Protokoll der Sitzung vom 17.12.2008

Das Schicksal, das den jüdischen Finanzjongleur und Betrüger Madoff in diesen Tagen ereilte, wird auch den Liberalkapitalismus ereilen.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Er ist, dieser Madoff, der größte Finanzbetrüger aller Zeiten, wie ich heute Morgen in der Zeitung gelesen habe. Und die Auswirkungen dieser 50 Milliarden, die da einmal wieder sich in Luft aufgelöst haben, reichen bis hier nach Deutschland hinein. Auch deutsche Banken, …

Herr Abgeordneter, …

… auch deutsche Investmentgesellschaften sind involviert.

Herr Abgeordneter, beenden Sie bitte Ihre Rede.

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin.

Die Redezeit ist abgelaufen. Ich habe Ihnen schon die rote Lampe gezeigt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Eigentlich ist er schon fertig, Frau Präsidentin.)

Danke schön.

Ich sage Ihnen, ich kann mir nicht vorstellen, dass in der nächsten Zeit die Menschen im Lande ruhig bleiben und sich das gefallen lassen, was Sie von oben nach unten an Druck ausüben, nach oben Milliarden …

Herr Abgeordneter, …

… Investitionen und nach unten Kürzungen im Sozialbereich und im Lohnbereich.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist jetzt schon …

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das werden wir …

… eine Minute überzogen. Bitte beenden Sie Ihre Rede.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Mikro aus!)

Und dagegen zu opponieren, ist die Pflicht eines jeden Politikers und eines jeden Gewerkschafters in diesem Lande. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Herr Abgeordneter, ich ermahne Sie hier noch einmal eindringlichst, Sie sind von mir ermahnt worden, Ihre Rede zu beenden, und daran haben Sie sich auch zu halten. Beim nächsten Mal werde ich das mit einem Ordnungsruf ahnden.

Ich möchte auch noch einige Ihrer Äußerungen in Ihrem Redebeitrag als unparlamentarisch zurückweisen. Ich möchte sie hier nicht wieder vortragen und denke, Sie wissen, warum und weswegen ich Sie hier ermahne.

(Michael Andrejewski, NPD: Schauspieler ist ein ordentlicher Beruf.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Direkt nach Herrn Pastörs zu reden, ist immer wieder ein Vergnügen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zu Beginn meines Redebeitrages vielleicht eine ketzerische Bemerkung über das, was vielerorts heute als Wirtschafts- oder besser gesagt Konjunkturpolitik angepriesen wird. Da hat man eher den Eindruck, man befindet sich gerade bei dem wohlbekannten Fleischer seines Vertrauens und der fragt einen dann: Darf’s auch etwas mehr sein? Ein paar Milliarden auf Bundesebene, ein paar Millionen obendrauf in den verschiedenen Bundesländern, wer noch nicht hat, der darf gern noch einmal etwas oben drauflegen.

(Udo Pastörs, NPD: Wer nichts mehr hat, der darf was drauflegen.)

Fragt man dann nach der letzten Stelle hinter dem Komma, könnte man wirklich an seinen letzten Besuch beim Fleischer denken.

Da überschlagen sich Minister, Lobbyisten und sogenannte, manchmal auch nur selbsternannte Wirtschaftsweise mit immer höheren Forderungen nach staatlicher Unterstützung der Wirtschaft. Dabei werden die Prognosen für die Weltwirtschaft und im Schlepptau natürlich auch für die bundesdeutsche Wirtschaft immer düsterer. Und wer Böses dabei denkt, könnte auf die Idee verfallen, dass mit der zunehmenden Größe der Rettungspakete ein umgekehrt proportionales Schrumpfen der Wirtschaftleistung einhergeht. Meine Damen und Herren, manchmal wundere ich mich, dass vor diesem Hintergrund überhaupt noch jemand Weihnachtsgeschenke kauft.

(Udo Pastörs, NPD: Die kein Geld dafür haben.)

Sehr geehrte Kolleginnen, Kollegen, Böses denkt in diesem Saal natürlich niemand, fast niemand. Und selbstverständlich ist es zutreffend, dass die Welt, dass Deutschland und natürlich auch Mecklenburg-Vorpommern die Wirkung einer Wirtschaftskrise verspüren, wie wir sie seit Langem nicht mehr verspürt haben. Die Prognosen der Weltwirtschaftsforscher sind tatsächlich alarmierend. Und die Prognosen für das weitere Wirtschaftswachstum werden fast schon im Wochenrhythmus nach unten korrigiert. Allerdings, meine Damen und Herren, Wirtschaftsprognosen erinnern, was ihre Treffergenauigkeit angeht, doch manchmal sehr stark an die Wettervorhersagen.

(Michael Andrejewski, NPD: Die ist besser.)

Und es erscheint doch nicht als Wunder, wenn die Bandbreite – wir haben das hier heute auch gehört – für das Wirtschaftswachstum in 2009 derzeit von noch 0,2 Prozent Wachstum nach den letzten offiziellen Erwartungen der Bundesregierung bis hin zu beispielsweise minus 2,2 Prozent nach einer Prognose des Dresdner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung vom letzten Montag reicht.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn einer von Ihnen heute weiß, in welchem Umfang das wirtschaftliche Wachstum Deutschlands oder auch nur Mecklenburg-Vorpommerns in den nächsten zwölf Monaten steigt oder schrumpft,

(Michael Roolf, FDP: Der ist Hellseher.)

der soll sich doch bitte melden. Ich, meine Damen und Herren, verfüge allerdings nicht über eine solche prophetische Gabe.

Meine Damen, meine Herren, warum dieser doch etwas längere Einstieg? Die Begründung ist relativ einfach. Das Problem, vor dem wir stehen, besteht nicht nur in den tatsächlich schwerwiegenden Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Entwicklung auch unseres Landes. Es besteht vielmehr auch vor allem in der Gefahr, dass wir uns alle in einem immer schnelleren Wettlauf um größere, aufwendigere und umfassendere Konjunkturprogramme befinden.

Meine Damen und Herren, der Kollege Holter hat die USA vorhin angesprochen. Ich weiß nicht, ob Warten auf Obama das Richtige ist. Vielleicht ist es ja auch nur ein „Warten auf Godot“.

(Michael Andrejewski, NPD: Den gibt’s gar nicht.)

Das werden wir dann abwarten müssen im Januar.

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau das war die Frage von Herrn Holter.)

Aber ich möchte nur auf eins hinweisen: Das Aufnehmen von schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen hat eine Auswirkung, über die man sich auch hier in Deutschland vielleicht noch gar nicht klar wird.

(Udo Pastörs, NPD: Aber Sie erklären es gleich.)

Derzeit erhält man in den USA für kurz laufende – das sind vierwöchige – Staatsanleihen null Prozent Rendite. Null Prozent! Trotzdem werden diese Staatsanleihen dem Staat aus der Hand gerissen, weil die Anleger sagen, lieber dort mein Geld hingeben als zu Unternehmensanleihen oder Bankanleihen, da ist das Geld sicher. Das bedeutet aber automatisch auch, dass die Unternehmen am Kapitalmarkt schwerer Geld bekommen.

(Michael Roolf, FDP: Die Leitzinsen sind gerade gesenkt worden.)

Was für Auswirkungen das tatsächlich hat, längerfristig haben wird für die Staatsverschuldung, die damit verbunden ist, das kann man momentan noch gar nicht abschätzen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Der Leitzins in den USA steht momentan zwischen null und 0,25 Punkten.

Sicherlich, meine Damen und Herren, das nur mal vielleicht als Einschub, stehen wir vor erheblichen ökonomischen Auswirkungen, aber wir sollten auch nicht in eine Abwärtsspirale der Prognosen und Erwartungen verfallen. Dies führt letztendlich nur zu einem Ergebnis: Anstelle eines konzertierten Maßnahmenpakets steht am Ende ein bunter Teppich von Einzelmaßnahmen. Da wird dann Aktivität mit Aktionismus verwechselt.