Protokoll der Sitzung vom 17.12.2008

ich glaube, diese Formulierung ist so in Ordnung.

Und was den FDP-Änderungsantrag betrifft, kann ich nur sagen, wir bleiben hier bei unserer Formulierung.

(Gino Leonhard, FDP: Das verwundert uns nicht.)

In diesem Zusammenhang, meine sehr verehrten Damen und Herren, begrüße ich sehr, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom Mai 2008 für die Vergabepraxis innerhalb einer interkommunalen Zusammenarbeit eine rechtliche Klarstellung beschlossen hat. Dann werden wir mal sehen, Frau Kollegin Borchardt, wie diese rechtliche Klarstellung aussieht, und ich hoffe, dass wir dann in der Tat etwas klarer sehen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aha! Darum streichen Sie das erst mal raus.)

weil ganz klar ist, dass mit überzogener Anwendung des europäischen Vergaberechts die politisch gewünschte interkommunale Zusammenarbeit in einem hohen Maße beeinträchtigt beziehungsweise erschwert wird. Und ich glaube, jeder von uns und von Ihnen hat das auch in der Praxis schon mal selbst erlebt. Sie sind ja häufig in der Kommunalpolitik tätig. Den Kommunen entstehen bei diesem Verfahren hohe Kosten und die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung wird eingeschränkt, da der kommunale Gestaltungsspielraum abnimmt. Das kann ja wohl niemand im Ernst wollen. Darum müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, dass die EU-Kommission sich für die Vereinfachung weiterer Rechts- und Verwaltungsverfahren und Vorschriften einsetzt und zum Beispiel auch auf Informations- und Berichtspflichten verzichtet. Und hier ist mein Eindruck, da gibt es noch in der Tat eine Menge zu tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Weihnachtszeit kann man Wünsche äußern. Frau Kollegin Borchardt, ich möchte gerne den Wunsch äußern, stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, dann der geänderten Entschließung. Wir bringen mit dieser Entschließung noch mal ganz klar unseren Standpunkt zur Daseinsvorsorge zum Ausdruck

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie eiern rum mit Ihren Änderungsanträgen.)

und das ist in einem sehr hohen Interesse unserer Landkreise, Städte und Gemeinden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will für meine Fraktion ganz ausdrücklich den Ansatz des Antrages der LINKEN würdigen, sehr geehrte Frau Kollegin Borchardt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Danke.)

Sie standen ja hier vorne. Da kann ich Sie ja wenigstens auch ansprechen.

Und es ist zwischen uns auch völlig unstrittig, dass Daseinsvorsorgeleistungen am Gemeinwohl, eben am Bürger ausgerichtet sein müssen. Es ist für uns als Fraktion der FDP ebenfalls unstrittig, dass die Kompetenzen für die Bereitstellung der Daseinsvorsorge in erster Linie bei den regionalen Akteuren liegen sollten. Es sind eben die regionalen Belange der Daseinsvorsorge, wie Sie sie hier anführen im Antrag, der Energieversorgung, der Wasserversorgung, der Abwasserversorgung und auch der Krankenhäuser, aber eben auch die Fragen des öffentlichen Nahverkehrs, die maßgeblich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger stehen werden.

Zukünftig werden wir gerade in diesen Daseinsbereichen Herausforderungen meistern müssen, die in der demografischen Entwicklung unseres Landes begründet liegen. Und ich bitte Sie ausdrücklich, mich in diesem Punkt nicht falsch zu verstehen. Ich nehme die demografische Entwicklung in unserem Land nicht als Anlass, ein düsteres Bild der Zukunft zu malen. Ich werde hier nicht dem Versagen unserer Daseinsvorsorge ins Wort reden. Mir geht es eher darum, dass beispielsweise unsere Gesundheitsstruktur auch in der Lage ist, die sogenannten mobilen Alten zu berücksichtigen. Und, um bei diesem Bild zu bleiben, die Ansprüche dieser Zielgruppe unterscheiden sich von den bisher bekannten Zielgruppen und erfordern deshalb eine hohe Flexibilität auch in der Struktur unserer Krankenhäuser.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen von der LINKEN, darin ist unser Kritikpunkt eben in dem Antrag begründet. Wenn Sie in Ihrem Punkt 3 davon sprechen, die Daseinsvorsorgeleistung nicht in den europäischen Wettbewerb zu integrieren, fürchte ich, fürchtet die FDP-Fraktion, werden Sie zu keinen guten Ergebnissen kommen. Und wir fordern Sie aus diesem Grund auf, folgen Sie deshalb unserem eingebrachten Änderungsantrag und lassen Sie die jeweilige Kommune über die kommunalen Leistungen entscheiden, wie die Energieversorgung, die Wasserversorgung, die Abwasserversorgung, der ÖPNV oder eben die Krankenhäuser, wie sie sich dem Wettbewerb stellen möchten.

Und lassen Sie mich noch eins sagen, vielleicht auch aus Sicht eines Kommunalpolitikers: Ich will mir nicht ernsthaft vorstellen, dass das Landesparlament in die kommunale Selbstverwaltung in diesen Punkten eingreift, und bitte Sie aus diesem Grund, folgen Sie unserem Änderungsantrag und Sie finden in der FDP-Fraktion durchaus jemanden, der diesem Antrag zustimmen wird. Den Antrag der CDU und SPD werden wir ablehnen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Leonhard.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kuhn. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, über das wir debattieren, hat schon einen ganz brandaktuellen Bezug.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oooh!)

Daseinsvorsorge auf allen drei Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – ist im Grundgesetz fest verankert und wir alle wissen, was die öffentliche Hand an wirtschaftlicher Betätigung hat, die entweder beitrags- oder umlagebezogen ist. Letztendlich müssen diese Dienstleistungen, die wir als öffentliche Hand bestreiten, vom Bürger bezahlt werden. Dafür können sich die öffentlichen Gebietskörperschaften unterschiedlicher Instrumente bedienen, sie können das auch Dritten übertragen oder Fremdkapitalgeber ins Boot holen – alles möglich. Auf Bundesebene haben wir das in vielen Bereichen, was Privatisierung betrifft, in den letzten Jahren erleben können, wenn wir an das Postwesen denken, an die Telekommunikation, an den Eisenbahnverkehr. Viele Dinge wurden dort in eine Richtung gebracht, um Wettbewerbsfähigkeit, aber natürlich auch um vernünftige und bezahlbare Beiträge für die Bürgerinnen und Bürger letztendlich herauszuholen.

Im Bereich der Länder, wenn ich an das Bildungswesen denke, das natürlich in staatlicher Verantwortung ist und wo wir bereits in vielen Bereichen sehen, dass das eine oder andere an freier Trägerschaft möglich ist,

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Kinderbetreuung, Kindertagesstätten, all das haben wir in vielen Bereichen mit freien und gemeinnützigen Trägern sehr gut hinbekommen. Auch die stationäre medizinische Versorgung, wenn ich an unsere Krankenhauslandschaft denke, sollte immer sehr differenziert betrachtet werden und man sollte keine allheilbringende Privatisierung nur im Auge haben, die manch einer in diesem Hause vielleicht als seine Wirtschaftsphilosophie betrachtet, sondern möglichst einen Weg dabei beschreiten, wo das Geld, das hier erwirtschaftet wird, auch im System bleibt

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

und letztendlich den Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt. Und deshalb, glaube ich, ist es sehr wichtig,

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

ist es sehr wichtig, Frau Kollegin Borchardt, dass auch die Europaminister unserer 16 Länder und die Senatoren der Freien Hansestädte sich da zu einer Konferenz getroffen haben, die genau dieses Thema beleuchtet hat.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Wir als Deutschland, als größter Mitgliedsstaat der Europäischen Union, haben in unserem Grundgesetz ganz bestimmte Festschreibungen, was die Daseinsvorsorge betrifft, und wir haben sie schon von verschiedener Seite erläutert bekommen. Da ist natürlich der große Bereich kommunaler Aufgaben, also die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung, der Straßenbau und die Infrastruktur, die ebenfalls dazugehören, ein ganz entscheidender Punkt.

Und da bin ich jetzt bei der Debatte, die wir heute Vormittag geführt haben, die natürlich in eine Richtung ging: Wie können wir die Konjunkturdelle, die wir nun mit der Finanzkrise zu erwarten haben, möglichst schnell abpuffern?

(Irene Müller, DIE LINKE: Ach deswegen! Aha! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja ein niedlicher Ausspruch.)

Hierbei ist der öffentliche Auftraggeber ein ganz entscheidender Kapitalgeber und ein entscheidender Auftraggeber für private Unternehmen. Und deshalb, denke ich, können viele Systeme, die das öffentliche Vergaberecht auf europäischer Ebene betreffen, so auch nicht immer zur Anwendung kommen. Das ist hoch kompliziert.

Und denken Sie daran, welche Verantwortung auch gerade der kommunale Bereich hat. Man muss nicht immer die großen Lose über 10 oder 20 Millionen Euro europäisch ausschreiben. Da kann man, wenn man in dem Bereich sehr, sehr pfiffig ist, viele Dinge auch ganz anders regeln, bis hin zum öffentlichen Teilnehmerwettbewerb et cetera pp.

(Die Abgeordnete Barbara Borchardt bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Die Europäische Union hat hierzu natürlich auch Vorstellungen und sagt, wenn sie mit einem privaten Auftraggeber zusammen ins Boot gehen, dann müssen sie auch den Ausschreibungsmodalitäten der Europäischen Union letztendlich Genüge tun und solche Dinge mit einwirken lassen. Und das gibt oft Komplikationen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Frau Borchardt hat eine Frage? Ja, das darf nur der Präsident.

Ja. Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Ich möchte Sie fragen: Ihr Änderungsantrag sagt, dass „… in Vergabeverfahren angemessen berücksichtigt werden“. Können Sie mir mal sagen, wie das umgesetzt werden kann angesichts Ihrer Äußerungen, die Sie jetzt getan haben, und dieses hoch komplizierten Verfahrens, wie dieses umgesetzt werden soll? Wir würden ja gerne zustimmen, deswegen diese Frage.

Der Kollege Müller hat Ihnen unseren Änderungsantrag schon eingehend erläutert und auch dargestellt, dass wir alle Möglichkeiten nutzen werden, auch auf nationaler Ebene einzuwirken, was innerhalb der Europäischen Union im Bereich der Ausschreibung zugunsten des Mitgliedsstaates Deutschland zu verändern ist. Und deshalb ist Ihre Frage bereits beantwortet worden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen nur die Initiative, die die Koalitionsfraktionen hier mit einem eigenen Antrag in Angriff genommen haben, letztendlich wärmstens ans Herz legen, um diese Abstimmung heute positiv im Parlament bewältigen zu können, damit ein Signal von hier ausgeht: Wir unterstützen die Europaminister unserer 16 Bundesländer in ihrem Ansinnen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Wir wollen, dass Klarheit geschaffen wird. Ich denke, das können wir dann als Europäische Initiative auch in Angriff

nehmen. Aber eines wissen wir natürlich, wenn wir Parlamentarier sind: Bestehende Gesetzeslagen können wir nicht einfach ignorieren