Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Doch nun wieder zurück zu Ihrem Antrag: Auch meine Fraktion betrachtet den Boden als einen entscheidenden Faktor zur Entwicklung des ländlichen Raumes. Trotzdem trennen Ihre Partei und meine Partei Welten in der Umsetzung.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Sehr geehrter Kollege Professor Tack, wie Sie wissen, ist im Agrarausschuss im Nachgang des Antrages im März letzten Jahres eine Anhörung zum Thema Bodenerwerb im Agrarausschuss geplant. Eine Überweisung Ihres heutigen Antrags passt zum Thema und wir stehen dem natürlich nicht entgegen. Aufgrund von Unstimmigkeiten innerhalb der Großen Koalition im Bund, die weder wir noch Sie zu verantworten haben, wird eine Änderung des Flächenverkehrsgesetzes seither ständig verschoben. Die harte Linie des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums hat dann ein Weiterkommen in dieser Frage letztlich immer wieder verhindert. Eines ist aber sicher …

(Dr. Till Backhaus, SPD: Nein, eben nicht, eben nicht. Sie wissen nicht, wovon Sie reden.)

Das weiß ich ganz genau.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Nein, das wissen Sie jetzt mal nicht. – Zurufe von Ute Schildt, SPD, und Gino Leonhard, FDP)

Eines ist aber sicher, die Lobby für unsere ostdeutschen Landwirte ist im Bundestag eher gering.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Genau, die Lobby der Alteigentümer. Da gehört eure auch dazu.)

Von der ostdeutschen Bundeskanzlerin ist in dem Bereich leider auch nicht allzu viel zu spüren.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Was Sie hier sagen, wird auf Bundesebene ganz anders gemacht.)

Kommen wir nun aber zu den wesentlichen Punkten des Antrages. Ich will es gleich vorwegnehmen, das sind die Punkte, die uns kritisch erscheinen:

Zum einen: In Punkt 3 des Antrages fordern Sie die Landesregierung auf, mit dem Bund um die Übernahme der nicht von der LG genutzten Flächen zu verhandeln. Bereits vor einigen Jahren wurde dies in Angriff genommen. Damals scheiterte dies an den fehlenden Finanzen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das stimmt nicht.)

Ich gehe davon aus, dass der Bund die Flächen auch jetzt nicht verschenken wird.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Wir wollen auch nichts geschenkt haben.)

Geschenkt nicht, aber letztendlich sind auch Sie genau auf diese Preisfrage sehr deutlich in Ihrer Rede vorhin eingegangen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das stimmt.)

Ihr Vorschlag, Kollegen von der LINKEN, würde dazu führen, dass das Land durch den bisher nahezu verdoppelten Bodenpreis erhebliche finanzielle Mittel von mehreren Milliarden Euro aufnehmen muss. Dafür würden Zinsen und Tilgungen fällig, die auch in der anschließenden Pacht zu berücksichtigen sind und somit in dem Fall schon zu einer Pachterhöhung führen würden. Wir als FDP sehen zwar auch die Möglichkeit der Flächenpacht als eine geeignete Maßnahme, um Wertschöpfung und Entwicklung im ländlichen Raum zu gewährleisten, andererseits vertreten wir aber ganz klar den Standpunkt, dass das Land keine Flächen zur Bewirtschaftung vorhalten muss. Mit Ihrem Vorschlag geht die Fläche von einem öffentlichen Verwalter auf einen anderen über. Und dies dann auch noch unter der Maßgabe, dass die Flächen dann nur weiterverpachtet werden sollen, sprich, dass das Land als öffentliche Einrichtung Grundbesitzer bleibt. Wenn ich solche Ideen höre, klingelt es mir in den Ohren und ich muss an DDR-Zeiten denken.

Für meine Fraktion steht bei der Verwaltung landwirtschaftlicher Flächen die Privatisierung klar im Vordergrund. Auch Pachtkaufverträge können abgeschlossen werden. Einem Landwirt sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die von ihm bewirtschafteten Flächen auch käuflich erwerben zu können. Erst als Flächeneigentümer baut man eine regionale Beziehung und eine feste Bindung zu der Fläche auf. Des Weiteren führt ein Flächenkauf auch zu einer weiteren Stabilität des landwirtschaftlichen Betriebes, denn keine gepachtete Fläche ist so sicher wie das Eigentum an einer Fläche. Und auch da bin ich nicht der Meinung unseres Agrarministers.

Im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung von Ackerflächen für die auf ihnen wirtschaftenden Landwirte sollte das Land prüfen, inwieweit es hier unterstützend tätig werden kann. Die Einrichtung eines Bodenfonds konnte ich vor allem nach den Gesprächen mit Herrn Jäger im Rahmen der MeLa 2008 durchaus nachvollziehen. Trotzdem sind auch zu diesem Punkt noch immer einige Fragen offengeblieben. Sie machen diese Idee aber durch Ihre Äußerung, durch die Verpachtung der Flächen und die Realisierung zusätzlicher Kriterien wieder völlig zunichte.

Welche Kriterien sollen dies denn sein? Meinen Sie damit die klassischen Punkte wie GVO, Großvieheinheiten oder den von Ihnen immer wieder gern genommen Arbeitskräfteeinsatz für Flächeneinheiten?

(Dr. Till Backhaus, SPD: Genau.)

Sagen Sie doch gleich in Ihrem Antrag, welche Kriterien Sie sich vorstellen. Ich denke, in den Ausschussberatungen werden wir dazu von Ihnen noch Näheres hören. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Frau Reese,

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte am Anfang hier gleich ein Missverständnis ausräumen. Es geht uns im Punkt 2 darum, zu prüfen, inwieweit das in Rede stehende Grundstücksverkehrsgesetz, das Reichssiedlungsgesetz und das Landespachtverkehrsgesetz für uns im Land genutzt werden kann. Das sollte Gegenstand der Berichterstattung sein und nicht das, was Sie, Herr Minister, hier vorgetragen haben, dass wir etwas darüber wissen wollen, wie sich die Entwicklung vollzogen hat.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, meine Fraktion und Sie alle halten die Lage in der Landwirtschaft und die Auswirkungen auf die Entwicklung des ländlichen Raumes in unserem Lande für sehr ernst. Das hat die bisherige Diskussion gezeigt. In dieser Ansicht werde ich durch meine Kollegen Landwirte in den derzeit laufenden Versammlungen der Kreisbauernverbände bestärkt. Sie alle wissen, welche Schwerpunkte in diesen Diskussionen mit den Kreisbauernverbänden anstanden. Das wird sicher auch auf dem morgigen Wahlbauerntag in Trinvillershagen eine große Rolle spielen: Es sind der Milchmarkt, die Preisentwicklung, die negative Preisentwicklung bei den meisten Produkten, es ist aber auch die Kostenexplosion bei den Betriebsmitteln. Jetzt muss ich etwas ironisch sagen, die Bundesregierung hat großes Vertrauen in die Krisenfestigkeit der Landwirtschaft, deshalb wird sie nicht in das Konjunkturprogramm mit aufgenommen.

Meine Damen und Herren, ein Beleg dafür, dass die Krise bei den Bauern angekommen ist, sind Artikel in der „Ostsee-Zeitung“ am 28.02. oder in der „Schweriner Volkszeitung“ am 04.03. In der „Ostsee-Zeitung“ weist Herr Thomas Diener, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Müritz, darauf hin, dass die Bauern von den Molkereien, es ist ja die Zahl 20 Cent hier genannt worden, derzeit zwischen 19 und 23 Cent pro Liter Milch erhalten. Wir erinnern uns an die Forderungen der Milchbauern vor einem knappen Jahr, um kostendeckende

Milchpreise von circa 40 Cent pro Liter zu erreichen. Jetzt liegen wir bei 19 Cent.

Den Hauptgrund sieht Herr Diener in der durch die derzeitige Krise bedingten Kaufzurückhaltung bei hochwertigen Lebensmitteln sowohl auf dem Binnenmarkt als auch auf dem Weltmarkt und einer damit geringeren Milchabnahme durch die Verarbeiter. In seinem Verantwortungsbereich ist die Zahl der Milchviehhalter im Müritzkreis von 1991, da waren es einmal 65 Betriebe, auf 35 im Jahre 2008 gesunken. „Allein im Jahre 2007“, so schreibt er, „haben sieben Betriebe der Milchproduktion aufgegeben. Eine Möglichkeit zu helfen“, so der Landwirt in der „Ostsee-Zeitung“, sieht er in der „Absenkung der Pacht für Flächen der bundeseigenen BVVG“, denn diese haben sich ja innerhalb eines Jahres verdoppelt.

Und da, meine Damen und Herren, sind wir wieder beim Grundanliegen unseres Antrages, denn die Verkaufspolitik der BVVG, auch Herr Minister Backhaus hat dies hier ausgeführt, führt nicht nur zu Verkaufspreisen, die betriebswirtschaftlich kaum zu decken sind, auch der Pachtzins steigt damit für viele Betriebe in das Unbezahlbare. Dazu kommt jetzt noch die Ankündigung der BVVG zur teilweisen Ausschreibung der freiwilligen Pachtflächen zum Höchstgebot, wie es im Jahre 2009 möglicherweise praktiziert werden soll.

Wir wollen auch nicht vergessen, ich will das hier nicht vertiefen, weil wir sehr stark darüber in den vergangenen Sitzungen schon beraten haben, welche Auswirkungen die Ergebnisse des Health Check bei uns im Lande haben. Das ist sozusagen der Kontext, in dem die rasante ungebremste Preisentwicklung des Hauptproduktionsmittels Boden voranschreitet.

Die Fraktion DIE LINKE ist dafür, dass die Landwirte, die das Land nachhaltig bewirtschaften, auch maßgeblich Verfügung und Eigentum daran haben. Dass die Voraussetzungen dafür im Osten weitaus schwieriger sind als im Westen, wo man über Generationen das Bodeneigentum sichern und vermehren konnte, ist uns allen auch bekannt. Wenn wir wollen, dass Eigentum an landwirtschaftlichen Nutzflächen in die richtigen Hände kommt und nicht zum Spekulationsobjekt verkommt, denn ist es allerhöchste Zeit zu handeln.

Einige Bemerkungen noch zum EALG-Kauf. Der EALGKauf, ich hatte das in der Einbringungsrede zum Ausdruck gebracht, ist durch die hohen Preise inzwischen auch unattraktiv geworden. 35-Prozent-Rabatte auf einen völlig überhöhten Verkehrswert sind für die meisten berechtigten Betriebe nicht bezahlbar. Keiner unser Antragspunkte hat das Ziel oder die verschleierte Absicht, EALG-Käufe zu verhindern oder Berechtigte um ihr Recht zu bringen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das wäre schlimm.)

Im Gegenteil, der EALG-Kauf wäre, und das sei noch einmal klar gesagt, für uns das Liebste. Aber wenn zum Beispiel EALG-Berechtigte nicht kaufen können, dann steht doch die Frage, wie diese Betriebe nach 2009 beziehungsweise nach dem Auslaufen ihrer glücklicherweise sehr langen Pachtverträge, Herr Minister Backhaus hat darauf hingewiesen, weiter die benötigten Flächen nutzen können. Und da wäre, ich bringe es noch einmal ins Gespräch, das Beispiel des Bodenfonds eine bessere Lösung – mit entsprechenden Auflagen und Bedingungen, Frau Reese hat es angesprochen, darüber wäre im Agrarausschuss weiter zu beraten –, die unseren Bedingungen hier entsprechen würde.

Meine Damen und Herren, es ist auch das Grundstücksverkehrsgesetz angesprochen. Im Paragrafen 9 dieses Gesetzes ist die Möglichkeit enthalten, unverzüglich und mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen sittenwidrige Preise konsequent vorzugehen. Diese Möglichkeiten müssen ausgenutzt werden. Im Weiteren ist es sehr schnell nötig, durch eigene rechtliche Rahmenbedingungen, die uns der Bund mit der Änderung der genannten Gesetze ermöglicht, zu erreichen, dass zum einen mehr Verbindlichkeit bei der Anwendung des Grundstücks- und Landpachtverkehrsgesetzes durchgesetzt wird und zum anderen ein niedrigerer Schwellenwert für das Versagen der Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages festgelegt wird.

Kurz gesagt, unsere Aufforderung in dieser Frage geht dahin, die Anwendung des Grundstücks- und Landpachtverkehrsgesetzes zusätzlich mit einem landesrechtlichen Rahmen zu flankieren, den wir selbst bestimmen – das war angekündigt worden, darüber zu beraten im Agrarausschuss –, um eine gesunde Verteilung des Bodens zu erreichen. Auch wenn schon einige Zeit ins Land gegangen ist, lohnt es sich immer noch zu handeln. Das habe ich auch aus den bisherigen Reden entnommen. Ich bekräftige also noch mal meine Bitte aus der Einbringung, diesen Antrag zur weiteren Beratung in den Agrarausschuss zu überweisen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Tack.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt lege ich mal beiseite, was ich eigentlich so als roten Faden hatte.

(Gino Leonhard, FDP: Oh, der rote Faden!)

Ich meine, gerade der letzte Beitrag von Herrn Tack hat etwas angesprochen, was man in dem Zusammenhang ruhig noch mal unterstützen sollte. Die Konjunkturkrise ist angekommen in der Landwirtschaft, das ist richtig.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich denke, das sollten wir alle für uns verinnerlichen, auch für das, was wir an künftigen Beschlüssen, an Beratungen durchführen. Das ist nicht mehr selbstverständlich, dass eine Erfolgsgeschichte in der Landwirtschaft einfach so weitergeschrieben wird, sondern wir müssen genau hingucken, wie sich die Preise entwickeln und wie sich die objektiven Bedingungen gestalten. Das möchte ich einfach mal vorwegsagen.

Damit das bei jedem von uns für die nächsten Wochen und Monate auch angekommen ist, sage ich Folgendes: Es gibt nicht nur Werften, es gibt nicht nur den Mittelstand, es gibt auch die Landwirtschaft. Darüber müssen wir diskutieren und die Bedingungen genau ins Auge fassen.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Aber jetzt zum eigentlichen Antrag. Herr Tack, ich schätze Sie sehr. Sie haben Frau Schwebs am Anfang zitiert. Die Wichtigkeit des Bodens ist uns, glaube ich, allen bewusst. Boden ist endlich, er ist nur einmal da, er kann auch nur einmal verteilt werden und er ist eindeutig die Grundlage für landwirtschaftliche Produktion. Und

deshalb, meine Damen und Herren, ringt jeder darum, seine Grundlage zu sichern.