Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin zunächst einmal dankbar, dass wir dieses Thema heute wieder behandeln, denn wenn man die gesamtgesellschaftliche Diskussion betrachtet, dann wird immer wieder leicht verkannt, dass wir es einfach zu unterscheiden haben, welche Vorteile durch die Biotechnologie, die Gentechnik als solches für die Allgemeinheit, für die Menschheit heute bereits entstanden sind.

Da will ich noch mal darauf hinweisen, dass der Transport der Informationen leider schwierig ist. Wir unterscheiden in Deutschland, in Europa, in der Welt auf der einen Seite die rote Gentechnik, wo sich im Übrigen allein in Deutschland, meine Damen und Herren, man höre und staune, heute 134 Arzneimittel aus gentechnisch veränderten Organismen in der Anwendung befinden, hoch positiv bewertet, weil damit Leid oder gegebenenfalls noch viel schlimmere Dinge abgewendet werden können,

(Hans Kreher, FDP: So ist es.)

insbesondere im Bereich der Krebsvorsorge oder -bekämpfung

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

oder auch bei Diabetes.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich glaube, es ist ein Segen für die Menschheit, dass es solche Produkte gibt.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Und ich bin den Wissenschaftlern, den Forschern auf dieser Erde dankbar, insbesondere auch dafür, dass es für solche Produkte im Übrigen dann den Nobelpreis gibt. Ich glaube, das darf man an dieser Stelle auch mal sagen. Wir wollen keinen Konflikt zwischen den einzelnen Bereichen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja.)

Oder nehmen Sie neben der roten Gentechnik, der Human- oder der Veterinärmedizin auch die Diskussion um die neue sogenannte Schweinegrippe, die in Wirklichkeit keine ist. Der Impfstoff, der zurzeit entwickelt wird, basiert auf gentechnisch veränderten Organismen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir beschäftigen uns hier in unserem Land selbstverständlich auch mit anderen Themen, nämlich mit der

blauen Gentechnik, der marinen, und damit der Entwicklung zum Wohle der Gesellschaft oder zur Gesundung der Meere oder auch zum Wohle...

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ja, auch zum Wohle. Die Algenproduktion, die Rotalge oder auch andere Produkte sind aus meiner Sicht ausdrücklich auf das Wohl und die Entwicklung der Menschheit ausgerichtet

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

und nicht dieses dusselige Rumgefasel, das Sie von der rechten Seite hier veranstalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Oder nehmen Sie die graue Gentechnik in der Abfallbeseitigung und -verwertung.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, aber wenn ich mir die angucke, sehe ich Sie.)

Ich halte es für richtig, dass die Biotechnologien hier Einzug halten, damit eben genau das, was wir als Menschen an Abfall und anderen Dingen entwickeln, möglichst stofflich und energetisch oder auch in andere Richtung umweltverträglich wiederverwertet wird.

Und dann sind wir bei der grünen Gentechnik. Ich glaube, dass man sehr wohl erkennen muss – es ist eben schon darauf hingewiesen worden –, dass wir dringender denn je, dringender denn je einen sachlichen Umgang mit diesem Thema benötigen. Es muss aus meiner Sicht den etablierten Forschungseinrichtungen auch gelingen – ich kann da nur wieder die Bitte an die Forschungsinstitute der Bundesrepublik Deutschland, aber natürlich auch an die im eigenen Lande richten –, das Thema Biotechnologie und Gentechnik als solches mehr und offensiver in der Öffentlichkeit zu diskutieren

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

und die Risiken zu erklären,

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

aber auch die Chancen und die Perspektiven zu eröffnen.

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

Genau da, meine Damen und Herren, haben wir – ich bin schon gespannt auf den Beitrag, der dann da kommen wird, aber ich will das ausdrücklich betonen – im Rahmen der rot-roten Regierungskoalition das AgroBioTechnikum, im Übrigen auch unter dem Dach von BioCon Valley, entwickelt. Und ich glaube, es war richtig, dass wir dies getan haben. Das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz wurde mit Unterstützung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der Europäischen Union und mit Bundesmitteln errichtet und wird unter diesen Voraussetzungen betrieben.

Zielrichtung war und ist es, meine Damen und Herren:

1. die erzeugernahe erhöhte Wertschöpfung bei Produkten und Wirk- und Wertstoffen durch praxiswirksame Anwendung und Umsetzung neuester Erkenntnisse der Biotechnologien zu sichern und voranzubringen,

2. ein Kompetenz- – wir haben eins – und Innovationszentrum auf dem Gebiet der stofflichen und energetischen Nutzung landwirtschaftlicher Biomasse und der Ernährungswirtschaft zu schaffen, sowie

3. konsequent die eigenen – ich betone das, wir wollen nicht abhängig sein von den Monsantos dieser Erde und von den Heuschrecken dieser Erde,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Sie wollen Ihr eigenes Monsanto.)

wir wollen auch nicht abhängig sein von Syngenta und anderen Konzernen dieser Erde –,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

ganz konsequent die eigenen Erfahrungen aus den Dienstleistungserbringungen, der eigenen Dienstleistungen und Forschungen,

(Hans Kreher, FDP: Richtig, Herr Minister.)

auf der anderen Seite sehr wohl auch der Auftragsforschung

(Michael Andrejewski, NPD: Wir verseuchen uns selber. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

und letzten Endes auch im Bereich der selbstständigen wie öffentlich finanzierten Forschungs- und Entwicklungsprojekte voranzutreiben.

Genau das ist der Auftrag des AgroBioTechnikums. Diese Zielstellung engt die Nutzung des AgroBioTechnikums als Forschungsstandort nicht auf eine …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielleicht hören Sie erst mal zu und dann können Sie eine Frage stellen, aber versuchen Sie wenigstens erst mal zuzuhören, damit klar wird, worum es hier eigentlich geht.

Diese Zielsetzung engt im Übrigen das AgroBioTechnikum als Forschungsstandort nicht auf eine Zielrichtung ein, sondern schließt bewusst die gesamte Palette der wissenschaftlichen Fragen aus der pflanzlichen Produktion und der Verfahrenstechniken ein. Dazu gehört ausdrücklich auch der ökologische Landbau, der an diesem Standort weiter beforscht werden soll.

Die im AgroBioTechnikum tätigen Unternehmen haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie an den neuen attraktiven und wichtigen Forschungsvorhaben interessiert sind. Dazu gehört zweifellos der ökologische Landbau, aber die im AgroBioTechnikum ansässigen Firmen müssen dabei natürlich auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln. Es bleibt zu hoffen, dass der jüngst vorgenommene Betreiberwechsel im AgroBioTechnikum zu diesem Erfolg führen wird. Ich betone ausdrücklich, das AgroBioTechnikum soll sich wirtschaftlich selbst tragen und muss dazu breit aufgestellt sein. Dabei gehört die Grundlagenforschung zur Gentechnik genauso wie eine Grundlagenforschung zum ökologischen Landbau.