Ich wünsche mir, dass die Ästhetik des Wohn-, Arbeits- und Lebensumfeldes allen Menschen so wichtig wird, dass es für sie zum Selbstverständnis gehört, sich in die Prozesse einzubringen, die ihre Stadt oder ihr Dorf betreffen. Das würde uns beispielsweise im Stadtumbau oder auch in der Dorfentwicklung sehr viel weiterhelfen. Bürgerinnen und Bürger müssen informiert sein, um sich für die Ortsentwicklung starkzumachen. Wir wollen, dass die Demokratie gelebt wird. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir die Initiative Baukultur fortführen, Zwischenbilanz ziehen und neue Aufgaben abstecken. Meine Fraktion und ich stimmen dem Antrag zu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die fünf Zeilen des Antrages angucken, dann hat mich das schon überrascht, wie lange man darüber reden kann,...
... und zwar, dass der Landtag beschließen möge, dass wir begrüßen sollen, zu unterrichten. Das ist wirklich geil. Aber lassen Sie mich …
(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist aber ein Koalitionsantrag, Herr Timm.)
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, bitte. Ja, natürlich. Selbstverständlich.)
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das habe ich so verstanden. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Oh ja, das haben wir so verstanden. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Ich will hier aber bitte auch nicht falsch verstanden werden, schon gar nicht von unserem Minister. Lassen Sie mich drei grundsätzliche Bemerkungen dazu machen:
Baukultur kann nach meinem Dafürhalten – und ich bin diplomierter Ingenieur, also darf ich dazu vielleicht ein Wort sagen – nicht verordnet werden.
Es muss ja was gemacht werden können, sonst hätten wir nicht so lange darüber reden können. Aber die Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, dass eine gute Baukultur umgesetzt werden kann.
Dann ist auch noch zu bemerken, man kann nicht davon reden, alles, was gut ist, ist Baukultur. Baukultur ist grundsätzlich alles, auch der Ernte-Kindergarten E 61 mit Holzwolle, Sauerkrautplatten, zementgebunden, und mit einem Wellasbestdach stellte Baukultur zu einer gewissen Zeit dar. Ob sie uns gefällt oder nicht gefällt, spielt dabei gar keine Rolle. Baukultur ist alles.
Ich habe dann noch vernommen, Vorhandenes prägen, Modernes befördern. Moderne wird immer die Baukultur der Zeit sein. Ich weiß es jetzt nicht, aber ich will es einmal anmerken, und zwar, wie wir das Ingenieurgesetz, das Ingenieurkammergesetz 1992 gemacht haben – keiner hier, der das weiß –,
da gab es einen ganz erheblichen Disput da drüben in dem Saal, wo es immer Häppchen gibt. Da gab es einen erheblichen Disput über Baukultur. Da stand ein Mensch auf und beschimpfte einen anderen Menschen und fragte den, ob denn seine viereckigen Kuben, die er in die Gewerbegebiete als Einkaufshallen stellt, ob er die nun als besondere, architektonisch gelungene Leistung verkaufen will. Auch das ist Baukultur. Ob sie uns gefällt oder nicht, steht auf einem ganz anderen Stück Papier. Aber wir haben diese Dinge überall im Lande stehen. Wenn wir das schöne reetgedeckte Fachwerkhaus baukulturell anders bewerten, dann ist das völlig in Ordnung. Es ist halt ein Bauwerk aus einer anderen baukulturellen Zeit. Deshalb sollte man, und da nehme ich mich jetzt mit rein, nicht so viel darüber reden, denn Baukultur ist abhängig vom Geld.
Wenn wir heute davon ausgehen und sagen, wir wollen unsere schönen alten Städte aufmotzen, und wir stellen immer wieder fest, dass mehr verloren geht, als wir in
der Lage sind zu erhalten, das ist ja ein Problem, dann liegt es schlicht und ergreifend daran, dass wir kein Geld haben oder nicht genügend Geld haben, das zu machen.
Wenn Frau Lück hier bemerkt hat, Baukultur ist alles, das sage ich auch. Auch die gestaltete Brücke ist Baukultur, die Landschaft ist Baukultur, all das, die Gesamtheit des Bauens ist Baukultur. Deshalb sollte man nicht so viel darüber reden, sondern sollte sich bemüßigen und befleißigen, eine gute Baukultur umzusetzen – und die Moderne ist die Baukultur dieser Zeit – sowie alte Stücke wieder aufzupolieren, sie aufzubessern. Ich bin zum Beispiel ganz, ganz doll froh, dass das Land MecklenburgVorpommern sich des Schlosses Bothmer angenommen hat, weil das ein ganz, ganz wichtiger Meilenstein unserer gelebten Baukultur ist. Das ist schön, dass wir so etwas machen. Dabei sollte es auch bleiben.
Herr Minister, wenn Sie sagen, dass wir den Bericht möglichst früh bringen, dann kann ich das nur unterstützen und kann sagen, ich hoffe, dass das alles klappt. – Danke schön.
(Jörg Heydorn, SPD: Wir wollen Kreher! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)
Herr Minister Schlotmann hat, denke ich, zu Recht eine Frage aufgeworfen, wo es denn angemessen und richtig ist, dieses so wichtige Thema zu erörtern. Da stelle ich mir dann in der Tat die Frage, wenn ich so in die Runde hineingucke, ob das jetzt hier das richtige Gremium ist. In einer recht entspannten Atmosphäre bei erhöhter Heiterkeit sich diesem Thema zuzuwenden, halte ich dann doch eher für fraglich.
Herr Minister Schlotmann, genau so ist unser Änderungsantrag gemeint gewesen. Ich halte, gerade wenn ich hier so in den Saal hineingucke und mir die Qualität unserer Disziplinierung anschaue, es eher für gegeben und angemessen, in einem Ausschuss, während einer Anhörung mit den Experten, mit denen, die es wirklich interessiert, mich darüber zu unterhalten,
Aus diesem Grund ist es, denke ich, nicht angemessen, hier überhaupt noch ein Stückchen sich dem Inhalt zuzuwenden, denn das, was hier gerade abläuft, ist eines Parlaments unwürdig
und das haben wir als FDP-Fraktion auch sehr klar und sehr deutlich zu kritisieren. Das, was wir wollen, was wir immer noch wollen, ist, Herr Minister, wenn Sie es ernst meinen
und wenn Sie das, was Sie anbieten, in die Ausschüsse hineinzugehen und in den Ausschüssen die Gespräche zu führen mit den Interessierten, sie an einen Tisch zu holen, um der Baukultur wirklich die Wertschätzung zu geben, die Baukultur auch verdient hat, dann sollten Sie den Weg mit uns gemeinsam gehen, den wir vorschlagen, nämlich erst in den Ausschüssen darüber sprechen, sich erst mit den Experten eine gemeinsame Meinung über diesen Wert und über diese Gesamtsituation zu schaffen,
um dann abschließend hier im Parlament das, was dort beschlossen worden ist und besprochen worden ist, zu präsentieren.
Ich sage Ihnen heute voraus, wenn Sie diesen Weg gehen, dann werden wir in einem halben oder in einem dreiviertel Jahr, wenn Sie das vorstellen, ein ähnliches Kasperletheater erleben, wie wir es hier jetzt gerade erleben. – Vielen Dank.