Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Strengt euch an!)

Und ich verspreche Ihnen, ich glaube schon, dass das wichtig ist, und ich glaube schon, dass das Thema wirklich als Vorbildwirkung für den Landtag geeignet wäre, weil wir ein Stückchen als Vorbild vorangehen sollen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Vincent Kokert, CDU: Ja, ihr vor allem!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

(Vincent Kokert, CDU: Das war der Aprilscherz.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2368. Wer dem FDPAntrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2368 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE, der NPD und drei Enthaltungen bei der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt vereinbarungsgemäß auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Unterrichtung des Landtages über die Arbeitsweise in den Jugendämtern bei Verdacht auf Kindesmissbrauch bzw. -misshandlung, auf Drucksache 5/2372.

Antrag der Fraktion der NPD: Unterrichtung des Landtages über die Arbeitsweise in den Jugendämtern bei Verdacht auf Kindesmissbrauch bzw. -misshandlung – Drucksache 5/2372 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Köster für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Kinder aus verwahrloster Wohnung gerettet“, „Totes Baby: Mutter und Partner wieder auf freiem Fuß“ – die Wiedergabe von Überschriften aus den regionalen und überregionalen Zeitungen könnte stundenlang fortgesetzt werden. Medienberichte über Verdachtsfälle auf Missbrauch und/oder Misshandlung nehmen auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht ab. Vor allem nach der Berichterstattung über die Umstände, welche zu dem grausamen Tod der kleinen Lea-Sophie führten, wurde die Kompetenz der Jugendämter bezüglich ihrer Vorgehensweise zur Begegnung familiärer Gewalttaten an Kindern vielfach infrage gestellt.

Wir wollen aber an dieser Stelle nicht die Ursachen von Missbrauch und Misshandlung von Kindern erörtern. Unser Ansatzpunkt ist heute ein ganz anderer. Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, „den Landtag“ bis zum 31. Mai dieses Jahres „umfassend über die Arbeitsweise in den Jugendämtern bei Verdacht auf Kindesmissbrauch bzw. -misshandlung zu unterrichten sowie die dafür geltenden Rechtsvorschriften auf ihre Einhaltung und Wirksamkeit zu überprüfen“.

Insbesondere soll die Unterrichtung enthalten:

„– welche Änderungen der Arbeitsweise in den Jugendämtern nach dem grausamen Tod der kleinen LeaSophie veranlasst wurden,

wie sich diese Änderungen konkret für die Jugendämter ausgewirkt haben,

wie viele Verdachtsfälle die Jugendämter seit dem 01.01.2008 erreichten und in welcher Art und Weise sowie mit welchem Ergebnis diesen nachgegangen wurde,

welche Probleme auftraten und wie diese behoben wurden bzw. behoben werden sollen,

welche weiteren Maßnahmen in diesem Zusammenhang durch die Landesregierung eingeleitet wurden bzw. eingeleitet werden,

inwieweit sämtliche Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin geprüft wurden (mit welchen Ergebnissen),

welche Maßnahmen die Landesregierung zum Schutz der Kinder vor Missbrauch und Misshandlung ergriffen hat.“

Diese Unterrichtung soll also, Abgeordnete der sich demokratisch nennenden Fraktionen, Sie haben es erkannt, den Abgeordneten des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern sowohl die Istsituation als auch Handlungsnotwendigkeiten aufzeigen. Vor allem das Verfahren um die misshandelte Lea-Marie aus Teterow gegen eine ehemalige Mitarbeiterin des Güstrower Jugendamtes zeigt auf, in welch schwieriger Lage sich teilweise die Mitarbeiter der Jugendämter befinden. Versäumnisse bei der Aufnahme und Verarbeitung von Hinweisen auf eine eventuelle Misshandlung des kleinen Mädchens führten zu diesem Prozess. In diesem

konkreten Fall hatte die Sozialpädagogin im Mai 2003 den Anruf einer besorgten Ärztin zwar aufgenommen, die Mitteilung aber lediglich auf einem Zettel notiert und kommentarlos auf den Schreibtisch der zuständigen Kollegin gelegt, ohne sich weiter um den Fall zu kümmern und ihn weiterzuverfolgen.

Was führte aber zu diesem fahrlässigen Handeln? Nehmen wir bestimmte Nachrichten heutzutage nur eher wahr oder ist die heutige Zeit einfach herzloser? Warum vernachlässigen Eltern ihre Kinder aber? Was überfordert sie in der heutigen Zeit? Und warum gelingt es den örtlichen Jugendämtern häufig nicht – so zumindest die öffentliche Wahrnehmung –, Vernachlässigungen zu verhindern? Auf diese Fragen soll uns die Landesregierung eine Antwort geben. Sie soll die zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um uns Abgeordnete über die Arbeitsweise in den Jugendämtern zu unterrichten.

Wie der NDR im Jahr 2007 berichtete, sind Jugendamtsmitarbeiter häufig überfordert. Georg Ehrmann von der Deutschen Kinderhilfe Direkt bemängelte in einem Gespräch mit NDR Online, dass es „keine einheitlichen Qualitätsstandards bei den Jugendämtern“ gebe. Hierin sieht Herr Ehrmann ein „großes Problem“. Und dieser Einschätzung können wir Nationalisten uns nur anschließen.

Es steht im Ermessen der Sozialarbeiter vor Ort, wie genau ein Besuch in einer sogenannten Problemfamilie abläuft, welche Sachverhalte abgefragt werden und wie lange die Gespräche dauern. Georg Ehrmann beschreibt die allgemeine Vorgehensweise wie folgt, Zitat: „Gibt es einen Hinweis, zum Beispiel von Nachbarn oder Verwandten, wird zunächst in einer sogenannten Fallkonferenz beschlossen, was zu tun ist. Daran nehmen ein Sachbearbeiter, ein Sozialarbeiter und gegebenenfalls der Jugendamtsleiter teil. Sie entscheiden, ob ein angekündigter oder unangekündigter Besuch bei der Familie oder eine Vorladung ins Jugendamt erfolgen soll. Steht eine Gefährdung des Kindeswohls im Raum, sollte die Entscheidung für einen unangekündigten Besuch fallen.... Ein Sozialarbeiter und meist eine zweite Person besuchen dann die Familie, um sich einen Eindruck von deren Lebensverhältnissen zu schaffen: Wie ist der Zustand der Wohnung? Wie ist der Pflegezustand der Erwachsenen und der Kinder? ‚Dazu gehört in jedem Fall ein Gespräch mit den Kindern‘, betont Ehrmann. Schließlich habe das Jugendamt neben der Aufgabe, den Eltern beratend zur Seite zu stehen, auch die Funktion, über das Kindeswohl zu wachen. ‚Diese Aufgabe wird häufig vernachlässigt‘, so der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe Direkt.“ Aus diesem Grunde fordert die Deutsche Kinderhilfe Direkt „bundeseinheitliche Qualitätsstandards für Jugend ämter“. Diese würden der Organisation zufolge „mehr Sicherheit für die Mitarbeiter“ schaffen.

Die Handlungsnotwendigkeit ist doch allgemein unstrittig. So berichtete der NDR bereits im Jahr 2007, dass auch das „Schweriner Jugendamt … seit längerem“ offenbar „stark überlastet“ war. Sicherlich, seit dem grausamen Tod von Lea-Sophie holen die Jugendämter im Land immer mehr Kinder aus den Familien, weil sie Vernachlässigungen vermuten. 80.000 Kinder sollen in der Bundesrepublik von Verwahrlosung bedroht sein. Es besteht also ein dringender Handlungsbedarf. „Klarere Handlungsanweisungen wären bessere Grundlagen für konkrete Hilfsmaßnahmen“, so der Vorsitzende Ehrmann. Um den Nutzen dieser Forderung auch auf und für Meck

lenburg-Vorpommern prüfen zu können, benötigen wir Abgeordneten dringend die beantragte Unterrichtung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Linke für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Antragsteller wünschen zu erfahren – und ich zitiere den letzten Punkt des Antrages –, „welche Maßnahmen die Landesregierung zum Schutz der Kinder vor Missbrauch und Misshandlung ergriffen hat“.

Der Schutz aller Kinder, die in Mecklenburg-Vorpommern leben, ihre chancengleiche Entwicklung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, unabhängig von der sozialen Situation ihrer Eltern oder ihrer nationalen Herkunft, ist das Ziel unserer demokratischen Gesellschaft und schließt deshalb den umfassenden Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt ein: ihren Schutz vor innerfamiliärer Gewalt, ihren Schutz vor staatlicher Gewalt, aber auch ihren Schutz vor nicht staatlicher Gewalt in Form von ideologischer Indoktrination.

Etwa 1,8 Prozent der Kinder unseres Landes bedürfen des Schutzes vor innerfamiliärer Gewalt. Obgleich der Bundesgesetzgeber hier Vorsorge getroffen und den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe mit dem Paragrafen 8a des SGB VIII klare Vorgaben gemacht hat, wie in schwierigen Situationen zu verfahren ist, gibt es doch immer wieder Einzelfälle, in denen die behördliche Hilfe zu spät kommt. Erst am Mittwoch, gestern, mussten wir erfahren, dass einem Kind offensichtlich durch seine Eltern auf schreckliche Weise Schaden zugefügt wurde.

In den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes haben die Jugendämter, gemeinsam mit den Sozial- und Gesundheitsämtern, inzwischen feste Strukturen zur Umsetzung des Paragrafen 8a SGB VIII geschaffen. Auf Rügen zum Beispiel wurde neben der Rufbereit schaft, die es rund um die Uhr bereits seit 1997 gibt, ein soziales Frühwarnsystem installiert und auf Initiative des Jugend- und Sozialamtes sowie des Gesundheitsamtes unter Beteiligung der freien Träger der Jugendhilfe und der Gesundheitshilfe eine Arbeitsgruppe gebildet, in die Kinderärzte, Gynäkologen und Hebammen aus Klinik und Niederlassung einbezogen sind. Träger der öffentlichen und der privaten Jugendhilfe mit ihren speziellen Angeboten, unterschiedlichste Beratungsstellen, Kindergärten und Schulen bis hin zur Polizei arbeiten in dieser Arbeitsgruppe zusammen. Alle sind der Meinung, dass sich diese Zusammenarbeit bewährt hat, die Koordination zwischen allen Beteiligten aber im Interesse der Kinder und Jugendlichen verbessert werden kann. Aus diesem Grund wurde nach einem entsprechenden Kreistagsbeschluss vom 13. März 2008 eine sozialpädagogische Fachkraft im Gesundheitsamt Rügen eingestellt.

Aus anderen Landkreisen und kreisfreien Städten ließe sich Vergleichbares berichten. Das Sozialministerium hat darüber hinaus im Februar 2008 eine landesweite Kinderschutzhotline eingerichtet, um über Fälle möglicher Kindesvernachlässigung rechtzeitig informiert zu werden und konkrete Hilfen einzuleiten.

Die Ministerin hat anlässlich des ersten Jahrestages im Februar umfassend über diese Hotline berichtet. Obgleich die genannten Aufgaben im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen werden, garantiert die Sozialministerin über das ihr unterstellte Landesjugendamt durch fachliche Anleitung beziehungsweise durch Austausch von Erfahrungen ein im Land einheitliches, auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen gerichtetes Handeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, Kinder bedürfen aber auch des Schutzes vor staatlicher Gewalt, die ihnen durch Gesetze zugefügt werden kann. Regelmäßig erörtern wir hier die soziale Situation von Kindern und Jugendlichen, deren Eltern Hartz-IVLeistungsempfänger/-innen sind. So unterschiedlich die Auffassungen der demokratischen Parteien zu Hartz IV sind, so einig sind wir in der Frage, dass Kinder nicht durch restriktive Gesetze aus der Gesellschaft, dass sie nicht von der Teilnahme am geistig-kulturellen Leben ausgeschlossen werden dürfen. Ich hoffe, dass der hier im Parlament verabschiedete Beschluss, künftig die Kinderregelsätze bedarfsgerecht zu ermitteln, um Kinder vor Armut zu schützen, sich nach der Bundestagswahl umsetzen lässt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, Kinder bedürfen aber auch des Schutzes vor Gewalt, die aus ideologischer Indoktrination erwächst, Indoktrination über Vereine und Verbände.

(Udo Pastörs, NPD: FDJ.)

Gerade die Abgeordneten der den Antrag stellenden Fraktion versuchen immer wieder unter Umgehung der verfassungsrechtlichen Werteordnung, Kinder und Jugendliche um sich zu sammeln und ihnen im Rahmen scheinbar unpolitischer Freizeitveranstaltungen ein am Nationalsozialismus orientiertes Weltbild zu vermitteln.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das in dieser Woche ausgesprochene Verbot des Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ dient dem Schutze der Kinder und Jugendlichen in Deutschland vor ideologischer Indoktrination,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

dient den Kindern und Jugendlichen vor der Herausbildung eines arisch-elitären Menschenbildes, das Angehörige anderer Völker, das Homosexuelle, das Menschen anderer Weltanschauung, das Menschen mit Behinderungen ausgrenzt.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Dieses Verbot ist Ausdruck der Entschlossenheit, den Rechtsextremismus in der Gesellschaft zu begrenzen und ihm den Boden seiner Ausweitung zu entziehen.

Der Verein „Heimattreue Deutsche Jugend“,

(Jörg Heydorn, SPD: Die gibt’s nicht mehr.)

der die Tradition der 1994 verbotenen Wiking-Jugend fortsetzte, sah seine Zielgruppe bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 29 Jahren. In Ferien- und Zeltlagern wurden die jungen Leute umworben, wobei ihre Zelte mit Aufschriften wie „Führerbunker“ drapiert und sie indoktriniert, aber auch militärisch ausgebildet wurden.

(Michael Andrejewski, NPD: In der FDJ nicht, oder was?!)

Gegenstand der Schulungen waren unter anderem „Rassenkunde“ und „Blutreinheit“, mit dem Bild vom Ausländer als Feind und dem Juden als Bedrohung des deutschen Volkes. Dieses ideologische Programm fand seine Ergänzung in militärischem Drill.

In Mecklenburg-Vorpommern hatte dieser Verein über die NPD seine Verankerung. Der Landtagsabgeordnete Tino Müller zeichnete für die inzwischen abgestellte Internetseite verantwortlich und auch der Abgeordnete Stefan Köster war in das Vereinsleben aktiv involviert.