Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2150 zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag der Fraktion DIE LINKE? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Überweisungsvorschlag der Fraktion DIE LINKE bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD abgelehnt.
Wer bereit ist, dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2150 zuzustimmen, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2150 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Mehrbedarf aus medizinischen Gründen für kostenaufwendige Ernährung nicht antasten, auf Drucksache 5/2155.
Antrag der Fraktion der NPD: Mehrbedarf aus medizinischen Gründen für kostenaufwendige Ernährung nicht antasten – Drucksache 5/2155 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele fragen sich, wer die gigantischen Konjunkturpakete und Bankenrettungsschirme und Geschenke für Spekulanten eigentlich bezahlt. Bei wem holt der Staat sich das Geld zurück, das er den Spekulanten milliardenweise hinterherwirft? – Ganz einfach, unter anderem von chronisch kranken Hartz-IVBeziehern. Neuerdings wird nämlich behauptet, es seien Wunder von beinah biblischem Ausmaß geschehen. Ohne dass in der Öffentlichkeit jemand davon etwas bemerkt hat, seien in der Medizin die Kenntnisse wahn
Bis Ende 2008 wurde chronisch kranken Beziehern von Arbeitslosengeld II ein Mehrbedarf von den Sozialbehörden zugebilligt. Je nach Art der Krankheit machte das zwischen 25 und knapp 66 Euro aus. Berücksichtigt wurden unter anderem Diabetes, Bluthochdruck, zu hohe Blutfettwerte, Morbus Crohn, Krebs-, Leber-, und Niereninsuffizienz und – besonders übel – Multiple Sklerose. Man ging davon aus, dass Menschen mit solchen Leiden eine spezielle Ernährung brauchen, die man nicht einfach bei Aldi einkaufen kann und für die man vielleicht ein bisschen mehr Geld aufwenden muss – vernünftigerweise ging man davon aus, auch wenn der neue Ministerpräsident Sellering, als er noch Sozialminister war, die These aufstellte, gesundes Brot wäre spottbillig und könnte von jedem Arbeitslosengeld-II-Empfänger locker finanziell gestemmt werden. Aber von Arbeitslosengeld II kann man sich vielleicht das abgepackte Brot aus dem Regal kaufen, das wahrscheinlich mehr Konservierungsstoffe enthält als Mehl, das verdächtig lange frisch bleibt und sicherlich der Gesundheit nicht gerade zuträglich ist.
Die Mehrbedarfe beruhen auf den Empfehlungen eines Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen. Zuletzt hatte dieser Verein im Jahre 1997 seine Empfehlungen herausgegeben, die darauf hinausliefen, dass bei etwa 20 Krankheitsbildern eine spezielle Diät eingehalten werden müsse, die aus den damaligen Sozialhilfesätzen nicht zu finanzieren gewesen sei.
Im Bundessozialhilfegesetz und seinen Nachfolgern SGB II und SGB XII finden sich jetzt Regelungen, wonach Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe erhalten. Was angemessen war, leitete sich ab von den Empfehlungen dieses Vereins mit dem langen Namen, von dem die meisten Menschen wahrscheinlich noch nie etwas gehört haben, ich vorher auch nicht, muss ich sagen. Eine ziemlich komische Konstruktion das alles.
Inwieweit diese Empfehlungen den Voraussetzungen eines Sachverständigengutachtens entsprechen, ist umstritten. Jedenfalls hat das Präsidium des Vereins am 01.10.2008 ganz neue Empfehlungen verabschiedet, weil sich angeblich in den letzten Jahren wahre Wunder in der Diätwissenschaft ereignet haben. Bei den meisten Krankheiten, für die früher noch Mehrbedarf gewährt wurde, ist nach neuesten medizinischen Kenntnissen keine spezielle Diät mehr notwendig. Dies wollen Arbeitsgruppen festgestellt haben, die mit sozialrechtlichen und ernährungswissenschaftlichen Fachkräften besetzt gewesen seien. Es genüge eine sogenannte Vollkost. Und die ist definiert als das, was man sich von dem Anteil des Regelsatzes leisten kann, der für die Ernährung reserviert ist. Das sind 135,55 Euro im Monat oder 4,52 Euro am Tag. Kein Problem, meinen die vom Verein herangezogenen medizinischen Gelehrten. Bei preisbewusster Einkaufsweise sei eine Vollkost mit einem Aufwand von circa 4 Euro pro Tag zu finanzieren. Das ist ganz einfach. Dabei ist zu bedenken, eine Vollkost ist eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen deckt, in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt und Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und zur Therapie berücksichtigt, also eine
ganz hochkarätige Ernährung. All das gibt es für 4 Euro am Tag in Ihrem Discounter an der Ecke, auf dem fernen Planeten, auf dem diese Experten leben.
Deshalb erhalten folgende Gruppen chronisch kranker Menschen keine Sonderleistungen mehr, weil eine spezielle Diät – nach Auffassung des Vereins und wohl auch des Gesetzgebers – vollkommen unnötig ist: Patienten mit Geschwür am Zwölffingerdarm, Magengeschwür, Zuckerkrankheit Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt, Gewebewasseransammlungen bei Herz- oder Nierenerkrankungen, Neurodermitis, Gicht, Leberinsuffizienz und Erhöhung der Blutfette oder Harnsäure im Blut. 4 Euro am Tag und sie haben bei all diesen Leiden die optimale Ernährung, wenn sie optimal einkaufen. Und das alles gibt es bei Lidl und Norma und Aldi sofort, sodass es schon ins Auge springt.
Ein bisschen gnädiger springen die Diätkoryphäen des Vereins mit Menschen um, bei denen verzehrende Krankheiten, wie das heißt, festgestellt wurden, wie fortgeschrittene Krebsleiden, Aids, Multiple Sklerose und schwerentzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Hier kann im Einzelfall ein erhöhter Ernährungsbedarf vorliegen, sagt der Verein – kann im Einzelfall! –, aber in der Regel sind auch hier nicht mehr als 4 Euro am Tag notwendig, um dem Körper eine Nahrungszufuhr zu gewährleisten, die ihn beim Kampf gegen die Krankheiten optimal unterstützt.
Nur, wie einer, der beispielsweise Multiple Sklerose hat, preisbewusst einkaufen soll, wie der das schaffen soll, bei der Krankheit zehn Supermärkte am Tag abzuklappern, das soll mir mal einer sagen. Was sollen Kranke machen, in deren Nähe sich nur ein Discounter befindet oder die vielleicht auf dem Dorf leben, wo es gar keinen Laden mehr gibt und wo der Wagen einmal am Tag mit ganz begrenztem Angebot vorbeifährt, der dann, etwa im Amt Züssow, auch noch Gebühren zahlen darf, sodass die Leute ihr Geschäft schon nicht mehr aufrechterhalten können? Was soll einer machen, der in Gebieten lebt mit zusammengebrochener Verkaufs- und Konsumstruktur? Wie soll der diese tolle Ernährung bei preisbewusstem Einkaufen von 4 Euro überhaupt finden und wie soll er sie sich dann leisten?
Festzuhalten bleibt, dass in einem Augenblick, in dem die Bundesregierung mit Geld um sich schmeißt, ausgerechnet bei chronisch kranken Hartz-IV-Empfängern oder auch Sozialgeldempfängern gespart wird. Schrottprämie für jeden, der sich ein neues Auto kauft, aber Neurodermitiskranken 25 Euro im Monat wegnehmen! Und auch der medizinische Laie, der vielleicht mal ein paar Illustriertenartikel gelesen hat, weiß, gerade Neurodermitis ist eine Krankheit, bei der die Ernährung eine wesentliche Rolle spielt und die sich auch verschlimmert, wenn man sich falsch ernährt.
Das alles ist in höchstem Maße menschenverachtend. Ich glaube diesen Diätspezialisten kein Wort. Diese angeblich neuen Erkenntnisse sind ein reiner Vorwand, um Gelder einsparen zu können – wohl Auftrags- und Gefälligkeitsarbeit. Nur ein kompletter Vollidiot oder ein asoziales Subjekt kann behaupten, dass man sich vom Hartz-IV-Regelsatz gesund ernähren kann. Im Gegenteil, da wird man eher als Gesunder noch krank davon.
Und dann wird der Mehrbedarf verweigert. Erst recht lächerlich ist die Auffassung, dies wäre in der Regel auch für Krebskranke im fortgeschrittenen Stadium möglich. Krebskranke im fortgeschrittenen Stadium – 4 Euro am Tag Ernährung und alles ist optimal! Viele chronisch Kranke können sich jetzt die Ernährung nicht mehr leisten, an die sie sich jahrelang gewöhnt haben.
All das ist gesundheitsgefährdend und krankheitsverschlimmernd. Diesem gemeingefährlichen Verein muss die Macht, über Ernährungsbedarfe zu entscheiden, aus der Hand genommen werden. Diese Mehrbedarfe gehören ins Gesetz. Genau wie der Regelsatz sind sie dem Betrage nach anzugeben im Gesetz und entsprechend anzupassen,
auch wenn der Paragraf dadurch vielleicht ein bisschen länger wird, aber zu machen ist das. Wir haben schon Gesetzbücher, die sind so dick, da fällt das nun auch nicht mehr auf.
All dies ist ein unglaublicher Skandal, den wir publik machen werden. Darauf können Sie sich verlassen. Und für den, der nicht glauben kann, was ich hier sage: Das finden Sie alles auf der Weltnetzseite dieses Vereins. Und es ist auch nicht nur Theorie, sondern die ersten Bescheide in Ostvorpommern habe ich schon gesehen, wo der Bedarf gestrichen wurde. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
(Udo Pastörs, NPD: Ach, jetzt kommt der Schreihals. Um Gottes willen! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
(Stefan Köster, NPD: Populismus heißt, des Volkes Meinung. – Udo Pastörs, NPD: Jetzt kommt die Schallplatte.)
diskreditierend, wofür wir gerade ein beredtes Beispiel bekommen haben. Er ist unvollständig und er ist fehlerhaft. Unvollständig ist er deswegen, weil er auf die Empfänger von SGB-II-Leistungen kapriziert. Er weist darauf hin, dass es Mehrbedarfe für kostenaufwendige Ernährung für die Empfänger von SGB-II-Leistungen gibt.
Sie können gerne hineinsehen, schauen Sie sich das an, da steht nicht ein Satz zu den Empfängern von SGB-XIILeistungen.
(Udo Pastörs, NPD: Komplettieren Sie ihn, Herr Schreihals! – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Michael Andrejewski, NPD)
Jeder von uns weiß, dass SGB-II-Leistungen Menschen gewährt werden, die in gewissem Umfang arbeitsfähig sind. Der gerade beschriebene derartig schwer an Multiple Sklerose Leidende ist mit Sicherheit kein Empfänger mehr von SGB-II-Leistungen
und dessen Ansprüche reduzieren sich auch nicht auf das Thema Krankenkostzulage alleine, sondern der hat auch weitergehende Ansprüche an die Pflegeversicherung,
(Udo Pastörs, NPD: Nur, wenn er pflegebedürftig ist. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Michael Andrejewski, NPD)