Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Die Regiopole Rostock zeigt das Selbstbewusstsein der Hansestadt und ihres Umlandes, aber nach diesem Antrag auch das Selbstvertrauen des Landes und seiner Wirtschaft. Die Regiopole Rostock zeigt das damit verbundene Ziel, die Stadt als attraktiven Standort für Wirtschaft und Wissenschaft weiter auszubauen und aus internationaler Sicht auf Deutschland bezogen besser zu positionieren. Als Wirtschaftszentrum Nummer eins in Mecklenburg-Vorpommern und mit Abstand größte Stadt des Landes bietet die Hansestadt Rostock als einzige im Land und auch in Deutschland die besten Voraussetzungen für eine Regiopole. Als Regiopole bieten sich ideale Bedingungen einer wirtschaftlichen und räumlichen Entwicklung hier bei uns in Richtung Zentraleuropa, Skandinavien, Russland und ins Baltikum, also eigentlich von uns aus gesehen in alle Richtungen. Wir sind hier Schlüsselstelle. Und nicht umsonst, kann man feststellen, sind wir mit Mecklenburg-Vorpommern in beinahe allen europäischen – nämlich in drei von vier – Förderregionen dabei. Als Regiopole wird die Hafen- und Universitätsstadt Rostock die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Norddeutschland und Nordeuropa mitbestimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Fachaufsätzen findet man mittlerweile immer häufiger bereits folgende Feststellung: Die Hansestadt Rostock ist die erste Regiopole in Deutschland. Ich führe jetzt nicht die ganze Terminkette noch mal aus von der IHK und von dem regio nalen Marketing, was ja schon erfolgt ist. Aber ich möchte noch eins ergänzen: Im Oktober 2008 wurde die Regio pole Rostock von den Vertretern der Landkreise Güstrow und Bad Doberan, der Hansestadt Rostock sowie dem Planungsverband endgültig per Beschluss ins Leben gerufen. Gerd Schäde, der Chef vom Regionalen Planungsverband Mittleres Mecklenburg/Rostock hofft dabei, dass die Regiopole Rostock durch die neue Bezeichnung und durch den Nutzen für die gesamte Region bei der Mittelverteilung des Bundes und Europas künftig stärker einbezogen werden kann, als es ohne den Raumordnungsbezug als Regiopole ginge. Diese Hoffnung teile ich nicht nur, ich bin mir da sogar sicher.

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Regiopole Rostock zeigt das enorme Wachstumspotenzial an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. In fast keinem anderen Bundesland ist die Arbeitslosenquote seit 2004 so stark gesunken wie bei uns, und das nahezu im gesamten Land. Das zeigt das enorme Potenzial, das wir haben. Internationale Unternehmen und Investoren sehen in Mecklenburg-Vorpommern einen der Wirtschaftsstandorte der Zukunft im Ostseeraum. Die Erforschung neuer Technologien sowie die maritime Industrie, aber auch Biotechnologie, Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft machen die Wirtschaftsräume, aber auch unsere Hochschulen weltweit bekannt. Der Begriff „Regiopole“ schafft hierzu – und das ist, glaube ich, einer der ganz wesentlichen Aspekte – einen neuen Adressbezug.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Regiopole – und damit komme ich zum Schluss – eröffnet die Chance, mit der Region Rostock und damit für das gesamte Land, eine Regiopole Rostock eröffnet im Ansatz die Chance auf einen Global Player im Land, in Deutschland. Ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da kann nur was zur Rügeopole kommen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Hiddensee, Hiddensee. Ich habe nicht so viel Zeit, deswegen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Reinhard Dankert, SPD: Mit 18 Prozent habt ihr mehr Zeit.)

Ich möchte eins vorab betonen: Es geht bei dem hier heute vorliegenden Antrag um eine theoretische Vorwegnahme von Hoffnungen.

(Zurufe von Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU: Oh, oh, oh!)

Trotz der Initiative der Koalition, meine Damen und Herren Kollegen von der Koalition, ist damit noch lange nicht gesichert, dass Rostock – denn diese Stadt kommt als einzige als Regiopole infrage – dieser Funktion auch tatsächlich gerecht wird.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ob Rostock diese Hoffnung, die Sie hegen, tatsächlich erfüllt, muss an anderer Stelle besprochen werden und soll von mir an dieser Stelle heute auch nicht bewertet werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Hoffnung stirbt zuletzt.)

Damit wir uns aber nicht falsch verstehen, kann ich klar und deutlich für uns als FDP-Fraktion festhalten, dass wir sehr wohl das Leitbild der Raumordnung mit unterstützen. Und Ihr Regiopolansatz entspricht einem der drei Leitbildpositionen der Raumordnung, nämlich dem des Wachstums durch Innovation. Aber uns reicht der Impuls für eine Befassung hier im Landtag noch nicht aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang einen ganz anderen Ansatz betonen: Ich und meine Fraktion, die FDP-Fraktion, halten die hier aufgeworfene Frage für eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung in der Hansestadt Rostock und nicht für eine Fragestellung, die wir hier zunächst im Rahmen des Landtags besprechen sollten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Machen wir einen Termin!)

Wir halten es durchaus für möglich, dass die Hansestadt Rostock die Kraft aufbringt, aus einer gut funktionierenden kommunalen Selbstverwaltung auch in die Verflechtungsräume ihres Umlandes hinauszustrahlen. Und wir halten es überdies auch für möglich, bei einer Fortsetzung des Ansatzes, Zentren zu stärken, dass Rostock als Wachstumscluster, wie Sie es ja selbst benennen, auch ein Gewinn für den ländlichen Raum sein kann.

Aber noch mal zu Ihrem vagen Regiopolkonstrukt. Fazit kann doch aus unserer Sicht nur sein: Machen Sie eine gute Verwaltungsreform zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Sie sparen sich solche Anträge.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Reinhard Dankert, SPD: Das machen wir aber auch.)

Und was wir zurzeit bei der Verwaltungsreform beobachten, gibt uns als Liberale allerdings sehr großen Anlass zur Sorge.

(Reinhard Dankert, SPD: Sie können uns doch unterstützen.)

Von einer sogenannten Clusterlandschaft, also einer Region, die an so ein sogenanntes Regiopol grenzt, gehört eben auch ein enormer Flächenverbrauch, der von der städtischen Fläche ausgehen wird. Weitere Effekte wie eine zunehmende Zersiedlung stadtnaher Landschaften sind zudem vorhersehbar. Und gerade dieser Punkt, der letzte Punkt, sollte uns in Mecklenburg-Vorpommern besonders in Bezug auf die ländlichen Räume als wichtig erscheinen.

Geben Sie, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, der Stadt Rostock im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung die Möglichkeit, als Zentrum, durchaus flankiert von kreisfreien Städten, positiv zu wirken. Wir können Ihrem Antrag, so, wie er formuliert ist, und so, wie er vorliegt, nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Reinhard Dankert, SPD: Schade.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Regiopolen hat kein Mensch etwas gewusst und es hat sie auch keiner vermisst, bevor die Universität Kassel sie im Jahre 2006 erfunden hat. Auf diesen neuen Begriff sind die dortigen Raumordnungswissenschaftler jetzt sehr stolz. Sie halten es für einen absoluten Geniestreich, die Bezeichnung „Metropole“ zu nehmen und für kleinere Städte als Hamburg oder Berlin ein wenig abzuwandeln, damit auch die sich mit einem klingenden Titel schmücken können. So ist Rostock jetzt also eine Regiopole. Wenn die Kasseler Wissenschaft

ler noch einen draufsetzen wollten, könnten sie sich auch noch für Städte wie Schwerin oder Anklam etwas Schickes einfallen lassen. Als Landstädtchen könnte man Anklam Agropole nennen, Schwerin könnte eine Mediopole sein – genau in der Mitte zwischen einem Dorf und Rostock. Das Dorf Mecklenburg wäre dann vielleicht eine Mikropole oder Minipole.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sind nicht mal ein Minuspol, Herr Andrejewski.)

Und es gibt auch schon Nanopole, wie Sie zum Beispiel, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sind nicht mal ein Minuspol.)

Raumordnungswissenschaftler scheinen viel Zeit zu haben. Da kommt sicher noch einiges, wenn sie an ihren theoretischen Modellen herumbasteln. Aus diesem Begriff soll nun folgen, dass ein besonderes Regiopol-Regionen-Konzept zu entwickeln sei, weil Regiopole für wirtschaftliche Vielfalt stünden, sie seien Wachstums cluster, Handelsdrehscheiben, Impulsgeber für ihre Umgebung und wer weiß, was noch alles, einfach dadurch, dass sie neue Namen haben. Das ist auch schön. Vielleicht gebe ich mir auch mal einen neuen Namen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Tja. – Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Borrmann kennt sich aus mit Namenswechsel.)

Aber was folgt daraus? Dass Rostock als eine Regiopole Mecklenburg-Vorpommerns nun noch mehr Geld zur Verfügung gestellt werden soll auf Kosten des ländlichen Raums. Die klassische Leuchtturmtheorie ähnelt dem US-amerikanischen Konzept, wonach eine besondere Förderung der Reichen allen gesellschaftlichen Schichten zugute käme, nach dem Motto „Die Flut hebt alle Boote“. Die Vermögenden erhalten besonders günstige, großzügige Steuersenkungen und sonstige Subventionen. Daraufhin konsumieren sie mehr und schaffen Arbeitsplätze, was dann auch den Armen nutze und ihnen mehr helfe, als wenn man ihnen direkt gleich Geld gegeben hätte. Das klingt logisch, ist aber totaler Unfug, wie Amerika gezeigt hat, wo die Reichen noch reicher wurden durch so eine Politik und die Armen noch ärmer.

Analog soll eine stärkere Konzentration staatlicher Unterstützung für die Zentren auch deren ländlicher Umgebung in stärkerem Maße zugute kommen, als dies eine gleichmäßige Förderung bewirken würde. Angesichts der tatsächlichen Situation des ländlichen Raums ist das höchst zweifelhaft. Der Bevölkerungsrückgang in den kleinen Städten und Dörfern ist dramatisch. Sich jetzt besonders der Stärkung der großen Städte zu widmen, oder der größeren, bewirkt eher weitere Abwanderungseffekte, als dass hier irgendeine belebende Wirkung von der Regiopole Rostock für den Rest des Landes ausginge. Rostock und Subregiopolen – um noch mal einen neuen Begriff zu erfinden – wie Greifswald oder Stralsund könnten Motoren sein für ihre Umgebung, sie könnten sich aber auch bei falscher Politik wie der Kreisgebietsreform zu schwarzen Löchern entwickeln, die dem ländlichen Raum noch die letzte Lebenskraft aussaugen, und falscher Förderungspolitik.

Die Gefahr besteht durchaus, wenn man mit der sogenannten Leuchtturmtaktik fortfährt. Dieses Konzept benötigt ja Zeit: zuerst die Förderung in den Zentren, in den Regiopolen. Von dort aus soll dann später genug Kraft ausstrahlen, um Dörfer und Landstädte über Wasser zu halten.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Das Schlüsselwort lautet leider „später“. Darauf zu warten, haben die Regionen keine Zeit mehr. Solange noch vorhanden, müssen Fördermittel direkt und ohne Umwege in den ländlichen Raum fließen, besonders, um dort Arbeitsmöglichkeiten für die Jugend zu schaffen. Wer einmal aus seiner Heimatstadt in eine Regiopole oder Metropole abgewandert ist und dort Fuß fassen konnte, kommt in aller Regel nicht mehr zurück. Zur Erinnerung: Etwa 90 Prozent der Anklamer Gymnasiasten verlassen die Region auf Nimmerwiedersehen. Ich glaube nicht, dass man das mit Zauberworten wie Regiopole in den Griff bekommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei dem letzten Redebeitrag fällt mir ja nur noch eins ein. Es heißt, glaube ich: „Die Mutter der Dummheit ist immer schwanger.“ Mehr will ich dazu nicht sagen.

Liebe Kollegen von der FDP – mit den anderen brauche ich mich ja nicht mehr zu beschäftigen, denn die Linkspartei hat ja angekündigt, dass sie dem wohl zustimmen wollte –, liebe Kollegen von der FDP, da gibt es einen Irrtum jetzt und das ist offensichtlich ein Verständnisfehler. Es geht nicht darum, innerhalb der Landesplanung oder der Landesraumplanung neue Schwerpunkte zwischen Ober-, Mittel- und Grundzentren zu setzen. Es geht auch nicht um Grundsätze im Zusammenhang mit der Kreisstrukturreform. Es geht nicht mal darum, obwohl Geld immer eine Rolle spielt, es geht nicht mal darum, innerhalb des Landes Gelder neu zu verteilen.

(Gino Leonhard, FDP: Wir sehen das nicht losgelöst.)

Es geht letztendlich darum, innerhalb des Bundes einen Weg zu finden, dass auch – und das ist letztendlich die Zielsetzung, um die politisches Handeln ja immer geht – Mittel, die bisher an diesem Land vorbeigeflossen sind, in Gänze vorbeigeflossen sind, dann zumindest teilweise hier in dieses Land fließen zu lassen.

Und ich will es mal an einem ganz einfachen Beispiel deutlich machen, das glücklicherweise nicht schlecht ausgegangen ist: Wir haben in diesem Land jahrelang alle gemeinsam – ob es die Kollegen von der FDP waren, CDU, SPD, Linkspartei – immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass wir auch, was den Bau von Bundesfernstraßen angeht, für sinnvoll halten, dass die A 14 ausgebaut wird, dass nicht nur das Teilstück hier im Lande gebaut wird, sondern dass wir die Verlängerung in den Süden bekommen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Wenn ich mir jetzt mal Herrn Holter angucke, der hat eben genickt. Wollen wir das mal so unterstellen, dass die Linkspartei auch dafür war.