Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

(Stefan Köster, NPD: Was reden Sie da?)

Eigene Vorschläge, das ist ja immer so, hat sie dazu nicht zu Papier gebracht.

(Stefan Köster, NPD: Davon sind schon zwei abgelehnt.)

Dazu fehlten wieder der nötige Mut und möglicherweise auch das erforderliche Wissen. Lediglich zwei Aspekte wurden herausgegriffen,

(Stefan Köster, NPD: Was Sie nicht sagen.)

aber das kennen wir ja von anderen Anträgen ganz genauso. Interessant hierbei ist …

(Stefan Köster, NPD: Au, au, au, Frau Tegtmeier!)

Sie wissen es meistens nicht, so viel ist sicher.

Interessant hierbei ist, dass es der Fraktion der NPD entgangen ist, dass die Reform des SGB als fortlaufender Prozess in vollem Gange ist. Die Länder haben gerade in Bezug auf die Kosten der Unterkunft die kontinuierliche Fortschreibung der Empfehlungen des Deutschen Vereins, der ja nun wirklich nicht im Ruf steht, seine Kritik nur verhalten oder besonders regierungsfreundlich vorzutragen, gefordert.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der Deutsche Verein, ein Gremium, in dem Fachwissen konzentriert ist, befasst sich natürlich damit, welche Konsequenzen aus den Urteilen der Sozialgerichte gezogen werden müssen. Und eins ist für mich ganz gewiss, nämlich dass der Deutsche Verein nicht auf Anträge der NPD-Fraktion des Landtages Mecklenburg-Vorpommern angewiesen ist und auf diese auch überhaupt gar keinen Wert legt.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die mögliche Errichtung einer Arbeitsgruppe mit den Ländern zur kontinuierlichen Erarbeitung von Empfehlungen und Informationen in Bezug auf die Kosten der Unterkunft bereits erörtert. Die Länder haben sich jedoch einstimmig gegen die Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe ausgesprochen. Sie halten demgegenüber die kontinuierliche Fortschreibung der Empfehlungen des Deutschen Vereins für zielführender, denn Doppelstrukturen werden so vermieden. Soweit bei der Ausführung der Leistungen für Unterkunft und Heizung Probleme bestehen, wurde vereinbart, diese künftig im Rahmen der halbjährigen Konferenzen der im SGB-II-Bereich aufsichtsführenden Behörden des Bundes und der Länder, die es bereits gibt, zu behandeln. Insbesondere wurde vereinbart, künftige Anpassungen der Empfehlungen des Deutschen Vereins jeweils bei der nächsten Aufsichtskonferenz zu erörtern, um den Ländern Gelegenheit zur Stellungnahme vor Veröffentlichung angepasster Empfehlungen zu geben.

Das Land Niedersachsen hält darüber hinaus Verfahrensvorgaben für die kommunalen Träger bei der Bestimmung der Angemessenheit der Anwendung, also die Richtwerte, für erforderlich und prüft derzeit die Erteilung entsprechender landesrechtlicher Vorgaben. Niedersachsen hat angekündigt, anlässlich der nächsten Aufsichtskonferenz zu diesem Punkt zu berichten.

Sowohl der Erlass einer Verordnung nach Paragraf 27 SGB II als auch die Herausgabe bundeseinheitlicher Hinweise zu Paragraf 22 SGB II werden von den Ländern unter Hinweis auf ihre aufsichtsrechtliche Zuständigkeit abgelehnt. Das Erfordernis übergreifender Vorgaben an die kommunalen Träger wird durch die Länder durch die Erteilung von Weisungen, Rundschreiben und Ausführungsvorschriften umgesetzt. Es bleibt aber festzuhalten, dass sich die Mehrheit der Länder der Übernahme einer weitergehenden Verantwortung durch fachaufsichtliche Befugnisse verschließt. Dabei erkennen die Länder die Verbindlichkeit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes selbstverständlich an. Damit wird die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung im zunehmenden Maße auch sichergestellt werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, dass weder Bund noch Länder auf diesen sensationellen Antrag der NPD-Fraktion gewartet haben, sondern bereits mitten in der Arbeit stecken. Die demokratischen Fraktionen dieses Hauses lehnen den Antrag der NPD-Fraktion ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Udo Pastörs, NPD: Gut vorgelesen.)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, Frau Tegtmeier, Sie sagen ja viel, Sie zu fragen, was Sie dort vorgelesen haben.

(Gelächter bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Dann müssen Sie wahrscheinlich selber den fragen, der Ihnen das aufgeschrieben hat. Ich versuche mal, hier Logik reinzubringen. Sie sagen, das SGB II sei eigentlich an sich ganz gut, es würde nur von den Behörden schlecht umgesetzt. Das sei wiederum gut, denn je schlechter die Behörden sind, desto mehr Prozesse gibt es, und die Sozialgerichte sind bürgerfreundlich. Und daraus schließen Sie wiederum, dass, ja, was eigentlich? Da hört irgendwie der Faden auf in Ihrem Bericht. Dann schlenkern Sie wieder um und sagen, das SGB ist doch gut. Dann sagen Sie, es ist aber doch wieder nicht so, weil es einen ständigen Verbesserungsprozess gibt, und den sieht man leider nicht. Und da endet es dann ganz im Dunkeln.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Also bevor ich mich Ihren Ausführungen anschließe, lausche ich lieber dem Bundessozialgericht, das vielleicht ein wenig mehr Ahnung hat als Sie. Das Bundessozialgericht sagt, es ist eine katastrophale Lage, es muss in Haupt und Gliedern erneuert werden. Das ist alles wirr und nicht verständlich. Da hilft kein bisschen verbessern, da hilft nur weg und neu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das ist unser Vorschlag: Lauschen Sie den Sozialgerichten und dem Bundessozialgericht, und weg und neu.

Den Rest meiner Redezeit möchte ich dazu verwenden, noch mal ganz kurz Hartz IV unter dem Blick auf die

Grundrechte zu beleuchten. Das heißt, inwieweit gelten Grundrechte, die ja heute so groß gefeiert wurden, eigentlich für Hartz-IV-Empfänger? Artikel 2 – Freizügigkeit – können Sie als Hartz-IV-Empfänger vergessen. Sie dürfen nicht länger weg von zu Hause sein als eine Nacht – ein Tag, eine Nacht –, weil nämlich die Sozialbehörden eigene Postdienste haben, Behördenpost oder private. Dann müssen Sie damit rechnen, dass 16.00, 17.00 Uhr noch ein Brief kommt, und auf den müssen Sie warten, erst dann können Sie weg. Und am nächsten Tag kann schon wieder einer kommen, der sagt: Seien Sie am übernächsten Tag zu Hause, sonst wird Ihnen die Leistung gekürzt.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Sie können also eine Nacht, einen Tag, eine Nacht, weg, das war es. Das nenne ich nicht Freizügigkeit. Artikel 2 geht nicht und umgekehrt auch nicht, denn Sie können überall hingeschickt werden, selbst in die Antarktis. Da habe ich Beispiele gelesen in Kommentaren …

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zur Sache zu sprechen.

(Gelächter bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Das ist zur Sache!)

Ja? Es geht hier um das Bundessozialgericht, seine Fundamentalkritik am SGB II. Das Bundessozialgericht ist Teil unseres Rechtssystems wie das Bundesverfassungsgericht. Und auch die mögliche Verfassungswidrigkeit des SGB II ist Thema dieses Komplexes. Ich würde mal meinen, das gehört zum Thema.

Ganz kurz: Artikel 12 „Berufsfreiheit“ können Sie vergessen. Das Amt kann Ihnen jederzeit vorschreiben, was Sie zu lernen haben, was Sie zu machen haben. Artikel 14, da sagt selbst der CDU-Mann Heiner Geißler, dass Hartz IV eine kontinuierliche Enteignung ist. Artikel 6 „Familie“, dazu habe ich schon etwas gesagt, vererben, erben ist nicht. Selbst Artikel 9 „Vereinigungsfreiheit“, wenn Sie ein Ehrenamt im Verein annehmen, kommt das Sozialamt und sagt hier: Sie stehen nicht mehr der Arbeit zur Verfügung. Bumm, weg, Leistungskürzung. „Meinungsfreiheit“, wenn Sie sich mit dem Amt anlegen, dann kann es sein, dass es in der nächsten Woche schon oder im nächsten Monat einen kleinen Computerfehler gibt und Sie bekommen keine Leistungen überwiesen. Davor haben viele Angst und deswegen trauen sich viele nicht, Widerspruch einzulegen oder zu klagen, weil sie keine Reserven mehr haben. Selbst die Religionsfreiheit, wenn Sie Katholik sind und Sie wollen auf …

Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen den zweiten Ruf zur Sache und mache Sie darauf aufmerksam, dass der dritte Ruf zur Sache Ihnen das Wort entziehen würde für den Verhandlungsgegenstand.

Also, dass Grundrechte hier zu Sachrufen führen in einem Land, das der Verfassung ergeben ist, das wundert mich aber schon.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Herr Abgeordneter Andrejewski!

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist eine Unverschämtheit!)

Herr Abgeordneter Andrejewski, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Sie haben die Amtsführung hier oben nicht zu kritisieren. Das hatten wir hier eigentlich schon mehrfach besprochen, aber offensichtlich bedarf es dazu immer wieder der Erläuterung.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Kann er sich das nicht merken?)

Ich mache das an dieser Stelle natürlich gern. Ich erkläre Ihnen gern noch mal unsere Geschäftsordnung.

Und an der Stelle erteile ich dem Abgeordneten Herrn Köster gleich noch einen Ordnungsruf, weil er meine Amtsführung hier ebenfalls kritisiert hat. Das Gleiche gilt für Herrn Borrmann. Und da Sie belehrt worden sind, Herr Borrmann, dass ein weiterer Ordnungsruf Ihnen das Wort für heute entzieht, spreche ich Ihnen damit auch die Wortentziehung aus gemäß unserer Geschäftsordnung.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Mach weiter, Michael!)

Zuerst darf ich das Wort „Menschenwürde“ verwenden in diesem Hause. Hartz IV ist auch nicht menschenwürdig, Artikel 1 und Artikel 3 „Gleichbehandlung“ auch nicht, weil sie nicht gleich behandelt werden, sondern als Bürger dritter Klasse. Das Grundgesetz gilt nicht für Hartz-IV-Empfänger. Und dass ich das hier nicht sagen darf ohne Sachrufe, ist schon sehr traurig. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Das ist sehr bezeichnend.)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2623. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2623 bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 38: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Jugend- und Schulsozialarbeit gleichwertig behandeln und ausbauen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder, auf Drucksache 5/2628. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2647 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Jugend- und Schulsozialarbeit gleichwertig behandeln und ausbauen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder – Drucksache 5/2628 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/2647 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Linke für die Fraktion DIE LINKE.