Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, die Auffassung zwischen den LINKEN und uns in Bezug auf die Leiharbeit ist bekannt und schon oft genug im Parlament gewesen. Meiner Meinung nach wägt sie nicht etwaige Vorteile mit etwaigen Nachteilen ab, nein, ich denke, sie lehnt Zeitarbeit vom Grundsatz her ab.
Ein entscheidender Unterschied in der Betrachtungsweise der Zeitarbeit zwischen CDU und LINKEN liegt darin, dass seitens der LINKEN die Ausnahmen nicht zugelassen werden und stattdessen nur die Regel gelten sollte, sprich die Festeinstellung.
Es ist nun einmal das Wesen und das Ziel der Zeitarbeit, dass diese hilft, saisonale und konjunkturelle Schwankungen ausgleichen zu können, um seitens der Unternehmer flexibel auf die Veränderungen reagieren zu können. Diese Flexibilität, und auch das gehört zu den Wahrheiten, ist nun einmal im Rahmen der Zeitarbeit besser zu erreichen, als es allein mit dem Stammpersonal möglich wäre. Natürlich wird an dieser Stelle niemand leugnen, dass sich bei einer freien Entscheidung aus reiner Arbeitnehmersicht wahrscheinlich eine Mehrzahl für die Festeinstellung aussprechen würde. Aber stellen wir doch das Prinzip der Zeitarbeit nicht in eine Schmuddelecke, in die sie nun wahrlich nicht gehört.
Klar ist, meine Damen und Herren, Zeitarbeit bietet für den Arbeitnehmer eine Vielzahl von Vorteilen. Die Zahlen belegen es eindeutig.
Zwei Drittel der Mitarbeiter in sogenannten Zeitarbeitsfirmen waren vor dem Eintritt in ein Arbeitsverhältnis arbeitslos.
Zeitarbeit ist somit eine Einstiegschance für Menschen ohne Beschäftigung und auch ein aktiver Beitrag zur Überwindung von Arbeitslosigkeit.
Meine Damen und Herren, es ist doch oftmals nicht die Frage, ob jemand entweder eine Fest- oder Zeiteinstellung annehmen kann, nein, die Frage, denke ich, ist vielmehr, ob jemand die Chance zur Zeitarbeit oder gar keine Arbeit erhält. Ich finde es nicht sachgerecht, wenn von Teilen in der politischen Diskussion immer wieder versucht wird, den Anschein zu erwecken, dass Zeit- oder Leiharbeit in einer Art rechtsfreiem Raum agiert, in dem frühkapitalistische Zustände herrschen. Wir sehen das nicht zuletzt an der in dem Antrag erwähnten Richtlinie, die seitens des Europäischen Parlaments im Oktober des vergangenen Jahres verabschiedet worden ist. Diese sichert den Leiharbeitnehmern europaweit Mindeststandards für Arbeitsbedingungen. Die Betonung
liegt auf „europaweit“, denn in Deutschland sind wir in Teilen schon weiter. Wobei wir auch an diesem Punkt immer wieder zur Grundsatzfrage zurückkehren: Ist der Staat für die Setzung von Lohn- und Tarifstandards verantwortlich oder wird diese besser und effizienter in altbewährter Weise durch die Tarifpartner übernommen? Ich plädiere eindeutig für Zweitgenanntes.
Im konkreten Fall der Leiharbeit in Deutschland ist festzustellen, dass beispielsweise die Tarifbindung in dieser Branche weit über dem Durchschnitt anderer Branchen liegt. Und auch der Richtliniengrundsatz der Europäischen Union, der gleiches Geld für gleiche Arbeit fordert, ist in Deutschland bereits seit 2004 Grundsatz.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht. Das stimmt doch überhaupt nicht, was Sie erzählen. Sie erzählen hier einen Quark! – Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht.)
Wohl weiß ich aber, hören Sie bitte zu, dass von diesem Grundsatz abgewichen werden kann und wird. Aber auch hier sind die Sozialpartner in der Pflicht, nehmen ihre Aufgaben wahr und stimmen Abweichungen in ihren Vereinbarungen ab.
Zusammenfassend, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann man sagen, dass die vorgeschlagene EURegelung in Deutschland bereits größtenteils im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz enthalten ist.
Mit der seitens der Großen Koalition am 12.01.2009 eingeführten Lohnuntergrenze für rund 700.000 Leiharbeiter in Deutschland ist zudem ein weiterer Schritt zur Setzung von Sozialstandards unternommen worden. Für die CDU kann ich Ihnen sagen, dass es nicht unser politisches Ziel ist, die Voraussetzungen für Beschäftigung dadurch zu beschränken, dass Maßnahmen über die seitens der EU vorgeschlagenen hinaus eingeführt werden.
Es ist nicht das politische Ziel der CDU, Zeitarbeit unattraktiv und bedeutungslos zu machen, und es ist auch nicht das Ziel der CDU, die Zahl der Arbeitslosen durch entsprechende Schritte in die Höhe zu treiben.
Ziel der CDU, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist und bleibt es, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu stärken und somit nachhaltig Arbeitsplätze zu sichern. Dafür müssen die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt werden, und das auch in der Zeitarbeitsbranche. Die notwendige Flexibilität erhöht dabei die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und schafft damit einen wichtigen Beitrag, um den genannten Zielen einen Schritt näher zu kommen. Das, was Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN, in Ihrem Antrag fordern, hätte bei Annahme aus meiner Sicht in der Konsequenz den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den hier vorliegenden Antrag der LINKEN kann man eigentlich mit einem Wort oder mit zwei Worten zusammenfassen: die böse Leiharbeit!
Das, was Sie hier wieder versuchen zu instrumentalisieren, nämlich den Entschluss des Europäischen Parlaments, geht inhaltlich völlig am Ziel vorbei. Und es ist, wie ich finde, auch irgendwann ein langweiliger Versuch, Ihre ideologischen Vorstellungen von der Leiharbeit und Ihre ideologischen Dogmen, die Sie zu dem Thema haben, immer wieder ins Parlament reinzubringen.
Die Leiharbeit hat in der Bundesrepublik Deutschland, ganz aktuelle Zahlen habe ich nicht, etwa 750.000 Menschen in Arbeit gebracht.
Herr Kollege Waldmüller hat es zu Recht gesagt, mehr als 60 Prozent dieser Menschen waren vorher arbeitslos. Das sollten wir erst einmal als einen Fakt festhalten.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich denke, Sie wissen die Zahlen nicht. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)
Die Leiharbeit hat dazu beigetragen, dass Überstunden in den Unternehmen abgebaut wurden. Das ist ein Fakt.
Die Leiharbeit hat dazu beigetragen, dass sie ein Teil eines aktiven Instrumentes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist. Die Leiharbeiter sind nicht nur billige, einfache, dumme Hilfskräfte,
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Es ist so, dass Stammarbeitsplätze mit einbezogen werden. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Man schätzt heute, dass etwa 30 Prozent der neu geschaffenen Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt Stellen sind, die über die Zeitarbeit in dauerhafte Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Die Zeitarbeit ist für viele der erste wichtige und entscheidende Schritt in eine dauerhafte Beschäftigung. Und deshalb ist es genau für diese Menschen nicht hilfreich, wenn Sie weiterhin in dieser Art und Weise Zeitarbeit an den Pranger stellen und Zeitarbeit als das Böse darstellen. Zeitarbeit wird
auch weiterhin eine hohe Attraktivität haben, weil sie einfach flexibel ist. Der Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland ist speziell im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes von einer hohen Unflexibilität geprägt, sodass wir Zeitarbeit noch lange benötigen und auch noch ausbauen werden, solange wir so ein Arbeitsrecht in der Bundesrepublik Deutschland haben, wie wir es im Augenblick haben.
Ein zweiter Bereich, den möchte ich Ihnen auch noch gerne ins Stammbuch schreiben, ist diese Art von Bevormundung und Eingriff, die Sie hier in Ihrem Antrag gerne hätten, das ist ad 1 ein Eingriff in die Tarifautonomie und ad 2 ein Eingriff in die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.