Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Genderpolitik, Schulgesetz, das ist alles aus einem Guss und gut vorbereitet. Bereits 1975 hatte die damalige linksliberale Bundesregierung in einem Sachverständigenbericht die Abschaffung der Familie angedeutet,

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Ilka Lochner-Borst, CDU)

der man eine mangelhafte Sozialisationsqualität attestierte.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Immer diese Fremdwörter. Das ist schlimm, ne?)

In ihrem Bericht könnten nicht genug soziale Kontakte gepflegt werden. Die Prägung der Kinder soll nicht durch Eltern und Großeltern erfolgen. Nach Ansicht der Kommission zeige die Familie eine totalitäre Erziehungseinwirkung und führe zu gesellschaftlicher Isolierung, weswegen die Kontrolle des elterlichen Erziehungsverhaltens angestrebt werden müsse.

(Zuruf von Detlef Müller, SPD)

Störend sei, dass die Vorstellung von unzerstörbarem Elternrecht auf Erziehung in der Bevölkerung noch ziemlich verbreitet ist.

(Dr. Harald Ringstorff, SPD: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Alternativen zur herkömmlichen Organisationsform der Familie seien zu entwickeln. Das heißt also, die Bevölkerung war noch nicht sturmreif geschossen von Ihren ideologischen Geschützen. 1975 waren noch 82 Prozent der Mütter mit ihrer Rolle der Kindererziehung sehr zufrieden. Auch das können Sie in dem damaligen Bericht der SPD-FDP-Regierung nachlesen. Das müsste man natürlich ändern. Ihr unerträgliches Emanzengeschwätz hat die Mütter erst von ihrer Mutterrolle entfremdet. Und nun ist die Zeit reif, wo Sie in Ihrem neuen Schulgesetz die Erziehung dann allmählich in die Hände des Staates geben können.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Vor diesem Hintergrund muss man Ihr Schulgesetz sehen. Sie wollen die volle Kontrolle über die Menschen erreichen. Die NPD steht inzwischen als einzige Partei für die Familie.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Ministerin Manuela Schwesig)

Zitat: „Jedes Kind braucht Vater und Mutter zu seinem Glück, alles andere ist Selbstverwirklichungs-Quark“, titelte vor einigen Jahren „Die Welt“. Lassen Sie die Finger von den Familien, überlassen Sie die Erziehung den Eltern und sorgen Sie dafür, dass die Schulen so ausgestattet werden, dass sie ihrem Bildungsauftrag gerecht werden können und die deutsche Jugend qualifizieren!

Wir haben es bei diesem Schulgesetz einmal mehr mit einer Pädagogisierung der Gesellschaft zu tun und bewegen uns weiterhin zum betreuten Menschen, der von der Politik entmündigt wird.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Nicht das Leben beeinflusst die Schule, sondern die Schule bestimmt das Leben und dringt immer weiter in die Bereiche des Lebens ein. Der Weg zur Ganztagsschule, den Sie hier gehen wollen, zeigt dies deutlich auf.

Diese Verschulung des Lebens hat eine Verengung der privaten Spielräume zur Folge. Der Staat greift auf Bereiche zu, die bisher den Familien überlassen waren.

(Heike Polzin, SPD: Das ist ja das Problem.)

Defizite einzelner Familien werden dazu missbraucht, den Verfügungsbereich dieser kleinsten Einheit im Volk zu zerstören. Sicher gibt es Kinder, die einer ganztägigen Betreuung bedürfen. Sie machen diese Betreuung aber zum Regelfall. Die NPD spricht sich für die Selbstbestimmung der Familien aus. Die Eltern haben zu entscheiden, ob sie sich um die Kinder kümmern wollen, ob sie ihnen private Angebote nach der Schule zur Förderung in Sport oder Kultur unterbreiten oder ob sie dies der Schule überlassen wollen. Schule kümmert sich mit dem neuen Schulgesetz nicht mehr in erster Linie um ihre klassischen Aufgaben. Kritiker sprechen von einer Entschulung der Schule. Der Philosoph und Erziehungswissenschaftler Professor Brenner stellt zu Recht fest: Während in der Schule immer weniger von dem getan wird, was zur Aufgabe von Schule gehört, wird in der Gesellschaft immer mehr von dem angeboten, was ursprünglich seinen Platz in der Schule hatte.

(allgemeine Unruhe)

Diese Entwicklung findet ihren allgemeinen Ausdruck in allgemeinen Konsensformeln wie „lebenslanges Lernen“ oder „Lernen lernen“,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Lernen, lernen, nochmals lernen! – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

gegen die Widerspruch einzulegen in der öffentlichen Debatte niemand mehr wagt. Dass aber der Mensch lebenslang lernen müsse, so Brenner, sei banal und lenke vom eigentlichen Problem ab.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Irene Müller, DIE LINKE: Ja, ja!)

In Wirklichkeit heißt die Formel des lebenslangen Lernens nämlich: die Pädagogisierung weit über die Schule hinaus bis ins Erwachsenenleben.

Helmut Schelsky sprach bereits in den 60er-Jahren von einer schrankenlosen Ausdehnung des pädagogischen Anspruchs, die zu einer totalitären Pädagogisierung des Menschen und der Gesellschaft führe. Sie wollen den Menschen sagen, wie sie sich verhalten sollen, was sie richtig und falsch finden sollen. Mit Freiheit, Herr Kreher, hat das nichts zu tun. Wir lehnen diesen Schulgesetzentwurf ab, denn er hilft nicht den Familien, nicht den Kindern und nicht den Lehrern. Er stellt private Schulinitiativen schlechter und macht aus dem Schulapparat einen Kontrollapparat.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja.)

Er baut neue bürokratische Hürden auf. Sie werden in ein paar Jahren vor dem Scherbenhaufen dieser Politik stehen. Leider müssen die Schüler diese unsägliche Politik ausbaden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt für die Fraktion der CDU.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, der Experte kommt.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte nähert sich langsam dem Ende und ich habe auch nicht vor, die mir noch zustehenden 30 Minuten auszunutzen.

(Egbert Liskow, CDU: Schade! – Michael Andrejewski, NPD: Bravo! – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Ja, auch darauf würde ich dann vielleicht separat im Gespräch, Herr Bluhm, mit Ihnen noch mal eingehen, denn die Aktion geht auf jeden Fall weiter. Insofern halte ich das für sehr wichtig.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich möchte zu Beginn, meine Damen und Herren, auf Sie eingehen, Herr Lüssow. Ich habe eben die ganze Zeit überlegt, zu welchem Tagesordnungspunkt Sie eigentlich gesprochen haben. Es ist mir nicht aufgefallen und insofern hätten Sie auch uns einen Gefallen getan, wenn Sie ein wenig mehr zu dem eigentlichen Schulgesetz gesprochen hätten.

(Stefan Köster, NPD: Das hat er.)

Wenn das am Ende …

(Stefan Köster, NPD: Sie haben sich das Schulgesetz nur nicht durchgelesen, Herr Reinhardt. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Ich habe mir das Schulgesetz sehr wohl durchgelesen. Hören Sie doch erst mal zu, was ich sage, bevor Sie meckern! Das würde doch gehen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und ich will dazu nur eins sagen: Es ist auch für uns selbstverständlich, dass natürlich die Erziehung zuerst im Elternhaus bei den Eltern stattfindet und von dort auch festgelegt wird. Aber überall da, wo Menschen mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, findet selbstverständlich auch Erziehung statt. Und das ist nun mal zum großen Teil in der Schule.

(Zuruf von Birger Lüssow, NPD)

Insofern finde ich es richtig, dass wir das in dem Gesetz geregelt haben.

Wir führen mit dem Gesetz heute, wenn wir es denn jetzt so, wie Herr Bluhm schon prophezeit hat, beschließen, die Selbstständige Schule ein. Ab dem Schuljahr 2009/2010 und ein Jahr später 2010/2011 wollen wir mit der freien Schulwahl beginnen. Wir sind der Meinung als Koalition, dies wird zu mehr Möglichkeiten für alle führen, für alle an Schule Beteiligten. Schüler, Lehrer, Schulträger, Eltern können gemeinsam Schule und Bildung gestalten.

Wir haben, vieles wurde heute schon gesagt, deshalb kann ich mich an einigen Stellen sehr kurz fassen, von der Anhörung gehört und, wie ich finde – wir haben dort sieben oder acht Stunden, glaube ich, beieinander gesessen –, sehr aufmerksam die Vorschläge der zahlreichen Anzuhörenden entgegengenommen und, wie wir in der Debatte danach bemerkt haben, unterschiedlich akzentuiert und auch unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Die Koalition ist dann zu 47 Änderungsanträgen gekommen. Den Vorwurf, der hier immer laut wird, der Entwurf der Regierung war zu schlecht, weil wir so viele Änderungsanträge eingereicht haben, kann man so nicht gelten lassen. Ich stelle mir immer die Frage, was gewesen wäre, wenn wir nur zwei eingereicht hätten.

(Michael Roolf, FDP: Dann wäre es gute Vor- arbeit gewesen. Das nennt man gute Vorarbeit.)

Dann hätte es wahrscheinlich andersherum geheißen: Die Koalitionsabgeordneten haben sich nicht mit dem Thema beschäftigt und haben auch aus der Anhörung keine Ideen und Anregungen aufgenommen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wenn wir anhören, dann nehmen wir das ernst.)

Richtig, so ist es.