Protokoll der Sitzung vom 19.12.2008

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Heute hü und morgen hott. Der Landtag ist kein Stammtisch, wo die Meinungen munter von der Uhrzeit und vom Pegelstand des Bieres abhängen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass wir solchen schlecht recherchierten, alle Schreckgespenster an die Wand malenden und schließlich in sich widersprüchlichen Anträgen zustimmen?!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in meiner Erwiderung zum schon erwähnten Antrag der NPD-Fraktion zum sofortigen Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr habe ich ausführlich zu den unterschiedlichen Positionen der demokratischen Fraktionen zu dieser Thematik Stellung genommen. Eine erneute Aufzählung dessen will ich mir heute daher ersparen. Ich will aber noch einmal deutlich unterstreichen, dass darin genau unsere Stärke besteht. Und da ist es völlig egal, ob Voigt noch Bundesvorsitzender der NPD ist oder Pastörs MöchtegernVorsitzender sein will. Wir, die demokratischen Fraktionen, meine Herren von der NPD, werden Ihnen so oder so die Stirn bieten.

(Raimund Borrmann, NPD: So wie bei der Wirtschaftskrise?)

Wir haben zunehmend gelernt, mit unterschiedlichen Positionen umgehen zu können und im Wissen darum den Meinungsstreit mit Wählerinnen und Wählern zu führen und gleichzeitig populistische Anträge der NPD abzulehnen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das haben Sie in der SED-Zeit gelernt.)

Unterschiedliche Positionen, Herr Andrejewski, da bin ich mir sicher, gibt es unter den Demokraten

(Stefan Köster, NPD: Seit wann sind Sie ein Demokrat? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

und unter Völker- und Verfassungsrechtlern auch hinsichtlich der Bekämpfung der Piraterie. Zunächst ist festzustellen – Herr Andrejewski, hören Sie zu, vielleicht lernen Sie noch mal etwas –,

(Stefan Köster, NPD: Sie haben doch die Grenze vor dem westdeutschen Faschismus geschützt! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

dass es sich hierbei um kein neues Phänomen handelt. Der Völkerrechtler von Heinegg stellt dazu in einem Interview bei „Welt online“ fest, ich zitiere: „Viele denken

bei Piraterie noch an das Klischee von Freibeutern mit schwarzer Augenklappe“

(Stefan Köster, NPD: Die vermisse ich bei Ihnen.)

„und Holzbein, also an ein historisches Phänomen. Das aber ist es nicht. Wir haben seit Jahren regelmäßig Hunderte bewaffnete Raubüberfälle, vor allem in asiatischen und südamerikanischen Gewässern. Die Zahl der Piratenüberfälle am Horn von Afrika ist allerdings tatsächlich in jüngster Vergangenheit eklatant gestiegen.“

(Gino Leonhard, FDP: Richtig.)

„Das hat mit dem Fehlen einer effektiven Regierungsgewalt in Somalia zu tun, die auch nur halbwegs in der Lage wäre, für Sicherheit zu sorgen.“

Die Zunahme der Piraterie – allein 2007 wurden weltweit 260 Kaperangriffe von Piraten auf Handelsschiffe gezählt – ließ den Ruf nach internationalen Lösungen laut werden. Auf Grundlage des internationalen Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und entsprechender Resolutionen des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 2008 entstand die EU-Mission „Atalanta“, die heute zur Abstimmung im Bundestag steht.

Die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz der deutschen Marine innerhalb dieser Mission sind verfassungsrechtlich umstritten. Zwei Strategien werden dabei diskutiert. Zum einen wird der Artikel 87a Absatz 2 des Grundgesetzes herangezogen, zum anderen wird auf Artikel 25 Grundgesetz in Verbindung mit dem Völkergewohnheitsrecht verwiesen. Besonders strittig dabei ist die Ermächtigung des EU-Beschlusses, dass Soldaten auch polizeiliche Aufgaben, wie Aufgreifen, Festhalten und Überstellen von Verdächtigen, durchführen dürfen. So strittig die verfassungsrechtlichen Fragen sind, so strittig sind auch die Positionen der demokratischen Parteien.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Peter Struck bewertet den Einsatz der Marine gegen Piraten als Kampfeinsatz, obwohl das aktuelle SPD-Programm dazu etwas anderes sagt. Der FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner kritisierte den Einsatz, ich zitiere, „als nach wie vor halbherzig“, denn, ich zitiere weiter, „eine aktive Rolle der Bundesmarine im Kampf gegen die Piraterie ist kaum zu erkennen.“ Ende des Zitats.

(Gino Leonhard, FDP: Ganz genauso ist es.)

Die Bundestagsfraktion der CDU begrüßt den Einsatz, während die Grünen von einem Armutszeugnis sprachen und forderten, dass das, ich zitiere, „Neben-, Durch- und Gegeneinander der Bündnispartner in drei verschiedenen Operationen besser koordiniert werden müsse.“ Der Sicherheitsexperte der Fraktion DIE LINKE im Bundestag Paul Schäfer kritisierte die Untergrabung der Kontrollrechte des Parlaments und sagte, ich zitiere: „Die informellen Zusagen der Bundesregierung und der bereits erfolgte Start der Mission ‚Atalanta‘ degradiert den Bundestagsbeschluss zu einer lästigen Formsache“. Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts dieser unterschiedlichen Positionen und Bewertungen bin ich persönlich nahe bei dem Leiter des ostafrikanischen Seeleuteprogramms Andrew Mwaguara, der sagte, dass das Problem allein militärisch nicht zu lösen sei. Vielmehr müsse die Ursache des Problems, die Armut, bekämpft werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages Robbe mahnte im Nachrichtensender N 24, ich zitiere: „Sonst macht dieser Einsatz keinen Sinn.“

Und hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir wieder zur NPD. Den antragstellenden Herren, das wissen wir aus der Programmatik der NPD, ihren historischen Wurzeln

(Michael Andrejewski, NPD: Wo sind denn Ihre historischen Wurzeln?)

und ihrem aktuellen Agieren, ist die Bekämpfung der Armut in Afrika letztendlich vollkommen egal.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: So ist es.)

Und auch deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss meiner Rede möchte ich – sicher auch im Namen aller demokratischen Fraktionen – den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die sich im Auslandseinsatz befinden, herzliche Grüße zum bevorstehenden Weihnachtsfest übermitteln.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es. – Udo Pastörs, NPD: Darauf warten die. – Michael Andrejewski, NPD: Wie wäre es mit einem Weihnachtswunsch? – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Verbunden sind diese Grüße mit der Hoffnung, dass sie bald und unversehrt in die Heimat zurückkehren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verbunden sind diese Grüße mit der Hoffnung, dass es die Gemeinschaft der Völker endlich lernt, dass sich auf Bajonettspitzen auf Dauer Frieden und Gerechtigkeit nicht erzwingen lassen. Mit „Friedensverpflichtung, Gewaltfreiheit“ ist der von uns gemeinsam in die Landesverfassung eingefügte neue Artikel 18a überschrieben. Machen wir diesen Verfassungsartikel zur Richtschnur unseres Handelns, dann haben die Feinde der Demokratie und der Verfassung keine Chance. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Stefan Köster, NPD: Dann müssen Sie ja Ihre Politik ändern.)

Danke schön, Herr Ritter.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der NPD Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Ritter, Sie bedienen sich einer Rhetorik, wie Sie das von den Amerikanern mittlerweile sehr gut gelernt haben anscheinend.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Helmut Holter, DIE LINKE: Das hat Herr Ritter gerade nicht! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das hat er nicht nötig! – Peter Ritter, DIE LINKE: Schreien Sie nicht so laut! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Sie schieben vor humanitäres Engagement und meinen damit die Stabilisierung der Ausplünderungsmöglichkeit durch internationale Fischfangflotten.

(Reinhard Dankert, SPD: Mein Großvater hat immer gesagt, wer schreit, hört auf zu denken.)

Ihr Bündnispartner George Bush …

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, Ihr Bündnispartner. Der Bündnispartner der Bundeswehr, einer Streitmacht, zu deren Staat Sie sich bekennen, sagt:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie wissen wirklich nicht, was Sie schwatzen. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)

We say what goes. Wir sagen, was abläuft.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das denken Sie sich so!)

Und der gleiche Mann sagt auch: Wer uns nicht die Türe öffnet, dem treten wir sie ein. Und hier liegt die Krux. Das hat Roosevelt schon vor vielen Jahren gesagt und das exekutiert die amerikanische Politik nach dem Zweiten Weltkrieg und ganz speziell nach dem Fall der Mauer ohne Grenzen weltweit, nicht nur in Somalia, nicht nur in Afghanistan, sondern weltweit.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum schreit der eigentlich so? Draußen hört Sie sowieso niemand, Herr Pastörs! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)