(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Doch. – Irene Müller, DIE LINKE: Sie haben gerade gesagt, es gibt Bereiche, die nicht bezahlen.)
Ich habe zu Herrn Koplin gesagt, dass man in Kulturkooperationsräumen denken und diskutieren sollte, um Kunst und Kultur finanziell weiter zu ermöglichen, und dass das kein abgeschlossener, sondern ein offener Prozess ist, weil er an einer Stelle gesagt hat, das ist einfach abgeschlossen und festgelegt.
In den Gesprächen wurde und wird mir immer wieder bestätigt, dass das Theater- und Orchesterpapier der Landesregierung von den Theaterträgern als wichtige Grundlage für die weitere Gestaltung der Theater- und Orchesterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern gewertet wird. Auch wirkt die Fortschreibung der Theaterfinanzierung des Landes innerhalb des Finanzausgleichsgesetzes – auch das machen wir uns mal deutlich – mit der Mechanik des FAGs, weil es die eine oder andere Stimme gibt, die sagt, sehr geehrter Herr Minister, wir können anfangs ja ein bisschen mehr reinlegen, aber dann nehmen wir es aus dem FAG. Das kann nur jemand sagen, der entweder Hintergedanken hat oder meint, der Minister wüsste nicht, wie das FAG funktioniert. Also insofern, finde ich, hat die Landesregierung, haben die Abgeordneten hier sehr bewusst gesagt, wenn wir das machen, dann ist es sozusagen die Fortschreibung der Theaterfinanzierung des Landes innerhalb des Finanzausgleichsgesetzes, und das wird mehrheitlich ausdrücklich begrüßt. Damit basiert die Landesfinanzierung für die Theater und Orchester bereits jetzt auf einer gesetzlichen Regelung. Ein separates Theater- und Orchestergesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern ist wirklich nicht nötig, auch im Zusammenhang mit Deregulierung.
Vor allem aber hat die Veröffentlichung des Diskussions- und Eckpunktepapiers der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern einen überregionalen bis landesweiten Gesprächsprozess der Theaterträger und der Theaterleitungen untereinander in Gang gesetzt. Davon können Sie wirklich definitiv ausgehen. So zeichnet sich zum Beispiel für den Theaterstandort Neubrandenburg/Neustrelitz eine tragfähige Lösung ab. Und ob der eine oder andere dann dabei sein will oder nicht, das wird er entscheiden. Nur, auch da sage ich noch mal ganz deutlich, wir reden mit dem Rechtsträger dort. Da ist ein Landkreis, der hat im Übrigen eine Menge Verbindlichkeiten. Auch dort, ich will das jetzt nicht ökonomisch ausweiten, gibt es bestimmte Chancen in diesem Konzept, und das hat der Landkreis für sich sehr wohl erkannt. Deshalb werden wir diese Gespräche auch weiterführen.
Natürlich war und ist allen Beteiligten klar, dass die notwendigen strukturellen Veränderungen nicht ganz problemlos umzusetzen sind und ein hohes persönliches Engagement der Akteure erfordert. Die Landesregierung wird deshalb konstruktive Ideen uneingeschränkt unterstützen und gemeinsam mit den theater- und orchester
tragenden Kommunen die Lösung auftretender Probleme innerhalb der vorgegebenen Rahmenbedingungen in Angriff nehmen. Auch dort gibt es viele Einzelfragen, wie Sie sich vorstellen können.
Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern, Grundlagen für die Sicherung eines ausgewogenen Theater- und Konzertangebotes in den Landesteilen Mecklenburg und Vorpommern zu schaffen und koordinierend auf die Strukturveränderungen Einfluss zu nehmen. Sie wissen, dass gerade aus dem Kulturkooperationsraum II mit Blick auf den Kulturkooperationsraum I bestimmte Wünsche da sind, wenn man sich das im Gesamtkonzept anguckt. Auch das muss man sich in dieser Diskussion ansehen.
Das Ziel besteht darin, inhaltlich, personell und finanziell tragfähige Theater- und Orchesterstrukturen zu schaffen. Das Diskussions- und Eckpunktepapier der Landesregierung bietet dafür eine hervorragende Grundlage. – Herzlichen Dank.
Die angemeldete Redezeit wurde überschritten. Entsprechend Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung erhält die Opposition sechs Minuten Redezeit dazu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema Orchester- und Theaterstruktur wird uns in diesem Jahr mehrfach beschäftigen, denn es steht an, stärker in diesem Jahr als in der Vergangenheit. Ob der Beitrag der Linksfraktion dazu wirklich weiterführend ist, das werde ich am Ende meiner Ausführungen erwähnen.
Gestatten Sie mir zunächst einen Blick in die Vergangenheit, in den Kontext, dann einen zweiten Blick in zukünftige Ausgaben, einen dritten auf das Konzept der Landesregierung und abschließend einige Ausführungen zum vorliegenden Antrag.
In der Vergangenheit wurden im Theater- und Orchesterbereich erhebliche Einsparpotenziale erschlossen, die Spielplangestaltung wurde wegen der Nachfrage umgestellt und erweitert. Repertoireerweiterungen, Sommertheater, Festspiele sind inzwischen fester Bestandteil vieler Häuser und erfreuen sich allgemeiner Beliebtheit. Aber die Rationalisierungsreserven der einzelnen Standorte sind weitgehend erschöpft. Dienstleistungen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten – Bewachung, Reinigung, Gastronomie, Werbung, Marketing –, wurden zum großen Teil nach außen verlagert. Dadurch entstanden teilweise bedenkliche Tarifkonsequenzen, die aber in Kauf genommen wurden. Die Inkompatibilität von Bühnenmaßen setzt einer Kooperation von Werkstätten oder der Übernahme ganzer Produktionen durch andere Häuser auch Grenzen. Die Reduzierung beim technischen Personal führte häufig zur multifunktionalen Inanspruchnahme einzelner Mitarbeiter. Einzelne wurden viel mehr belastet als zu Zeiten, als die Trennung in einzelne Bereiche viel stärker war.
Meines Erachtens sind die an den Theatern erfolgten Rationalisierungen und Rationalisierungsgrenzen aber noch nicht richtig im Bewusstsein lokaler Rechts- und Verantwortungsträger angelangt. Zwar sind das Ansehen und die Leistung gerade auch der kleineren Theater in den zurückliegenden Jahren – auch kommunal – gestiegen, über das Spielplanangebot hinaus sind sie stärker als in der Vergangenheit wichtige Zentren des geselligen und gesellschaftlichen Lebens geworden. Aber diese gewachsene öffentliche Anerkennung verdeckt teilweise die schwerwiegenden finanziellen Probleme. Fast wird es als selbstverständlich angenommen, dass das künstlerische Leistungsangebot oft nur durch einschneidenden Selbstverzicht aller Mitarbeiter erreicht wurde. „Haustarife“ war das Zauberwort, aber Haustarife sind keine Dauerlösung. Haustarife sind eine Falle. Durch Abschluss von Haustarifen ist der Abstand zu Flächentarifen gravierend gewachsen.
Dreizehnte Monatsgehälter, Urlaubsgeld gibt es schon lange nicht mehr. Und trotz dieser Haustarife stehen die Häuser weitgehend finanziell auf unsicheren Füßen. Es gibt zwar in der Region stabile Sponsortätigkeit bei der Unterstützung einzelner Projekte und Produktionen, bei der Erneuerung des Fahrzeugparks beispielsweise oder der Ausstattung, aber Sponsortätigkeit kann Haushaltsdefizite nicht lösen.
Welche Aufgaben stehen vor diesem Hintergrund an? Durch den Rückgang der Transfermittel und durch Steuermindereinnahmen bis 2020 ist eine Erhöhung der, man muss sagen, vergleichsweise hohen Landesförderung wirklichkeitsfremd. Eine weitere Verengung des Finanzkorridors steht aber an, denn Personalkosten wurden erhöht und werden weiter zu erhöhen sein. Die Frage der Gehaltsanpassungen in verschiedenen Entgeltgruppen stand an und steht weiter an. Die Frage des Ost-WestAngleiches steht an. Dies ist einrichtungsintern nicht mehr kompensierbar.
Selbst eine Verstetigung der 35,8 Millionen kann die gegenwärtige Struktur nicht erhalten, selbst eine Verstetigung der 35,8 Millionen kann die Quantität des gegenwärtigen Leistungsangebotes nicht weiterführen. Sicherlich kann man über Kooperations- und Netzwerkbeziehungen reden, man kann versuchen, Hochschulen stärker einzubinden in Form von wissenschaftlicher Begleitung bei Umstrukturierungsprozessen, man kann die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband verstärken, man kann auch die Zusammenarbeit mit den Festspielen M-V verstärken, zum Beispiel neue Spielstätten erschließen, Schlösser, Burgen, Herrenhäuser, man kann vielleicht auch stärker den Deutschen Bühnenverein in die Umstrukturierungsdebatte einbeziehen und sicherlich kann man auch bei der Besucherbindung noch unerschlossene Felder erweitern. Meines Erachtens ist die Kooperation mit den Fördervereinen sehr gut. Reserven liegen vielleicht auch noch – wir haben in diesem Haus schon einmal darüber debattiert – in der Spielplanumgestaltung aufgrund des demografischen Wandels. Unbedingt ist meines Erachtens auch eine stärkere Zusammenarbeit mit Schulen erforderlich, um insbesondere Angebote für Kinder und Jugendliche auszubauen. Kinder- und Jugendtheater benötigen aber ein eigenes Profil.
Entsprechende Produktionen fallen beim Erwachsenentheater nicht einfach als Nebenprodukt ab. Deshalb kann man überlegen, ob eine zukünftige Einbeziehung von Theater- und Orchesterpädagogen nicht sinnvoll ist. Sie ist meines Erachtens kein Luxus. Das ist die junge Generation, die müssen wir heranführen. Aber bei allen Überlegungen in dieser Form, wo es Kooperation noch geben könnte, ist jetzt eine strukturelle Umorganisation der Theater und Orchester unbedingt erforderlich. An der Konzentration der gegenwärtigen Theater- und Orchesterpotenziale durch verstärkte Kooperation und durch Fusion führt kein Weg vorbei.
Das hat die Landesregierung außerordentlich deutlich gemacht in ihrem Konzept. Es hält fest an den Mitteln bis 2020. Das gibt den Theatern und Orchestern Verlässlichkeit und mehrjährige Planungssicherheit. Es macht deutlich, dass sie weiterhin auch auf die Mittel aus dem FAG hoffen können, was keine Selbstverständlichkeit ist, aber ein äußerst positiver Aspekt.
Diese Finanzzusagen der Landesregierung basieren meines Erachtens aber nicht nur auf einer, ich sage mal, Theaterfreundlichkeit der Landesregierung, sondern Theater und Orchester sind fester Bestandteil des regionalen ökonomischen Systems. Die touristische Standortbedeutung hat Rückflüsse auf das Bruttoinlandsprodukt. Doch neben dem volkswirtschaftlichen Aspekt hat die gesamte Gesellschaft einen Nutzen davon, wenn sich die Bevölkerung aktiv und passiv mit Kultur und Kunst beschäftigt. Darüber hinaus sind Theater und Orchester selbstverständlich auch Träger kultureller Bildung, aber Struktureingriffe sind unausweichlich.
Die erste und die zweite Stufe des Konzepts der Landesregierung, ich will es nicht weiter ausführen, sind bekannt. Dennoch halte ich Veränderungen und Verbesserungen dieses Konzeptes für noch nicht ausdiskutiert. Die Stärkung der Mehrspartenhäuser erfolgt meines Erachtens durch massive Einschränkungen der Ein sparten- und Bespieltheater. Ist das wirklich der richtige Weg? Es erfolgt im Konzept der Landesregierung eine Ungleichbehandlung der beiden Kulturkooperationsräume. Wie ist das zu rechtfertigen?
Die Landesregierung legt mit ihrem Konzept meines Erachtens weitgehend ein reines Finanzkonzept vor. Sie gibt keine fundierten Empfehlungen zur kulturellen Ausrichtung der bisherigen Standorte und der zukünftigen Kulturräume.
(Egbert Liskow, CDU: Das ist ja auch nicht deren Aufgabe. – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Das Konzept sagt nicht: Wollen wir zum Beispiel Kinder- und Jugendtheater, wie es in Parchim eine lange Tradition hat, in unserem Land in einer deutlichen Spezifik erhalten?
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber das müssen die Träger sagen, nicht das Land. – Dr. Armin Jäger, CDU: Die haben doch kein Staatsbudget.)
Ich sage bloß, ein Konzept einer Landesregierung sollte sich, könnte sich auch Gedanken machen, was wollen wir in diesem Land denn entwickeln. Wollen wir in diesem Land zum Beispiel die Erfahrungen eines Kinder- und Jugendtheaters, wie sie in Parchim gemacht wurden, als Schwerpunkt erhalten oder wollen wir das nicht?
Sie fragt auch nicht: Wollen wir ein künstlerisches Profil, was die Tanzkompanie entwickelt hat, erhalten oder wollen wir das nicht? Sie sagt auch nicht: Sollen die Kulturkooperationsräume zum Beispiel Schwerpunkte haben? Müssen sie nicht, muss die Landesregierung auch nicht, aber die Fragen stehen an. Wollen wir das alles sozusagen einer Selbstorganisation der Räume überlassen oder wollen wir ganz bewusst die Frage stellen, diesen und jenen Schwerpunkt wollen wir entwickeln. Zum Beispiel sagt das Landeskonzept nichts darüber aus: Wollen wir in diesem Land weiter mehr oder weniger reines Stadttheater haben?
Oder sagen wir, wir sind ein Flächenland und Stadttheater haben auch eine Verpflichtung gegenüber der Fläche?
(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Minister erzählt uns die ganze Zeit, es ist alles paletti mit dem Konzept, und Sie erzählen uns hier was anderes.)
Das Konzept ist eine gute Grundlage, das habe ich deutlich gesagt, Herr Ritter, das habe ich deutlich gesagt.
(Irene Müller, DIE LINKE: Sie haben gerade gesagt, dass es im Inhalt auseinandergeht. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)