Protokoll der Sitzung vom 19.11.2008

Die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG sollte im Wesentlichen dazu führen, dass sich das Unternehmen neu positionieren und insbesondere – und das ist, denke ich mal, auch für unser Land ganz, ganz wichtig – neue betriebswirtschaftliche, kalkulierte Angebote für den Schienengüterverkehr an den Markt bringen kann. Ziel ist es dabei, mehr Kapazität auf die Schiene zu verlagern, und da haben wir diverse Debatten im Verkehrsausschuss und auch auf Antragsebene hier im Landtag geführt. Das ist uns im Land Mecklenburg-Vorpommern auch immer ganz wichtig gewesen.

Gleichzeitig soll die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bahn AG im internationalen Wettbewerb gesteigert werden. Aktuell wird der Schienenverkehr mit erheblichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt, zum Beispiel Infrastrukturkosten und Subventionen der Regionalverkehre, bezuschusst. Mit der Teilprivatisierung, mit den Erlösen könnte der Deutschen Bahn AG frisches Geldkapital verschafft werden, um im Land zu investieren – also auch in Mecklenburg-Vorpommern – und in Europa konkurrenzfähig zu bleiben. Das sichert letztlich Arbeitsplätze in Deutschland und kommt den Fahrgästen zugute. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund notwendig, dass ab dem Jahre 2010 der internationale Personenverkehrsmarkt in der Europäischen Union vollständig liberalisiert sein wird. Aber gegen Europa sind Sie ja auch, wie wir wissen.

Vor diesem Hintergrund bleibt noch einmal festzuhalten, dass es bei der beabsichtigten Teilprivatisierung nicht um die hundertprozentige Privatisierung der gesamten Deutschen Bahn AG geht. Mit mindestens der Hälfte des Erlöses, das ist oft kolportiert worden, aus der Beteiligung Dritter sollen zudem Maßnahmen in der Infrastruktur an Bahnhöfen, den Lärmschutz, Umweltschutz und die Technik vorgenommen werden, auch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, also gerade in unserem Interesse. Vor diesem Hintergrund halten wir den vorliegenden Antrag für falsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird keine Teilprivatisierung der Bahn zum Selbstzweck geben. Da sind sich alle Demokraten im Bundestag, im Bundesrat, auch in den Ländern einig. Da aufgrund der aktuellen Finanzlage – und das möchte ich zum Abschluss noch mal ganz klar herausstellen – nicht mit ausreichendem Privatisierungsgewinn zu rechnen ist, ist es richtig, dass die Bundesregierung von der beabsichtigten Privatisierung vorerst Abstand genommen hat. Zum richtigen Zeitpunkt wird jedoch die Teilprivatisierung sicherlich durchgeführt werden.

Den vorliegenden Antrag lehnen wir auch aus Landesinteresse ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Stein.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs von der NPD.

Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon verwunderlich, wenn der Herr Stein sich hier vor zehn Minuten hinstellt und beklagt, dass alles das, was an der Peripherie noch aus den Beständen der guten alten Zeit der Deutschen Bahn vorhanden ist, verrottet und verkommt, und sich nicht ganz zehn Minuten später hier hinstellt und uns erklärt, wie wichtig es doch ist, dass die Bahn teilprivatisiert wird.

Und, mein lieber Herr Stein,

(Peter Stein, CDU: Das bin ich nicht. – Marc Reinhardt, CDU: Nö.)

das ist eben eine Frage der Sicht der Dinge. Das ist eine Frage des Ansatzes und ich versuche Ihnen zu erklären, was uns unterscheidet: Unser Ansatz ist, die Daseinsvorsorge und die Daseinsfürsorge bedingt natürlich ein umfassendes Schienennetz im ganzen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, auch in der Fläche, für Personen- und Güterverkehr,

(Marc Reinhardt, CDU: Nur für Deutsche, ’ne? Nur für Deutsche!)

die zu einer Entlastung führt für den Schwerverkehr auf den Straßen und den Autobahnen und nicht zuletzt auch dazu führt, dass unsere Umwelt Entlastung findet. Unser Ansatz ist auch Verlässlichkeit durch Sicherheit der Bahn. Und auch dieser Punkt ist ja ganz aktuell. Ihnen ist sicherlich bekannt, dass da einiges im Argen liegt.

Die Bahn hat Eigentum des Volkes zu bleiben, weil diese Bahn auch mit Geldern der Steuerzahler geschaffen wurde, und die Bahn darf nicht unter die Räder geraten. Und Ihr Ansatz und der Ansatz der Bundesregierung ist, Sie wollen die Bahn an die Börse bringen auf Teufel komm raus. Und das ist nicht der erste Versuch gewesen, der jetzt gescheitert ist.

Es ist schon wirklich lachhaft, wenn der Verkehrsminister sagt, man müsse im Ausland schauen, vielleicht könne man ja trotz der Finanzkrise im Ausland Investoren finden, die die Bahnaktien kaufen würden. Sie wollen Profit für Aktionäre und wenn Sie das wollen, dann müssen Sie das andere mögen, nämlich billigend in Kauf nehmen, dass in der Fläche die gesamte Infrastruktur marode wird und sich die Profitgeier natürlich auf die attraktiven Strecken konzentrieren,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

wo eine hohe Auslastung des Güterverkehrs auf den Achsen der Hauptzulieferer zu den Werften im Norden und zu den Industriezentren im Süden Deutschlands vorhanden ist. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Bahn 100 Prozent in der Hand Deutschlands bleibt, der Bundesregierung bleibt, und damit hätten wir auch verhindert, dass seit 1994 nicht weniger als 170.000 Stellen bei der Bahn verloren gegangen sind und dass die Pensionen, die die Bahnbediensteten ja beziehen, wenn sie ins Pensionsalter kommen, eben nicht aus dem Säckel des Bundes bezahlt werden müssen, um damit den Attraktivitätsgrad der Bahn zu erhöhen für private Investoren. Und wir hätten selbstverständlich dann auch nicht das Problem mit dem Dividendendruck, Streckenstilllegungen, Personalausdünnungen, Personal zu Billiglöhnen, Materialbeanspruchung bis zum Achsenbruch. Diese Entwicklung ist vielleicht für die Aktionäre, jedoch nicht für die Deutschen in Gänze attraktiv.

Was aus der Privatisierung der Bahn in Großbritannien geworden ist, das werden Sie wissen: Seit 1994 bis zur Pleite von Railtrack 15 Milliarden Profit für die Investoren. Und nun hat die Bahn den Rückzug angetreten und ist wieder Staatsbesitz. Und die englische Regierung lässt wissen – ich komme zum Ende –,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die rote Lampe leuchtet!)

dass mehr als 100 Milliarden Euro notwendig sind, um die Versäumnisse nachzuholen, die die Privatinvestoren in diesen wenigen Jahren aus Profitgier versäumt hatten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ihre Zeit ist zu Ende.)

Dieses Schicksal, meine sehr verehrten Damen und Herren, …

Herr Pastörs, Ihre Redezeit …

… sollten wir unserem Land – ich komme zum Ende –, …

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das hatten Sie schon mal angekündigt.

… sollten wir unserem Land ersparen. Die Bahn hat Eigentum des Volkes zu sein. Sie ist Teil der Daseinsfürsorge und dafür machen wir Nationalen uns nach wie vor stark, meine Herrschaften.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1960.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Keine namentliche Abstimmung? Das ist ja komisch. Die sind wohl schon müde, die Jungs?)

Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1960 bei Zustimmung der NPDFraktion, aber Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Den Mittelstand unterstützen – Vertrauen schaffen – Wirtschaftswachstumsprogramm jetzt, Drucksache 5/1967.

Antrag der Fraktion der FDP: Den Mittelstand unterstützen – Vertrauen schaffen – Wirtschaftswachstumsprogramm jetzt – Drucksache 5/1967 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Roolf von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen mal gucken, ob von der FDP noch welche da sind.)

„Den Mittelstand unterstützen – Vertrauen schaffen – Wirtschaftswachstumsprogramm jetzt“, das ist

der Antrag, den wir Ihnen heute hier vorlegen. Wir sind ähnlich wie heute Morgen in einem Spannungsfeld, wie wir mit so einem wichtigen, mit so einem schwierigen Thema hier umgehen, in dem Spannungsfeld zwischen Dramatisieren – und da will ich aus der Presse zitieren: „Oppositionskritik ist Mäkelei ohne Konzept“ oder „Die Opposition schwimmt mit auf der Wirtschaftsflaute und versucht sich dabei zu profilieren und zu punkten“ – oder auf der anderen Seite, das Problem zu bagatellisieren, nichts zu tun, keine Angebote zu machen, keine Lösungsvorschläge zu machen und den Mittelstand und die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land in dieser Situation ohne Antworten alleine zu lassen. Genau in diesem Spannungsfeld befinden wir uns.

Ich hoffe, Herr Minister Seidel, dass es uns gelingt, hier eine inhaltlich orientierte Diskussion zu führen, ohne Vorurteile und mit dem Ansatz, die besten Lösungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch für die Unternehmer hier im Land zu führen.

(Udo Pastörs, NPD: Sie haben doch eh keine Macht.)

Wir haben die Situation, dass die Rahmenbedingungen, die wir schaffen müssen, ein ganz wichtiges Signal senden müssen, nämlich Vertrauen. Genauso wie es beim Finanzpaket auf Bundesebene der absolut richtige Ansatz gewesen ist, Vertrauen zu schaffen, müssen wir heute, müssen Sie durch Ihr Handeln Vertrauen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schaffen, Vertrauen in der Wirtschaft schaffen und eines versuchen zu verhindern, nämlich dass aus der Angst um das Ersparte auch noch die Angst um die Existenz wird. Wir brauchen jetzt eine schnelle konjunkturelle Hilfe und wir brauchen jetzt die Signale.

(Udo Pastörs, NPD: Ha, Sie und Ihre Signale!)

Und wenn es um Profilieren geht, haben gerade Sie, Herr Minister Seidel, jetzt durch entschlossenes, durch kreatives und durch mutiges Handeln die Chance, sich zu profilieren als der Wirtschaftsminister, der das Heft des Handelns in der Hand hat und der die richtigen Antworten gibt.

Wo fehlt es? Wo sind unsere Probleme? Wo sind unsere Schwierigkeiten?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und da will ich meinen Redebeitrag in zwei Bereiche einteilen, nämlich in den Bereich, in dem ich auf das Grundsätzliche eingehe – das mache ich jetzt –, und in den Bereich, in dem ich dann nachher auf die Rede von Herrn Minister Seidel antworte, denn ich stehe in dem Problem, durch die Nichtöffentlichkeit von Ausschusssitzungen kann ich hier und jetzt nicht darüber reden, was der Minister uns im Wirtschaftsausschuss gesagt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ich muss jetzt darauf warten, ob Sie das hier in der Öffentlichkeit wiederholen, was Sie uns gesagt haben, und kann dann erst auf Ihre konkreten Vorschläge antworten, die Sie haben. Dann werde ich auch darauf antworten. Also lassen Sie mich zuerst in das Grundsätzliche einsteigen, ohne dass man dann gleich wieder über uns Liberale herfällt, wo sind Ihre Vorschläge. Sie werden sie anschließend bekommen, wenn wir wissen,

worauf wir antworten dürfen, nämlich auf das, was Sie aus der Nichtöffentlichkeit in die Öffentlichkeit transportieren.