Bei der Schulpolitik ist es ähnlich, nur, dass hier wirklich jeder etwas zu sagen hat, die direkt Betroffenen und selbstverständlich auch alle, die irgendwann einmal in ihrem Leben die Schule besucht haben. Aber so wichtig gerade bei diesem bedeutsamen Thema die breite und öffentliche Diskussion auch ist, irgendwann müssen Entscheidungen getroffen und Konzepte umgesetzt werden. Und es gibt wie immer Zustimmung, Vorbehalte und Kritiken.
Aber, meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, ich kann mich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass Sie nicht so recht wissen, was Sie inhaltlich eigentlich an diesem Gesetzentwurf kritisieren sollen.
Bei der Fraktion der LINKEN habe ich den Eindruck, dass sie bei einer rot-schwarzen Regierung eher erwartet hätte, wieder die alten Ideologiedebatten führen zu können. Ärgerlich nur, dass wir Ihnen dieses Podium nicht mehr bieten.
Und bei der Fraktion der FDP sind die Ausführungen auch in beide Richtungen positiv, negativ und schwer in einer Eindeutigkeit zu definieren. Hören Sie auf, den vermeintlichen Teufel im Detail zu suchen, den es gar nicht gibt!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich bei der Ersten Lesung davon sprach, dass wir Empfehlungen und konstruktiven Vorschlägen zum Gesetzentwurf offen gegenüberstehen, habe ich zugegebenermaßen nicht mit dieser Fülle von Änderungen am ursprünglichen Entwurf gerechnet. Aber wer sich wirklich die Mühe macht und die Beschlussempfehlung des Ausschusses mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung vergleicht, der muss eingestehen, dass der inhaltliche Kern, um einige Empfehlungen von Experten erweitert, geblieben ist,
nur an einigen wenigen Stellen gibt es tatsächliche Veränderungen. Das Bildungsministerium mit Henry Tesch an seiner Spitze hat also im Gegensatz zu dem, was Herr Holter hier heute Morgen behauptet hat und woran Herr Kreher eben in seiner Rede angeschlossen hat, eine sehr gute Vorlage für uns geliefert.
Für meine Fraktion stand und steht die Selbstständige Schule und die schülerbezogene Mittelzuweisung im Zentrum dieser Gesetzesnovelle.
Selbstständige Schule, das ist ein tatsächlicher Philosophie- und Paradigmenwechsel in der Schulpolitik.
Ganz gezielt setzt sie auf Kooperation und Partizipation, sie bezieht Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie die Träger der örtlichen Jugendhilfe ein.
Dabei liegt natürlich der Schwerpunkt einer konstruktiven Mitwirkung vor allem bei den Schülerinnen und Schülern, denn es geht um die Entwicklung ihrer Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit. Dazu werden sie angemessen an den Fragen von Unterricht und Erziehung beteiligt. Die Selbstständige Schule erhält Freiräume, aber sie muss ihre Arbeit regelmäßig überprüfen, bewerten und kontinuierlich an ihren Zieldefinitionen arbeiten. Dabei werden sie nicht alleine gelassen, sondern durch die Schulbehörde begleitet.
Einer dieser Freiräume wird sich bei der Ausgestaltung der Stundentafeln finden. Natürlich gibt es ein vorgegebenes Kontingent, das bundesweit geltenden Standards entsprechen muss, aber über die Verteilung der Unterrichtsstunden kann selbst entschieden werden. Das schafft Platz für individuelle Förderung, fächerverbindenden und fächerübergreifenden Unterricht. Dafür erstellt die jeweilige Schule eine interne Stundentafel, über die alle Beteiligten, also die Schulkonferenz befindet. Hier wird noch einmal deutlich, was der Minister bereits in seiner Rede ausgeführt hat. Wir regeln das Notwendige, aber wir machen keine Detailvorgaben mehr.
Die schülerbezogene Mittelzuweisung ist für die Einführung der Selbstständigen Schule konsequent und folgerichtig. Wir wollen, dass einzelne Kinder, dass jedes einzelne Kind mit seinen individuellen Möglichkeiten ins Zentrum dieser neuen Bildungsphilosophie gestellt wird. Und dazu braucht es neben einer soliden Grundausstattung an Stunden natürlich auch seinen eigenen Stundenrucksack. Und außerdem, das wird sich zeigen, Herr Bluhm, wird der Wechsel vom Bandbreitenmodell zur schülerbezogenen Mittelzuweisung mehr Gerechtigkeit und Chancengleichheit mit sich bringen.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion und ich ganz persönlich freuen uns sehr darüber, dass die Beförderung der Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe sowie der Jahrgangsstufe 13 der Fachgymnasien, wie im ursprünglichen Entwurf des Bildungsministeriums vorgesehen, unverändert aufgenommen wurde.
Weniger erfreulich war und ist, wie wir heute wieder gesehen haben, die Diskussion um die Finanzhilfen für Schulen in freier Trägerschaft. Hier ziehen sich unterschiedliche Standpunkte quer durch die Fraktionen. Dass aber gerade Herr Holter heute Morgen diese Demonstration der Schulen in freier Trägerschaft als Generalkritik an der Gesetzesnovelle umgedeutet hat, das halte ich, mit Verlaub gesagt, für lächerlich.
Die Debatte um die Schulen in freier Trägerschaft hat leider an manchen Punkten der Diskussion die Kernpunkte der Gesetzesnovelle, die ich eben genannt habe, überlagert.
Aber sie war auch wichtig für alle Beteiligten. Mit dem nun vorliegenden, ich will es Kompromiss nennen, wird das Finanzhilfeverfahren transparenter und die Schulen in freier Trägerschaft werden im Vergleich mit den staatlichen Schulen gleichmäßig ausgestattet.
An dieser Stelle möchte ich eines grundsätzlich für meine Fraktion festhalten: In dieser CDU-Fraktion gibt es nicht, wie von vielen behauptet, Gegner oder Gegnerinnen von Schulen in freier Trägerschaft. Wir sind aber dazu angehalten, in diesem Land für ausgewogene Verhältnisse zu sorgen. Der freie Zugang zur Bildung für alle ist ein hohes Gut und eine große Errungenschaft in Deutschland. Daran wollen wir gemeinsam festhalten.
Meine Damen und Herren, ich zitiere: „Wir dachten immer, wenn wir Eins kennen, dann kennen wir auch Zwei, denn Eins und Eins sind Zwei.“
„Jetzt kommen wir langsam darauf, dass wir noch eine ganze Menge mehr über ,und‘ lernen müssen.“ Dieses Zitat setze ich heute ans Ende meiner Ausführungen. Wir haben in diesem Gesetzgebungsverfahren wieder etwas über das Und gelernt. Und es bleibt noch eine Menge mehr. Wir haben seit der Ersten Lesung konstruktive Vorschläge in die Schulgesetznovelle einfließen lassen und auch Empfehlungen der Expertenkommission finden sich wieder. Ein weiterer wichtiger Schritt in die Wissensgesellschaft ist gemacht. Lernen wir weiter und gemeinsam über dieses Und! Setzen wir Gelerntes gemeinsam um! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion lehnt das Schulgesetz trotz aller Änderungsvorschläge und Diskussionen in Gänze ab. Ja, wir halten es sogar für verfassungswidrig.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh! Das ist ein Experte. – Ilka Lochner-Borst, CDU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Das Grundgesetz sieht eindeutig das Primat der Erziehung bei den Eltern. Sie versuchen auf kaltem Wege mit diesem Schulgesetz, die Erziehungskompetenz in die Hände der Schule und damit des Staates zu legen. Sie strapazieren die Rolle der Schule nach unserer Auffassung über. Sie wollen die Familie abschaffen, um das auf den Punkt zu bringen. Das ist eine Forderung, die in der Bundesrepublik seit den 68ern jetzt seit 40 Jahren gepredigt wird. Und Sie sind auf dem besten Weg dahin.
Die Familie galt in den 68ern als unkontrollierbarer Hort faschistischer Ideologien, weil hier Hierarchie und Tradition herrscht. Es ist eben nur interessant, Herr Dr. Jäger, dass auch die CDU diesen Unsinn, den sie noch vor 20 Jahren selbst bekämpft hat, heute mit durchsetzt.
Und dann tut man noch so, als handele es sich um eine Schulweiterentwicklung. Die Familie produziert jede Einstellung, die die Menschen für blinde Unterwerfung anfällig macht. Das hat der Genosse Horkheimer Ihnen ins Stammbuch geschrieben.
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Oh, wer ist das? Können Sie mir das mal erklären? – Zuruf von Harry Glawe, CDU)