Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 68. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.
Die Fraktion der NPD hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Wirklichkeitsgetreue Auswertung der Kriminalitätsentwicklung seit Schengen II“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/2426 verteilt wurde. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach Tagesordnungspunkt 29 aufrufen, das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über die Aufsetzung durchführen.
Wir setzen nunmehr unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern durch Rücknahme von Steuerrückerstattungsgrenzen und Selbstbehalt erhöhen, Drucksache 5/2379.
Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern durch Rücknahme von Steuerrückerstattungsgrenzen und Selbstbehalt erhöhen – Drucksache 5/2379 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern hat sich in den zurückliegenden Monaten drastisch verschärft. Ob nun in der Milch- oder Schweineproduktion, ob Marktfrucht oder Veredelung, die Wirtschaftskrise hat auch die Landwirtschaft erreicht. Aus diesem Grunde müssen wir jede Möglichkeit nutzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaftsunternehmen zu stärken.
Hierzu zählen nach Auffassung der Koalitionsfraktionen auch Maßnahmen hinsichtlich der Besteuerung von Agrardiesel. Während in Deutschland der Agrardiesel mit 25,56 Cent je Liter und der normale Dieselkraftstoff mit 47,04 Cent je Liter besteuert werden, wird in anderen EU-Mitgliedsstaaten der Agrardiesel wie zum Beispiel in Frankreich mit 6,6 Cent, in Österreich mit 9,8 Cent und in den Niederlanden mit 7,7 Cent je Liter besteuert.
Ab der Obergrenze von 10.000 Litern wird in Deutschland ein Steuersatz von 47,04 Cent erhoben. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass die deutschen Landwirte gegenüber ihren Mitbewerbern in der Europäischen Union erhebliche Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen müssen. Aufgrund der mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2005 eingeführten Obergrenze von 10.000 Litern und dem Selbstbehalt von 350 Euro für selbst verbrauchten Agrardiesel kommen lediglich Landwirtschaftsunternehmen in den Genuss der Agrardieselsteuerrückerstattung, die einen Verbrauch zwischen 1.860 bis 10.000 Liter aufweisen. Sowohl kleinere Betriebe wie Nebenerwerbslandwirte, aber auch die groß strukturierten Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern werden mit dieser Regelung in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt. Wenn auch der Selbstbehalt und die Bagatellgrenze noch mit Verwaltungsvereinfachung
begründet werden könnten, so gibt es für die 10.000Liter-Grenze keine sachliche Begründung. Diese Grenze ist willkürlich gezogen worden und benachteiligt Unternehmen mit einer Größe von über 100 Hektar.
Sehr geehrte Damen und Herren, in Bayern soll der Selbstbehalt nun vom Land ausgeglichen werden. Eine solche Maßnahme können und wollen wir uns nicht leisten. Wir fordern, dass unsere leistungsfähigen Strukturen unterstützt werden.
Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass im Rahmen des Konjunkturpaketes II eine entsprechende Regelung zur Agrardieselsteuerrückerstattung nicht aufgenommen wurde. Hier muss meines Erachtens ein Umdenken stattfinden. Wenn festgestellt wird, dass die Regelungen zur derzeitigen Agrardieselbesteuerung nicht zu Wettbewerbsnachteilen führen, dann frage ich mich, wann die Verantwortlichen das letzte Mal bei den Land- und Forstwirten vor Ort waren. Die reinen Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Wir können die Land- und Forstwirtschaft bei dieser Problematik nicht im Stich lassen. Aus diesem Grunde begrüße ich es ausdrücklich, dass wir in MecklenburgVorpommern einen Antrag im Interesse der Landwirtschaftsunternehmen unseres Landes auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir fordern die Landesregierung auf, sich gegenüber der Bundesregierung für eine vollständige Rückkehr zum System der Steuerrückerstattung vor Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes 2005, das heißt, für eine Rückvergütung für jeden verbrauchten Liter ohne Verbrauchsobergrenzen und Selbstbehalt und für eine EU-weite Harmonisierung der Besteuerung von Agrardieselstoffen einzusetzen.
Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und des Erhalts von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum ist die Reduzierung der Agrardieselsteuer auf das Durchschnittsniveau der Agrardieselsteuer innerhalb der Europäischen Union notwendig.
Die Anpassung an europäische Sätze würde die Belastung der Landwirte in einer ohnehin schwierigen Einkommenssituation reduzieren. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss noch mal ausdrücklich sagen, ich finde es gut, dass wir den gestrigen Abend in der Landwirtschaft beendet
Deswegen ist es erklärtes Ziel – im Übrigen auch der Politik der Landesregierung und auch des Hauses, das ich zu vertreten habe –, noch mal ausdrücklich die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in MecklenburgVorpommern weiter zu erhöhen. Das gilt umso mehr, da sich die landwirtschaftlichen Unternehmen insbesondere durch die Änderungen der europäischen Agrarpolitik einem steigenden, ja stetig steigenden Wettbewerbsdruck durch den Markt stellen müssen. Die Marktausrichtung kann aber nur funktionieren, auch das ist mir außerordentlich wichtig, wenn die Wettbewerbsbedingungen in Deutschland und in Europa annähernd gleich sind. Das verlangt aus meiner Sicht auch eine Regelung in diesem Paket der Steuerbelastungen und der Regelungen, die einheitlich in Europa dringend weiter harmonisiert werden müssen.
Doch die Realität ist leider eine andere, meine Damen und Herren. Die Preise für landwirtschaftliche Produktionsmittel und ihre steuerlichen Belastungen können in Europa unterschiedlicher nicht sein. Wir haben zwar ein einiges Europa, aber einig sind wir uns in diesen Fragen leider noch nicht.
Die für die Besteuerung von Agrardiesel maßgebliche EU-Vorschrift sieht grundsätzlich einen einheitlichen Mindeststeuersatz von 2,1 Cent für Diesel vor, 2,1 Cent Mindeststeuersatz. Allerdings setzen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union diese Regelung sehr unterschiedlich um. Der Agrardieselsteuersatz liegt zum Beispiel in Großbritannien bei 12,4 Prozent, in Österreich bei 9,8 Cent, in Italien bei 9,2 Cent, in den Niederlanden bei 7,2 Cent. Zudem gelten zahlreiche Ausnahmen. So bleiben Frankreich mit 0,7 Cent je Liter oder Dänemark mit 0,3 Cent pro Liter Agrardieselsteuer deutlich unter dem vorgesehenen, per EU verordneten Steuersatz.
Einen wie in vielen EU-Mitgliedsstaaten festgelegten Agrardieselsteuersatz gibt es in Deutschland leider, ich betone das auch ausdrücklich, leider nicht. Diesel wird in Deutschland mit einem einheitlichen Steuersatz von aktuell 47,04 Eurocent besteuert. Dieser Steuersatz gilt für die Landwirte genauso wie für jeden normalen Nutzer, der den Dieselkraftstoff benötigt. Man setzt für die Landwirtschaft in diesem Zusammenhang dann das Prinzip der Steuerrückerstattung um. So wird zum Beispiel die Steuer auf Biodiesel und Pflanzenöl beim Einsatz in der Landwirtschaft zu 100 Prozent rückerstattet. Ich glaube, das darf man an dieser Stelle auch mal sagen. Seinerzeit haben wir aus Mecklenburg-Vorpommern durchsetzen können, dass Biodiesel zu 100 Prozent Steuerrückerstattung erhält. Und ich bedaure es nach wie vor – es sind ja auch Vertreter des Bauernverbandes heute hier, ich hoffe, Sie teilen meine Auffassung –, ich bedaure es sehr, dass die Landwirtschaft nicht mehr von diesem Produkt Gebrauch macht. Wir haben zurzeit in MecklenburgVorpommern schätzungsweise leider nur 12 Prozent Biodiesel, der eben insofern steuerfrei ist, im Einsatz.
Die überwiegende Zahl der Landwirte nutzt aus diesem Grunde, das erkennt man ja dann auch, nach wie vor den fossilen Kraftstoff, der endlich ist. Dort liegt die Steuerrückerstattung circa bei 21,48 Cent je Liter. Das klingt zunächst erst einmal doch ganz ordentlich und klingt so,
als ob es ein erhebliches Steuergeschenk für die Landwirte sei, bleiben doch nach dieser Rechnung weniger als 26 Cent je Liter, die die Landwirtschaft an den Fiskus zahlen muss, über. Doch so einfach ist die Rechnung leider nicht, denn man darf den im Jahr 2005 vom Bund eingeführten Selbstbehalt in Höhe von 350 Euro je Betrieb nicht außer Acht lassen: Geht man von einem Durchschnittsverbrauch eines Landwirtschaftsunternehmens aus, bedeutet dieser Selbstbehalt, dass der Landwirt für eine bewirtschaftete Fläche der ersten 17 Hektar landwirtschaftlicher Fläche keine Steuerrückerstattung erhält.
Wenn man sich das mal überlegt, Mecklenburg-Vorpommern hat eine durchschnittliche Flächenausstattung von 263 Hektar, dann wird das schon deutlich. Durch die Festlegung dieses Selbstbehaltes sind in MecklenburgVorpommern immerhin circa 2.000 Betriebe von vornherein von dieser Agrardieselsteuerrückerstattung betroffen.
Jetzt könnte man argumentieren, dass 350 Euro pro Jahr ein Landwirtschaftsbetrieb eigentlich verkraften müsste. Das will ich grundsätzlich auch nicht in Abrede stellen. Wer die Strukturen in unserer heimischen Landwirtschaft kennt, der weiß nur zu gut, dass es eine andere Regelung ist, die deutlich zulasten der Landwirte geht. Ich meine damit, dass die Rückerstattung auch nach oben hin begrenzt ist. Dies habe ich von Anfang an gesagt und bin auch dankbar, dass meine Fraktion das voll unterstützt hat, nämlich die sogenannte 10.000-Liter-Obergrenze. Das heißt, für jeglichen Verbrauch über 10.000 Liter je Betrieb besteht seit 2005 ebenfalls kein Anspruch mehr auf die Steuerrückerstattung. Auf die Fläche gerechnet heißt das im Klartext, dass die Landwirte ab einem durchschnittlichen Betrieb von 100 Hektar ebenfalls keine Steuerrückerstattung mehr erhalten und damit den vollen Steuersatz, nämlich die 47,04 Cent voll bezahlen müssen.
Von dieser Obergrenze der 10.000 Liter sind in Mecklenburg-Vorpommern wiederum mehr als 2.200 von den 5.200 Betrieben, die wir in unserem Lande haben, betroffen. Unter Einbeziehung dieser von der Rückerstattung ausgeschlossenen Bereiche ergibt sich für die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern überschlägig ein Steuersatz des fossilen Agrardiesels von mehr als 40 Cent. Wenn ich die Zahlen Ihnen genannt habe, dass andere Regionen bei 0,3 Cent Steuerbelastung sind, dann ist das eine einseitige Wettbewerbsbenachteiligung, die unsere Landwirtschaft zu verkraften hat.
Man könnte es auch noch anders ausdrücken: Aufgrund der hiesigen Strukturen liegt die Agrardieselsteuerrückerstattung in Mecklenburg-Vorpommern bei durchschnittlicher Ersparnis von 3 Euro je Hektar, im Gegensatz dazu in Deutschland im Durchschnitt von rund 9 Euro je Hektar Rückerstattung. Die Landwirte im benachbarten Niedersachsen kamen durchschnittlich fast auf 13 Euro – ich betone noch mal: wir bei 3 Euro – und in Bayern kommt man sogar auf stolze 14 Euro je Hektar. Das sind Fakten, meine Damen und Herren Abgeordnete, die man einfach erkennen muss.
Als wäre das aber noch nicht genug, beabsichtigt die Bundesregierung – ganz offensichtlich aufgrund der bayerischen Einflussnahme im Nacken und der Euro
pawahlen – nun auch noch, eine Erstattung des Selbstbehaltes auf Länderebene zu ermöglichen. Damit wird das Chaos noch größer. Der Freistaat Bayern, der jetzt schon den höchsten Rückzahlungsbetrag erhält, beabsichtigt tatsächlich, von dieser Regelung Gebrauch zu machen, und will somit circa 30 Millionen Euro Landesmittel, reine Landesmittel, dafür in die Hand nehmen. Eine solche Regelung wird den nationalen Wettbewerbsdruck zulasten unserer Landwirte noch weiter verschärfen, von erheblichen Zweifeln an der beihilferechtlichen Zulässigkeit sowie dem unangemessen hohen Aufwand für die Landwirte und die Verwaltung ganz abgesehen. Ein solches Vorgehen, meine Damen und Herren, lehne ich jedenfalls entschieden ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, MecklenburgVorpommern ist von den deutschen Steuer regelungen, sowohl im innerdeutschen als auch im europäischen Vergleich, besonders negativ betroffen. Die Agrarministerkonferenzen – und da erhitzten sich auch gestern Abend die Gemüter –, die letzten Agrarministerkonferenzen haben...
Ja, Herr Holter, und Sie habe ich gestern Abend auch wirklich überhaupt nicht gemeint und meinen Freund Fritz Tack erst recht nicht.
Die Agrarministerkonferenzen der vergangenen Jahre haben wiederholt die Bundesregierung aufgefordert, einen stärkeren Einsatz bei ihren Bemühungen um eine Harmonisierung auf europäischer Ebene, was die Agrardieselbesteuerung anbelangt, zu ermöglichen. In der Zwischenzeit konnten leider diesbezüglich keine Ergebnisse konstatiert werden. Der gravierende deutsche Wettbewerbsnachteil besteht unverändert weiter. Mecklenburg-Vorpommern initiierte daher auf der Agrarministerkonferenz in Magdeburg gemeinsam mit Brandenburg, mit Niedersachsen, also ein schwarzes Land, und mit Sachsen, auch ein schwarzes Land, einen Beschluss, der die Bundesregierung auffordert, den Selbstbehalt in Höhe von 350 Euro sowie die Obergrenze der 10.000-Liter-Regelung schnellstmöglich wieder rückgängig zu machen. Damit wären wir endlich einen Schritt weiter.
Ja, die alten Bundesländer haben damit ein richtiges Problem, weil man meint, damit würde man einseitig die neuen Länder fördern, was aus meiner Sicht nun wirklich den blanken Irrsinn darstellt.
Damit könnten zumindest die nationalen Ungereimtheiten beseitigt werden und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Die Notwendigkeit einer europäischen Harmonisierung ersetzt dieses freilich überhaupt nicht. Was das angeht, steht uns sicherlich noch ein langer und steiniger Weg bevor.
Daher begrüße ich diesen Landtagsantrag außerordentlich. Er stärkt die Position auch unseres Bundeslandes
im Rahmen des Bundesratsverfahrens, das im Übrigen ja anliegt. Im Übrigen hat auch der Bundesrat mehrfach die Bundesregierung gebeten, diese einseitige Benachteiligung zurückzunehmen. Was aber auf der anderen Seite ein Stückchen erfreulich ist, auch das möchte ich mitteilen hier und heute, ist, dass die Bundesregierung jetzt endlich beabsichtigt, was den Biodiesel anbetrifft, die Steuererhöhung schrittweise und ein Stück zurückzunehmen. Es liegt bereits ein Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag vor, wonach der Steuersatz von 21 Cent bei Biodiesel auf 18 Cent zurückgenommen werden soll.
Das ist ein erster Schritt, aus meiner Sicht ist der nicht ausreichend. Das Beste wäre, wenn man den Biotreibstoff jetzt, der insbesondere auch in Richtung der zweiten Generation führt, unverzüglich steuerfrei stellt,