Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Wenn ich mir jetzt mal Herrn Holter angucke, der hat eben genickt. Wollen wir das mal so unterstellen, dass die Linkspartei auch dafür war.

(Unruhe bei Egbert Liskow, CDU)

Sie erinnern sich vielleicht daran, meine Kollegen, dass in den letzten Monaten …

Lieber Egbert, jetzt lass mich mal erst zu Ende reden. Sonst ist meine Redezeit gleich wieder vorbei.

Liebe Kollegen, Sie erinnern sich vielleicht daran: In den letzten Monaten hat es auf Bundesebene immer wieder eine Diskussion gegeben, ob diese von uns auch gewollte Bundesautobahn vor allem auf sachsen-anhaltinischem und auf brandenburgischem Gebiet nicht als Bundesautobahn, sondern tatsächlich nur als Fernstraße ausgebaut wird. Das wäre sicherlich von Nachteil nicht nur für die Region Rostock gewesen, sondern für das gesamte westliche Mecklenburg, und selbst bis in die Bereiche hinein nach Vorpommern wären die Leute möglicherweise aus bestimmten Teilen Deutschlands nicht so gut da hingekommen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Das sind Überlegungen, wo wir uns auf diese Art und Weise bemühen wollen, mehr Einfluss auf den Bund zu bekommen, da diese Diskussionen, die auf Bundesebene geführt werden, vorbeigehen an unserem Land in Gänze. Und das wird mir mein Verkehrs- und Infrastrukturminister vielleicht übel nehmen, weil er es ja ein bisschen auch in die regionale Raumplanung gebracht hat, die ganze Diskussion. Es geht halt nicht um die regionale Raumplanung, sondern es geht letztendlich um die Landesentwicklung in Gänze. Und deswegen bitte ich Sie insbesondere, liebe Kollegen von der FDP, sich das doch noch mal durch den Kopf gehen zu lassen und vielleicht dann dem Antrag doch zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/2377 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/2377 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU und der Fraktion DIE LINKE, bei Gegenstimmen durch die Fraktionen der FDP und NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Wohnungswirtschaft von den Altschulden entlasten – Weiterführung des Programms „Stadtumbau Ost“ sichern, auf der Drucksache 5/2387.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Wohnungswirtschaft von den Altschulden entlasten – Weiterführung des Programms „Stadtumbau Ost“ sichern – Drucksache 5/2387 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lück. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Altschulden hängen wie ein Damoklesschwert über den Wohnungsunternehmen unseres Landes und daher wird es Zeit, dass wir uns hier im Landtag wieder einmal mit diesem leidigen Problem beschäftigen. 20 Jahre nach der Wende müssen die kommunalen und die genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen der neuen Bundesländer die Folgen einer politischen Willkürentscheidung immer noch ausbaden.

Zur Erinnerung: Investitionsmittel aus dem Wohnungsbauprogramm, die den Wohnungsunternehmen als reine Verrechnungsgrößen zugeordnet waren, wurden 1990 einfach zu Krediten zu marktüblichen Bedingungen umgedeutet. Die ostdeutschen Wohnungsunternehmen wurden damit zu Schuldnern, ganz ohne ihr eigenes Zutun.

Seit der letzten Befassung mit diesem Thema im Landtag hat der Bund zwar mehrfach in Sachen Altschulden gesetzlich nachgebessert, aber das Grundübel blieb. Daran konnten auch die Härtefallregelung nach Paragraf 6a Altschuldenhilfegesetz und die unlängst verlängerte Frist für den Abruf dieser Hilfen bis zum Jahre 2013 nichts ändern. Nur 27 von derzeit 154 kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen wurde Altschuldenhilfe nach der Härtefallregelung des Paragrafen 6a Altschuldenhilfegesetz bewilligt.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Ich wäre der CDU wirklich sehr dankbar, wenn sie ihre Beratung draußen fortsetzen würde.

Die Bedingung: Sie mussten bei Antragsstellung mindestens 15 Prozent Wohnungsleerstand nachweisen und in einer aussichtslosen wirtschaftlichen Lage sein. Alle anderen kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern haben die Altschulden verbindlich und unwiderruflich anerkennen müssen. Das war die Bedingung, um wenigstens von den Altverbindlichkeiten, die über einen Sockelbetrag von 150 DM damals pro Quadratmeter Wohnfläche hinausgingen, entlastet zu werden.

Kolleginnen und Kollegen, wir können davon ausgehen, dass für 300.000 Wohnungen im Land, die durch kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen bewirtschaftet werden, Kredite aus Altschulden zu bedienen sind. Über die genaue Höhe der Altschulden gibt es keine belastbaren Zahlen. Die Altschulden sind mittlerweile Bestandteil von normalen Krediten der Wohnungsunternehmen bei den unterschiedlichsten Banken geworden und nach dem Auslaufen durch Nachfolgekredite ersetzt worden.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. geht davon aus, dass die ostdeutschen Wohnungsunternehmen Altschulden in Höhe von 10 Milliarden Euro haben. Selbstverständlich müssen für diese Altschulden Zins und Tilgung zu marktüblichen Bedingungen gezahlt werden. Gerecht wäre eine generelle Entschuldung aller ostdeutschen Wohnungsunternehmen von Altlasten ohne Wenn und Aber. Die Politik sucht krampfhaft nach Wegen, um die Konjunktur anzukurbeln, aber weder das Land noch der Bund kommen …

(Der Abgeordnete Sebastian Ratjen bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Frau Abgeordnete, einen kleinen Moment.

Herr Ratjen, bei Einbringungsreden gibt es keine Nachfragen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist schon seit zweieinhalb Jahren so.)

Tja, Herr Ratjen, da hätten Sie sich informieren müssen über die Geschäftsordnung.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Sebastian Ratjen, FDP, und Michael Roolf, FDP: Oh!)

… auf die Idee, dass die Wohnungswirtschaft ein solcher Weg wäre.

Kolleginnen und Kollegen, sprechen Sie mit den Fachleuten vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen, mit Herrn Hildebrandt und Herrn Wollmann! Sie werden bestätigen: Gebt der Wohnungswirtschaft 1 Euro und sie gibt 5 Euro aus. Das nenne ich Multiplikationseffekte. Genau die brauchen wir und die werden bisher leider verschenkt. Ohne Altschulden würden Mittel für Investitionen frei. Unser Antrag hält sich im Punkt 1 bewusst an den Wortlaut aus dem Koalitionsvertrag, wonach die Altschulden für alle dauerhaft leer stehenden und rückgebauten Wohnungen zu erlassen sind. Das soll es Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU, erleichtern, für diesen Antrag zu stimmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Geschickt eingefädelt.)

Ich weiß, dass der Verkehrsminister sich gegenüber dem Bund in Sachen Altschulden starkmacht. Ich meine aber, es kann nicht schaden, wenn der Landtag MecklenburgVorpommern ihm dabei durch den Landtagsbeschluss den Rücken stärkt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Helmut Holter, DIE LINKE: Wir machen einen Volkerstaat auf. – Peter Ritter, DIE LINKE: Volker, hör die Signale!)

Mithilfe des Programms „Stadtumbau Ost“ konnte seit 2002 der Wohnungsleerstand auf durchschnittlich unter 8 Prozent gesenkt werden, aber regional gibt es gravierende Unterschiede. Bis Ende 2008 wurden rund 18.500 Wohnungen im Programmteil Rückbau vom Markt genommen. Der Haken ist: Rund 80 Prozent dieser abgerissenen Wohnungen gehörten zu den Unternehmen, die eine zusätzliche Entlastung von Altverbindlichkeiten nach der Härtefallregelung Paragraf 6a Altschuldenhilfegesetz bewilligt bekommen haben. Der vollzogene Rückbau oder der Abriss war Bedingung, um den Entlastungsbetrag zu bekommen. Nur 20 Prozent der bisher vom Markt genommenen Wohnungen wurden freiwillig abgerissen. Und vorher mussten alle Kreditverpflichtungen, ob aus Altschulden oder durch erfolgte Modernisierungen, getilgt oder auf andere Bestände umverteilt werden. Aber das funktioniert natürlich bei den meisten Unternehmen nicht.

Bei der Versammlung der Wohnungsunternehmen im Dezember 2008 sagte Staatssekretär Schröder, dass in 2008 Mittel für den Abriss von 3.500 Wohnungen hätten bewilligt werden können, es lagen aber nur Anträge für den Rückbau von 800 Wohnungen vor. Laut Staatssekretär Schröder war der Hauptgrund die ungelöste Altschuldenproblematik. Die Kreditbelastungen für leer stehende Wohnungen sind nur bis zu einem gewissen Grad zu schultern. Und bereits dann sind Abstriche bei der Instandsetzung des bewohnten Bestandes in Kauf zu nehmen. Aber irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, wo die Leerstandsquote die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährdet. Das betrifft die Hälfte der

kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in unserem Land, überwiegend natürlich auch im ländlichen Raum. Die andere Hälfte der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen ist wirtschaftlich gut aufgestellt.

Das Fazit: 50 Prozent stehen also auf wackligen Beinen. Wir können nicht tatenlos zusehen, dass ein Teil der Wohnungsunternehmen kaputt geht, nur weil der Bund nicht handelt. Deshalb sind als Erste-Hilfe-Maßnahme sozusagen die Unternehmen zumindest von Altschulden beim Rückbau von dauerhaft nicht mehr benötigtem Wohnraum zu entlasten.

Wir greifen mit dem Antrag eine Forderung des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen und des GdW auf und da sehe ich selbstverständlich auch das Land in der Pflicht. Es geht schließlich nicht nur um die Wohnungsunternehmen, es geht vor allem um deren Mieter, um Menschen, die hier im Land leben und hier auch bleiben wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich will mit dieser Forderung nicht den Bund aus seiner Verantwortung entlassen – die hat er unbestritten –, aber weiter abwarten können wir nicht.

Wie ist die Situation? Viele Wohnungsunternehmen, besonders im ländlichen Raum, beklagen stetig zunehmenden Wohnungsleerstand. Selbst bei mehr als 15 Prozent Wohnungsleerstand besteht derzeit nach geltendem Recht keine Möglichkeit zur Aufnahme der Härtefallregelung. Ein solcher Antrag hätte bis 2003 gestellt werden müssen, aber seinerzeit erfüllten die Unternehmen diese Kriterien noch nicht.

Daher begrüße ich einen aktuellen Antrag der Großen Koalition im Bundestag zur Fortführung des Programms „Stadtumbau Ost“. Dieser Antrag enthält auch einen Prüfauftrag, um Möglichkeiten zur Neuantragstellung ähnlich der Härtefallregelung nach Paragraf 6a Altschuldenhilfegesetz auszuloten.

Insbesondere die Wohnungsunternehmen in Regionen mit besonders starkem Einwohnerschwund sind praktisch in diesem Teufelskreis. Aus ihm kommen sie ohne Hilfe nicht raus. Sie müssen Kredite bedienen und Kosten tragen für leer stehende Wohnungen, für die sie keine Einnahmen erzielen. Sie können aber auch nicht die Belastungen auf den vermieteten Wohnbestand umlegen, weil ihnen bei höheren Mieten die verbliebenen Mieter auch noch weglaufen würden. So können die Unternehmen nur das Nötigste an den vermieteten Wohnbeständen und dem Wohnumfeld tun. Die Wohnungen verlieren praktisch an Attraktivität mit der Folge, dass Mieter, die es sich leisten können, wegziehen.

Dass das auch sozialen Sprengstoff birgt, wissen wir doch alle. Die Unternehmen müssten handeln. Sie müssten sich von dauerhaft nicht mehr benötigtem leer stehendem Wohnraum trennen. Aber sie können das Programm „Stadtumbau Ost“ nicht nutzen, weil die Banken nicht mitmachen, denn oftmals sind die Beleihungsgrenzen für die unternehmenseigenen Grundstücke erreicht, sodass Lasten nicht umverteilt werden können. Die Politik ist hier gefordert. Nur sie kann die Altschuldenproblematik lösen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen, und schlage für die Punkte auch getrennte Abstimmung vor. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, heute bin ich im Dauereinsatz.

Meine Damen und Herren, ich habe mir die Hälfte meines Skripts gespart, denn dieses Thema hat eine lange, lange Historie und Geschichte. Einige Akteure hier kennen sie von Anfang an, ob ich an den Kollegen Holter denke oder andere Fraktionen. Ich kenne sie zumindest seit 1994. Ich war nämlich auch mal wohnungspolitischer Sprecher meiner Fraktion und das war das erste Thema, mit dem ich konfrontiert worden bin. Deswegen spare ich mir die Aufzeigung der Historie, sondern ich will ganz konkret und knapp und kurz zu dem Antrag kommen und zu dem, was aus meiner Sicht an Problemen beziehungsweise an Vorteilen dahintersteckt.