: Genug kranke Vögel turnen da ja rum. – Udo Pastörs, NPD: Aua, aua!)
Aufgrund der persönlichen Beleidigung des Abgeordneten Herrn Dr. Körner durch Herrn Müller erteile ich Herrn Müller einen Ordnungsruf.
Frau Präsidentin! Abgeordnete des Landtags! Der Gegenstand, mit dem unsere Fraktion sich an dieses Haus gewandt hat, ist uns viel zu ernsthaft, als in eine Art beleidigende Polemik zu verfallen.
Ich möchte aber zunächst daran erinnern, dass der Vorwurf von Wahnvorstellungen und vom Irresein benutzt wurde in der Sowjetunion und auch in der DDR, um gegen Gegner der einzig wissenschaftlichen Weltanschauung vorzugehen.
(Reinhard Dankert, SPD: Es geht um Ihre politischen Wahnvorstellungen. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Vor allem im Nazireich, Herr Borrmann.)
und alle, die das Gegenteil behaupten oder die inhaltlich dagegen argumentieren, die können eigentlich nur krank sein und die gehören ins Irrenhaus, und dort sind sie dann auch gelandet. Ich hoffe, Herr Dr. Körner, das war nicht so gemeint von Ihnen.