Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Da wurde der Nerv irgendwo wieder getroffen. Mit „abgehoben“ war etwas anderes gemeint, als es vielleicht an der Fensterfront angekommen ist.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Seit 2007 wird mit wissenschaftlicher Begleitung der Uni Kassel an den Grundlagen für die Ausweisung von Regiopolen am Beispiel von Rostock gearbeitet. Und hierzu liegt auch eine erste Expertise vor. Unter der Leitung der Industrie- und Handelskammer Rostock sowie des Regionalen Planungsverbandes existiert eine Steuerungsgruppe, der Vertreter der Stadt, der Region, des Landes und der Wirtschaft angehören, und auf Tagungen, Workshops wurde dieses Thema bereits intensiv diskutiert. Es gibt auch mittlerweile ein Faltblatt dazu, das öffentlichkeitswirksam über die Regiopole Rostock informiert. Hier kann sich wirklich jeder auch mal reinlesen in das Thema.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Geplant sind in diesem Jahr die Erstellung einer Internetseite, die Vergabe von Studien- und Bachelorarbeiten, Lehrveranstaltungen an der Universität in Rostock und die Einrichtung eines bundesweiten Arbeitskreises sowie gezielte Kontakte der Hansestadt Rostock mit anderen potenziellen Regiopolkandidaten. Hier ist zum Beispiel Erfurt zu nennen.

Meine Damen und Herren, in dem zurzeit in Aufstellung befindlichen Regionalen Raumentwicklungsprogramm – das ist vielleicht für die, die jetzt zweifeln oder glauben, dass ist hier eine rein theoretische Diskussion von Wissenschaftlern mit Begriffen, die man eigentlich kaum verwenden kann, was bedeutet das praktisch.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Geld.)

Ich sage Ihnen, bei dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm der Region Mittleres Mecklenburg/Rostock ist die Entwicklung Rostocks zu einer Regiopole bereits in die Leitlinien aufgenommen worden. Und Sie alle wissen, wie wichtig die regionalen Raumentwicklungspläne, die zurzeit in der zweiten Runde in den Planungsverbänden sind, für die Entwicklung sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Kreisgebietsreform.)

Also die Landesentwicklung, glaube ich, ist losgekoppelt zu sehen jetzt in dem Zusammenhang …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, nee.)

Doch.

… von der Verwaltungsreform.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Kollege Ritter, da sind eine Menge Dinge enthalten, die mit der Verwaltungsreform nun aber auch gar nichts, rein gar nichts zu tun haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich bin nur Mitglied einer Planungsversammlung. Ich weiß, worüber ich rede.)

Ich sage Ihnen zum Beispiel Folgendes: Das Thema Windeignungsgebiete hat mit einer Verwaltungsreform originär absolut nichts zu tun.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich habe Ihnen jetzt ein Beispiel dafür genannt, was hier drin mit enthalten ist, was wir also diskutieren müssen jenseits einer Verwaltungsreform.

Meine Damen und Herren, Regiopole sind als bedeutende regionale Zentren in Ergänzung zu den Metropolregionen zu sehen. Sie sind eine Kategorie, die auch uns weiterhelfen kann, die uns auch helfen kann, zum Beispiel europäische Fördermittel für die Landesentwicklung hier einsetzen zu können, die dann den besonderen Strukturen und Qualitäten gerecht werden. Ich würde es also begrüßen, wenn Regiopole als offizielle Raumkategorie der Raumordnung in Deutschland Eingang finden würden, und würde mir wünschen, dass Sie das alle unterstützen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das machen wir.)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Lück. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja mal ganz gut: Der Antrag ist eingebracht worden, da war’s hier ja noch viel leerer. Deshalb kann ich ja noch mal richtig zuschlagen. Eine Zusammensetzung aus „Regio“ für Region und „Polis“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wo hast du hier Zuwachs gesehen? Bei der SPD?)

für Stadt ergibt das Wort „Regiopole“.

Bei der FDP habe ich den Zuwachs gesehen.

(Hans Kreher, FDP: Wir waren vorher schon da.)

Es steht für Stadtregion und ist eine Wortschöpfung der Universität Kassel. Das konnten wir ja auch dem Antrag entnehmen. Gemeint sind also Großstädte und zugehörige Stadtregionen, die zu klein sind, um Metropole zu sein, aber zu bedeutend und entwicklungsfähig, um nur normale Oberzentren zu sein. Es sind sozusagen kleine Schwestern von Metropolen. Eine Regiopole soll ebenso wie eine Metropole Motor der gesellschaftlichen, der wirtschaftlichen, der sozialen und auch kulturellen Entwicklung sein. Für Mecklenburg-Vorpommern hat die Universität Kassel Rostock und Umgebung praktisch als klassischen Vertreter dieser Raumkategorie bestimmt.

Die Idee für diese Zwischenkategorie in der Raumordnung geht auf ein Forschungsprojekt der Universität zurück. Im Mittelpunkt stehen Strategien zur Bewältigung des Strukturwandels in europäischen Städten und Regionen. Als Prototypen dieser Zwischenkategorie wurden neben Rostock aber auch Saarbrücken, Freiburg und Kassel selbst eingestuft. Allen vier Städten ist gemein, dass sie rund 200 Autokilometer entfernt zur nächsten Metropole liegen und Metropolfunktionen wahrnehmen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da hat das Saarland schon Schwierigkeiten.)

Insgesamt – da stehe ich ein bisschen im Gegensatz zum Verkehrsminister – sind es unserer Auffassung nach 33 deutsche Städte, die also in dieses Raster einer Regiopole passen. Ich glaube, Rostock und seine Umgebung hat nur auf diesen Denkanstoß oder besser wohl Impulsgeber gewartet, denn die Idee zur Regiopole Rostock wurde sofort angenommen und wird seither mit Leben erfüllt, so, wie es die Veranstaltungen der IHK Rostock auch zeigen und wie wir sie auch erleben können.

Der Regionale Planungsverband Mittleres Mecklenburg/ Rostock ist von Anfang an mit im Boot und arbeitet mit der IHK Rostock, mit den Vertretern der Hansestadt und anderen zusammen. Auch das Land steht dem Prozess natürlich positiv gegenüber. Das hat der Minister jetzt zum Ausdruck gebracht und auch dem Grußwort von Staatssekretär Meyer und den Ausführungen von Dr. Hajny vom Verkehrsministerium auf der Regionalkonferenz zu diesem Thema konnte man das entnehmen.

Die Region Rostock steht damit als erste Regiopole Deutschlands für eine neue Rolle der kleinen Großstädte im Städtenetz auf nationaler und auch auf europäischer Ebene. Folgerichtig wurde mit der Neuaufstellung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Mittleres Mecklenburg/Rostock die Entwicklung der Hansestadt Rostock mit ihrem Verflechtungsbereich als Regiopole des Landes Mecklenburg-Vorpommern als Leitlinie formuliert.

Kolleginnen und Kollegen, schauen wir auf die Metropolregionen. Fest steht, dass die 1995 beziehungsweise 2005 durch Beschluss der Ministerkonferenz für Raumordnung benannten Metropolregionen und die 2006 formulierten Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung die Bedeutung von Metropolen und ihrer Verflechtungsräume unterstrichen haben. Sie werden international wahrgenommen und sind auch gut erreichbar. Hier findet die Entwicklung in allen Bereichen statt – gesellschaftlich, wirtschaftlich und auf sozialem und vor allem auch auf kulturellem Gebiet. Im globalen Zeitalter ist der Status einer Metropolregion ein Selbstläufer und bringt eben viele Vorteile. Daher wollen sich weitere Regionen als Metropolregionen im Sinne der Raumpolitik profilieren, natürlich auch wegen der Förderung durch die Bundesmittel.

Auch wesentlich kleinere deutsche Ballungsräume versuchen nun, sich als europäische Metropolregionen im Sinne der Ministerkonferenz für Raumordnung zu qualifizieren. Keine Region aus Mecklenburg-Vorpommern kann in dieser Liga mitspielen. Auch die Stadtregion Rostock ist dafür also viel zu klein und viel zu peripher. Deshalb kommt der Ansatz, die Rolle kleiner Großstädte neu zu definieren, gerade recht. Der Auffassung sind wir also auch. Es würde der Stadtregion Rostock überregional und international die Bedeutung geben, die sie im Land unbestritten hat.

Meine Fraktion und natürlich auch ich als Rostockerin unterstützen diesen Antrag und wir stimmen ihm zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Jochen Schulte, SPD: Sonst hätte ich dir auch die Hammelbeine lang gezogen!)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Stein. Bitte, Herr Abgeordneter.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Stein ist natürlich auch dafür als Raumplaner.)

Herr Methling, der Stein ist nicht nur dafür, der ist sogar begeistert.

(Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wenn Minister Schlotmann eben – richtigerweise sicherlich – angeführt hat, dass in der Vergangenheit das Thema Raumordnung/Landesplanung ein wenig kurz Behandlung fand, so freue ich mich, dass wir in den letzten gut zwei Jahren, ich glaube, insgesamt fünf Anträge inzwischen im Landtag hatten. Und, Herr Schlotmann, ich freue mich auch, dass Sie in der Beziehung deutlich mehr Interesse und Engagement in der Richtung zeigen als Ihr Vorgänger. Das darf ich, glaube ich, so sagen. Das hat mich anfangs, gerade als es um Transeuropäische Netze ging, im Gespräch mit Herrn Ebnet doch immer sehr gewurmt, dass er da eine gewisse Ignoranz an den Tag legte. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Herzlichen Dank.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wird Otto gar nicht gern hören.)

In Deutschland bilden sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, derzeit elf Metropolregionen. Dazwischen finden sich mehr oder weniger große Lücken. Besonders groß ist diese Lücke zwischen den Metropolen hier bei uns. Genau genommen, wenn man auf die Karte guckt, ist sie so groß wie unser ganzes Bundesland, und das ist nicht hinnehmbar.

Ich war kürzlich auf der A 93 im Bayerischen Wald unterwegs, bei Hof: rechts kein Haus, links kein Haus und schon lange kein Lkw mehr. Da war weniger los als auf unseren Autobahnen, nur der Wald, aber stolze Schilder rechts und links, da stand dann drauf „Metropolregion Nürnberg“. Spätestens das zeigt, wir sind im Vergleich eigentlich eine dynamische und zukunftsorientierte Region, wenn auch dünn besiedelt. Alleine unsere Häfen, Werften, Universitäten hätten Metropolqualität. Eine Metropole ist im Nordosten zwischen Hamburg und Berlin nicht vorhanden, auch anderenorts in Deutschland gibt es raumordnerische Lücken. Großstädte wie beispielsweise Rostock, Kassel, Saarbrücken, Freiburg oder auch Erfurt sollen deshalb künftig mit ihrem Umland, mit der Region durch den Begriff „Regiopole“ gekennzeichnet werden.

Im Rahmen der Forschung der inzwischen schon mehrfach zitierten Universität Kassel ist dieser Begriff ausgefertigt worden. Großstädte wie beispielsweise Rostock werden demnach national und international wie auch die Metropolen als Teil der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands und der Welt betrachtet. Die Stadtregion Rostock als Regiopole steht für die wirtschaftliche Vielfalt an einem zentralen Standort für die umliegenden Regionen und unser ganzes Land. Sie soll als Knotenpunkt agieren und neue Lösungen für die wirtschaftliche Situation der Region bieten. Eine enge Zusammenarbeit mit den Metropolen kann und wird zur Förderung auch unserer ländlichen Räume dienen. Die Entwicklung dieser strukturschwachen Regionen soll durch enger werdende Vernetzungen und durch Partnerschaften zur Regiopole verbessert werden.

Einen weiteren wichtigen Aspekt – und der ist, glaube ich, noch nicht so ganz deutlich herausgearbeitet worden – dieser Regiopolbildung stellt die finanzielle Ausstattung und Förderung dar. Bislang wurde die finanzielle Förderung in Bezug auf Wirtschaft und Wachstum größtenteils – und so ist es ja auch festgelegt worden von der Bundesregierung – auf die Metropolen in Deutschland verteilt, und das ist auch der Standard, der in Europa greift. Durch die Entwicklungsmöglichkeit einer Regiopole Rostock als wichtigem wirtschaftlichem Knotenpunkt in Deutschland wird dieser Standort auch wirtschaftlich zusätzlich gefördert werden können.

Meine lieben Kollegen, die Professorin Iris Reuther hatte in Kassel ursprünglich – Frau Lück hat es erwähnt – 33 potentielle deutsche Regiopolen ermittelt. Nicht alle haben der Prüfung standgehalten, also es sind keine 33 mehr. Und die Hansestadt Rostock übernimmt in diesem Falle die Vorreiterrolle. Sie ist die erste Stadtregion in Deutschland, die das Konzept so übernommen hat. Sie ist auch die Stadt in Deutschland, die am weitesten – nach dem, was abgeprüft worden ist – dem Konzept einer Regiopole nahekommt. Wir sind da wie gesagt Vorreiter, und das ist eine unglaubliche Chance, die wir konsequent nutzen sollten, und das werden wir. Das ist auch die eindeutige Zielstellung dieses Antrags von SPD und CDU.

Die Regiopole Rostock zeigt das Selbstbewusstsein der Hansestadt und ihres Umlandes, aber nach diesem Antrag auch das Selbstvertrauen des Landes und seiner Wirtschaft. Die Regiopole Rostock zeigt das damit verbundene Ziel, die Stadt als attraktiven Standort für Wirtschaft und Wissenschaft weiter auszubauen und aus internationaler Sicht auf Deutschland bezogen besser zu positionieren. Als Wirtschaftszentrum Nummer eins in Mecklenburg-Vorpommern und mit Abstand größte Stadt des Landes bietet die Hansestadt Rostock als einzige im Land und auch in Deutschland die besten Voraussetzungen für eine Regiopole. Als Regiopole bieten sich ideale Bedingungen einer wirtschaftlichen und räumlichen Entwicklung hier bei uns in Richtung Zentraleuropa, Skandinavien, Russland und ins Baltikum, also eigentlich von uns aus gesehen in alle Richtungen. Wir sind hier Schlüsselstelle. Und nicht umsonst, kann man feststellen, sind wir mit Mecklenburg-Vorpommern in beinahe allen europäischen – nämlich in drei von vier – Förderregionen dabei. Als Regiopole wird die Hafen- und Universitätsstadt Rostock die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Norddeutschland und Nordeuropa mitbestimmen.