Trotzdem möchte ich hier auch einen Dank anbringen, und zwar einmal bei Frau Sorge und bei Frau Oberbeck, aber auch bei Ihnen, Frau Lochner-Borst, da wenigstens gewährleistet wurde, dass das im Ausschuss bei der Schlussabstimmung für uns alle überschaubar wurde.
Die Schulgesetznovelle ist eine Großbaustelle, die aus unserer Sicht mitten in der Arbeit von den Koalitionsparteien als beendet erklärt wurde. Großbaustelle, da sollte man ruhig überdenken, was wir damit meinen. Der Weg für die Selbstständige Schule ist noch nicht frei. Die FDPFraktion hat sich in den Beratungen zwar erfolgreich für die Zukunft der Förderschulen einsetzen können, aber viele von unseren Vorschlägen wurden schlicht ignoriert. Wir haben dabei von Anfang an klargestellt, dass wir eine Reform wollen und den Minister dabei unterstützen wollen, wenn er den Schulen mehr Selbstständigkeit geben will. Aber in der Novelle ist nicht drin, was draufsteht, meine Damen und Herren.
Angekündigt wird ein Gesetzeswerk, das den Schulen mehr Selbstständigkeit und den Eltern mehr Wahlfreiheit geben soll.
Dies gelingt, wenn überhaupt, nur an wenigen Stellen. Dazu einige Beispiele: Schülerbezogene Stundenzuweisungen, hier bleibt die Reform in ihrem Ansatz stecken, denn sie wird verwässert durch planwirtschaftliche Regelungen wie der Schulentwicklungsplan und die Schülermindestzahlen. Besonders kleine Schulen werden mit Neuregelungen zu kämpfen haben, da die Sockelbeträge für den Erhalt von kleinen Schulen insbesondere in der Fläche des Landes nicht ausreichen werden. Dies trifft Schulen in freier Trägerschaft umso mehr, da hier die kleinen Schulklassen zum Konzept gehören und zudem die Berechnungsgrundlagen immer noch nicht auf der gleichen Kostenrechnung beruhen wie bei Schulen in staatlicher Trägerschaft.
Meine Damen und Herren, wir fordern Chancengleichheit zwischen den staatlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft!
wir fordern Chancengleichheit, und zwar in finanzieller Hinsicht, aber natürlich auch für die Schulen in freier Trägerschaft, in staatlicher Trägerschaft, damit sie die gleichen Freiräume und die gleichen Möglichkeiten haben. Das ist natürlich die Voraussetzung. In der Beziehung haben Sie recht, aber das haben Sie in dem Gesetz nicht verwirklicht. Es muss endlich Schluss gemacht werden mit der Stigmatisierung Schule für Reiche auf der einen Seite und Restschule auf der anderen Seite.
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Das macht die CDU in Mecklenburg-Vorpommern auch, nur in anderen Bundesländern nicht.)
Elternbeiträge und Wartefristen dürfen nicht dazu dienen, das Land zu entlasten und Schulen in staatlicher Trägerschaft quer zu subventionieren. Zu den Berechnungsgrundlagen für die Ersatzschulfinanzierungen ist zu sagen, es wird höhere Belastungen für die Eltern geben. Wir brauchen eine vollständige Erfassung aller Kosten eines Schulbetriebes und eine Differenzierung nach Standorten. Eine Schule in Rostock muss anders alimentiert werden als eine Schule, die eine Versorgung in der Fläche leisten muss. Wir stellen klar, dass wir weder die Zügigkeit noch die Schülermindestzahlen festlegen wollen. Auch Beschränkungen auf die entsprechenden Jahrgänge machen keinen Sinn, wenn die Schule mit der Gesamtschülerzahl betriebswirtschaftlich selbstständig arbeiten kann. Wir wollen, dass Schulen sowohl bildungspolitisch, finanzpolitisch als auch strukturpolitisch tragfähig sind.
Schülerzahlen sind nur einer von vielen Parametern, die gegeneinander ausgewogen werden müssen. Wir fordern Qualitätsparameter, Schülermaximalzahlen, Beförderungskilometermaximalzahlen und Strukturentwicklungsmaximalzahlen! Schulen müssen nicht schließen, weil sie Schülermindestzahlen nicht erfüllen, sondern weil sie bei der Evaluation oder auch betriebswirtschaftlich scheitern. Wir brauchen keine Verordnungsbürokratie durch die Schulämter. Schulen müssen als Gesamtheit dabei in der Landesstruktur zu sehen sein. Deshalb ist auch dabei, den Erhalt von Schulstandorten zu berücksichtigen. Denn was das für eine Bedeutung hat, wenn in einem Grundzentrum wie Warin eine weiterführende Schule geschlossen wird, das haben alle gesehen, wie dann dort die Bevölkerungszahl zurückgegangen ist, und zwar trotz der Eingemeindung einer kleinen Gemeinde. Wir fordern deshalb auch, um die Schulbürokratie zu verhindern, die Aufhebung der Schuleinzugsbereiche! Schuleinzugsbereiche bleiben mit diesem Schulgesetz bestehen und damit gibt es keine freie Schulwahl.
Wir werden dieses Thema schon jetzt als Wahlkampfthema ankündigen und einen Paradigmenwechsel fordern. Wir schlagen vor, über schülerbezogene Zuweisungen Beförderungsmittel direkt an die Schulen zu geben. Schulen sollen ausschreiben können, wie sie den Schulverkehr organisieren wollen. Dies ist eine Loskopplung vom starren ÖPNV, schließt diesen aber nicht aus. Wir sparen Geld für überflüssige Schülerfahrkarten und unnötig lange Schulwege werden so besser vermieden. Schüler, die aus den Landkreisen kommen, können frei entscheiden, eine Schule in der angrenzenden Stadt zu wählen.
In diesem Zusammenhang fordern wir eine kostenfreie und sichere Beförderung für Schüler in der Erstausbildung und damit eine Gleichberechtigung für Schüler an Gymnasien und Berufsschulen. In einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern stellt der sichere und kosten
günstige Weg zur Schule eine besondere Herausforderung dar. In Zukunft besteht sonst weiterhin die Gefahr, dass die Standorte der Berufsschulen noch weiter auseinanderrücken. Hier muss eine entsprechende Mobilitätsunterstützung geschaffen werden.
Die vorhandene Infrastruktur muss den Bedürfnissen der Auszubildenden angepasst werden. Meine Damen und Herren, es gäbe noch viel zu sagen.
weil ich vor allem noch einmal klarmachen möchte, wie wir uns zu diesem Schulgesetz – hören Sie bitte gut zu –
verhalten wollen. Wir als Landtag haben die Wahl zwischen einer missratenen Schulgesetznovelle und dem alten Schulgesetz,
welches das Schulsterben noch mehr beschleunigt, die Einführung der Selbstständigen Schule behindert und die schülerbezogene Stundenzuweisung unmöglich macht. Bei dieser Wahl, die wir hier hätten, kann man sich eigentlich nur enthalten, denn das Alte kann nicht so bleiben und das Neue ist auch noch nicht richtig auf dem Weg.
Wir hoffen aber, dass wir durch diese Enthaltung deutlich machen, dass wir das Grundsätzliche der Selbstständigen Schule voll unterstützen, aber hier im Gesetz noch sehr, sehr viele Lücken sehen. Deshalb können wir uns in diesem Falle nur enthalten. – Danke schön, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so ein bisschen schwanger.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst, bevor ich zu meinen Ausführungen komme, vielleicht besonders für die beiden Herren der Opposition ein Zitat.
Ich zitiere: „Wie immer bei der Entscheidung von schulpolitischen Fragen scheiden sich die Geister. Es gibt Zustimmung, Vorbehalte, Kritiken. Das ist natürlich bei diesem wichtigen gesellschaftlichen Thema immer so
gewesen, ist heute so und wird auch so bleiben, unabhängig davon, welche Regierung Änderungen im Bildungsbereich vornahm oder vornimmt.“ Zitatende. Andreas Bluhm, 22.06.2005, zur neunten Änderung des Schulgesetzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Schulpolitik ist es manchmal wie beim Fußball. Von der Mannschaftsaufstellung bis hin zur Spieltaktik wissen 40 Millionen Deutsche bei jedem Länderspiel viel besser als der Bundestrainer, was richtig und was falsch ist.
(Harry Glawe, CDU: Ja, das ist so. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist so. Ja, das ist so. Beim Handball ist das auch so.)